Trotzdem bin ich der Meinung das es die Destabilisierung der Region,welche mit der Operation Irak Freedom einherging erst den Boden für die heutige Situation bereitet hat.
Eine Diskussion darüber haben wir schon einmal geführt. Das Iraqi Freedom den Zerfall des Iraks beschleunigt hat, habe ich auch eingestanden. Nichtsdestotrotz ist es ein Trugschluss zu glauben, dass ohne den dritten Golfkrieg immer noch alles in Butter wäre. Saddam Hussein wäre früher oder später gestürzt worden oder gestorben und damit wäre auch das restliche Regime in sich zusammengebrochen. Das steht für mich außer Frage. Insofern war die Invasion des Irak sicherlich ein Katalysator für den Zerfall der Region - mehr aber auch nicht.
Aber das Fehlen eines Nachkrieskonzepts ist den USA schon anzulasten wenn die Haupakteure heute natürlich andere sind.
Nun, der Wiederaufbau des Irak ist gescheitert. Keine Frage. Die Schuld für das Scheitern kann aber eben nicht alleine den USA oder der Koalition angelastet werden. Ich hab's ja schon einmal geschrieben: im Nahen Osten herrscht eine Winner-takes-it-all-Mentalität, zwischen allen Ethnien und religiösen Strömungen. Es gibt keine Kompromisse. Kaum war Hussein abgesägt und damit die sunnitische Minderheit, die das Land jahrzehntelang nach ihrem alleinigen Gutdünken regiert hat, entmachtet, haben die Schiiten zugegriffen und sich überall breitgemacht. Nur deshalb, konnte sich der IS auch in den sunnitischen Regionen des Iraks dermaßen ausbreiten und festsetzen. Das ging soweit, dass, ganz in alter SA-Manier, fähige und gut ausgebildete sunnitische Armeeoffiziere absägt und durch ungebildete, schiitische Stümper ersetzt wurden, nur weil sie Sunniten waren. Den Leuten dort ist eine sunnitische Schreckensherrschaft lieber, als eine funktionierende schiitische Zentralregierung.
Dies wollte man in Moskau und Peking nicht nochmals zulassen.
Das macht es, wenn es auch eine legitime Haltung ist, nicht weniger verwerflich. Deshalb müssen sich Moskau und Peking nun auch den Vorwurf gefallen lassen, eine direkte Mitschuld an der Eskalation des syrischen Bürgerkriegs zu tragen.
Welches Interesse hätte Ankara denn daran? Dass die Türkei dann im Vergleich wieder als verlässlicher, säkularer Partner dastünde?
Ich hätte erstmal vermutet, dass Erdogan mit dem IS Assad schwächen wollte um seinen eigenen Einfluss auszubauen und ihm dabei der IS in der Hand explodiert ist.
So sieht's aus. Erdogan hatte kein Interesse an der Entstehung des IS, nichtsdestotrotz aber direkten Anteil daran. Der Sultan hat sich sehr schnell und sehr direkt gegen Assad gestellt und sich damit in eine Sackgasse manövriert; möglicherweise war er überzeugt davon, dass die USA, Assad mit Waffengewalt seines Amtes entheben würden. Als sich abzuzeichnen begann, dass das eben nicht passieren wird, hat die Türkei unmittelbar damit begonnen die radikal-islamischen Rebellengruppen zu bewaffnen, medizinisch zu versorgen und möglicherweise sogar mit Geheimdienstinformationen zu unterstützen.
Saudi-Arabien hat übrigens genauso wenig Interesse daran, dass sich der IS etabliert. Im Königreich herrscht zwar genau dieselbe vorsteinzeitliche Auslegung des Islams und des islamischen Rechts, aber Saudi-Arabien sieht sich selbst als Schutzmacht des Islam - und der IS hat bereits mehrfach das Vorhaben angekündigt, Mekka, Medina und alle anderen heiligen Stätten des Islams zu schleifen.