Zum Thema "Islam" wollte ich etwas sagen: das Problem ist hier weniger "der" Islam, bestehend aus verschiedensten Konfessionen, eher das, was man als "politischen Islam" bezeichnet - also Gruppen wie zB die Wahabiten, die ungeniert auf Einflussnahme ihresgleichen hinarbeiten, mit ordentlich Geld im Gepäck (so sind sie seit einigen Jahren auf dem Balkan am Vormarsch).
Dieses Argument führt uns nicht unbedingt weiter glaube ich.
Drei Überlegungen dazu, warum ich das so sehe:
1. Es ist zu generalisierend.
Na klar gibt es "harte" politische Gruppen wie Salafisten. Zu behaupten, dass es nur die sind, die Konflikte verursachen ist jedoch auch nicht korrekt. Der Konflikt zwischen Sunna und Shia ist fast so alt wie der Islam selbst und wird keineswegs nur von religiösen Eiferern geführt. Er zieht sich durch die islamische Welt, genau wie sich der Konflikt katholisch-protestantisch durch die christliche Welt zog und zieht. Man muss nicht Salafist oder in der ISIS sein um radikal zu sein, man braucht keine Kalashnikow neben Bibel oder Koran um schlecht für die Gesellschaft zu sein.
Wenn Protestanten keine Katholiken heiraten dürfen, und Sunniten keine Shiiten, dann ist das für mich bereits radikal, egal ob das Verbot von Familie oder Klerus kommt. Was die freie Entfaltung der Gesellschaft stört ist problematisch und da ist "gemäßigte" Religion genauso beteiligt wie die "radikalen Auswüchse".
2. Aber tun wir es mal. Wenn wir so argumentieren: es gibt einen politischen Islam und einen un-politischen friedlichen Islam. Müssten wir - um fair zu sein - dann nicht auch unterscheiden zwischen radikalem, politischem und un-politischem Christentum?
Die beiden großen Kirchen in Deutschland sind sehr mit dem Staat verknüpft, vom Laizismus sind wir weit entfernt. Viele Freikirchen bemühen sich um mehr Einfluss um "christliche Werte" zu erhalten oder durchzusetzen und sind dabei oft radikal. Warum ist es kein radikales "politisches Christentum" wenn man in katholischen Krankenhäusern keine Pille bekommt? Warum ist es kein
"politisches Christentum" wenn hohe Bischöfe sich in öffentliche Debatten einmischen? Bei Islamverbänden würden wir ob solcher Dinge schnell die Islamisierung wittern.
Dass die Kirchen immernoch großen Einfluss in der Öffentlichkeit haben, stört anscheinend nicht viele, obwohl die Mehrheit der Bürger genausowenig gläubige Christen, wie Muslime sind.
Die einzige Erklärung die mir einfällt ist, dass wir uns -ob gläubig oder nicht- immernoch mit dem Christentum identifizieren (jüdisch-christliche Geschichte u.Ä.).
In Bezug auf die echte Religiösität ist das aber heuchlerisch. Dass sich Muslime dann angeprangert fühlen, wenn man islamische Inhalte kritisiert, gleiches aber in "unserer" Religion nicht tut, ist verständlich.
2. Religion selbst gibt den Unterschied politisch, unpolitisch gar nicht her.
Religion ist immer politisch. Schweinefleischverbot; wen man heiraten darf; wer in die Hölle kommt; Jedes Gebot und Verbot ist dafür gedacht die Gesellschaft zu strukturieren.
Dinge wie Schweinefleischverzicht kann man zwar auch individuell regeln, doch widerspricht nichts in der Religion einer gesetzlichen Lösung, weswegen es dieselben in religiösen Staaten auch gegeben hat und gibt. Homosexualität etwa war in Deutschland ja auch aus religiösen Gründen ein Straftatbestand, wenn uns das vielleicht auch nicht so klar ist, wie wenn wir heute nach Saudi-Arabien schauen.
Ob Hinduismus, Christentum, Islam oder Scientology. Eine unpolitische Religion kann ich mir nur schwer vorstellen. Es gibt unpolitische Gläubige na klar, aber der Anspruch der Religion Leitfaden für's Leben zu sein, greift immer aus ins politische, öffentliche Leben. Speziell im Monotheismus, der aus der eigenen Logik heraus, kein anderes Weltbild dulden kann.
Alles in allem denke ich, man sollte alle Religionen gleich distanziert behandeln. Entweder wir lassen die Kritik am Islam sein um nicht unfair zu sein, oder wir kritisieren dieselben Dinge überall. Ich würde für letzteres plädieren.