Ganz ehrlich: diese Zeilen sind gerade der reinste Balsam für mich....endlich versteht mich jemand!
(Fast schon hätte ich geschrieben: endlich ist hier mal jemand nett zu mir. Ist zwar nur VR in einem (für mich) anonymen Forum, die gefühlte Ablehnung der letzten Tage ging mir aber dennoch nahe).
Daher: Danke! Auch wenn's gar nicht so beabsichtigt war, mir tut das gerade trotzdem gut.
Ich glaube, man darf sich das Ganze nicht nahegehen lassen, auch wenn es eine mitunter recht erbittert geführte Diskussion sein kann. Bei Rey wird halt einfach ein spezielles Thema angeschnitten, welches viel Fingerspitzengefühl erfordert, denn sie ist als Figur von den Autoren bewusst so angelegt, dass man über sie kaum eine Diskussion führen kann, ohne dabei kontroverse Themen zu streifen. Hinter Rey steckt eine bewusste, kalkulierte politische Agenda. Diese Tatsache alleine ist für viele schon mal ein rotes Tuch, und ich verstehe, warum: niemand will sich belehrt oder für dumm verkauft vorkommen. Wenn ich also in einem Film eine Botschaft vermitteln will (und ich vermute einfach mal, dass das die meisten erzählten Geschichten wollen), dann sollte diese subtil vermittelt werden. Im Idealfall sogar so, dass es genügend Interpretationsspielraum gibt, dass sich der Zuseher seine eigenen Gedanken dazu machen und seine eigenen Schlüsse ziehen kann. Mit manchen davon wird er mit der Intention des Erzählers übereinstimmen, mit manchen davon wird er ihnen aber hingegen widersprechen. Und je mehr beide Möglichkeiten einen Anspruch auf Berechtigung haben, desto befriedigender ist es für eine breit gefächerte Masse an Zusehern, sich über das Konsumierte Gedanken zu machen.
Wenn mir der Autor nun aber seine Botschaft nicht subtil andeutet, sondern die Brechstange auspackt, um sie mir einzutrichtern, und obendrein dann Schläge mit eben jener Brechstange androht, wenn ich die Botschaft nicht genau so aufnehme wie gedacht, dann wird's unangenehm. Darum bringt eine zu deutliche, eine zu erzwungene Moral oder Agenda das Publikum leicht zum Augenrollen statt zum Mitfiebern: man hält uns für zu blöd, um zu merken, wie wir manipuliert werden sollen, und wir mögen weder Manipulation* noch für blöd gehalten zu werden (* was nicht ganz richtig ist. Eigentlich schauen wir Filme, weil wir unterhalten, sprich emotional manipuliert werden wollen. Aber halt in die Richtung, die uns gefällt, und wenn wir dem unsere Zustimmung geben, können wir uns zumindest erfolgreich einreden, dass es keine Manipulation wäre, weil wir es ja zulassen). Ich kann mich zB noch an die Celebration erinnern, bevor TLJ in die Kinos kam, und Kathleen Kennedy über Rian Johnson sprach und darüber, was ihr an seiner Arbeit so gut gefällt, und sie sagte, dass er sich so toll darauf verstehe, "to write strong, female characters". Und der ganze Saal hat gejubelt. Ich habe nicht gejubelt, ich habe das Gesicht verzogen. Weil ich was gegen starke, weibliche Charaktere habe? Nein, sondern weil ich die Aussage in der Form als, um es mal provokant auszudrücken, "toxischen Feminismus" empfand. Man stelle sich mal vor, wie die Reaktion gewesen wäre, wenn sie gesagt hätte: "to write strong, male characters". Ich glaube, da wäre ungläubiges Schweigen im Walde gewesen. Und das zurecht, weil die Aussage einfach das andere Geschlecht rundweg exkludiert! Wäre es nicht irgendwie toller gewesen, wenn sie einfach nur von "strong characters" gesprochen hätte und wir dann beim Schauen des Filmes völlig organisch, so ganz von selbst, darauf gekommen wären, dass damit unter anderem oder gern auch im Besonderen die Frauen in Form von Rey, Rose, Holdo und Leia gemeint gewesen sind? Aber nein, stattdessen hatte ich dann bei der Kinopremiere, als sich der Konflikt Poe ~ Holdo auf der Leinwand anbahnte, einfach nur im Kopf: "Okay, jetzt wird obligatorisch der 'strong, female character' ins Rampenlicht gerückt, denn das war ja die angekündigte Agenda des Films".... das Ganze gipfelte dann ironischerweise darin, dass der komplette Holdo-Plan sich am Ende in meinen Augen als substanzloser Mist herausstellte und sich der Charakter damit retroaktiv selbst an die Wand klatschte, aber wenigstens hat sie sich dann geopfert und konnte keinen weiteren Schaden anrichten.
Das ist also nur eines der zahlreichen delikaten Themen, bei denen man unweigerlich streift, wenn man Rey diskutieren möchte. Ich glaube nicht, dass hier irgendjemand einem anderen absichtlich persönlich auf den Schlips treten möchte, aber das Thema polarisiert nun mal schön und es ist in Teilen sicher von den Machern so angelegt und in den übrigen Teilen durchaus willkommen, weil sie sich ja hinter der Fassade der Progressivität, die sie aufgebaut haben, vortrefflich verstecken können. Kritik an Rey kann man ja wunderbar in die Schubladen des Sexismus oder Gender Bias räumen. Noch kontroverser war es in manchen hyperpolitischen Kreisen übrigens bei der Figur der Rose Tico. Gleich vorweg: ich mag Loan Tran, die Darstellerin, extrem gerne. Ich finde sie furchtbar sympathisch. Der Backlash, den sie damals von rassistischem und sexistischem Pöbel abbekam, war ekelhaft und nicht zu entschuldigen. Aber: die Figur Rose Tico war unheimlich lahm. Als Antwort auf das, was der Schauspielerin passiert ist, forderten einige Fans aus dem weit links gerichteten Spektrum, Rose Tico solle als reiner Mittelfinger an den rechten Mob eine riesige Rolle in TROS bekommen, am besten sogar zur Jedi werden, und eine Schlüsselfigur dabei sein, die Erste Ordnung zu besiegen. Und das ist der Punkt, wo ich ausgestiegen bin. Man muss Werk und Darsteller bis zu einem gewissen Grad voneinander trennen, und ich konnte die Idee beim besten Willen nicht gut finden, der lahmen Figur einen absichtlich provokanten Auftritt zu verpassen, nur damit die Darstellerin sich besser fühlt (was eh nicht passiert wäre, da sie wahrscheinlich sonst abermals zur Zielscheibe von Hass und Hohn geworden wäre). Viele werfen TROS ja vor, dass sie Loan Tran quasi im Stich gelassen hätten mit dem Film, weil ihre Rolle so klein und nebenbei war. Aber ich bin ganz ehrlich, ich fand Rose in E9 viel besser und erträglicher als in E8. Nicht, weil sie so wenig und am Rande vorkam - meinetwegen hätte sie gerne präsenter sein dürfen - sondern weil einfach ihre Rolle ansich besser war. Sie war keine socially awkward Mechanikerin, sondern eine etwas abgeraute, taffere Soldatin. Wie es halt so passiert, wenn man in einem Krieg kämpft. Hier rannte sie nun tatsächlich mit Blaster rum, kämpfte an der Front mit und lieferte ihren Input bei taktischen Einsatzbesprechungen und nicht, indem sie Moralapostel-Reden auf Casinoplaneten schwang. Viel besser imo.
Und ich würde dem entgegen halten, dass sie ohne Kylos Hilfe an dieser Stelle gestorben wäre. Ihre Macht und ihr schnelles Lernen haben ihr hier nicht geholfen. Für mich also ein Gegenargument.
Dem wiederum könnte man entgegnen, dass Kylos Faszination und Sympathie für Rey dazu führte, dass er für sie Partei ergriff und seinen Mentor Snoke tötete. Ihre "Schwäche" führte in direkter Konsequenz also zur Tötung des bis dahin bösen Obermotzes...