[Outer Rim | Weltraum | LTK "Massive" | Umkleide ] Kruluk, Techniker
Er liebte die Geräusche des Schiffes, das stete, unterschwellige Rauschen, die Geräusche der Maschinen und Aggregate, das gleichmäßige, rhythmische Stampfen und Pulsieren aus den Wänden; aber auch die Geräusche des arbeitenden Personals, der Techniker mit ihren Werkzeugen und Hilfsmitteln, der Piloten und Fahrer auf ihren vorbeihuschenden Gleitern oder Jägern, just gerade das Lachen der sich umziehenden Techniker und ihr Schlagen der Spinde in der Umkleide. Dort saß er nun nach einem weiteren, wundervollen Tag inmitten der Zivilisation, die er schon fast vergessen und aufgegeben hatte. Er hatte eine wunderbare Arbeit, tat das, was er am liebsten tat und am besten konnte, und eigentlich war er der glücklichste Quarren des Universums. Eigentlich.
Denn uneigentlich fühlte er sich unwohl. Die Frage, womit er dieses Glück verdient hatte, wog von Augenblick zu Augenblick schwerer, und sein nomadenhaftes Leben schien jäh einen kaum zu überbietenden Höhepunkt gefunden zu haben. Welch launisches Schicksal ihn doch erwartete, es ergab alles überhaupt keinen richtigen Sinn. Er hatte nicht einmal dafür kämpfen müssen, es war ihm einfach in den Schoss gefallen. Früher hatte er immer kämpfen müssen, selbst um das kleinste Glück. Kruluk spürte, dass das irgendwie mit dem Jedi zu tun haben musste, und daß er irgendwas tun musste, um dieses Geheimnis zu ergründen. Nur was? Seine Gedanken drehten sich im Kreis, sein Blick fiel auf seine geschundenen, riesigen Pranken. Trocken und rissig, dunkelgeädert von all der schweren Arbeit, die er heute geleistet hatte. Er hatte sich voll ins Zeug gelegt die letzten beiden Tage, um alle zu beeindrucken und seinen Wert zu beweisen. Er hatte mehrere Stunden länger gearbeitet nach Schicht, bis ihn der kleine Mann unwirsch ins Mannschaftsquartier zum Schlafen befohlen hatte. Er hatte all die Arbeiten vollführt, die gerne liegen blieben oder vor denen man sich gerne drückte. Er hatte geschwitzt und geschuftet wie ein Wahnsinniger, wollte jedem zur Hand gehen. Ob es was genutzt hatte, war ihm unklar. Hin und wieder hatte der kleine Mann ihn beobachtet, und irgendwie hatte der Quarren schon ein Gespür dafür entwickelt, wann er von dem Sullustaner beobachtet wurde. Manchmal kam der auch ganz offen, stellte ihm technische Fragen oder gab ihm kleine, schwierige Aufgaben, die er oftmals nicht lösen konnte. Das wurmte ihn sehr, doch er versuchte, sich nicht darüber aufzuregen und wenigstens irgendwas Sinnvolles dazu zu sagen. Selten konnte er auch glänzen, wenn es zum Beispiel darum ging, körperlich anstrengende Arbeiten in kurzer Zeit zu erledigen und schweres Arbeitsgerät zu bedienen. Als er den völlig zerstörten Flügel eines Raumjägers alleine nur mit einer Vibrosäge trennte, hatte sich eine Traube Techniker darum gebildet und mit offenem Mund gestarrt oder feixend auf ihn gezeigt. Der Quarren brauchte nur eine Viertelstunde, vielleicht etwas mehr, dann senkte sich der Schrottflügel kontrolliert zu Boden, und über dem glimmenden Schnitt hatte Kruluk die Schutzbrille abgenommen und zu dem Sullustaner gestarrt. Der hatte nur kurz genickt, und das war ein seltener Moment, den Kruluk sehr genossen hatte. Natürlich auch das Schulterklopfen der Herumstehenden.
Oft hatte er aber auch nur selber herumgestanden und konnte nicht helfen. In den Pausen hatte er niemanden, mit dem er reden wollte oder konnte. Er lief hinter ihm völlig Unbekannten her und versuchte sich zu orientieren. Einmal hatte ihn ein fremder Offizier angeschnauzt, weil er irgendwelche militärischen Riten nicht korrekt bzw. gar nicht vollzogen hatte, und einmal hatte er ein kleines Feuer verursacht, weil er Sicherheitsprozeduren nicht korrekt abgewickelt hatte. Es war unendlich schwierig, sich in Geduld zu üben, und irgendwie spürte er auch die Last seines Alters. Früher, an Bord der Quixxon Star, war alles viel leichter gewesen...
Er griff in seine Tasche und zog eine Binde heraus, um sich die Pranken einzuwickeln. Langsam und schön eng. Er beugte sich etwas nach vorne, um nicht von dem hellen Licht geblendet zu werden, noch immer hatte er Probleme in grellem Licht. Der weiße Raum und die knallblauen Spinde taten ihr übriges. Wenigstens wurde es stiller, und er vermutete, dass er bereits der Letzte war, so ließ er sich noch etwas Zeit. Er ballte die Faust, und überprüfte den Sitz der Binde. Perfekt. Noch etwas Staub darauf, und er war bereit. Dann erhob er sich, und schlurfte Richtung des zweiten Ausgangs, der in einer Art umgebaute Messe mündete, die man zu einem Kraftraum umfunktioniert hatte. Gewichte- Ständer, Fitnessgeräte und diverse andere Dinge waren aufgestellt worden, um der Mannschaft in ihrer Freizeit die Möglichkeit zu geben, sich körperlich zu ertüchtigen. Auch wenn Kruluk schon völlig entkräftet war und hungrig, hatte er das Bedürfnis, seinem Körper den Rest zu geben und vielleicht sogar seine nebulösen Gedanken zu sortieren. Zwei Menschen waren noch in dem Raum, doch beachteten ihn gar nicht. So begann er mit dem Training, und die Routine des angenehmen Schmerzes begann. Er hatte auf Thustra versucht, bei Kräften zu bleiben, aber diese Maschinen hier waren einfach besser. Eine Wohltat, und wieder fühlte er sich kurz in der Zeit zurückversetzt, als er eben jenes an Bord seines alten Schiffes nach getaner Arbeit ebenso tat.
Es gelang ihm tatsächlich, abzuschalten, sich auf sich selbst und seinen Körper zu reduzieren. Spannung fiel von ihm ab, Müdigkeit winkte in der Ferne. Nach gut einer Stunde, es musste wirklich schon ziemlich spät sein, wollte er dann aufhören und begab sich wieder zur Umkleide. Dann fiel ihm der Lärm auf, und in einem Seitengang entdeckte er weitere Räumlichkeiten zur sportlichen Betätigung. In einem dunklen, verlassenen Raum entdeckte er ein paar Sportgeräte, die er noch unbedingt ausprobieren wollte. Da hing tatsächlich ein Plast-Sack randvoll mit Sand. Mit einem inneren Grinsen glitt er in die Dunkelheit, er konnte ja perfekt im Dunklen sehen, und überprüfte den Zustand des Sandsacks. Sogleich schlug er darauf ein, und begann ein paar uralte Übungen, erfreute sich des Adrenalins, das sich erneut ausschüttete. Freudig umarmte er den stillen Zorn in ihm, und er tobte sich eine Weile aus.
Als plötzlich grelles Licht den Raum flutete, zuckte er unwillkürlich zusammen und fuhr herum: „Lt. Sovv hatte doch ausdrücklich den Befehl erteilt, dich hinzuhauen.“
Ein hämisches Grinsen eines ihm irgendwoher bekannten Kerls empfing ihn, der Typ lehnte mit vor der Brust gekreuzten Armen im Durchgang. Der Kerl hatte sogar Recht und Kruluk wusste für einen Augenblick nicht, was er antworten sollte. Immernoch keuchend und schnaufend drückte er die Brust durch und schlug mit den beiden Fäusten bedrohlich schnell gegeneinander. „Aber aber, ganz ruhig, Großer. Ich verpetz' dich schon nicht... und hey, vielleicht hab ich sogar was für dich. Komm mal mit!“, entgegnete der Mensch, der auch einer der Techniker sein musste, wenn ihn die Erinnerung nicht trog. Widerwillig folgte der Quarren dem Kerl, der einfach ohne abzuwarten in den Gang zurückging. Dann hörte er auch wieder Lärm, und der kam direkt aus dem Raum nebenan. Dort stand eine Traube von Leuten und schien sich zu johlend zu amüsieren, und dann sah er auch bereits den Grund: man hatte einen provisorischen Ring aufgebaut und zwei Kämpfer gaben ihr können zum besten. Alles sah nach klassischem Straßengebaren aus, nur waffenlos und scheinbar fair. „Hey Chananga, ist das nichts für dich? Du kannst zugucken und sogar drauf wetten, wenn du willst. Ich sag dir, das ist das perfekte Ende für einen harten Tag.“ "Danke. Kruluk gefallen." , war das Einzige, das er darauf antwortete, aber neugierig machte es ihn tatsächlich. Aber der Kerl beließ es nicht dabei, und diesem schien noch eine ganz andere Idee zu kommen als er plötzlich rief:
„Leute, guckt euch den Neuen mal an. Das wär' doch was? Chananga ist topfit!“
Und alle drehten sich um und starrten zu ihm herüber, der Kampf wurde plötzlich zweitrangig. Oniban'quarr, da stand er nun, barfuß, nur in Technikerhose und Unterhemd gekleidet, durchgeschwitzt und unter Adrenalin, in Bandagen gewickelt. Von Kopfwulst bis Fuß tätowiert und mit in die Haut eingestanzten Ringen sah er eher so aus wie damals in Morjanssiks Straßen, und gewiss nicht wie der gealterte Techniker, der begann, die Ruhe zu suchen. Das wurde Kruluk schlagartig klar ebenso wie die Tatsache, dass der Abend wohl noch lange nicht vorbei war...
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