Mon Calamari (Calamari-System)

[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Ulo Sammandi mit Gefolge

Ulo Sammandi wunderte sich nicht darüber, dass der Antrag, zu dessen Unterstützung er sich gemeldet hatte, abgelehnt wurde. Es war abzusehen gewesen, auch wenn der Ishi Tib sich gewünscht hätte, dass das Ergebnis weniger eindeutig wäre. Allerdings war ihm auch klar, dass man diesen Umstand nicht überbewerten durfte. Schließlich war es in der Abstimmung nicht um die Frage nach der persönlichen Freiheit an sich gegangen, sondern um die Einberufung eines Ausschusses, dessen Zweck und Nutzen sicherlich angezweifelt werden konnte. Kein Grund, um die Republik an sich zu fürchten.

Daher fiel es dem Senator von Tibrin nicht schwer, die Sache geistig abzuhaken und zur Tagesordnung zurückzukehren. Diese sah, da es keine weiteren Wortmeldungen zu dem Anschlag auf die Oper gab, als nächstes den Bericht des Militärs über die Schlacht von Corellia vor. Eine Vertreterin des Militärs fasste die bisherigen Ereignisse und die aktuelle Lage zusammen. Einige Informationen, die ihn und sicherlich auch andere Senatoren interessiert hätten, behielt sie dabei zurück, insbesondere die wohl wichtigste, nämlich die eigenen Opferzahlen. Aber sie hatte natürlich Recht, eine solche Auskunft konnte dem Feind leicht in die Hände spielen. Hier kollidierte das berechtigte Interesse an Offenheit und Transparenz mit der Sicherheit der Soldaten. Obwohl Sammandi längst in dem Ruf stand, ein verkappter Pazifist und Antimilitarist zu sein, hatte er überhaupt kein Problem damit, unter diesen Gesichtspunkt vorläufig auf die Informationen zu verzichten. Die Niederlage der eigenen Streitkräfte war sicherlich das Letzte, was er wollte.


»Ein weiterer Sieg!« triumphierte seine Assistentin leise. Das Funkeln in ihren gelblichen Stielaugen und ihre sich straffende Haltung machten sehr deutlich, wie stolz und zufrieden der Erfolg des Militärs sie machte.

»Nicht so vorschnell, Naily ermahnte er sie. »Sie hören es ja: Noch ist die Schlacht nicht endgültig gewonnen.«

Es grämte ihn ein wenig, dass seine engste Mitarbeiterin einer militärischen Lösung so viel abgewinnen konnte. Schon einmal, nach dem missratenen Auftritt im Naboo Royal Holo Network, hatte er den Eindruck gehabt, dass ihrer beider Ansichten sich nicht gar so sehr überschnitten, wie er zuvor geglaubt hatte. Womöglich war die junge Ishi Tib gerade dabei, ihren eigenen Weg zu finden und sich dabei ein wenig von ihrem Mentor abzunabeln. Das war eigentlich eine positive Entwicklung, doch erschreckte ihn der Gedanke, bei ihr womöglich in Zukunft nicht mehr den nötigen Rückhalt zu finden. Ihre moralische Unterstützung war von großem Wert für den Senator.

Nach dem Monolog der Offizierin ergriff Casia de Lieven das Wort, um sich einerseits für den Einsatz zur Befreiung ihrer Heimat zu bedanken, sich andererseits aber auch für das - offenbar zu Recht gerügte - Verhalten der planetaren Streitkräfte zu entschuldigen. Natürlich hatte das Imperium dies verschuldet und nicht sie, aber politische Verantwortung auch für solche Dinge zu übernehmen, für die man selbst nichts konnte, gehörte leider zum Geschäft. Sie gab sich damit eine Blöße gegenüber denen, die ihr womöglich schaden wollten. Andererseits unterstrich sie damit aber auch den Eindruck einer ehrlichen und authentischen Person, den der Ishi Tib von ihr gewonnen hatte. Seiner Sympathie durfte sie sich sicher sein. Auch wenn er noch nicht genau wusste, ob ihre politischen Ziele harmonierten.

›Wie weit der Einfluss des Imperiums auf Corellia und anderen befreiten Welten wohl reichen mag?‹ fragte Ulo Sammandi sich bei der Schilderung der Probleme bei CorSec. ›Entimperialisierung‹ war ein wichtiges Thema, wann immer die Republik ein System aus dem imperialen Griff löste. Der Propagandaapparat des politischen und militärischen Gegners leistete erschreckend gute Arbeit und sein Gedankengut sickerte tief in das Bewusstsein der Leute ein. Nicht zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, dass eine erfolgreiche Schlacht nicht mehr als ein Etappensieg war auf dem weiten und beschwerlichen Weg zur Wiedereingliederung dieser Völker.

[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Ulo Sammandi mit Gefolge
 
[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Vilnok Moor (alias Vigo Zula) mit Gefolge

Nachdem sein Antrag wie erwartet abgeschmettert worden war, was ihn nicht weiter störte, lehnte sich Senator Vilnok Moor recht entspannt in seinem ungewöhnlich geformten Sitz zurück und lauschte mit eher geringem Interesse dem Bericht über die Schlacht von Corellia. Sicherlich war es nicht uninteressant, den aktuellen Stand dieses entscheidenden zeitgeschichtlichen Ereignisses zu erfahren, aber ihn selbst und seine ureigensten Interessen tangierte es nur wenig. Viel wichtiger als das, was die Offizierin und nach ihr Corellias Exilsenatorin Casia de Lieven zu berichten hatten, erschienen ihm die Reaktionen seiner Kollegen. Er konnte von seiner Position aus eine ganze Menge Logen einsehen und studierte aufmerksam jeden noch so kleinen Hinweis darauf, was die Senatoren und Botschafter wohl über das Gehörte denken mochten. In einem so großen Gremium war es teilweise recht schwer einzuschätzen, auf welcher Seite ein anderer stand. In einem System ohne klar abgegrenzte Parteien waren Gegner und Verbündete nicht immer klar voneinander zu unterscheiden.

Casia de Lieven war beispielsweise eine Person, aus der Moor bisher noch nicht ganz schlau wurde. Sie war zweifellos eine überaus ambitionierte und zielstrebige Person - wie man es von jedem erwarten konnte, der es bis zum Kanzler brachte. Sie vermochte es aber, den Eindruck zu erwecken, dass Macht und Einfluss für sie überhaupt nicht wichtig waren, sondern es ihr um andere, ›höhere‹ Dinge ging. Die bedeutende Geltung, die ihr Wort nach wie vor im Senat hatte, ging mit Sicherheit auch auf ihr Talent zurück, sympathisch zu sein. Eine Gabe, um die Moor sie beneidete. Er zweifelte nicht daran, dass er von der Menschenfrau in dieser Hinsicht noch einiges lernen könnte, wenn er die Gelegenheit hätte, sie eine Weile aus der Nähe zu studieren. Es war vor allem bemerkenswert, dass sie es schaffte, sich durch ihre Entschuldigung eine Blöße zu geben und angreifbar zu machen, ohne dass irgendwer den Versuch unternahm, daraus einen Vorteil zu ziehen. Dass sie keine Feinde hatte, konnte er nicht glauben. Aber im Augenblick schien sie diesen mit ihrer entwaffnend bescheidenen Art den Wind aus den Segeln genommen zu haben. Zustimmendes Kopfnicken, Getuschel mit vielsagenden Blicken und vereinzeltes Händeklatschen waren Reaktionen auf ihre Worte, die Moor von seiner Position aus an mehreren Amtskollegen beobachten konnte.

So ging die nächste Wortmeldung auch nicht weiter auf de Lievens Ausführungen und die Verfehlungen von CorSec ein, sondern richtete sich an den Marshal. Der Repräsentant von Rishi, ein vogelähnliches Wesen, erkundigte sich danach, wie viel Schaden an der imperialen Flotte angerichtet worden war. Während das Militär die eigenen Verluste noch zurückhielt, sprach offenbar nichts dagegen, hierauf eine Auskunft zu erteilen. Marshal Portsmith antwortete:


»Nach den mir vorliegenden Daten hat das Imperium 43 Schiffe verloren, Raumjäger nicht mitgerechnet - deren Verluste dürften in die Hunderte gehen. Zehn der fünfzehn beteiligten Schlachtschiffe der Vindicator-, Imperial- sowie Interdictor-Klasse konnten zerstört, schwer beschädigt oder aufgebracht werden. Wir gehen außerdem davon aus, dass Admiral Zald Chevron und Vice Admiral Rorken Varol während der Schlacht getötet wurden. Dies stellt alles in allem selbst für die starke imperiale Flotte einen schmerzlichen Verlust dar, der sich - unter den richtigen Umständen - insbesondere auf die Moral von Militär und Bevölkerung empfindlich ausirken kann.

Was die Einbußen an reiner Kampfkraft angeht, so sind die Schäden zugegebenermaßen eher marginal. Die gesamte Kriegsmaschinerie des Imperiums umfasst ein Vielfaches dessen, was bei Corellia zum Einsatz kam. Durch Verlegungen anderer Schiffe und die hohe Produktivität seiner Werften wird das Reich bald in der Lage sein, die Lücke zu schließen. Mit einer dauerhaften Schwächung ist dadurch nicht zu rechnen.

Einen langfristigeren Erfolg als die Vernichtung der Schiffe stellt allerdings die Übernahme der CEC-Werften dar, die weitgehend intakt unter Kontrolle unserer Streitkräfte stehen. Der Verlust von deren Produktivität, die zukünftig wieder der Neuen Republik zur Verfügung stehen wird, bedeutet in der Tat eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse hin zu unseren Gunsten.«


Das war in der Tat eine interessante Information. Vilnok Moor verstand nicht allzu viel von militärischen Fragen und konnte nicht einschätzen, wie schnell und wie wirkungsvoll die Produktion von Kriegsschiffen für die republikanischen Flotten anlaufen konnte. Aber sein Unternehmergeist erwachte bei dem Gedanken daran, welche Wirtschaftskraft in einem solchen Mega-Betrieb steckte. Sollte zeitnah die Sicherung des Corellia-Systems gelingen, war es möglicherweise eine der lohnendsten Anlaufstellen für zahlungskräftige Investoren. Zwar fiel diese Welt nicht in seinen Machtbereich, aber das bedeutete nicht, dass er nicht den einen oder anderen Fühler dorthin ausstrecken und nach günstigen Gelegenheiten suchen konnte.

Insgesamt konnte er den bisherigen Erfolgen jedoch vor allem einen besonders positiven Aspekt abgewinnen: Es sah nicht danach aus, als würde der Krieg bald enden.


[Calamari-System | Dac | Coral City | Senatsgebäude | Sitzungssaal] Vilnok Moor (alias Vigo Zula) mit Gefolge
 
Calamari-System - Dac – Coral City – Senatsgebäude – Sitzungssaal – Hapanische Loge - Turima mit Gefolge

Weiterhin als Beobachterin verfolgte die attraktive Hapanerin wie der nächstes Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde. Es ging um die Eroberung von Corellia. Eine eher maskulin wirkende Marshal Portsmith fasste die Fortschritte bei der Schlacht um Corellia zusammen. Besonders angetan war Turima, dass die Beteiligung Hapans recht prominent genannt worden war. Das würde die Haltung einiger Senatoren in Bezug auf den Beitritt des Hapan Konsortiums bestimmt positiv beeinflussen war sie sich sicher. Einzig die Beteiligung des corellianischen Systemstreitkräfte klang eigenartig, da äußerst wankelmütig. Die Bodenoffensiven auf allen Planeten des Systems waren jedenfalls schon angelaufen, aber besonders die Hauptstadt Coronet City galt noch zu erobern, was noch einen schweren Brocken darstellte. Turima hoffte nur, dass diese bald abgeschlossen waren. Schließlich waren die corellianischen Werften, sollten sie ohne größere Schäden erobert werden die beiden Kandidaten für die Aufrüstung weiterer hapanischer Raumschiffe mit republikansicher Technologie aufgrund ihrer Beziehung zu Senatorin de Lieven. Aber noch war wohl nichts dazu bekannt schien es.

Allerdings empfand Turima in dem Augenblick etwas Mitgefühl als die ältere corellianische Senatorin erklären musste, warum viele ihrer Mitcorellianer auf Seiten der Imperialen, den eigentlich Besatzern des Systems, gekämpft hatten. Letztlich bat sie nach einigen Erklärungsversuchen um Verzeihung dafür. Neugierig welche politische Gegner deswegen über de Lieven herfallen würde sah sich die blonde Hapanerin im Sitzungssaal um. Aber es erfolgte keine von Turima erwartete Reaktion. Auf Hapan wären bestimmt Scharen politischer Gegner über sie hergefallen. Hier herrschte fast schon Grabesruhe. Turima wertete es als positives Zeichen für den Einfluss der Corellianerin, dass sie selbst in so einer Situation niemand angriff. Dennoch wollte Turima im Moment nicht mit ihr tauschen. Nur abwarten zu müssen wenn das eigene Heimatsystem zurückerobert wurde und nicht beitragen zu können war hart.

Anschließend folgte eine Frage von Senator Esslin wie groß die Verluste des Imperiums waren, was umgehend von der Marshal beantwortet wurde. Es hielt sich in Grenzen. Dennoch halbwegs zufrieden aufgrund der Tatsache, dass einem Deal mit de Lieven bezüglich der Aufrüstung der hapanischen Schiffe nun kaum noch etwas im Wege stand, nachdem die Werften nun doch mit relativ wenig Schäden übernommen worden waren. Daher lehnte sich die Hapanerin entspannt zurück und nickte ihren Beratern kurz zu. Sie würden alles vorbereiten, um die corellianische Senatorin darauf anzusprechen, sobald die Eroberung ihres Systems abgeschlossen war.


Calamari-System - Dac – Coral City – Senatsgebäude – Sitzungssaal – Hapanische Loge - Turima mit Gefolge
 
[Calamari-System, Dac, Coral City, Senatsgebäude, Sitzungssaal, Kanzlerloge]- Quún, Erste Administratorin Atril Ningo, Sonderbeauftragte für Geheimdienstangelegenheiten Qwi Lur, Colonel Lujayne Drayson, Ackram, Stab des Kanzlers

Der Bericht der menschlichen Vertreterin der republikanischen Streitkräfte – die ihrerseits zwar nur einen Teil des bürokratischen Konstrukts KSNR darstellten aber in Bezug auf die Entwicklung bei Corellia wohl die wichtigste – fesselte die Aufmerksamkeit der Senatoren, während Quún – als Mitglied eben diesen Gremiums und zudem Zugriffsbevollmächtigter auf sämtliche zusätzlichen Geheimdiensterkenntnisse bereits informiert – einen letzten Blick auf eine weitere Datei in seinem Datenblock warf, die Qwi Lur ihm nach Absprache mit dem Geheimdienstdirektor überspielt hatte. Dieser Bericht beleuchtete eine andere Seite des Konflikts bei Corellia als jene, die Marshal Portsmith in diesem Moment trocken und effizient darlegte, doch gleichwohl eine Seite, die vor dem Parlament ebenfalls Gehör finden sollte.

Die Quintessenz des militärischen Berichts war im Groben einfach zusammenzufassen: die imperiale Flotte war geschlagen, die republikanische Raumhoheit im System gesichert – wenngleich vertraulichere Daten des Geheimdienstes darauf hinwiesen, dass es hierzu jüngst noch einige Gegenanzeigen gab – und Hauptaugenmerk lag nun auf dem Fortschritt der Bodenoffensiven im System, hauptsächlich jedoch auf der Feldschlacht um Corellia selbst und seine Hauptstadt, Coronet. Natürlich hatte die imperiale Armee sich dort am stärksten verschanzt und die Chancen standen gut, dass die ranghöchsten Entscheidungsträger des Imperiums – sofern nicht bereits evakuiert oder gestorben – dort zu finden waren. Nicht, dass der Kanzler mit spektakulären Festnahmen rechnete, die dem Kriegsverbrechertribunal der Republik oder gar dem Senat als Gericht zu Verbrechen gegen die Zivilisation Arbeit bescheren würde.

Mit einem leichten Zucken seiner Bartfransen quittierte der Mon Calamari die Erwähnung der corellianischen Sicherheitskräfte, die sich nach anfänglichen Neutralitätsbeteuerungen schlussendlich doch auf Seiten der imperialen Besatzer in die Raumschlacht eingemischt hatten. Ob der Militärvertreterin die politischen Implikationen dieser Erwähnung bewusst waren, wusste Quún nicht – vermutlich waren sie das nicht, schließlich war sie Offizier und erfüllte hier nur ihre Aufgabe, den Senat so unparteiisch und sachlich wie möglich über die Situation im System zu unterrichten. Trotzdem war es keine Überraschung, dass neben einer Detailnachfrage nach den Verlusten der imperialen Flotte, der Portsmith gewissenhaft nachkam, auch Casia de Lieven das Wort ergriff und in einem etwas längeren Plädoyer ihre Sicht der Dinge erläuterte. Die Intention der Noch-Exilsenatorin von Corellia war: auf keinen Fall durfte der Eindruck entstehen, dass sich nach Corellias Befreiung ähnliche Probleme ergeben könnten wie auf Denon, wo imperiales Gedankengut die Seele des Volkes nachhaltig vergiftet hatte und das im Zuge der Entimperialisierung weiter Ressourcen und Personal verschlingen würde. Sicher spielte der unglückliche Absturz eines imperialen Raumers auf den Planeten hier ebenfalls eine Rolle und glücklicherweise hatte Portsmiths Vortrag klar gemacht, dass die republikanischen Kräfte um die Vermeidung von Zivilopfern bemüht waren. Dass diese sich indes nicht vollkommen vermeiden ließen, war ebenso klar.

Mit einem Ruck und der Betätigung eines Knopfes an seinem Rednerpult schaltete sich der Kanzler in die Debatte ein:


„Senatorin de Lieven – und ich erlaube es mir, Sie ab jetzt voller Stolz wieder so zu nennen – ich danke Ihnen für diese Ausführungen.“

Nach dieser Betonung, dass die Worte der ehemaligen Kanzlerin durchaus das Gehör der Exekutive erreicht hatten, ließ Quún eine kurze Pause verstreichen, ehe er fortfuhr:

„Senatoren, ich kann gar nicht genug betonen, bei allem Unbill, den die Erwähnung der corellianischen Sicherheitskräfte erregen mag, die Dinge im Kontext zu betrachten. Sie alle werden wissen, wie das Imperium nach Eroberungen arbeitet – während wir uns an Geboten des Rechtsstaates orientieren und den Wert, die Freiheit des Individuums achten, hat es das Imperium in seiner Vorgehensweise seit jeher charakterisiert, jedwede Opposition rücksichtslos auszumerzen. Manchmal passiert dies brutal und offen – ich erinnere an die schändlichen Exekutionen auf Coruscant – manchmal geschieht dies subtil, aber nicht weniger wirkungsvoll. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Großteil des Führungsstabs der corellianischen Sicherheitskräfte ausgetauscht und diese einst stolze Institution in einen perversen verlängerten Arm der KOMENOR verwandelt wurde. Die Schuld dafür dem corellianischen Volk zu geben halte ich für ebenso falsch, wie den Bewohnern Coruscants die Gräueltaten der mit imperialem Mandat handelnden Coruscant Security Force anzulasten. Im Gegenteil – wenn ich mir die geheimdienstlichen Berichte von Corellia ansehe, dann bleibt mir nichts anderes, als dem Volk Corellias meinen tiefsten Respekt, meine aufrichtige Bewunderung auszusprechen. Denn während, wie Marshal Portsmith richtig erwähnte, die in imperiale Räson gezwungenen Sicherheitsorgane uns im Orbit zu schaffen machten, so bildet der zivile Widerstand, den die corellianische Bevölkerung trotz imperialer Repression auf die Beine gestellt hatte, eine enorme Stütze für unsere Bemühungen, die Entscheidung am Boden herbeizuführen. Dieser Widerstand kämpft Seite an Seite mit den Jedi, mit unseren Truppen, um das Imperium von Corellia zu vertreiben und belegt eindrucksvoll, dass in den Seelen des corellianischen Volkes der republikanische Gedanke so lebendig ist wie eh und je.“

Während einer kurzen rhetorischen Pause stützte der Kanzler sich leicht auf die Balustrade seiner Loge und ließ den Blick durch den riesigen Sitzungssaal schweifen.

„Ich bin der festen Überzeugung, dass Corellia die Stärke dieses republikanischen Gedankens deutlich machen wird, uns zeigen wird, dass auch Jahre von Unterdrückung und Waffengewalt ihn nicht erlöschen lassen können. Daher – um dem Volk von Corellia die Unterstützung und Anerkennung der Republik über militärische Taten hinaus zu signalisieren – ersuche ich den Senat hiermit, bereits jetzt Casia de Lieven wieder als Senatorin mit allen Rechten und Pflichten in unserer Reihen willkommen zu heißen und sie auch formal damit zu beauftragen, die Bildung einer neuen corellianischen Regierung von Republikseite aus zu begleiten.“

[Calamari-System, Dac, Coral City, Senatsgebäude, Sitzungssaal, Kanzlerloge]- Quún, Erste Administratorin Atril Ningo, Sonderbeauftragte für Geheimdienstangelegenheiten Qwi Lur, Colonel Lujayne Drayson, Ackram, Stab des Kanzlers
 
- Mon Calamari - Coral City – Landeplattform – Mit Cris Crado, Jezza, Cris, Selby, Agenten -

Ihren ersten Besuch auf Mon Calamari hatte sich Noa anders vorgestellt. In ihrer Vorstellung hatte sie nicht vier formierten Männern gegenüber gestanden, die Cris wie einen Schwerverbrecher, oder noch schlimmer, einen gesuchten Terroristen, behandelten und Noa und den Rest der Truppe aufforderten, in den schwartzen lackierten Last-Gleiter einzusteigen, als würde dieser sie direkt in die Hölle fahren. Während Noa draußen vor der „Empress“ auf Cris und Selby gewartet hatte, hatte sie endlich auch die anderen beiden Passagiere kennen gelernt, den Jedi der kaum ein Wort gesprochen hatte und die dritte Geheimdienstagentin, die sich an Bord befunden hatte und mit der Noa zumindest halbherzig Small-Talk gemacht hatte, damit kein peinliches Schweigen über ihnen lag. Irgendwann waren die vier Agenten in ihren Uniformen aufgetaucht, hatten sich schweigend vor dem Lastgleiter aufgebaut und erst zu reden begonnen, als Cris und Selby als Letzte die Rampe hinunter gekommen waren. Noa wünschte, sie wären nie hinaus gekommen, sondern dass sie den Antrieb der „Empress“ wieder angeworfen und einfach abgehauen wären. Sie wäre auf Mon Calamari lieber auf sich selbst gestellt gewesen, als mitansehen zu müssen, wie Cris mehr oder weniger abgeführt wurde. Er blickte nicht einmal in ihre Richtung und wehrte sich auch nicht. Am liebsten wäre Noa los gestürmt um auf die fremden Agenten einzudreschen. Sie wollte sie alle einschreien, weil sie keine Ahnung hatten, was für ein guter Mann Cris Sheldon war, doch sie konnte nichts tun als da zu stehen und zuzusehen, wie man ihn förmlich in den hinteren Teil des Gleiters stieß, zu ihm zustieg und die Tür schloss.

Der Quarren stellte sich als Captain Nyz vor und bat schließlich Selby, Noa, Crado und die Mon Calamari, deren Namen Noa schon wieder entfallen war, ebenfalls in den Gleiter einzusteigen. Im Gegenzusatz zu Cris durften sie allerdings vorne, in dem üblichen Passagierabteil Platz nehmen. Noa sagte keinen Ton. Sie hasste Captain Nyz, schon allein weil er Teil dieser Eskorte war, die Cris behandelten als habe er persönlich dafür gesorgt, dass das Imperium Herr über Coruscant wurde. Wäre das so gewesen, wollte Noa ihm ins Gesicht brüllen, hätte sie längst persönlich dafür gesorgt, Cris einen Abdruck ihres Blasters auf der Stirn zu verpassen, sodass er niemals überhaupt lebend auf Mon Calamari angekommen wäre. Sie saß neben dem Jedi, ihr gegenüber Selby und die Mon Calamari. Das Abteil zu Cris war abgetrennt. Ihn konnte sie weder hören noch sehen. Stur richtete Noa ihren Blick aus dem Fenster und Mon Calamari rauschte dort draußen an ihr vorbei. Ihr erster Eindruck hätte jedoch besser sein können.

Der Gleiter kam vor einem großen Gebäude zum Stehen, doch Noa spürte, dass es noch ein Stück weiter ging. Offensichtlich passierten sie gerade eine Art Sicherheitsschleuse. Sie konnte in zivil gekleidete Männer sehen, einer davon ein Quarren, der kurz mit Captain Nyz sprach, ehe es weiter ging. Mon Calamari, so wenig Noa bis jetzt noch gesehen hatte, war ganz anders als Coruscant. Die Häuser waren sehr rundlich und erinnerten Noa gleich an die Bauweise der großen Mon Calamarikreuzer, die ebenfalls kaum Ecken und Kanten aufwiesen. Viele Häuser hier waren flach mit großen, breitflächigen Kuppeln, zwischen denen immer wieder hohe Türme aufragten. Der Komplex, vor dem der Gleiter als nächstes hielt, war riesig. Captain Nyz bat sie, auszusteigen und Noa verließ das Gefährt hinter der weiblichen Mon Calamari. Die Luft roch hier ganz anders als auf Coruscant. Es roch seltsam sauer oder salzig. Ein weiterer Gleiter, weitaus kleiner als der, in dem sie gerade gesessen hatten, stand bereit. Captain Nyz wies, für Noas Begriffe ausdruckslos, in dessen Richtung. Er war der erste Quarren, dem sie begegnete. Die Tentakel am unteren Rand seines Kopfes schienen in ständiger Bewegung.


“Agent Selby. Man wird Sie und Ihre Begleiterin zu einem Hotel bringen. Dort warten Sie auf weitere Befehle. Operative Barak und Jedi Crado werden hier benötigt.“

Kein Wort über Cris. Die Türen zum hinteren Teil des Lastgleiters waren noch immer verschlossen und Noa erkannte, dass sie es auch bleiben würden, so lange sie und Selby nicht verschwunden waren. Was für ein graumsames Spiel, was für grausame Richtlinien den eigenen Männern gegenüber. Cris musste sich fühlen wie ein Gefangener, auf dem Weg in den Todestrakt. Noa hätte sich gerne von ihm verabschiedet, oder wenigstens dem Quarren in sein hässliches Gesicht gespuckt. Sie wusste, dass sie Cris wieder sehen würde, doch sie hätte ihm zumindest gerne noch einmal Mut zugesprochen. Stattdessen, blieb ihr nichts anderes übrig, als in den nächsten Gleiter umzusteigen und wieder schweigend aus dem Fenster zu sehen, mit Agent Selby neben sich, auf den sie nun angewiesen war.

- Mon Calamari – Vor NR GD Hauptquartier – Gleiter – Mit Selby -
 
[Mon Calamari, Coral City, Gleiter]- Noa, Crado, Jezza, Cris, Selby, Agenten

Der hintere Teil des Gleiters war eng und stickig, was nicht dadurch besser wurde, dass ihn mit vier Menschen gleich eine erhebliche Anzahl an Personen okkupierte. Cris saß auf einer der ungemütlichen Sitzbänke, praktisch eingequetscht zwischen den beiden Operatives, während der Lieutenant ihm gegenüber Platz genommen hatte und den ehemaligen Sturmtruppler ausdruckslos musterte. Gesprochen wurde kein Wort – Cris hätte auch nicht wirklich gewusst, worüber er sich mit seinen Bewachern hätte austauschen sollen. Bisher wusste er schließlich nicht einmal, was ihm überhaupt vorgeworfen wurde.

Der Gleiter auf ihrem Weg einmal kurz langsamer geworden – obwohl es im hinteren Teil keine Fenster gab, aus denen er hätte heraus sehen können, vermutete Cris, dass sie eine erste Sicherheitskontrolle passiert hatten – und setzte seinen Weg dann kurz fort, bevor er endgültig zum Stillstand kam. Es dauerte einen Moment, in dem nichts weiter geschah außer dass man wahrnehmen konnte, wie die vorderen Türen des Gleiters geöffnet wurden, ehe Cris dämmerte, dass die Fahrt für den Rest der Gruppe hier beendet war, allerdings mitnichten für ihn. Schließlich ertönte ein dumpfes Pochen an der Hecktür des Gleiters und der Lieutenant stieg aus dem Hinterabteil aus, vermutlich, um sich an Stelle des Quarren hinter das Steuer des Gleiters zu setzen. Kurz darauf setzten sie ihren Weg fort.

Glücklicherweise ging dieser Teil der Fahrt schnell zu Ende – und als der Gleiter erneut zum Stehen kam, bestand kein Zweifel, dass auch Cris nun das Ende der Fahrt erreicht hatte, unschwer daran zu erkennen, dass die beiden Operatives ihn etwas unsanft dazu bewegten, von der Sitzbank aufzustehen und den Gleiter zu verlassen. Der Lieutenant wartete bereits an einem Eingang zum Gebäude neben ihnen, der von drei Angehörigen des Sicherheitsdienstes bewacht wurde, Zivilangestellten des Geheimdienstes in weißen Hemden, an deren rechter Schulter das Wappen des Geheimdienstes prangte, und schwarzen Hosen, an deren Gürteln je ein Schockstab, eine geholsterte Blasterpistole und ein Paar Lähmhandschellen befestigt waren. Der vorderste Wachmann – ein Mon Calamari – hatte sich offenbar gerade vom Lieutenant seine Befehle auf einem Datenblock zeigen lassen, da er diesen in dem Moment, in dem Cris aus dem Gleiter gezerrt wurde, an den Geheimdienstoffizier zurückgab und seinen Kollegen mit einer Geste bedeutete, die kleine Prozession passieren zu lassen. Zuvor schoben die Operatives Cris allerdings durch eine Art metallenen Torbogen, bei dem es sich wohl um einen Scanner handeln musste, der ihn einmal mehr auf Waffen und andere Anomalien – wie Beispielsweise chirurgisch in seinem Körperinneren verborgenen Sprengstoff – untersuchen sollte. Natürlich kam das Scannen zu keinem alarmierenden Ergebnis und die beiden Agenten führten Cris – weiterhin eisern schweigend – durch einen steril wirkenden Korridor hinter ihrem Vorgesetzten her, bis hin zu einem Turbolift, der sie – begleitet von unpassend fröhlich plätschernder Musik – abwärts brachte.

Cris hatte immer noch keine Ahnung, wohin man ihn brachte – er hatte die Anlagen des Geheimdienstes auf Mon Calamari noch nie besucht, erst recht nicht, nachdem man bedingt durch den Fall Corellias eine Reihe wichtiger Einrichtungen auf den Wasserplaneten verlagert hatte. Der Korridor, der nach dem Turbolift auf sie wartete, glich haargenau dem vorherigen und der Raum, in den der Lieutenant schließlich einbog, war bis auf einen unbequem wirkenden Schemel, einen am anderen Ende des Raumes befindlichen Schreibtisch mit greller Beleuchtung und dem dahinter stehenden Formsessel vollkommen leer. Natürlich war es jener harte Schemel, auf den die beiden Operatives Cris absetzten, bevor sie sich von ihm zurückzogen.


„Warten Sie hier“, instruierte der Lieutenant Cris überflüssigerweise – was hätte er auch sonst tun sollen – bevor auch er aus Raum entfernte und die Tür geräuschvoll hinter sich schloss.

So alleine auf dem tatsächlich sehr unbequemen Schemel sitzend fand Cris die Zeit, den Raum genauer zu studieren. Sein erster Eindruck schien sich zu bestätigen – er war absolut schmucklos und das einzige Detail, das seinen ersten Beobachtungen entglitten war, waren die Überwachsungskameras, die aus jeder Ecke des Raumes jeden Winkel im Auge zu haben schienen. Ein subtiles Unwohlsein ereilte den ehemaligen Sturmtruppler, da sich in ihm eine ungefähre Ahnung bildete, was in derlei Räumen geschah…

Als die Tür sich plötzlich ruckartig hinter ihm wieder öffnete, konnte er es nicht verhindern, leicht zusammenzuzucken. Die Schritte von – wie er mit seinen soldatischen Instinkten meine feststellen zu können – drei humanoiden Personen waren zu hören, doch nur eine davon begab sich an ihm vorbei in sein Sichtfeld. Zu seiner Überraschung handelte es sich um eine blasse Twi’lek, die keine Geheimdienstuniform, sondern lediglich eine ähnlich geschnittene, schwarze Kombination trug. Während der Großteil ihrer Spezies wohl aus Sicht männlicher Humanoider mit gewissen Klischees behaftet war, erstickte die in ihren kalten Augen liegende Gefährlichkeit jedwede solche Gedanken bereits ihm Keim. Cris wagte es nicht, mit einem Blick über die Schulter festzustellen, welche Personen sie begleitet hatten – vielleicht ein Fehler, da in diesem Moment starke Hände seine Arme hinter seinem Rücken zusammenpressten und das charakteristische Klicken von einrastenden Lähmhandschellen zu vernehmen war. Wie zur Bestätigung jagte bereits der erste Betäubungspuls durch seinen Körper, da er es nicht rechtzeitig geschafft hatte, jedwede Bewegung zu vermeiden.


„Mr. Sheldon.“

Der Mund der Twi’lek verriet ein humorloses Lächeln.

„Major Aleema Rar, Interne Ermittlungen. Sektion 00.“

Cris’ Augen weiteten sich leicht. Er wusste, dass jede Sektion des Geheimdienstes eine eigene Abteilung zur internen Ermittlung von Vergehen eigener Mitarbeiter unterhielt – schon alleine, um jede außen stehende Institution aus den Prozessen des Geheimdienstes herauszuhalten – doch die Internen Ermittlungen der inoffiziellen Sektion, Sektion 00, Black Ops oder wie auch immer man diese phantomartige Sektion des Geheimdienstes nennen wollte, waren für ihn mehr übles Gerücht als fundierte Tatsache gewesen. Wo jeder andere Agent sich – nach Geheimdienstmaßstäben – an Regeln und Protokoll zu halten hatte, waren die Agenten der Sektion 00 so gut wie ungebunden. Faire Prozesse, verfassungsgemäße Rechte, Dienstvorschriften – das alles zählte im Angesicht dieser Sektion wenig.

„Wie sie sich denken können, habe ich ein paar Fragen an Sie.“

Ein plötzlicher scharfer Schmerz ließ Cris zusammenzucken und die Lähmhandschellen erneut starke Betäubungsimpulse durch seinen Körper jagen. Zu spät wurde ihm klar, dass eine der Personen hinter ihm einen Injektor an seinen Hals gerammt und ihm wenig zimperlich irgendeine Art von Substanz – sein fiebriger Verstand rechnete mit einer Art Wahrheitsdroge – injiziert hatte. Major Rar verschränkte ungeduldig die Arme vor der Brust.

„Warum fangen wir nicht an – solange Sie noch antworten können?“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Geheimdienstkomplex, Verhörzimmer]- Cris, Major Rar, Agenten
 
---Barad Selby---

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, vor dem Hauptquartier des Geheimdienstes]- Noa, Jezza, Crado, Selby, Captain Nyz

Man konnte durchaus sagen, dass die Entwicklung der Dinge Barad Selby – obwohl er im Grunde eine leise Vorahnung hatte – überforderte. Captain Sheldon war sofort von Agenten der Sektion 01 festgenommen worden und Selby selbst hatte gerade noch die Zeit gehabt, Captain Nyz die Berichte Major Tacemas zu übergeben, bevor man ihn mit Noa Cortina bereits in einen weiteren, viersitzigen Gleiter abgeschoben hatte. Offenbar sollte er ein Auge auf die widerspenstige Widerstandskämpferin haben, die anscheinend in Wartestellung abgeschoben wurde, bis das Direktorium anhand der Berichte des Majors entschied, was man mit ihr anstellte. Vielleicht aber war es auch Selby selbst, der abgeschoben werden sollte – schließlich verband ihn eine Reihe gemeinsamer Operationen mit dem so plötzlich in Ungnade gefallenen Agenten. Gut möglich also, dass man ihn von vornherein davon abhalten wollte, etwas unüberlegtes zu tun… und wenn man damit rechnete, dann stand es um Sheldon anscheinend schlimmer, als Selby es sich ausgemalt hätte.

Mit einem schweren – fast theatralischen – Seufzer ließ Selby sich in einen der Passagiersessel des Gleiters fallen, nicht ohne dabei einen heimlichen Blick auf Cortina zu werfen. Die Coruscanti war allerdings zu sehr damit beschäftigt ihrerseits aus dem Fenster zu starren, als das sie irgendwie darauf reagiert hätte. Selby konnte es ihr nicht verübeln – der Besuch auf Mon Calamari entwickelte sich derzeit wohl vollkommen anders, als die Widerstandskämpferin es sich vorgestellt hatte.

Der Fahrer des Gleiters verschwendete keine Zeit. Mit zunehmender Geschwindigkeit ließen sie den Transitpunkt vor dem Hauptquartier des Geheimdienstes hinter sich und steuerten auf das eigentliche Regierungsviertel in Coral City zu, eine Ansammlung imposanter, fast prunkvoller Gebäude erhabenster Mon Calamari-Architektur, dessen Zentrum zweifelsohne die Senatshalle bildete, jener Versuch der Obrigkeit des Planeten, das Vorbild des Senats auf Coruscant würdig nachzuempfinden. Mon Calamari tat sein bestes, um die Rolle als politisches Zentrum der Republik zu erfüllen.


„Ich soll Sie ins Hotel Golden Republic bringen“, informierte der Fahrer Selby schließlich über die Schulter hinweg.

„Man hat Ihnen dort zwei Ambassador-Suiten organisiert.“

Der Pilot der Empress of Blades spitzte beeindruckt die Lippen. Auch wenn er und Cortina dem Geheimdienst derzeit wohl eher ein Dorn im Auge waren – man hatte es sich einiges kosten lassen, sie für den Moment ruhigzustellen. Das Golden Republic war zwar nicht das erste Haus am Platz, aber durchaus eines der Hotels, in dem etwa Botschafter neutraler Welten oder temporäre Gesandte planetarer Regierungen abstiegen wenn sie die Zentralwelt der Republik besuchten. Und die Ambassador-Suiten waren wohl neben dem Kanzler-Penthouse im obersten Stockwerk des Hotels die besten Zimmer.

„Ich muss Sie bitten, alle Formalitäten zu erledigen, Agent Selby“, fuhr der Pilot fort.

„Ich nehme an, dass Ihre Begleiterin über keine republikanische ID verfügt.“

Selby nickte langsam. Es war wohl eine schlechte Idee, auf einer Republikwelt allzu offensichtlich mit einer durch imperiale Behörden ausgestellten ID von Coruscant herumzuwedeln.

„Wir kümmern uns schnellstmöglich um einen provisorischen Ausweis.“

„Sehr freundlich“, erwiderte Selby, wohl wissend, dass eine solche Bemühung im Grunde keine Bemühung für den Geheimdienst war. Vielleicht wollte man durch das Vorenthalten eines gültigen Ausweisdokuments verhindern, dass Noa Cortina sich zu weit von ihm entfernte.

Mit einem bemühten Lächeln wandte der Pilot sich an die Widerstandskämpferin.


„Sehen Sie es positiv. Miss Cortina: wir werden wie die Könige leben, bis der Captain zurück kommt.“

Falls der Captain jemals zurückkam… in Selby waren daran mittlerweile einige Zweifel laut geworden.

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Gleiter, auf dem Weg zum Golden Republic]- Noa, Selby, Fahrer
 
- Mon Calamari - Coral City – Gleiter – Mit Selby -

Mon Calamari war wunderschön, wenn man sich die Zeit nahm, sich die vorbeiziehende Stadt anzusehen. Noa tat ihr Bestes, doch sie konnte auch nicht verhindern, dass ihre Gedanken immer wieder zu Cris zurück wanderten. Natürlich machte sie sich Sorgen, etwas anderes zu behaupten wäre schlicht eine Lüge gewesen, auch wenn es keinen Grund gab, sich wirklich ernsthafte Gedanken zu machen. Noa wusste, wer Cris war. Er war von Anfang an ehrlich zu ihr gewesen und auch wenn sie ihm dies bis heute nicht gedankt hatte, es hatte dazu geführt, dass sie ihm vertraute. Sie vertraute darauf, dass er wusste was er tat, dass er Recht von Unrecht unterschied und dass seine Loyalität der Neuen Republik galt, seit er damals aus der Indoktrination des Imperiums geflohen war. Nein, es gab keinen Grund, sich ernsthaft Gedanken zu machen. Die Befragung würde unangenehm für ihn sein und vielleicht würde man ihn kurzzeitig rauer behandeln, als es angemessen war, doch sobald seine Vorgesetzten sahen, dass sie von Captain Cris Sheldon nichts zu befürchten hatten, würden sie den Verdacht gegen ihn aufheben. Was Gerechtigkeit anging war Noas Vertrauen in die Republik unerschütterlich.

Sie tat zwar so, als interessierte sie nichts als die Aussicht aus dem Fenster, doch Noa war sich deutlich der Anwesenheit Agent Selbys bewusst und auch das Gespräch zwischen ihm und dem Fahrer entging ihr nicht. Man brachte sie also in ein Hotel, in dem man eine Suite für sie reserviert hatte. Dafür, dass der Geheimdienst scheinbar nicht über genügend Ressourcen verfügte, um Coruscant im Kampf gegen das Imperium zu unterstützen, ging man hier erstaunlich verschwenderisch mit Credits um. Nicht, dass die Aussicht auf eine Luxussuite Noa nicht gefiel. Natürlich schlief sie gerne in übergroßen Betten oder genehmigte sich warme Schaumbäder in glänzenden Granitwannen, in die modernste Massagedrüsen eingebaut worden waren. Aber brauchte man diese Dinge wirklich? Nein. Auch den Fahrer, der sie zum Hotel brachte, hätte man sich sparen können. Selby und sie waren keine kleinen Kinder, die nicht wussten wie man einen Gleiter steuerte und auf die man acht geben musste… es sei denn natürlich, man wollte absichtlich ein Auge auf sie werfen. Während Selby mit dem Fahrer sprach, verkniff Noa sich ein bissiges Lächeln. Nein, es war nicht notwendig, sie direkt anzusprechen. Man sprach lieber über sie. Das war einfacher. Na, die würden schon sehen, was sie davon hatten.Als hätte Selby ihre Gedanken gelesen, wandte er sich ihr zu. Wie Könige würden sie leben, so lange der Captain weg war. In Anbetracht der Tatsache, dass die Abassador-Suiten sicherlich zu den besseren Unterkünften des gesamten Hotels gehörten, zweifelte Noa daran nicht. Die Frage war nur, wie lange Cris weg war und ob Selby wirklich glaubte, Noa würde Zeit mit ihm verbringen.


”Davon gehe ich in Ihrem Fall aus.”

Antwortete Noa höflich.

”So viel ich weiß, schätzen Sie den Geschmack exklusiver Küchen. Das Hotelrestaurant wird Ihren Vorlieben, was dies angeht, ganz sicherlich nachkommen.”

Demonstrativ richtete sie ihren Blick wieder aus dem Fenster. Ihr war nicht entgangen, dass Agent Selby davon absah, ihr neckische Kosenamen zu verpassen, seit sie Cris diesbezüglich die Meinung gegeigt hatte und sie war Selby dankbar, dass er ihre Gefühle berücksichtigte, aber ganz sicher würde sie deshalb nicht vor ihm auf den Knien rutschen.
Das Hotel war ein beeindruckendes Gebäude feinster traditioneller Architektur, soweit Noa dies mit ihrem ungeübten Auge sagen konnte. Die zwei hohen Türme, die in den blauen Himmel ragten, sahen jedenfalls toll aus. Sie nahm sich ihrem Gepäck an und hielt auf den Eingang zu, wo sich ein geflissentlich arbeitender Portier, selbstverständlich ein Mon Calamari, sofort anbot, sich um ihr Gepäck zu kümmern. Von ihrem Fahrer verabschiedete Noa sich nicht. Er hatte keinen Grund darin gesehen, mit ihr zu sprechen, also gab sie dieses Kompliment nur zu gerne an ihn zurück. Selby schloss rasch zu ihr auf, als sich Noa bereits in dem modernen Foyer umsah. Die Böden waren blank poliert und die Decke mit Kunstwerken in Gold und Weiß verziert. An der Rezeption war glücklicherweise kein Betrieb. Sie schienen einen einen guten Zeitpunkt erwischt zu haben. Noa überließ Selby das Reden.


”Herzlich Willkommen im Golden Republic. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?”

Flötete die Angestellte an der Rezeption. Sie trug eine weiße Uniform mit goldenen Knöpfen.

”Micro Solar Co. Ltd. –Sie haben eine Reservierung für zwei Ambassador-Suiten vorliegen?”

Erwiderte Selby. Noa hob interessiert eine Augenbraue. Natürlich, selbst auf Mon Calamari ging man nicht damit hausieren, dass man Mitglied des Geheimdienstes war. Die Rezeptionistin tippte etwas in ihr Terminal ein.

”Lassen Sie mich gerade nachsehen… Ah, ja, da haben wir es. Zwei Ambassador Suiten für Micro Solar Co. Ltd. Die Reservierung ist heute früh eingangen. Sie zahlen auf Rechnung? Ich stelle Ihnen Ihre Hotelpässe aus. Wenn Sie mir bitte Ihre ID’s reichen würden?”

Noa horchte auf. Sie wollte ihren Einsatz nicht verpassen. Mit einer Hand bereits in ihrer Tasche holte sie ihre ID hervor und schob sie lässig über die Theke zu der Hotelangestellten hinüber. Es kostete sie alle Anstrengung der Galaxis, nicht mit einem süffisanten Grinsen in Selbys Richtung zu blicken. Stattdessen gab sie sich cool. Noa Chanelle Cortina brauchte nicht den Geheimdienst, um an eine republikanische ID zu gelangen. Sie besaß längst eine, dank eines gewissen Typen namens Jace Chorios.

”Miss Lévêque, vielen Dank für Ihren Besuch.“

Sagte die Rezeptionistin, scannte Noas ID und reichte sie ihr zurück. Der Macht sei Dank hatte Jace gewusst was er tat, als er ihr vor ihrem Zwischenstopp auf Naboo vor einigen Monaten eine gefälschte ID angefertigt hatte.

- Mon Calamari - Coral City – Hotel „Golden Republic“ -Rezeption – Mit Selby -
 
-- Barad Selby --

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Gleiter, auf dem Weg zum Golden Republic]- Noa, Selby, Fahrer

Selby hatte in seiner bewegten Laufbahn bereits einige Hotels gesehen, von finsteren Absteigen bis hin zu den glitzernden Edelpalästen der imperialen oberen Zehntausend, daher war er vermutlich nicht sonderlich leicht zu beeindrucken, was das Interieur von Luxushotels anging. Dennoch – er musste feststellen, dass das Golden Republic durchaus seiner Positionierung unter den Hotels Coral Citys entsprach, und kam nicht umhin, einen anerkennenden Blick durch die Lobby zu werfen, was dazu führte, dass Noa Cortina ihm um Haaresbreite an der Rezeption zuvorgekommen wäre. Zwar hatte sie das Gespräch zwischen ihm und dem Fahrer mit Sicherheit gehört, aber er hatte bereits die Erfahrung machen müssen, dass die störrische Widerstandskämpferin zu gerne Dinge ignorierte, die sie nicht hören wollte. Oder ihnen gar zuwiderhandelte.

Wenigstens mit den Reservierungen schien alles nach Plan zu laufen – Micro Solar Co. Ltd. war eine der diversen Briefkastenfirmen die der Geheimdienst unterhielt, um Begebenheiten wie ihre Unterbringung in diesem Luxushotel unter der Hand zu halten. Das war zum einen vermutlich dazu gedacht, allzu eifrige Bürokraten vom Nachrechnen abzuhalten, andererseits vermutlich allerdings durch die Wahrscheinlichkeit bedingt, dass sich selbst auf Zentralwelten der Republik – oder gerade dort – Agenten des Imperiums befanden, denen so wenige Informationen zugänglich gemacht werden sollten wie möglich.

Mit einem gewinnenden Lächeln hatte der Pilot bereits seine ID gezückt und wollte sie soeben in Richtung der Hotelangestellten rüberreichen, als Cortina in aller Seelenruhe ihrerseits eine ID aushändigte. Eine republikanische. Für ein paar Sekunden entgleiste Selbys Gesichtsausdruck, bevor er sich wieder fangen konnte und ebenfalls seinen Ausweis übergab. Diese Frau schien von Minute zu Minute mehr Ärger zu bedeuten.


„Ah… Mr. LaRoche?“, bestätigte die Angestellte nach Erhalt der ID Selbys derzeitige Identität.

„Ganz richtig.“


„Es wurde etwas für Sie aufgegeben.“

Nach einem kurzen Bücken hinter den Tresen hatte sie einen metallenen Aktenkoffer hervorgefischt und reichte ihn mitsamt den übrigen Eincheckutensilien Selby hinüber. Ein kurzer Blick reichte dem Agenten, um festzustellen, dass der Koffer sich nur per Fingerabdruckscan öffnen ließ – was seinen Verdacht bestätigte: ein Andenken des Geheimdienstes.

„Angenehme Geschäfte, Mr. LaRoche.“

„Vielen Dank“, erwiderte Selby. Und mit einem möglichst freundlichen Blick in Richtung Cortina:

„Wollen wir?“


Er würde ihr gewiss nicht den Triumph gönnen, sich anmerken zu lassen, dass ihn ihr kleiner Stunt mit der republikanischen ID beeindruckt und verunsichert hatte. Vermutlich hatte sie diese von irgendeiner zwielichtigen Organisation, die mit den Defendern Geschäfte machte – stand nur zu hoffen, dass diese ihr Handwerk verstand. Andererseits würden sie schon bald Besuch von der NRSF bekommen.

Ein schmuckvoller Fahrstuhl brachte sie beide in das zweithöchste Stockwerk des Hotels, wo die Ambassador-Suiten – acht an der Zahl – unterhalb des Kanzler-Penthouses untergebracht waren. Wie der Zufall so wollte kamen sie zunächst an der Suite an, für die Cortina die Schlüsselkarte in der Hand hielt. Selby unterdrückte mühsam ein Seufzen.


„Dann trennen sich unsere Wege wohl erstmal…“, stellte er überflüssigerweise fest.

„Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas brauchen sollten.“


Zumindest etwas, was nicht mit Hoteldienstleistungen zu tun hatte.

„Und bitte… gehen Sie nirgendwo ohne mich hin. Okay? Sie müssen einfach ein wenig Geduld haben.“


Wahrscheinlich fielen seine Worte auf keinen fruchtbaren Boden. Warum auch? Nachdem der Geheimdienst äußerst feinfühlig Noa Cortinas einzige Vertrauensperson entfernt hatte, war deren Bereitschaft zur Kooperation vermutlich auf ein Mindestmaß gesunken. Andererseits war sie hier auf Mon Calamari die Bittstellerin – und durfte sich nicht zu weit entfernen, wenn sie noch darauf hoffte, dass Sheldon wieder zu ihnen stieß. Im Grunde ein rationaler Gedankengang. Wenn diese Person nur nicht ab und an irritierend irrational handeln würde…

Schließlich seufzte Selby doch, wandte sich ab und orientierte sich in Richtung seiner eigenen Suite. Es gab da schließlich noch einen Koffer, dessen Inhalt er zu überprüfen hatte.


[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Gleiter, Hotel Golden Republic, Suitenstockwerk, Korridor]- Noa, Selby
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Geheimdienstkomplex, Verhörzimmer]- Cris, Major Rar, Agenten

So weit er überhaupt noch etwas beurteilen oder empfinden konnte, so vermutete Cris, dass er in diesem Moment ein verdammt jämmerliches Bild abgab. Zusammengesunken hockte er auf dem Schemel, benebelt von den Drogen, die man ihm gespritzt hatte, und halb gelähmt von den mahnenden Schockstößen der Lähmhandschellen. Seine Zunge fühlte sich pelzig, sein ganzer Mund entsetzlich trocken an und Schweiß rann ihm über die Stirn, wie wohl ein dünnes Rinnsal Blut aus der Wunde, die der Injektor hinterlassen hatte.

Das trockene Gefühl in seinem Mund war indes nur zum Teil auf eine der Nebenwirkungen der Droge zurückzuführen – eine weitere war alarmierend zunehmende Übelkeit – sondern auch darauf, dass er in den vergangenen Minuten – oder war es jetzt schon eine Stunde? – viel gesprochen hatte. Major Rar, die mittlerweile recht entspannt auf der Tischkante des Schreibtisches vor ihm saß, hatte ihm Fragen gestellt, viele Fragen. Und er hatte geantwortet – zum einen, weil er ohnehin nicht beabsichtigt hatte, etwas vor ihr zu verbergen, zum anderen, weil das ihm eingeflößte Serum seinen Zweck erfüllte. Natürlich gab es kein Mittel, dass die Wahrheit herauspressen konnte – allerdings gab es zahlreiche Substanzen, die die Chancen eines jeden Subjekts, sich Lügen auszudenken oder Ausflüchte zu suchen erheblich erschwerten. Natürlich war Cris – wie alle Feldagenten – darin trainiert, solchen Substanzen zu widerstehen. Daher stand zu vermuten, dass man in seinem Fall eine Dosierung angewandt hatte, die weit über den Sicherheitsbestimmungen lag. In einem regulären Verhör ausgeschlossen. Doch das hier war kein reguläres Verhör – und das schnelle und heftige Eintreten der Nebenwirkungen belegte das nur eindeutig. Ein kleiner Teil in Cris hätte es mittlerweile begrüßt, wäre ihm ein Blaster ausgehändigt worden mit dem Befehl, sich selbst von seinem Elend zu erlösen.


„In ihrer… Reisegruppe…“, setzte Major Rar zur nächsten Frage an. Sie schien bereits erstaunlich gut informiert – sogar die Geschichte des Jedi Crado hatte sie Cris bereits abgenötigt, wie auch eine Schilderung seiner Zeit bei der Nova Force und seiner Zusammenarbeit mit den Defendern.

„Da war neben Agent Selby, Operative Barak und Jedi Crado noch jemand. Eine Frau. Wie heißt sie?“

„Noa…“

Fast zeitgleich mit diesem gekrächzten Wort schienen sich vor Cris’ innerem Auge Bilder zu formen.

„Noa Chanelle Cortina…“


„Sie ist ein Mitglied dieser Widerstandsgruppe, die Sie erwähnten?“, bohrte Rar weiter.

„Der Defender?“

„Ja.“

Aus einem ihm rätselhaften, fast irren Impuls heraus musste Cris lächeln. Wäre Noa jetzt hier, würde sie der Major vermutlich die blassen Lekku langziehen, anstatt ihr lammfromm alles zu sagen, was sie wissen wollte… Das Lächeln verschwand, als ein plötzlicher Übelkeitsanfall Cris sich verkrampfen ließ, ehe er sich zwingen konnte, ihn herunterzuwürgen. Die Reaktion der Lähmschellen folgte auf dem Fuße.


„Was können Sie mir noch über diese Noa erzählen?“, fuhr Rar unbarmherzig fort, stand vom Schreibtisch auf und trat näher an Cris heran.

„Ich will Details.“

Vermutlich bedachte die Twi’lek Cris dabei mit einem besonders bösen Blick, doch er sah ihn nicht… ausgelöst von ihrer Frage sah der ehemalige Sturmtruppler in diesem Moment ganz andere Bilder. Noa, die mitten in der Nacht plötzlich in einen Raum hineinplatzte, in dem er nur mit einem Handtuch bekleidet gestanden hatte, und ihm stolz erzählte, soeben eine Rockstar aufgerissen zu haben… Noa, die ihm empört eine Portion Sauce ins Gesicht spritzte und als Imperialen verfluchte… Noa, die sich über ihn beugte und ihm im Delirium einer schweren Verletzung wie ein Engel erschien… Noa, die ihn auf dem Observationsdeck der Empress für einen Moment so ansah, als würde es nur sie beide in der Galaxis geben…

Eine scharfe Ohrfeige warf Cris’ Kopf herum und nötigte den Lähmhandschellen eine weitere Reaktion ab. Mittlerweile schienen seine Arme vom Gefühl her nicht mehr zu existieren.

„Hören Sie mich, Sheldon? Ich will Details. Was können Sie mir über Noa Chanelle Cortina erzählen?“

Details? Was für Details konnte Cris erzählen? Dass Noa ihn am Schießstand wie einen Amateur hatte aussehen lassen? Dass sie Marzipan liebte und Selby für einen aufgeblasenen Schnösel, einen Zuhälter hielt? Dass sie für ihren Heimatplaneten bereit war, ihr Leben zu riskieren? Dass ihre wunderschönen braunen Augen ihn daran erinnerten, am Leben zu sein? Dass er nicht zögern würde, sich zwischen sie und einen Turbolaser zu stellen?

Als Cris schließlich wieder mühsam das Gesicht der Twi’lek fokussierte und eine Antwort seine spröden Lippen verließ, war seine Stimme kaum mehr als ein ersticktes Flüstern.

„Ich liebe sie.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Geheimdienstkomplex, Verhörzimmer]- Cris, Major Rar, Agenten
 
- Mon Calamari - Coral City – Hotel „Golden Republic“ – Suitenstockwerk - Korridor – Mi Selby -

Noa Chanelle Cortina verdrehte die Augen, als Agent Selby nicht hinsah, öffnete die Tür zu ihrer Suite mit ihrer Keycard und schob ihren Koffer in den geräumigen Wohnraum. Sie sah es nicht als notwendig an, noch irgendetwas in die Richtung des Geheimdienstlers zu erwidern. Stattdessen betrat sie ihre Suite, schloss die Tür hinter sich und gönnte sich einen tiefen und langen Atemzug, der alle Sorgen und Ärgernisse der vergangenen Stunde von ihr abfallen lassen sollte – es funktionierte nur teilweise.

“Und gehen Sie nirgendwo alleine hin, okaaayyy?“

Äffte sie Selby nach und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. So ein Idiot. Sie würde machen was sie wollte. Coral City war noch immer eine freie Stadt und Noa war nicht hier, um sich einsperren zu lassen. Verdammt, Mon Calamari war das Zentrum der Republik! Wie konnte sie in ihrem Hotelzimmer – pardon, in ihrer Hotelsuite – sitzen und Däumchen drehen, während dort draußen genau das freie republikanische Leben gelebt wurde, das sie sich für Coruscant wünschte? Sie sollte Geduld haben, hatte Selby gesagt.Jaja, schön, Geduld worauf? Sie war kein Tier, das sich in einen golden Käfig sperren ließ und brav wartete bis man es heraus ließ um mit ihm zu spielen. Während Noa sich ärgerte, erkundete sie die Suite. Wow, sie hatte noch mehr Platz als sie gedacht hätte. Das „Golde Republic“ machte seinem Namen wirklich alle Ehre. Allein das Badezimmer war riesig mit einer großen ovalen Wanne als Herzstück des Raumes und einem Wandschrank, hinter dessen gläsernen Türen zwei Regale verschiedenster Badesalze und Waschlotionen standen und die verschiedensten Aromen und Zusammensetzungen anboten, je nach Vorliebe und Gewohnheiten der verschiedensten Spezies. Der Wohnraum war mehr als geräumig, beinhaltete tiefe Sessel und einen riesigen Holo-TV-Projektor und bot den Zugang nach draußen auf einen persönlichen Balkon. Neugierig öffnete die Noa die Tür nach draußen und trat ins Freie, um die herrliche Aussicht zu genießen. Unter ihr lag Coral City. Sie sah die vielen Häuser, die Türme mit ihren abgerundeten Dächern, doch was ihr wirklich den Atem nahm war das Meer, das sich in der Ferne, hinter der Stadt als azurblauer Streifen abzeichnete.

Ihr Koffer lag weit geöffnet auf dem Boden neben ihrem Bett. Noa hatte ihre langärmelige Bluse und ihre Jacke gegen ein schlichtes Shirt mit kurzen Ärmeln getauscht. Auf Mon Calamari herrschte schönes Wetter, wohingegen sie auf Corusant nicht oft Gelegenheit hatte, in luftiger Kleidung herum zu laufen, erst recht nicht wenn sie in den unteren Ebenen unterwegs war. Sie hatte die Musikanlage der Suite aufgedreht, laut genug dass Selby die Musik hören konnte, aber noch leise genug dass sich (hoffentlich) niemand beschweren würde. Sie griff nach ihrer Handtasche, einem schwarzen Lederbeutel, der sich bequem über ihre Schulter hängen ließ, und öffnete die Tür zum Korridor. Die Musik lief noch immer, als Noa die Suite leise verließ. Das würde Selby für eine Weile ablenken, sollte er, wie Noa annahm, vor haben, ein Auge auf sie zu werfen. Sie nahm den Lift hinunter in die Lobby. Die Rezeptionistin war mit zwei Gästen beschäftigt, als Noa sich ihr näherte und es kostete die Journalistin alles an Geduld, was sie aufbringen konnte, um so lange zu warten, bis sie an der Reihe war. Als die Mon Calamari sie schließlich freundlich ansah, reichte Noa ihr ein Stück Flimsiplast.


“Sollte mein Kollege nach mir fragen, geben Sie ihm bitte diese Nachricht.“

Sagte Noa. Sie hatte ihre Komnummer für Selby notiert, für den Fall dass er Neuigkeiten von Cris hatte. Es war ja nicht so, dass sie abhauen und den Kontakt abbrechen wollte. Sie wollte nur Zeit für sich und das machen, was sie wollte, ohne dass ihr jemand heimlich folgte. Der Geheimdienst hatte sie in ein Hotel geschickt, damit sie auf weitere Informationen warteten und Noa würde warten, aber das bedeutete nicht, dass sie die nächsten 24 Stunden wie auf heißen Kohlen in ihrer Luxussuite sitzen würde. Die Rezeptionistin nickte verständnisvoll und wünschte Noa einen sonnigen Tag. Zweifellos, dachte Noa, als sie hinaus in das helle Licht Coral Citys trat, den würde sie haben.

- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel -
 
[Dac- Coral City- Raumhafen- Weg in Richtung Unterkunft] Kit, Rease, Howel, Tyrk u.a.

Calamarie war eine ziemlich schöne Welt fand Kit. Obwohl der Weg vom Raumhafen bis zur Unterkunft nicht lang war genoss er es die Gebäude zu betrachten und lies sich extra Zeit. Viele der Turm ähnlichen Bauten ähnelten eher Kunstwerken als Häusern, was Kit in dem auf Zweckmäßigkeit ausgerichteten Fondor lange vermisste hatte.
Die Stadt schien direkt zu schwimmen ohne Repulsoren oder ähnliches.
Nach einiger Zeit erreichten sie ihre Unterkunft, die für ein Militärgebäude ziemlich schön war. Das Gebäude lag am Rand der Stadt und war nur einstöckig. Zu Kits Überraschung bestand der Boden des Gebäudes komplett aus einem glasähnlichen Kunststoff so dass man die gesamte Zeit ins Meer sehen konnte.
Sie wurden an der Rezeption begrüß und anschließend übergab man ihnen die Schlüssel. Dann durften sie erstmal die Zimmer beziehen. Kit lief den Gang entlang zu dem Raum der seine Nummer trug. Er öffnete mit der Karte die Tür und trat ein. Er warf seinen Pilotenkoffer in den Schrank und lies sich aufs Bett fallen.
Der Raum war ein relativ kleines Einzelzimmer mit einem Schrank, einem Schrank, Tisch und Stuhl sowie einer angrenzenden Nasszelle. Zum Glück war der Boden undurchsichtig.
Der fondorianische Pilot griff zu den Formularen auf dem Tisch und begann sie durchzugehen. Es waren die Hausregeln die in allen Basen gleich waren, sowie ein Zettel in den man alle Gepäckstücke eintragen konnte die von der Phönix nachgeschickt werden sollten.
Kit nahm sich einen Moment Zeit und trug die Dinge ein. R4, die Galauniform, sein Koffer, Ordner mit Papieren, Waschzeug, seine Bücher sowie einige Ausrüstungsgegenstände und Werkzeuge die sich noch auf dem Schiff befanden. Er überlegte sich ob er etwas vergessen hatte und beschloss dann den Zettel an die Rezeption zubringen. In diesem Moment klingelte sein Kom.
Rease wünschte alle in Beratungsraum drei zusehen.
Obwohl er sich sicher war etwas vergessen zu haben gab er den Zettel bei der Rezeption ab und ging dann in den Bartungsraum.
Obwohl sie nur fünft waren mussten sie einige Zeit warten bis alle eintrafen. Kit vertrieb sich diese Zeit in dem durch den Boden die Meerwelt beobachtete und sich nebenbei Mit Howel über verschiedene Angeltechniken unterhielt.

[Dac- Coral City-Unterkunft- Beratungsraum] Kit, Rease, Howel,
 
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-- Barad Selby --

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Gleiter, Hotel Golden Republic, Suitenstockwerk, Korridor]- Noa, Selby

Ohne ein Auge für die spektakuläre Aussicht auf Coral City zu haben warf Selby den Aktenkoffer auf das riesige Bett – vermutlich reichte der Platz selbst für eine Huttenorgie – und setzte sich ebenfalls auf die gemütliche Matratze. Sein spärliches übriges Gepäck hatte ein Page bereits in die Suite gebracht, sodass er schnell Möglichkeit finden würde, in ein optisch besser an seine Umgebung angepasstes Outfit zu schlüpfen. Er kleidete sich gerne angemessen – auch wenn Noa Cortina das vermutlich anders beurteilte.

Wie aufs Stichwort begann in diesem Moment dumpfe Musik aus der benachbarten Suite zu ihm vorzudringen. Zweifelsohne das Werk der Widerstandskämpferin, aber ob sie so laut aufdrehte, um ihn zu provozieren, oder einfach, weil sie laute Musik genoss, konnte er nicht beurteilen. In jedem Fall irritierte Selby diese zusätzliche Geräuschkulisse ungemein und er überlegte kurz, ob er hinüber gehen und ihr das klar machen sollte. Sich schließlich doch dagegen entscheidend, legte er seine Daumen auf die dafür vorgesehenen Abtastfelder am Rande des Koffers, der sich daraufhin mit einem bestätigenden Piepsen öffnete.

Der Inhalt des üppig gepolsterten Koffers war schnell überflogen: ein Merr-Sonn Q2 Blaster – ein besonders kleines und leicht zu verbergendes Modell, was Selby als subtilen Hinweis des Geheimdienstes verstand, dass er hier, im Herzen der Republik, seine bevorzugten schweren Pistolen besser nicht mit sich herumtrug – drei Reserveenergiepacks sowie ein scheinbar stimmaktivierter Datenblock. Erst als Selby seinen Namen laut aussprach erwachte die Schrift auf selbigem zum Leben.

Der Inhalt des nun flimmernd erscheinenden Texts ließ Selby einmal mehr die Lippen zu einem lautlosen Pfiff formen. Nicht nur beinhaltete er eine aktuelle Situationsbeschreibung zur Lage auf Mon Calamari – von einem Sprengstoffanschlag auf die Oper war die Rede, verbunden mit der dringenden Bitte, etwaige Schützlinge (in seinem Fall also für den Moment dummerweise Noa Cortina) besonders gut im Auge zu behalten – sondern auch eine recht trocken formulierte Passage, die im Grunde folgendes besagte: mit sofortiger Wirkung war Agent Barad Selby zu Lieutenant Barad Selby befördert worden, seine Geheimhaltungsfreigabe entsprechend erhöht. Offenbar hatte er bereits in früheren Berichten Major Tacemas an das Direktorium lobend Erwähnung gefunden.

Beflügelt auch von dieser letzten guten Nachricht, gönnte Selby sich zunächst eine ausgiebige Dusche – das Badezimmer der Suite war kein Vergleich selbst zu den Einrichtungen auf der Empress -, zog sich dann einen etwas luftigeren Anzug an, sorgsam auf die unauffällige Platzierung des Blasters achtend, um dann festzustellen, dass die Musik aus der Nachbarsuite immer noch dumpf selbst durch die dicken Wände des Hotels wummerte. Mit einem entnervten Seufzer und leicht in seiner wiedergefundenen guten Laune getrübt schnappte Selby sich die Zugangskarte zu seiner Suite und verließ diese, zielstrebig auf die Tür der Nachbarsuite zusteuernd. Auf sein Klopfen – und dann Hämmern – meldete sich jedoch keiner.


„Miss Cortina? Miss Cortina, hören Sie mich?“


Eine Reihe an Erklärungsversuchen geisterte durch den Verstand des Agenten. Hörte sie ihn wegen der Musik nicht, war sie vielleicht auf dem Balkon oder im Bad? Schlief Sie eventuell sogar – was bei der Lautstärke allerdings unwahrscheinlich war? Erst jetzt beschlich ihn ein schlimmer Verdacht, der es ihm kalt den Rücken runterlaufen ließ und ihn dazu veranlasste, in ganz und gar nicht eleganter Eile zum Turbolift zu laufen und wie ein Besessener auf den zur Lobby gehörenden Knopf zu drücken. Natürlich sorgte das nicht für eine schnellere Fahrt und nach sich schier endlos dehnenden Sekunden war er endlich angekommen, in Windeseile an die Rezeption hastend, wo sich in diesem Moment glücklicherweise kein anderer Gast befand.

„Ah, Mr. LaRoche“, begrüßte die Mon Calamari hinter dem Tresen ihn freundlich.

„Wie kann ich Ihnen helfen? Ihre Kollegin ist bereits vor einer halben Stunde aufgebrochen, sie hat allerdings eine Nachricht für Sie hinterlassen.“

Sprachlos griff Selby nach dem ihm gereichten Stück Flimsiplast, auf das Cortina scheinbar eine Nummer – vermutlich die ihres Coms – gekritzelt hatte. Eine halbe Stunde… er hätte nicht so viel Zeit im Bad verbringen sollen. Langsam fischte er sein eigenes Com aus der Tasche seines Anzugs und warf einen kurzen, ratlosen Blick darauf – allerdings sich nicht fragend, ob er Cortina selbst anrufen sollte – was die von seinen Anweisungen hielt hatte sie jetzt ja eindeutig bewiesen – sondern überlegend, ob die Situation es bereits rechtfertigte, bei den Polizeikräften Mon Calamaris einen Fahndungsaufruf nach ihr zu bewirken. Vermutlich nicht – zu auffällig. Und ob sie deswegen gefunden wurde, war auch nicht erwiesen. Sie hatte auf Coruscant bestimmt gelernt, Sicherheitskräften möglichst effektiv aus dem Weg zu gehen. Einen Fluch unterdrückend verließ Selby das Hotel. Genau so gut konnte er sich selbst auf die Suche nach der Widerstandskämpferin machen…

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, vor dem Golden Republic]- Selby
 
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[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Geheimdienstkomplex, Zelle]- Cris

Cris wusste nicht, wie lange er auf der harten Pritsche in der engen Zelle gelegen hatte, als die seinen Kopf marternden Gedanken wieder damit begannen, Sinn zu ergeben und sich Erinnerungsbruchstücke zu einem ganzen zusammensetzten. Das Gefühl war in seine Gliedmaßen zurückgekehrt – und hatte Schmerz in jeder einzelnen Muskelfaser seines Körpers offenbart, ganz besonders an seinem Hals, wo man ihm auf irgendeine Wunde ein Bactapflaster geklebt hatte. Es sprach für seinen Zustand, dass er einige Minuten brauchte, um sich an den Grund dieser Wunde zu erinnern – und mit ihr daran, warum sein Kopf sich anfühlte als hielte eine ganze Sturmtruppenlegion darauf eine Parade ab und warum er sich, bevor er auf der Pritsche zusammengebrochen war, mehrmals in die in der hinteren Ecke der Zelle stehende Toilette übergeben hatte. Die Dosis der Wahrheitsdroge, die man ihm verabreicht hatte, war definitiv jenseits aller Sicherheitsvorschriften gewesen. Noch immer war sein Sichtfeld verschwommen, als er mühsam die Augen öffnete, selbst die schummrige Beleuchtung der Zelle verursachte stechenden Schmerz, und seine Kleidung war wie sein Haar schweißdurchtränkt als hätte er den 50-Klick-Lauf von Coronet absolviert. Über seine Wangen war indes eine andere Flüssigkeit gelaufen – Tränen. Nicht verursacht durch den Schmerz, oder die Erniedrigung des sich schier ewig in die Länge ziehenden Verhörs, sondern durch die Erkenntnis, die ihn auch jetzt wieder heimsuchte. Er hatte Noa verraten.

Nur noch fragmentarisch konnte er sich an die auf ihn einprasselnden Fragen der Twi’lek erinnern, doch er wusste, dass er sie gegen seinen Willen beantwortet hatte. Sonst wäre das Verhör kaum vorbei gewesen. Er hatte ihnen also alles über Noa erzählt, was er wusste… von ihren Kollegen beim Widerstand, von ihrer Familie… alles. Bis hin zu seinen eigenen Gefühlen für sie, die die Wahrheitsdroge brutal ans Tageslicht gezerrt hatte und die vermutlich überhaupt erst der Grund für die hartnäckigen Nachfragen gewesen waren. Und dabei würde er sie ohnehin nie wiedersehen… es gab keinen Grund für den Geheimdienst, all diese Informationen über sie zu speichern, zu analysieren, ihre Privatsphäre so grob zu verletzen. Mit seiner Hilfe. Er schoss seine Augen wieder und wünschte sich für einen Moment, jetzt irgendwo aus einem langen Fiebertraum aufzuwachen… am besten auf Coruscant, in ihrem Apartment, wo sie ihn ohne Aussicht auf Kompensation aufgenommen und verpflegt hatte. So hatte er es ihr jetzt vergolten.

Als die Tür der Zelle sich öffnete und ein Spalt grelleren Lichts hineinfiel, öffnete Cris doch wieder die Augen. Im Türrahmen stand der Lieutenant, immer noch adrett in Uniform, der ihn festgenommen hatte, in den Händen ein Tablett, auf dem scheinbar nur ein Glas Wasser stand, und auf seinem Gesicht ein Ausdruck von… Mitleid? Schuld?


„Bitte trinken Sie das“, sagte der Andere leise und stellte das Tablett vorsichtig neben der Pritsche ab.

„Es wird Ihnen helfen. Und dann folgen Sie mir bitte.“

Jedweder Restwürde beraubt griff Cris – seltsamerweise plötzlich wieder vom Überlebensinstinkt getrieben – nach dem Glas und trank gierig, jeder Tropfen eine kleine Wohltat für seine ausgetrocknete Kehle. Er kam nicht einmal auf die Idee, die Bitte des Anderen zu ignorieren, sondern folgte ihm – etwas schwach auf den Beinen – aus der Zelle. Fast ein wenig erstaunt stellte er dabei fest, dass die übliche Gorillaeskorte fehlte, doch in seinem Zustand hätte vermutlich ein Chadra-Fan Cris ohne Probleme überwältigen können. Immerhin verbesserte sich seine Sicht sekündlich.

Der Lieutenant führte ihn durch die Korridore bis zu einem Zimmer, in dem zu Cris’ Überraschung frische Kleidung und eine Nasszelle auf ihn warteten.


„Machen Sie sich frisch und ziehen Sie sich um. Ich warte hier draußen.“

Immer noch verblüfft tat Cris, wie ihm geheißen. Die kurze Dusche sorgte immerhin dafür, dass das der Schweiß von seinem Körper verschwand, wenngleich die Schmerzen in seinen Muskeln und insbesondere in seinem Kopf weiter nachhallten. Der ehemalige Sturmtruppler ertappte sich dabei, für ein paar Minuten vollkommen erschöpft gegen die Außenwand der Nasszelle gelehnt einfach nur das warme Wasser an seinem Körper herunter laufen zu lassen, bevor er schließlich aufhörte, sich abtrocknete und nach einem Blick in den Spiegel feststellte, dass er sich furchtbar aussah, wie er sich fühlte. Sein Gesicht war aschfahl, die Augen eingefallen und rot unterlaufen und unter dem Bactapflaster an seinem Hals prangte eine krebsrote, bösartig wirkende Wunde. Mit Mühe und Not schaffte er es, die ihm zur Verfügung gestellten neuen Kleidungsstücke – eine dunkelblaue Hose und ein schwarzes Hemd, dazu scheinbar modischen Standards entsprechende Schuhe – anzulegen und schließlich das Zimmer wieder zu verlassen. Schweigend übernahm der Lieutenant wieder die Führung.

Als sie schließlich ihr endgültiges Ziel erreichten wurde Cris zu seiner Überraschung zunächst in ein Vorzimmer geführt, wo ein blankpolierter, silberner Protokolldroide hinter einem Empfangsschreibtisch saß.


„Ah, Lieutenant Garrett. Äußerst pünktlich“, begrüßte der Droide Cris’ Führer mit weiblich modulierter Stimme.

„Der Colonel erwartet Mr. Sheldon bereits.“

Der Angesprochene – Garrett – nickte Cris zu und deutete in Richtung der Tür neben dem Droiden.


„Gehen Sie.“

Er schien erleichtert, das alles hinter sich zu haben, denn er beeilte sich, das Vorzimmer in entgegen gesetzter Richtung zu verlassen, während Cris durch die ihm angedeutete Tür trat. Hinter ihr fand er ein funktionell eingerichtetes Büro – geschmückt lediglich mit ein paar Wimpeln, die vermutlich Militäreinheiten oder ähnliches repräsentierten – mit einem wuchtigen Schreibtisch. Die Person hinter diesem Schreibtisch war indes weniger imposant.


„Sheldon. Setzen Sie sich.“

Die fast piepsige Stimme passte zu dem Sullustaner in Geheimdienstuniform, der hinter dem Schreibtisch saß und Cris aus seinen großen Augen offenbar aufmerksam musterte.

„Sie wissen, wer ich bin?“

„Natürlich, Sir“, erwiderte Cris reflexartig und setzte sich folgsam auf den ihm zugewiesenen Stuhl vor dem Schreibtisch des untersetzten Nichtmenschen. Natürlich wusste er, dass Colonel Jalus Nur Sektionschef 01 war – und Vizedirektor des Geheimdienstes.

„Gut. Des Weiteren nehme ich an, dass Sie sich unfair behandelt fühlen?“

Der Colonel wartete keine Antwort ab – obwohl Cris durchaus eine auf der Zunge lag – sondern fuhr sogleich fort:

„Glauben Sie mir, es macht mir keinen Spaß, meine eigenen Leute brechen zu lassen. Aber nach ihrer langen Historie bestenfalls halbherziger Kontaktversuche mussten wir absolut sicher gehen, keinen frisch programmierten Schläfer in unseren Reihen willkommen zu heißen.“

Der Sullustaner legte den Kopf leicht schief.


„Es wird Sie freuen zu hören, dass Sie in dieser Hinsicht bestanden haben. Major Rar ist davon überzeugt, dass es dem imperialen Geheimdienst nicht gelungen ist, irgendwie an Ihnen herumzudoktern.“

„Das… beruhigt mich…“, erwiderte Cris langsam, doch Nur fiel ihm ins Wort:

„Warten Sie ab, Sheldon, ich bin noch nicht mit Ihnen fertig.“

Für einen kurzen Moment schien der Colonel sich auf einen vor ihm liegenden Datenblock zu konzentrieren.


„Wissen Sie, ich schätze Agenten, die ein gewisses Maß an Eigeninitiative ergreifen. Bis zu einem gewissen Grad. Aber ihre… Auffassung von Pflicht in den letzten Jahren lässt sich selbst mit der liberalsten Auslegung dieser Überzeugung nicht mehr entschuldigen. Ganz gleich, was Major Tacema oder Agent… nein, Lieutenant Selby über Sie zu Protokoll geben mögen.“

Dieses Stück Information zauberte den Anflug eines Lächelns auf Cris’ Gesicht. Also hatte zumindest Selby Grund, sich zu freuen…

„Um es auf den Punkt zu bringen: ich halte Sie für ein Sicherheitsrisiko, Sheldon. Und das haben Sie in dem Verhör durch Major Rar eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ihre offensichtlichen Gefühle für diese… Cortina… sind der deutlichste Beleg. Insbesondere, da Sie sie offensichtlich davon abgehalten haben, uns irgendeine Form von weiterführender Information über diese Person zu vermitteln.“

Cris blinzelte überrascht. Keine Informationen…? Also hatte Rar doch nichts aus ihm über Noa herausbekommen… er hatte sie doch nicht verraten, nur seine Gefühle für sie. Und von denen wusste Noa ohnehin nichts – und würde es auch nie.


„Anhand der ergänzenden Stellungnahmen von Major Tacema und Lieutenant Selby bin ich durchaus geneigt, zu glauben, dass es sich bei Miss Cortina um eine Unterstützerin der Republik handelt“, sprach Nur weiter.

„Und ich denke, dass irgendjemand sich zumindest anhören wird, was sie zu sagen hat. Aber von einem Agenten meiner Sektion hätte ich detaillierte Informationen erwartet, auch ohne Verhör. Agenten, die solche Informationen zurückhalten, kann ich nicht vertrauen. Und Agenten, denen ich nicht vertrauen kann, kann ich in meiner Sektion nicht gebrauchen.“

Der Blick des Sullustaners ruhte schwer auf Cris, der für den Moment nicht wagte, zu einer Antwort anzusetzen.

„Andererseits kann ich Sie wohl auch kaum einfach so aus dem Geheimdienst entfernen. Sie wissen zu viel… und scheinen, aus welchen Gründen auch immer, noch Fürsprecher haben. Daher musste ich eine andere Lösung finden.“

Cris verspannte sich, in Erwartung des Schlages, der nun zweifellos erfolgen musste.

„Sie werden zum Lieutenant degradiert, Sheldon. Und nach Sektion 03 versetzt. Melden Sie sich bei Colonel Drayson, zusammen mit dieser Cortina… soll die sich darum kümmern, was der Widerstand von Coruscant uns zu sagen hat. Lieutenant Selby wird Ihnen weiterhin zugeteilt bleiben, allerdings nicht als Untergebener… eher als Beobachter. Und wir beobachten genau, Lieutenant… vergessen Sie das nicht.“

Wie betäubt starrte Cris den Colonel an, unfähig – besonders angesichts seiner immer noch vorherrschenden Kopfschmerzen – diese Vielzahl an Informationen effizient zu verarbeiten. Degradiert. Versetzt. Und doch mit einer Aufgabe betraut, die ihn wieder in Noas Nähe führen würde – doch was brachte das, außer ihn noch mehr zu quälen?


„Ich verstehe, Sir.“

„Gut. Dann gehen Sie mir jetzt aus den Augen.“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Geheimdienstkomplex, Büro des Sektionsleiters 01]- Cris, Colonel Jalus Nur
 
- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel -

Noa ging zu Fuß. Sie hatte bereits eine Gleiterfahrt durch die Stadt hinter sich und wollte Mon Calamari, oder „Dac“, wie die Einheimischen es nannten – mit eigenen, unverfälschten Augen sehen, riechen und anfassen. Irgendwie ging das Atmen hier leichter als auf Coruscant. Das musste an der frischen Meeresluft liegen. Coruscant war voller Abgase, der gesamte Planet war bedeckt mit Industrie. Es störte Noa nicht so lange sie dort war, doch jetzt wo sie hier war, merkte sie den Unterschied. Sie schlenderte an den Seiten der Straßen entlang. Das Regierungsviertel bot nicht die Unterhaltungen der Inennstadt – Geschäfte, Einkaufspassagen, Spielhallen oder Straßenmusiker – doch auch hier gab es Cafés und vereinzelt den einen oder anderen kleinen Laden. Direkt vor ihr wies ein dezentes Schild auf einen Kosmetiksalon hin und als Noa sich den hohen Glasfenstern zu wandte, konnte sie in den dekorierten Schaufenstern über die angebotenen Behandlungen lesen. Gerade hier im Regierungsviertel, entschied sie, lebten sicherlich einige Leute, die es sich leisten konnten, sich regelmäßig von der Kosmetikerin verwöhnen zu lassen. Gelassen sparzierte Noa weiter die Hauptstraße entlang. Die meisten Gleiter hier waren offen unterwegs und Noa fragte sich, ob das Wetter hier immer so gut war wie heute. Auch das war ein Vorteil gegenüber dem altbekannten Nieselregen auf Coruscant. Sie wollte ihre Heimat nicht schlecht reden, nichts hätte sie dazu bringen können, doch es war nicht zu leugnen, dass andere Orte durchaus ebenso ihre Reize hatten.

In einiger Entfernung aufgespannte Sonnenschirme, die an einem größeren Platz angrenzten, verrieten Noa, dass sich hier einige Cafés konzentrierten. Es war vielleicht der perfekte Ort, sich für eine Weile niederzulassen und die Ruhe zu genießen, dachte Noa, suchte sich einen Tisch in der Sonne und bestellte sich ein Erfrischungsgedränk aus der Karte, das in dem Kapitel „für Menschen genießbare Speisen und Getränke“ aufgeführt gewesen war. Sie lehnte sich zurück, froh, die Beine ausstrecken und sich ausruhen zu können, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, wem sie als nächstes begegnen und was sie sagen würde. Diese Ruhe würde nicht lange anhalten. Sie hatte die Tonstärke ihres Komlinks laut gestellt, damit sie keinen eingehenden Anruf verpassen würde. Wenn Cris sich zurück meldete, wollte sie so schnell wie möglich zum Hotel zurück gehen. Nach dem Verhör des Geheimdienstes konnte er sich in jedem nur erdenklichen Zustand befinden. Allerdings konnte es genau so gut bis morgen dauern. Wer wusste das schon? Zweifel an seiner Rückkehr hatte Noa jedenfalls nach wie vor nicht. Sie hatte Zweifel gehabt, als sie ihn kennen gelernt hatte, Zweifel über ihn, über seine Motive und seinen Charakter, doch diese hatten sich verflüchtigt, je mehr sie über ihn erfahren hatte. Er hatte sich selbst bewiesen.

Die Sonne schien angenehm auf Noas Kopf. Sie mochte es, ihre Hand auf ihre erhitzten Haare zu legen und die Wärme durch ihren ganzen Körper ziehen zu spüren. Sie hatte ihr Komlink hervor geholt und tippte eine Nachricht an Pablo, um ihm zu schreiben, dass sie gut angekommen war, dass man eine Luxussuite für sie gebucht hatte und sie bei herrlichem Wetter draußen in einem Straßencafé saß und ein fruchtiges Getränk von giftgrüner Farbe trank, in dem ein langer, gliterzernder Strohhalm schwamm, der in der Sonne funkelte. Wenn sie es genau betrachtete, fiel Noa auf, klang das alles gar nicht so schlecht, ganz im Gegenteil. Es klang, als erlebte sie den besten Urlaub aller Zeiten. Eine Luxussuite! Privat hätte sie sich eine solche niemals leisten können. Sie konnte sich ja noch nicht mal eine Wohnung in eine anständigen Wohnviertel leisten, deswegen hauste sie im zwielichtigen Raumhafenbezirk. Noa grinste, während sie weiter auf ihrem Komlink herum tippte. Es bedeutete immerhin, dass ihre Familie sich keine Sorgen um sie machen musste. Vor allem Cloé würde beruhigt sein, dass alles in Ordnung bei ihr war. Tatsächlich war Noa hier auf Mon Calamari weitaus sicherer als jeder ihrer Geschwister auf Coruscant es je sein konnte, so lange das Imperium dort das Sagen hatte.


- Mon Calamari - Coral City – Regierungsviertel -Straßencafé -
 
-- Barad Selby --

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, vor dem Golden Republic]- Selby

Etwas planlos und ohne einen Anhaltspunkt zu haben war Selby nach Verlassen der Lobby des Golden Republic abgebogen, der belebten Straße gefolgt und fand sich schließlich in einer bunten Menge sehr formell gekleideter Individuen zahlreicher Spezies – natürlich vielen Mon Calamari und Quarren – wieder, die eifrig ihren Tagesgeschäften nachgingen und sich zum Teil angeregt unterhielten. Auch einige Menschenfrauen waren zu sehen, unter ihnen sogar eine, die Noa Cortina ein wenig ähnlich sag – doch die Widerstandskämpferin war nirgendwo aufzufinden. Ein im Grunde vorhersehbares Ergebnis.

Sich nervös durch das Haar fahrend sah Selby sich genauer um, blieb mit seinem Blick kurz an einer Fußstreife uniformierter Mon Calamari-Polizisten hängen, schüttelte dann jedoch, als versuchte er sich selbst von dummen Einfällen abzubringen, mit dem Kopf. Cortina war verschwunden, ob spontan zum Sightseeing, auf der Suche nach ein wenig Abwechslung oder womöglich sogar, um auf eigene Faust ihr Hauptanliegen hier auf der Zentralwelt der Republik zu befördern, konnte der Agent unmöglich einschätzen. Sein Auftrag konnte somit getrost als auf der ganzen Linie gescheitert betrachtet werden – zumindest für den Moment. Es blieb nur die winzige Hoffnung, dass die Coruscanti zum Hotel zurückkehrte bevor irgendjemand nach ihr fragte. Womöglich war es doch besser, sie einfach anzurufen und zu Fragen, was bei den schwarzen Knochen des Imperators sie sich eigentlich mit Aktionen wie dieser rücksichtslosen Nummer dachte. Aber das würde die gerade etwas entspannte Stimmung zwischen ihnen nur aufs Neue entfachen – sehr zum Leidwesen des Captains, der es aus für Selby immer unerfindlicheren Gründen für nötig hielt, dass Cortina sich hier auf Mon Calamari wohlfühlte. Nun, im Grunde konnte sie das auch gerne. Solange das nicht mit seinen eigenen Aufgaben kollidierte.

Sichtlich gereizt – alle ihm begegnenden Passanten, die menschliche Mimik und Gestik zu deuten wussten, machten einen weiten Bogen um ihn – kehrte Selby schließlich zum Hotel zurück und setzte sich dann, nach einigen Minuten fruchtlosen Überlegens, an einen der am Straßenrand aufgebauten Tische, die zum Restaurant des Golden Republic gehörten, und orderte sich den alkoholhaltigsten menschenverträglichen Cocktail, den er auf der Karte finden konnte. Vielleicht trieb ihr Weg Cortina zumindest noch einmal in die Nähe des Hotels, wenn nicht sogar irgendwann zurück in die Suite. Wenn das passierte, würde er bereit sein.

Wenig später war es allerdings nicht das Auftauchen der Widerstandskämpferin, sondern das Vorfahren eines Gleiters, das Selbys Aufmerksamkeit weckte…


[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, vor dem Golden Republic]- Selby
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Geheimdienstkomplex, Büro des Sektionsleiters 01]- Cris, Colonel Jalus Nur

Als Cris das Büro des Colonels verlassen hatte, wurde er sofort von dem humanoiden Protokolldroiden aufgehalten, der ihn mit den für derlei Droiden typischen, hektischen Bewegungen auf eine Reihe Gegenstände hinwies, die man anscheinend für ihn bereit gelegt hatte. Eine aktualisierte, reguläre republikanische ID, ein Dienstausweis des Geheimdienstes – Sektion 03, in allen öffentlichen Gebäuden der Republik stets offen zu tragen – und eine Datenkarte, auf der sich vermutlich weitere Anweisungen befanden.

„Bitte beachten Sie, dass alle sonstigen Dokumente, die Sie noch besitzen mögen, von heute an ungültig sind“, klärte der Droide Cris im einprogrammiert freundlichen Plauderton auf.

„Ferner ist zu beachten, dass die Vorschriften und Protokolle der Sektion 03 sich in Abschnitten von denen der Sektion 01 unterscheiden, insbesondere, was die Autorisierung von tödlicher und nichttödlicher Waffengewalt angeht. Ziehen Sie hierzu gerne die auf der Datenkarte gespeicherten Dienstvorschriften von Sektion 03 zu Rate.“

Obwohl er sich immer noch fühlte, als hätte ihn ein Rancor vor einer Minute aus dein Tiefen seiner Eingeweide hervorgewürgt, so schaffte Cris es doch irgendwie, missmutig das Gesicht zu verziehen. Die weiteren Implikationen der Belehrungen des Droiden waren klar – auch, weil dort keine Waffe neben den anderen Gegenständen für ihn bereitlag. Er war kaltgestellt, abgeschoben in eine Sektion, in der er keinen Schaden mehr anrichten konnte, auf einen Posten wartend, der zwar gemacht werden musste, aber von dessen Erfolg oder Misserfolg nicht wirklich etwas abhing.

Schweigend nahm Cris Ausweise und Datenkarte an sich, verharrte einen Moment, falls der Droide noch irgendetwas hinzuzufügen hatte – hatte er anscheinend nicht – und schickte sich dann an, das Vorzimmer des Colonels zu verlassen.


„Lieutenant Selby und Miss Cortina wurden im Golden Republic untergebracht“, informierte der Droide ihn dann doch noch.

„Ein Fahrer wird Sie ebenfalls dorthin bringen.“

„Danke.“


Nach dieser kurzen Antwort verließ Cris das Vorzimmer und orientierte sich an den Hinweisschildern in Richtung des Ausgangs, durch etliche Korridore und dann vorbei an einer weiteren von Wachleuten bemannten Sicherheitsschleuse, die ihn als Person, die das Gebäude verlassen wollte, indes nicht betraf. Wie angekündigt wartete auf der anderen Seite des Ausgangsportals bereits ein Gleiter, dessen Fahrer sich bis zu Cris’ Anblick lässig über die Karosserie gelehnt hatte.

„Zum Golden Republic, Sir?“, beeilte der junge Operative sich, geschäftig zu fragen. Womöglich ein frischer Verwaltungsangestellter, der sich seine ersten Sporen in den Augen seiner bürokratischen Vorgesetzten durch derartige Hilfsjobs verdienen musste. Cris versuchte, nicht daran zu denken, dass er jetzt ebenfalls Teil der Sektion war, in der man mit hoher Wahrscheinlichkeit auf diese andere Seite des Geheimdienstes traf.

„Ja.“

Cris stieg ein – und bereute es fast darauf schon. Der enthusiastische Fahrstil des jungen – menschlichen – Operative vertrug sich nicht wirklich mit seiner nur langsam abklingenden Übelkeit und dem Rest der Nachwirkungen des intensiven Verhörs. Auch sein Gleichgewichtssinn schien ein wenig gestört, wieder und wieder verschwamm das Sichtfeld vor seinen Augen. Ohne den zögernden Hinweis des Fahrers wäre ihm so zum Beispiel nach der kurzen Fahrt glatt entgangen, dass sie ihr Ziel bereits erreicht hatten. Er stieg aus, hielt sich dabei jedoch vorsichtshalber am Gleiter fest. Ausgerechnet in dem Moment fingen seine Armmuskeln an zu zittern, wohl eine Folge der wiederholten Schockstöße durch die Lähmhandschellen.

„Alles in Ordnung, Sir?“, fragte der Operative besorgt.

„Machen Sie sich um mich keine Sorgen…“, winkte Cris ab, während er aus dem Augenwinkel bemerkte, wie sich eine weitere Person aus Richtung des Hotels näherte. Selby. Trug der etwa schon wieder einen anderen Anzug?

„Captain!“

Natürlich. Selby wusste noch nichts von den Konsequenzen, die Colonel Nur gezogen hatte.

„Ich übernehme hier, Junge. Fahren Sie“, herrschte der Agent dann den Fahrer an, der sich beeiltem dieser Aufforderung nachzukommen. Aus den Augen Selbys, der durchaus bemerkt hatte, dass Cris sehr schwach auf den Beinen unterwegs war, sprach eine gewisse Sorge.

„Captain, alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Nicht mehr Captain…“, erwiderte Cris und hielt Selby zur Untermalung seinen neuen Dienstausweis unter die Nase. Die Augen des anderen weiteten sich beträchtlich.

„Lieutenant…? Sektion 03? Was zur…?“

„Können wir uns irgendwo anders darüber unterhalten?“, presste Cris zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Irgendwie war die Übelkeit wieder zurückgekehrt…

„Bitte?

„Natürlich…“

Rasch führte Selby Cris ins Hotelinnere – der ehemalige Sturmtruppler schaffte es gerade noch, sich zu wundern, in was für einem erlesenen Haus man Noa und Selby untergebracht hatte – und fuhr mit ihm dann im Turbolift ein beträchtliches Stück weit nach oben. Spätestens, als er ihn in eine riesige Suite führte, begann Cris, an den Prioritäten des Geheimdienstes zu zweifeln. War ihnen das Wohlbefinden einer Gesandten des Widerstands von Coruscant so wichtig? Und wo war Noa überhaupt?


„Wo ist Noa…?“


„Setzen Sie sich erst einmal, Cap… Lieutenant“, wehrte Selby ab und führte Cris zu einem lächerlich großen Sofa, auf dem er sich setzen konnte. Dabei fiel der Blick des Piloten ein erstes Mal auf das Bactapflaster an Cris’ Hals – und endlich konnte er sich aus Cris’ Auftreten einen Reim machen.

„Wahrheitsdrogen? Aber die Vorschriften…“

„Gelten für die Sektion 00 nicht…“, erwiderte Cris schwach. Was auch immer Lieutenant Garrett ihm mit dem Glas Wasser gegeben hatte, es schien seine Wirkung aufgebraucht zu haben. Der Raum um ihn herum, und Selby mit ihm, begann sich langsam zu drehen…

„Interne Ermittlungen… mussten sicher gehen… Nur traut mir nicht…“

„Meine Güte…“, rief Selby bestürzt aus.

„Wie viel haben die Ihnen gegeben?“

„Wohl genug.“


Für einen kurzen Moment schloss Cris die Augen, um zu erreichen, dass der Raum aufhörte, sich zu drehen. Doch er konnte immer noch fühlen, dass er es weiterhin tat.


„Wo ist Noa? Soll mich mit ihr… bei Colonel Drayson melden…“

„Sie machen erstmal gar nichts“, unterbrach Selby ihn bestimmt.

„Ich glaube, Colonel Nur war sich nicht ganz im Klaren darüber, mit wie viel Zeug die Black Ops Sie vollgepumpt haben. Sie bleiben sitzen.“

Cris gehorchte. Schließlich war er nicht mehr Selbys Vorgesetzter – und hätte es vermutlich ohnehin nicht geschafft, aufzustehen und nicht sofort wieder zusammenzuklappen. Indes griff der Pilot nach seinem Comlink.

„Wen rufen Sie an…?“


„Miss Cortina.“

Merkwürdigerweise huschte ein kurzes Lächeln über Selbys Züge.

„Wen sonst?“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Ambassador-Suite]- Cris, Selby
 
- Mon Calamari – Regierungsviertel – Straßencafé –

Sie hatte schon bessere Drinks gehabt, aber auch schlechtere. Für ihren Geschmack war der alkoholfreie Fruchtcocktail, den sich Noa bestellt hatte, ein kleines bisschen zu säuerlich gewesen. Sie überlegte, einen zweiten Drink zu bestellen, etwas anderes diesmal, aber andererseits wollte sie noch ein wenig weiter laufen, sich die Stadt genauer ansehen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie überhaupt hier sein würde und wenn sie jetzt schon einmal die Gelegenheit hatte, ihre freie Zeit zu nutzen, wollte sie dies auch tun. Sie winkte einen der Droiden heran, um mit ihrem Creditstick zu bezahlen, als sich ihr Komlink meldete. Es hatte noch auf dem Tisch vor ihr gelegen und Noa erkannte eine fremde Nummer. Ah, das konnte eigentlich nur Agent Selby sein, der ihre Nachricht an der Rezeption erhalten hatte. Pfiffiger Kerl, dass er darauf gekommen war, dort nachzufragen, aber andererseits hatte er auch lange genug dafür gebraucht. Noa reichte dem heranrollenden Droiden ihren Credit-Stick und aktivierte ihr Komlink.

“Ja, bitte? Oh, hallo!“

Meldete sie sich fröhlich, selbst in dem Wissen, wer ihr unsichtbarer Gesprächspartner war. Wer konnte schon griesgrämig sein, wenn man bei strahlendem Sonnenschein in einem Café saß, Fruchtcocktails schlürfte und die Leute um sich herum beobachtete? Noa hatte sogar einen gutaussehenden Typen gesehen und ihn aus der Ferne beobachtet, was ein richtiger Glücksfall war, bedachte man, dass sie sich auf einem Planeten befand, auf dem vor allem zwei nichtmenschliche Spezies dominierten.

“Was gibt es? Schon von Cris gehört?“

Wollte sie wissen, ein Auge auf den Droiden haltend, der ihr auf einem Display zeigte, was er ihr zu berechnen gedachte: einen kowanesischen Fruchtsirup und einen Schale geraspelter Hülsenfrüchte. Moment mal…

“Hey, so nicht, Kleiner!“

Rief Noa protestierend.

“Ich hatte nur den Fruchtsirup.“

Beschwerte sie sich, Selby noch immer am Ohr. Er war noch nicht dazu gekommen, sein Anliegen vorzubringen.

“Oh, verzeihung.“

Korrigierte der Droide seinen Fehler. Verständnislos schüttelte Noa mit dem Kopf. Wurden Droiden nicht eingestellt, damit solche Fehler nicht passierten? Mit giftigem Blick nach sie ihren Credit-Stick wieder an sich. Vielleicht waren solche Betrugsversuche in einer Gegend wie dieser zu erwarten, schließlich war dies das Regierungsviertel von Coral City und Politiker waren nun einmal zum größten Teil Betrüger. Da musste man sich anpassen. Zurück zu Selby.

“Also, Sie wollten sagen…?“

Gab Noa ihm endlich Gelegenheit, sich zu artikulieren, raffte ihre Tasche und stand auf. Im Gehen warf sie noch einen letzten Blick auf den hübschen Typen, der mit zwei Nichtmenschen in einiger Entfernung eine angeregte Unterhaltung führte. Irgendwelche Abgeordneten, vermutlich. Noa verrenkte sich fast den Hals. Niiicht übel. Im nächsten Moment stolperte sie fast über ihre eigenen Füße

“Der Captain ist zurück. Es geht ihm gar nicht gut.“

“Was?“

Noa blieb stehen, mitten auf dem Platz und veranlasste einen Transportspeeder, der direkt hinter ihr gewesen war, dazu, mächtig auf die Hupe zu drücken.

“Jaaa, ist ja schon gut!“

Die Widerstandskämpferin wich zur Seite aus und begann, ohne dass sie sich bewusst dazu entschieden hatte, in die Richtung zu laufen, aus der sie gekommen war. Wenn es Cris nicht gut ging, gab es nur einen vernünftigen Weg, den sie gehen konnte: den Weg zurück ins Hotel. Damit war ihre Gelegenheit zum Sightseeing für’s erste vorbei.

“Was soll das heißen, es geht ihm nicht?“

Wollte sie wissen. Um sie herum war es laut. Der Verkehr der Hauptstraße und eine naheliegende Baustelle machten es unmöglich, Selby über Kom auch nur ansatzweise zu verstehen. Noa schüttelte den Kopf, deaktivierte ihr Komlink und steckte es in ihre Tasche.

“Was solls.“

Kommentierte sie den Abbruch des Gesprächs gegenüber sich selbst und begann zu rennen.

Noa war atemlos, als sie am Hotel ankam. Sie begann erst, wieder normal zu gehen, als sie das Gebäude schon fast erreicht hatte – gerade noch rechtzeitig, um zu verhindern, dass die Portiers sie angerannt kommen sahen und ihr seltsame Blicke zuwarfen. Stattdessen wunderten sie sich vermutlich lediglich, warum sie so außer Atem war, aber das war Noa schnuppe. Sie schenkte niemandem in der Lobby einen zweiten Blick und zwängte sich noch hastig in den bereits besetzten Turbolift, ehe die Türen schließen könnten. Mit einem entschuldigenden Lächeln in Richtung der anderen Gäste drückte sie sich gegen die Wand und zog ihren Bauch ein, um sich so dünn wie möglich zu machen. Diese Übung beherrschte Noa extrem gut. Als sie das Stockwerk der Suiten erreichte, war sie die einzige, die noch im Turbolift verblieben war. Die anderen Hotelgäste waren schon längst in den anderen Etagen ausgestiegen und es hätte Noa sich toll fühlen lassen, dass sie eine Suite bewohnte und damit etwas Besonderes war, wenn sie nicht damit beschäftigt gewesen wäre, sich über Cris‘ möglichen Zustand Gedanken zu machen. Erst als sie vor den beiden Türen zu ihren Suiten stand, wurde Noa bewusst, dass sie Selby nicht lange genug hatte sprechen lassen, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich hier waren. Was, wenn der Agent Cris ganz woanders hin gebracht hatte? Was, wenn es ihm so schlecht ging, dass er in ein Krankenhaus gebracht worden war? Aber wieso sollte es dazu kommen? Er war bei einem Verhör des Geheimdienstes gewesen, ja, aber er war einer von ihnen und man würde es nicht so weit kommen lassen, seine Gesundheit zu gefährden. Noa hob ihre Hand, um an die Tür von Selbys Suite zu klopfen, ließ sie dann wieder sinken und verschaffte sich erst Zugang zu ihrer eigenen Suite, um dort die Musik abzustellen, die sie noch immer bis auf den Gang hinaus – wenn auch nicht all zu laut – hörte. Tief atmete sie ein und aus. Dieser Besuch auf Mon Calamari gestaltete sich ereignisreicher, als sie gedacht hätte. Dann klopfte sie.


- Mon Calamari – Hotel “Golden Republic” – Vor Selbys Suite –
 
[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Ambassador-Suite]- Cris, Selby

Was auch immer Selby mit Noa besprach, es schien den Agenten gewaltig zu irritieren, wie Cris durch einen immer dichter werdenden Nebel aus Schmerz feststellte. Offenbar war der Pilot dabei so aufgebracht, dass er der Widerstandskämpferin anhand seines alten Ranges wissen ließ, dass er zurück war – warum er auch noch die Information nachschieben musste, dass es Cris nicht gut ging, wollte diesem nicht ganz einleuchten – bevor sein Gesichtsausdruck versteinerte und er das Comlink sinken ließ.

„Verbindung abgebrochen. Hervorragend.“

„War das Noa?“, fragte Cris überflüssigerweise, musste aber zu seiner Überraschung vorstellen, dass es ihm half, einen einigermaßen klaren Kopf zu bewahren, wenn er sich auf sie konzentrierte. Da war auch zu verschmerzen, dass in seiner Stimme gerade genug Sehnsucht gesteckt hatte, als dass Selby sie hätte identifizieren können. Glücklicherweise war der Agent in diesem Moment offenbar in ganz andere Gedanken vertieft, trat an die Minibar der Suite und holte dort eine Flasche gekühlten – und vermutlich astronomisch teuren – Quellwassers hervor, das er in ein Glas umfüllte und dieses Cris zur Couch brachte.

„Trinken Sie das, Ca… Lieutenant. Dann geht es ihnen besser.“

Mechanisch griff Cris nach dem Glas und nutzte die Gelegenheit, sich zwischen zwei kleinen Übelkeitsanfällen ein paar Schlucke herunterzuzwängen. Mittlerweile hatte ein sengender Kopfschmerz damit begonnen, buchstäblich durch seinen Schädel zu wandern, aber immerhin drehte der Raum sich nicht mehr ganz so schlimm wie noch vor ein paar Minuten. Plötzlich musste Cris husten, was Selby dazu veranlasste herbeizueilen und ihm rasch das Glas aus der Hand zu nehmen. Die Fürsorglichkeit des Agenten ließ Cris dien Schamesröte ins Gesicht steigen, da er gerade noch genug Stolz besaß, sich in diesem Moment absolut jämmerlich und hilflos vorzukommen.

„Was ist mit mir los?“, murmelte er schwach.

„Vorhin war noch alles gut…“


Ratlos zuckte Selby mit den Schultern.


„Unerwartete Komplikationen vielleicht? Langzeitnachwirkungen? Irgendwelche Allergien?“

Dann schüttelte der Pilot den Kopf.


„Nein, die hätten eigentlich ihre komplette medizinische Akte auf Lager haben müssen. Vielleicht hat man Ihnen für das Gespräch mit dem Colonel ein Aufputschmittel verabreicht, dessen Wirkung jetzt nachlässt…“

Schmerzerfüllt verzog Cris abermals das Gesicht, als ein unangenehmer Krampf durch seinen rechten Arm jagte. Passend zu seinem Delirium meinte er auch, sich die ganze Zeit seit Ankunft in der Suite leise spielende Musik einzubilden – diese verstummte seltsamerweise exakt in dem Moment, an dem er sich auf sie konzentrieren wollte. Eine eigentümliche Illusion.

„Dann ist sie wohl zurück“, sagte Selby mehr zu sich selbst.

„Was? Wer ist zurück?“

In diesem Moment klopfte es an der Tür der Suite und Selby beeilte sich, diese zu öffnen – und den Blick auf Noa freizugeben. Sie hatte sich etwas mehr dem moderaten Klima Mon Calamaris angepasst und trug ein kurzärmeliges Hemd, doch diese Veränderung war nicht das auffälligste an ihr. Sie schien viel mehr von innen heraus zu strahlen… vielleicht bildete er sich auch das ein, aber womöglich lag es auch daran, dass die Sonne hier um einiges präsenter war als in den Untern Ebenen Coruscants oder in der Kälte des Weltraums. Gerne wäre er aufgestanden, um sie zu begrüßen – doch seine Beine versagten ihm ihren Dienst.


„Wie gut, dass Sie es einrichten konnten“, ergriff Selby das Wort, der seltsamerweise wenig erbaut wegen Noas Auftauchen schien. Oder vielleicht wegen etwas, was davor geschehen war…

„Anscheinend hat man es für nötig befunden, den Captain einem Tiefenverhör zu unterziehen.“

„Nicht mehr Captain...“, wehrte Cris schwach ab.

„Ach ja.“

Selby verzog sein Gesicht zu einer Grimasse.

„Das auch noch.“

„Ich bin wohl momentan etwas derangiert“, richtete Cris das Wort mit einem Lächeln, das so gar nicht zu seiner übrigen Verfassung passen wollte, an Noa. Sehr präsent war ihm plötzlich dieser eine, dieser entscheidende Satz, den Major Rar im Rahmen des Verhörs aus ihm herausgepresst hatte…

„Aber mach dir keine Sorgen… bald kann ich dir helfen… Colonel… Drayson… wird sich anhören, was du über Coruscant zu sagen hast…“

Diese vielen Worte schienen seinen Körper zu überfordern, da sie sofort in einen weiteren Hustanfall überleiteten. Selbys Miene verriet steigende Besorgnis.

„Ich kontaktiere das Hauptquartier. Hoffentlich wissen die, ob so was in solchen Fällen normal ist…“

Der Blick des Piloten richtete sich auf Noa.

„Bleiben Sie solange bei ihm?“

[Calamari-System, Mon Calamari, Coral City, Regierungsviertel, Hotel Golden Republic, Ambassador-Suite]- Noa, Cris, Selby
 
- Mon Calamari – Hotel “Golden Republic” – Selbys Suite – Mit Cris und Selby -

Noa konnte Selbys, wie sie fand, giftigen Blick ignorieren und auch seinem spitzfindigen Tonfall schenkte sie wenig Beachtung. Der Typ konnte ja besser zicken als jedes Weibsbild. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Raum, nämlich Cris, der auf dem gleichen riesigen Sofa ausgestreckt lag, das auch in Noas Wohnraum stand. Er sah furchtbar aus, wie ein Häufchen Elend. Offenbar waren gleich mehrere Dinge zusammen gekommen, um ihn in diesen Zustand zu versetzen, jedenfalls war das Noas Vermutung, und zweifellos war es das Werk seiner Vorgesetzten, die ihn in ihrem Verhör ganz schön hart ran genommen hatten. Eine einfache Grippe, die den Geheimdienstagenten aus heiterem Himmel befallen hatte, war das jedenfalls nicht. Selby stand noch nahe der Tür, als sich Noa Cris näherte. Sein Blick wirr und sie war sich nicht einmal sicher, ob er sie wirklich sah oder zumindest wahr nahm, bis er sie schließlich ansprach, etwas von einem Colonel Drayson und von Coruscant murmelte und Noa zumindest sicher sein konnte, dass sein Verstand noch funktionierte, wenn auch etwas schwerfälliger vielleicht als üblich.

“Was zur Hölle haben die mit dir angestellt?“

Noa ließ ihre Tasche auf den niedrigen Glastisch fallen, direkt neben ein Glas Wasser, das zur Hälfte ausgetrunken dort stand. Eine leichte, klirrende Erschütterung ließ Wasser aus dem Glas hinaus und auf die lederne Tasche spritzen. Vom anderen Ende des Raumes verkündete Selby, dass er das Hauptquartier kontaktieren und sich versichern wollte, ob Cris‘ Zustand normal war. Noa schüttelte den Kopf. Ganz sicher nicht, normal war definitiv anders.

“Hast du etwas getrunken?“

Wollte sie wissen, setzte sich zu Cris auf die Kante des Sofas, griff nach dem Wasserglas und hielt es ihm unter die Nase.

“Hier, trink das und zwar alles.“

Forderte sie ihn in einem Tonfall auf, der keinen Widerspruch duldete.

“Wenn Sie dich mit irgendwelchem Chemiezeugs voll gepumpt haben, braucht dein Körper Flüssigkeit.“

Sie hatte ihm das Glas in die Hand gedrückt. So sah also jemand aus, mit dem der Geheimdienst fertig war und vermutlich hatte er noch Glück gehabt. Cris war blass, seine Augen wirkten glasig und waren gerötet, ihm stand Schweiß auf der Stirn und an seinem Hals klebte ein größeres Bactapflaster, doch darüber hinaus war er körperlich unversehrt, jedenfalls was Verletzungen anging. Man hatte ihn nicht zusammengeschlagen, ihm kein Ohr abgeschnitten und ihm auch alle Finger gelassen. Der Geheimdienst mochte seine Methoden haben, aber er war zumindest nicht irrational. Und schließlich hatten sie ihn wieder gehen lassen, nicht wahr? Es war in etwa so, wie Noa es erwartet hatte. Trotzdem: Cris sah schlimm aus.

“Du gehörst ins Bett.“

Sagte sie.

“Ist dir kalt? Übel? Hast du Kopfschmerzen?“

Wollte sie wissen. Sie hatte einige Standardmedikamente dabei, doch da sie nicht wusste, was man Cris verabreicht hatte, war es wohl besser, ihm nichts davon zu geben. Nicht einmal einen ordentlichen Schluck Whiskey traute sich Noa ihm einzuflößen, obwohl das eigentlich die beste Medizin war. Aber wer wusste schon, wie das Zeug in seinem Körper auf Alkohol reagierte? Dieses Risiko sollten sie besser nicht eingehen.

“Wir verfrachten dich jetzt erst mal ins Schlafzimmer.“

Bestimmte sie.

“Komm, steh auf. Du gehörst ins Bett, auf eine ordentliche Matratze und unter die Decke.“

- Mon Calamari – Hotel “Golden Republic” – Selbys Suite – Mit Cris -
 
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