Hat aber wenig mit unserem Szenario zu tun.
Das hat sogar sehr viel mit unserem Szenario zu tun, weil Bush v. Gore ein Präzedenzfall ist.
1. Das Urteil des Supreme Court macht es möglich, dass sich ein Präsidentschaftskandidat als Geschädigter an das Gericht wendet. Es ist grundsätzlich herrschende Meinung, dass ein Kandidat nicht Geschädigter eines Wahlergebnisses zu seinen Ungunsten sein kann. Das kann nur der Wähler sein. Alleine dadurch, dass der Supreme Court diesen Fall nicht direkt abgewiesen hat, hat dieses Gericht Klagen gegen Wahlergebnisse ermöglicht.
2. Der Supreme Court hat sich hier Zuständigkeiten angemaßt, die er der Verfassung nach überhaupt nicht besitzt. Konkret hat er in die alleinigen judikativen Kompetenzen eines Bundesstaates eingegriffen und das Urteil des Supreme Court of Florida, mit dem die Frist zur Auszählung der Stimmen verlängert wurde, außer Kraft gesetzt.
3. Wäre der Supreme Court seiner eigenen Argumentation bzw. der Argumentation der Mehrheitsmeinung des Gerichtes gefolgt, hätte er die gesamte Wahl vor ungültig erklären müssen. Dies ist
nicht geschehen. Auch das hat Präzedenzcharakter.
4. Der Supreme Court hat in seinem Urteil gegen die sog.
Political question doctrine verstoßen. Das ist für unser Szenario von ganz fundamentaler Relevanz. Bundesgerichte hören keine Fälle an, die nicht ausschließlich durch juristische Entscheidungen zu klären sind. Das gilt in unserem Szenario ganz besonders: Es ist eine legislative und keine judikative Entscheidung, welche Voraussetzungen eine Partei zu erfüllen hat, um einen Präsidentschaftskandidaten aufstellen zu können, es ist eine legislative oder ggf. exekutive Entscheidung, was geschieht, wenn ein Kandidat o. eine Partei in einem Bundesstaat nicht zur Wahl antreten darf.
Nochmal: Das ist ein Präzedenzfall und Bush v. Gore wurde auch in mehreren anderen Urteilen zu Wahlrechtsfragen explizit referenziert!
Wenden wir das also mal auf unser Szenario an: Nehmen wir Ohio. Passt gut. Die Demokraten können sich vor der Frist nicht auf einen neuen Kandidaten einigen. Darum melden sie innerhalb der Frist Joe Biden als Kandidat. Er wird auf den Wahlzetteln stehen. Soweit nicht sehr problematisch, weil in den USA schließlich der Umweg über das
electoral college gegangen wird. In diesem Fall geben die Wahlleute ihre Stimme für den bis dahin feststehenden Kandidaten der Demokraten ab. Nehmen wir auch mal an, dass die Demokraten Ohio gewinnen. Nun wendet sich Trump also an den Supreme Court, weil er sich benachteiligt sieht. Das alleine ist bereits nur durch Bush v. Gore möglich! Seine Erklärung kann dabei auch völlig fadenscheinig sein. Das war sie bei Bush auch, denn es war von vornherein klar, dass er die Wahl verlieren würde, wenn die vier Counties noch einmal händisch ausgezählt würden. Trump könnte sagen: Joe Bidens Name stand auf dem Wahlzettel, die Bürger von Ohio wurden getäuscht und hätten sonst nicht für die Demokraten gestimmt. Der Supreme Court mit seiner "konservativen" Mehrheit entscheidet: Stimmt, die Wahl ist dadurch ungültig. Nun ist es zeitlich aber nicht mehr möglich eine Neuwahl durchzuführen, da das Wahlergebnis bis zu einem festgelegten Datum zertifiziert und das
electoral college zusammengetreten sein muss. Da eine Wahl durch Wahlleute auch möglich ist, wenn die Wahlleute eines oder mehrerer Staaten fehlen, könnte allein diese Verzögerung reichen, um den Demokraten 18 Wahlleute vorzuenthalten.