[Mandalore – Keldabe – Cantina Cin’Vhetin – Gästezimmer Nummer 10] Stryka Or’dan und Josea Gear
„Buuuiiiir! Ich bin fertig – holst du mich wieder?“, kam es schließlich aus dem Bad und Stryka fühlte sich mit einem Mal alt. Uralt. Buir, Mutter … Ja, so konnte es kommen. Wenn man den Zenit des Lebens am Überschreiten war, redeten einen die Leute plötzlich mit Buir an. Noch einen Moment hielt sie die Augen geschlossen, dann stieß sie sich von der Mauer ab und betrat, wieder ganz die nüchterne Ärztin, das Bad. Josea stand in einer sehr wagemutigen Haltung da und kämpfte mit seiner Unterhose. Stryka wusste nicht, was er mit seinen Worten bezweckte, ob er sie ärgern oder nur dumm anmachen wollte, schließlich war sie Profi und ein nackter Hintern, so gut er auch aussehen mochte, warf sie nicht gleich auf den Rücken. Sie nahm sich vor, auf keine der Möglichkeiten einzugehen. Auch auf seine Bemerkung bezüglich seiner Frau ging sie nicht ein, zog ihm nur das Höschen über den strammen Po, führte ihn wieder hinaus und steckte ihn ins Bett. Rasch war der Schlauch, der den Infusionsbeutel mit seiner Vene verband angeschlossen, dann deckte sie ihn zu und öffnete das Fenster. Der Gestank im Zimmer trieb einem die Tränen in die Augen und weckte langsam einen Würgereiz in der Ärztin, der wohl auch von einer leichten Überdosierung der Stimulanzien herrühren mochte.
„Ich bin nicht gut zu dir, bilde dir das nur nicht ein und ich arbeite gewiss nicht umsonst. Weißt du, was Bacta kostet?“, antwortete sie leise, noch am Fenster stehend, dann drehte sie sich herum und setzte sich wieder auf den Stuhl neben dem Bett. Die Beine legte sie auf die Bettkante und starrte ihn eine Weile an, als er von den fruchtlosen Bemühungen berichtete, Informationen über einen Sturz des allseits unbeliebten Kanzlers Farsiin zu bekommen.
„Mal abgesehen davon, dass wir heute ohnehin keinen Umsturz mehr anfangen, schon allein aus der Tatsache heraus, dass du zu marodiert bist, ad’ika, solltest du vorher duschen, sonst verrät allein dein Geruch wo du dich aufhältst.“
Sie streckte sich gründlich und legte dann die Arme hinter den Kopf, den Blick nach wie vor auf Josea gerichtet.
„Die Absteige nennt sich Cantina Cin’Vhetin. Allem Anschein nach hast du dich ziemlich volllaufen lassen in dem Bemühen, Informationen zu bekommen. Keine Ahnung, welche Geister dich reiten, aber du solltest etwas mehr aufpassen“, gab sie ihm schließlich die gewünschten Informationen inklusive einem wohl unerwünschten Ratschlag, um dann in ein nachdenkliches Schweigen zu fallen.
Einen Moment schaute sie weg, als sie ihren Plan überdachte, viel war noch nicht vorhanden, weil sie nicht wusste, wie sie nach der Infiltration weiter machen konnte oder ob sie es überhaupt schaffte, bis zu Farsiin vorzudringen und die Informationen zu bekommen, die sie begehrte. Es war schon immer ihr Dilemma gewesen, sich nur auf sich selbst zu verlassen, weshalb sie auch Ceffet und Raven allein fortgeschickt hatte und über die Abwesenheit der beiden gar nicht böse war. Die Zwei waren in mancher Hinsicht einfach viel zu pingelig. Manchmal musste man einen schmerzhaften Schnitt setzen, damit ein Geschwür ausbluten und heilen konnte. Sie hatte das an sich nur zu deutlich gelernt und das vor noch nicht allzu langer Zeit. Ihre Gedanken kehrten kurz zu Tafo und das Ende einer missglückten Ehe. Wahrscheinlich spiegelte sich die Vielzahl an Gefühlen in ihrem Gesicht wider, denn sie war zu müde, um jetzt auch noch eine gleichmütige Miene zur Schau zu stellen. Die Konzentration auf Joseas Heilung und den Kanzlersturz-Plan musste genügen. Die Ärztin konnte es auch nicht verhindern, über die Flirtversuche des jungen Mannes, verwirrt zu sein. Sie war nicht der Typ, mit dem man flirtete, nicht, wenn man nicht etwas von ihr wollte. Oder war es nur reine Angeberei, die er hier zur Schau stellte? Es war schwierig zu sagen, denn seit einer halben Ewigkeit hatte sie nicht mehr als Privatperson mit jemandem geredet. So auch jetzt nicht. Entschlossen zwang sie sich an ihren, zugegeben noch sehr unausgereiften, Plan zu denken, aber immerhin war es besser als mit einem lauten und sehr pathetischen „Vode an“, in die Residenz des Kanzlers zu stürmen.
„Ich habe vor, dort zuerst einmal ganz gemütlich und unauffällig reinzuspazieren. Natürlich nicht in einer Gam, sondern in schicken Klamotten und mit meiner Neurepublikanischen ID, stammend noch aus meiner Studienzeit auf Coruscant. Dazu habe ich noch etwas, das den ehrwürdigen Kanzler eventuell interessieren könnte“, begann sie zu berichten. Ein schmales und an Arroganz kaum zu überbietendes Lächeln erschien kurz auf ihren Lippen, doch wich es rasch der gewohnt harten und konzentrierten Mimik, welche sie fast ständig präsentierte. Während sie weiterredete, schaute sie immer wieder auf den Infusionsbeutel, dessen stetes und gleichmäßiges Tropfen auf sie fast hypnotisierend wirkte, einschläfernd. Sie gähnte. „Also, zuerst ein unverschämtes Angebot machen, infiltrieren, dann herausfinden, wo er die Clanvertreter gefangen hält, denn bislang wissen wir nur, dass angeblich welche festgesetzt sind. Dann müssen wir weitersehen, denn ich habe noch nicht weiter gedacht als bis hierher. Aber um einen Plan zu schmieden brauchen wir handfeste Informationen. Wie viele Leute hat er? Wo sind sie stationiert? Welche Waffen haben sie? Haben sie Unterstützung von außen? Diese Informationen will ich zuerst beschaffen, erst dann kann man einen ordentlichen Plan schmieden. Es bringt nichts, Blaster wedelnd in einen Hinterhalt zu laufen und von Ehre zu rufen, die einen nicht ernährt, wenn man hungrig ist.“
Abermals streckte sie sich, stand auf und ging im Zimmer herum, brachte Josea noch ein Glas Wasser und setzte sich dann wieder. Innerlich fluchte sie über ihre Unfähigkeit zu normaler zwischenmenschlicher Kommunikation, das würde so manche Dinge einfacher machen.
„Notfall ziehe ich das allein durch, brauche aber außerhalb jemanden, dem ich meine Beobachtungen mitteilen kann, sonst macht es keinen Sinn“, hörte sie sich sagen, dann presste sie die Lippen aufeinander. Nubia hatte ihr gezeigt, dass sie besser allein arbeitete. Für sie war das im Desaster verlaufen. Entschlossen unterbrach sie jeden Gedanken an ihren ersten Auftrag als, ja, sie musste es sich endlich eingestehen, Verbrecher. Nun war ihr guter Ruf ohnehin im Eimer, also war es gleichgültig, was noch passierte, aber Farsiin, diesen ge'hutuun wollte sie an den Eiern kriegen. Sie konnte es nicht leiden, wenn sich einer zum Herrscher über andere aufschwang und sich entsprechend gebärdete, der selbsternannte Kanzler tat das zur Genüge.
Sie setzte sich wieder, bettete abermals die Füße auf die Bettkante und schaute den jungen Mann mit den interessanten Tätowierungen gründlich und abwägend an. Zugegeben, er sah gut aus, aber sie fand ihn auch ein wenig zu forsch. Oder war er nur jemand, der sein Herz auf der Zunge trug? Abermals verbot sie sich diverse Gedanken, die sich ohnehin nur im Kreis drehten und zu keinem Ergebnis führten. Ein leichtes Lächeln konnte sie nicht verhindern, als sie sich vorbeugte und ihn besser zudeckte. „Nenne mich nie wieder Buir, sonst bist du deine gett'se los, Jos’ika“, flüsterte sie ihm ins Ohr, dann setzte sie sich erneut und legte die Beine hoch. Für die meisten vode wäre es wohl eine hohe Ehre, so angeredet zu werden, sie fühlte sich nur daran erinnert, dass sie keine eigenen Kinder haben würde und langsam zu allem was Spaß machte, zu alt wurde. Als Kind hatte sie oft auf lustige Dinge verzichten müssen, weil sie am Hof geholfen hatte, dann hatte sie gelernt, um nicht zuhause sein zu müssen, hatte das Stipendium erhalten und war fortgezogen. Wieder nichts mit Spaß, denn das Stipendium musste erhalten werden. Dann Tafo … und der Spaß am Leben war tatsächlich weg. Was zählte war die Pflicht. Pflicht gegenüber Familie und Clan und dann kamen die daher und wollten sie ausschließen, selbst wenn sie es nur andachten, war es eine Brüskierung, die sie zur Schonung des eigenen Nervenkostüms vorläufig beiseite geschoben hatte.
Auf jemanden der sie nicht kannte, musste die kleine und in dem nicht ganz ordentlich sitzenden Overall pummelig wirkende Ärztin allerdings einen durchaus entspannten Eindruck machen, wie sie nun wieder zurückgelehnt und die Beine ausgestreckt dasaß und aufmerksam ihren Patienten betrachtete. Dabei brodelte in ihrem inneren ein unermesslicher Zorn auf die Ungerechtigkeit dieser machtverprellten Galaxis.
[Mandalore – Keldabe – Cantina Cin’Vhetin – Gästezimmer Nummer 10] Stryka Or’dan und Josea Gear