Ich habe diese Panik nie verstanden.
Es werden bei einem Wahlsieg Trumps möglicherweise unangenehme Zeiten für einige kommen. Aber selbst ein Donald Trump kann die bestehende Stastsordung der USA nicht ändern.
Dafür ist die Gewaltenteilung viel zu stark.
Selbst sein ehemaliger Vize weigerte sich Die Verfassung zu brechen.
Es handelt sich hierbei weniger um Panik als um Sorge vor einer graduellen Aushöhlung der bestehenden Staatsordnung. Viele der politischen Gepflogenheiten und guten Sitten in den USA sind lediglich gentleman´s agreements, die nicht auf einer konkreten rechtlichen Grundlagen passieren. Trump hat vor, während und nach seiner Amtszeit demonstriert, dass ihm nichts an diesen Traditionen liegt. Das wäre für sich genommen bedenklich, schwerwiegender ist folgendes.
1. Die Republikaner sind mittlerweile völlig auf Trump-Linie und keine konservative Partei mehr, sondern ein MAGA-Kult. Interne Gegner Trumps und seiner Ansichten wurden kaltgestellt, rausgeekelt oder anderweitig entmachtet, sie sind nur noch eine Minderheit und bestimmen den Kurs der Partei nicht mehr maßgeblich. Ja, sie können immer noch Einfluss gelten machen bei den Punkten, bei denen sie mit Trump nicht einer Meinung sind, z. B. in der Außenpolitik, aber a) sind sie in vielen Punkten eben doch einer Meinung mit ihm und b) wird zu lauter Widerspruch geahndet und abgestraft. Mit einer Partei derart geschlossen hinter sich kann Trump weitaus anders auftreten als zuvor, gerade im Fall eines Wahlsieges. Der überparteiliche Respekt und die Sorge um das Staatswohl ist dort vollkommen abhanden gekommen. Dazu kommt der mittlerweile deutlich engere Pakt Trumps mit den Evangelikalen, die ihn als Werkzeug Gottes für die Errichtung einer "christlichen (weißen) Nation" sehen.
2. Der auf Jahrzehnte reaktionär dominierte Oberste Gerichtshof hat zum ersten Mal entschieden, dass ehemalige Präsidenten eine gewisse strafrechtliche Immunität für Handlungen während ihrer Amtszeit genießen. Das Gericht entschied, dass bestimmte Kernaufgaben des Präsidenten vollständig geschützt sind, während bei anderen so genannten Amtshandlungen davon ausgegangen wird, dass sie ebenfalls der Immunität unterliegen. Lediglich für inoffizielle Handlungen gilt keine Immunität.
3. Es existieren ganz konkrete Pläne, massenweise öffentliche Angestellte durch Trumpisten zu ersetzen. Dabei können Grundlagen genutzt werden, die bereits 2021 durch Präsident Trump persönlich per Dekret gelegt wurden: Eine Liste F-Ernennung war eine Stellenklassifizierung im öffentlichen Dienst der Vereinigten Staaten, die am Ende der Trump-Regierung in den Jahren 2020-2021 kurzzeitig existierte. Sie hätte Positionen umfasst, deren Schutz durch den öffentlichen Dienst aufgehoben worden wäre und die leicht zu entlassen gewesen wären. Dadurch wäre es möglich, zehntausende Beamte als "politisch" zu entfernen und durch genehme Personen zu ersetzen (üblich sind bei Regierungswechseln einige Hundert oder wenige tausend).
4. Ich wiederhole es gerne einmal: Donald Trump trägt die Verantwortung für den Umsturzversuch am 6. Januar 2021. Ich halte ihn und sein Umfeld für intelligent genug, daraus zu lernen, und skrupellos, es noch einmal zu tun. Welche schwer wiegenden Konsequenzen mussten er und seine Anhänger denn dafür erleiden? Richtig. So gut wie keine. Das erinnert frappierend an Hitlers Bierhallenputsch und die wachsweiche "Bestrafung". Danach waren die Nationalsozialisten geduldiger und cleverer, der Putsch 1933/34 lief im Vergleich dazu regelrecht geräuschlos ab.
Skizzieren wir ruhig mal ein Szenario, basierend auf den genannten Punkten: Trump gewinnt die Wahl im November 2024 knapp und nutzt die Autorität als Präsident, um per Dekret zehntausende missliebige Beamte zu entlassen und durch Trumpisten zu ersetzen. Wie angekündigt werden zudem die Mittel für ihm missliebige Institutionen wie das Justizministerium massiv zusammengekürzt. Prompt hat man einen Präsidenten mit Behörden, die entweder zahnlos oder ihm ergeben sind, und der Schalten und Walten kann, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. So kann ein demokratischer Staat ganz "legal" entkernt und Schritt für Schritt umgestaltet werden, von der Bildung bis hin zum Gesundheitswesen. Wir können doch in Florida sehen, wie dann auf sämtlichen Ebenen diese faschistoide, reaktionäre Ideologie durchgedrückt wird und es jedem schlechter geht, der nicht ins das Weltbild eines De Santis oder Trumps passt. Die USA sind nicht besonders. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit würden auch dort nicht binnen Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren völlig verschwinden, sondern Stück für Stück. Das läuft dann vielleicht "ruhig" und "gesittet" ab, ohne Bürgerkrieg oder sozialen Lärm, am Ergebnis ändert es nichts.
Fährt nicht gerade Trump eine härtere gangart bezüglich China ?
Rhetorisch und in Teilen faktisch ja, mit der irrlichternden Politik gegenüber den asiatischen Staaten, die von der VR China bedroht werden, und mit seiner Schwächung der NATO, nein. Schon unter Obama mahnten die USA ihre europäischen Partner, mehr in Verteidigung zu investieren, damit sie sich auf eine glaubwürdige Abschreckung gegenüber der VR China konzentrieren können. Es stand aber nie im Raum, das Bündnis aufzulösen. Wenn man der Russischen Föderation zudem auch noch ermöglicht, sich die Ukraine einzuverleiben, weil Trump ein diktaturaffiner Feigling ist, fällt sämtliche amerikanische Glaubwürdigkeit im Bezug auf Taiwan wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Dann weiß Beijing ganz genau, dass man mit gewaltsamen Grenzverschiebungen durchkommen kann, wenn man gegenüber den Schutzmächten nur dreist genug auftritt.