...Es hat m.E. einen Sinn, warum im GG Fraktionen gar nicht vorkommen und stattdessen der einzelne Abgeordnete für sich unabhängig ist und nur seinem Gewissen verpflichtet...
Klingt schön und gut, aber IMO sieht das wohl in Realität und Praxis doch etwas anders aus. Mag unsere Parteiendemokratie einstmals gar ganz gut gedacht gewesen sein als "Systemorgan der Meinungskategorisierung", hat sich das doch längst als zu ineffektiv erwiesen und ist eher zu einem "Systemorgan der Meinungsplakatierung" geworden.
...Die tolle SED-Einheitspartei als historisches Gegenbeispiel hat ja echt super funktioniert...
Und wie meinst Du das? Nicht, dass ich Dir dabei IMO nicht halbwegs zustimmen würde, aber erst einmal ist das erläuterungswürdig.
...Vielfalt an Meinungen muss nicht nur ineffizient sein, es kann ebenso auch produktiv sein! (...) Dieses Kasperltheater sorgt zumindest für die Möglichkeit eines Wettbewerbs politischer Ideen...
Stimmt, muss sie nicht - was allerdings den damit verbundenen Mehr-Zeit-, -Nerven- und -Arbeitsaufwand eher weniger Rechnung trägt. Das Problem sehe ich aber eher gar darin, dass sich der damit verbundene Aufwand vor allem auch wirtschaftlich weniger Rechnung trägt - sowohl in Punkto Meinungsvielfalt, als auch in Punkto Übermultiproduktivität. Wenn man sich letzteres zusammengestutzt auf die Parteienwahlprogramme der letzten beiden Jahrzehnte anschaut, zeigt darüber hinaus IMO der eher problematische "Wettbewerbstrend" sehr deutlich: Inhalte sind austauschbar geworden. Es geht nur noch ums Produkt - und dem Erlös aus dem Absatz dabei.
Und hat es eine Partei dann geschafft, guckt sie plötzlich überrascht aus der Wäsche, dass sich das danach nicht groß ändert und die "Realitäten des Regierens" mit Sicherheit nicht im parteipolitisch Entsprechendem Systemumbau zu finden sind.
Hieran sieht man IMO sehr gut, wozu unsere multipolare parteidemokratische Landschaft letztlich effektiv gut ist. Wenn ich jedenfalls für etwas nach wie vor dankbar bin, dass wir einen funktionierenden Rechtsstaat mit (weitgehend) guten und sinnvollen Grund- und Gesetzen haben, der letztlich unserer Regierungspraxis den eigentlichen Zielhandlungs- bzw. -ausrichtungsrahmen gibt.
...Dann kommt es natürlich aufs Volk und seine Kompetenzen zur Einflussnahme an, wie es mit der Möglichkeit des politischen Wettbewerbs umgeht...
Nun ja, wie geht es denn damit um? Inkompetent? Würde ich NICHT sagen! Das aber das Volk schlussendlich eben dann irgendwann bei ausbleibenden Aktivismuskonsequenzen nur noch für sein eigenes, sehr direktes Wohl (der Lohn- und Gehaltsanpassung an realinflationäre Umstände) auf die Straße geht, wundert mich nicht.
Letztlich musste man auf die "harte Tour" lernen, dass "das Volk" im eigenen Land eben dann doch zurückstehend hinter aktuelleren und wichtigeren Regierungsnotwendigkeiten, derer Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit und im Vertrauen darauf, die richtigen und ausreichend kompetenten Köpfe "gewählt zu haben" doch nur sehr allgemein seine "Meinung demonstrieren" kann.
Es ist zwar schade, falls manche Volksangehörige einen sich inzwischen ganz anderweitigen und eher übernational manifestierten Wert für Demonstrationen indes NICHT verstehen sollten (-das 'überall auf der Welt demonstrierende Volk' als Medienmacht, welches zwar vlt. nur aber doch immerhin so zu sagen vermag: "Hallo ihr anderen, wir schauen hin... Wir nehmen Euch war... und uns gefällt nicht, was wir sehen!")
...In einer halbwegs vernünftig organisierten Demokratie bekommt das Volk genau die Politik, die es verdient...
Sehr schöner Satz, der sehr genau sagt, was hier bei uns Gang und Gebe ist. *Autsch*
...Eine wirklich ideal funktionierende Demokratie gibt es noch nicht...
Genau so sehe ich das auch. Und sie kann es so lange nicht geben, wie noch ganz andere, weitaus existenzialnotwendigere Strukturen im Zweifelsfall relevanter sind.
...Das ist jedoch kein Grund durch Redeverbote wieder undemokratischer zu werden...
Selbstverständlich nicht. Wo habe ich gefordert, man sollte ein "Redeverbot" einführen? Ich hatte nur gemeint, dass wohl jeder selbst wissen wird, ob ihm seine freie Meinungsaussage im konkreten Fall wichtiger sein sollte, als seine/eine mögliche Karriere?
Wie dem auch sei - wir können sehr gerne weiter Demokratiegrundsatzdiskussionen führen, aber andererseits bewegt mich mom. gar mehr, wie sich
Breivik vor Gericht gebärdet.
Wie findet ihr das?