Am Lagerfeuer V
"KONNTEN UNSERE VORFAHREN gar keinen Platz finden, an dem sie friedlich leben durften?" Der junge Welpe, Gimbah, sah den Geschichtenerzähler fragend an und der stützte sich schwer auf den Stab, den er mit zum Lagerfeuer gebracht hatte.
"Für einige Zeit gab es Orte in Resham, an denen die alten Völker nicht verdrängt wurden."
"Konnten ihnen die Reisenden dorthin nicht folgen?" Unverständnis schwang in Gimbahs Stimme mit, und die unbändige Energie der Kindheit.
Der Geschichtenerzähler nickte langsam. "Das konnten sie wohl, doch waren sie zufrieden mit ihren Eroberungen. Ihr Durst nach Blut und Rache war vorerst gestillt."
"Vorerst?"
"Natürlich," meinte das kleine Mädchen: "sie bauten neue Dörfer und Straßen. Sie bekamen Familien und errichteten Königreiche. Felder wurden angelegt und Viehherden gezüchtet."
Gimbah sah sie fragemd an. "Und?"
Trotzig sah das kleine Mädchen den Jungen an. Keiner der anderen Welpen traute sich etwas zu sagen. Nur das Knacken des Feuers und das ferne Summen einiger Gleiter war zu hören. Für die Zikaden war die Nacht zu frostig.
Schließlich durchbrach der Geschichtenerzähler die Stille. Er wandte sich an Gimbah und lachte leise. "Was denkst Du, was passierte...?"
"Es gab wieder Krieg?"
"Nein." Die Stimme des alten Orks war ernst und leise geworden. "Der Krieg hatte nie aufgehört..."
Kapitel 1
Der schlummernde Schrecken
NUN BEGINNE ICH mit der Geschichte von Apu'tarok, dem Harschen Schnee, einem greisen Krieger und Veteranen vieler Schlachten. Ich beginne meine Geschichte von Derkha Wredt, einem fähigen Schneeläufer der Stämme, der die Weiten kannte wie kein anderer. Der Geschichte von Belesh, dem Eisregen, einer dunklen, bösen Kriegsmagierin, die die Einsamkeit der Ruinen ihrem Stamm vorzog. Und der Geschichte von Shkut-yun, einer mächtigen Schrat-Schamanin, die zusammen mit ihrem Volk dem Kampf der Orks beistand.
Diese Helden aus alter Zeit waren im Generationen überspannenden Kampf gegen die Reisenden verbündet und nannten sich stolz Brüder und Schwestern. Über viertausend Jahre vor den Ereignissen meiner Geschichte waren Chirkee und Haruuk und die anderen Orks des Stammes am Hohen Stein im Kampf gegen die neuen Völker gefallen, doch der Hass der Besiegten lebte in Apu'tarok und den anderen weiter. Im Hohen Norden auf der Westseite des Großen Gebirges lebten sie und ihr Volk war stark und ungebrochen, widersetzte sich seit Urgedenken den Klingen und Gesetzen der Neuen.
Faer war der Name, den die Zwerge und Elfen und Halblinge und Gnome sich dort oben im Ewigen Eis und Schnee gegeben hatten und nun waren auch Menschen zu ihnen gestoßen und hatten den Willen der Reisenden zur Eroberung aller Lande gefestigt. Die Menschen waren als Diener der Götter vor zweitausend Jahren in unsere Welt gekommen und mittlerweile hatten die alten Völker zum größten Teil die Muttergöttin vergessen und beteten nun den großen Geist an, der unsere Feinde verzehren sollte: Azog'tar'sho... Göttin aller Orks, Beschützerin der Stämme. Sie war es, die den alten Völkern das Wissen brachte, Metalle zu verarbeiten und Krieg gegen die Faer zu führen und sie war es, die in den alten Legenden an der Spitze unserer Armeen stand und das Blut der Faer über die Gletscher rinnen ließ.
Doch während Azog'tar'sho heute in den Lichtern des Megaplexes wandert, war sie zur Zeit meiner Geschichte vor dem Zorn der Menschheit geflohen, als diese die Traumkriege gegen die Götter auf dem fernen Kontinent Araishu gewonnen hatten und so stand unser Volk mit seinen Verbündeten alleine im Kampf gegen die Reisenden.
Nun war ein kalter Wintertag im Hohen Norden und dampfendes Lindwurmblut ließ den Schnee schmelzen, wo es auf den Boden floss. Das erschlagene Untier lag auf der Weite zwischen dem Großen Gebirge im Osten und dem weiten Meer im Westen, wo beinahe ewiges Eis alles Leben zu erdrücken versuchte. Doch die tapferen Männer und Frauen, die den Angriff des Lindwurms überlebt hatten, standen schnaufend und siegesbewusst neben den dunkelblauen Flüssen, die sich dem Körper der erschlagenen Echse pulsierten. Zwei tote Schrate lagen neben ihnen, ein toter Ork unter dem schweren Lindwurm. Die beiden tödlich verwundeten Wollnashörner, die im aufgewühlten Schnee lagen, hatten vor wenigen Minuten ihren letzten Atem gezogen.
Die Überlebenden wirkten müde und waren mit Verletzungen aus dem Kampf überzogen, doch die Magie von Shkut-yun hatte die schlimmsten Schäden schon durchdrungen und mit der Energie der Weltenseele überdeckt. Dennoch hatte der überraschende Kampf gegen die weiße Bestie lange angedauert und ausgelaugt. Sie hatten es nicht für möglich gehalten, mitten auf der Ebene zu wandern und dass sich plötzlich eine massive Form aus Muskeln, Zähnen, Schuppen und Fell aus dem Schnee katapultieren und ein Wollnashorn mit einem Schratreiter mehrere dutzend Meter weit durch die Luft schleudern könnte.
Der Angriff hatte sie geschwächt. Sie waren losgeschickt worden, um eine neue Faer Siedlung auszukundschaften, von der berichtet worden war. Am Fuße des Gebirges, hieß es, war sie errichtet worden und so waren sie vor einigen Tagen unter dem Befehl des Triumvirats aufgebrochen, um sich diese Siedlung näher anzusehen... und niederzureißen, sollte sich die Gelegenheit ergeben. Doch war ihre Kampfkraft nun beinahe halbiert und nur noch drei Wollnashörner hatten sie noch: die weiße Lânte von Shkut-yun, der mächtige Zpesh von Belesh und der zutrauliche aber mit schwerer Rüstung gepanzerte Ga'ar von Derkha Wredt.
Der Jäger beruhigte seinen massigen Begleiter, der die Seite des Lindwurms tief mit seinen Hörnern aufgerissen hatte und von dessen Fell noch das giftige Fleisch des Raubtieres hing. Vorsichtig entfernte er die Fetzen und massierte die breite Seite seines Vertrauten. Derkhas Mutter Geresha hatte ihn zu einem mitfühlenden Ork erzogen, wenn auch zu einem einzelgängerischen. Sein Vater hatte sie kurz nach Derkhas Geburt für eine andere Frau verlassen und in Trotz und Wut hatte sie ihm "Ah... gut, dass du es sagst. Danke" entgegengespuckt und dies war sein Name geworden: "Derkha Wredt".
Er sprach nicht viel, sondern schritt nun zum Lindwurm und begann, das zerrissene Schuppenkleid mit gezielten Schnitten vom langsam erkaltenden Körper zu lösen. Die feurige Axt von Apu'tarok hatte glühende Wunden hinterlassen, die die Schuppen und das Fell versengt hatten und auch die schweren Schläge von Beleshs Großschwert hatten so manche Stelle unbrauchbar gemacht. Die scharfe Klinge und die Magieentladungen, die die Kriegsmagierin ihren Schlägen hinterher warf, waren beinahe genauso zerstörerisch wie die dicken Hörner ihrer Reittiere.
Belesh öffnete derweil das geschundene Maul der toten Echse. Sie betrachtete kurz die aufgequollene Zunge und brach sich dann einige Zähne aus dem Kieger, befestigte sie dann vorsichtig neben die Halblings- und Menschenkinderzähne, die sie an einer Kette um den Hals trug. Sie wirkte seltsam mit ihrem gezielt abgebrannten Haupthaar und den Verätzungen und Verbrennungen, die sie selber am ganzen Körper in der Form alter Symbole in der Haut verewigt hatte. Sie war die einzige, die in der Kälte des Hohen Nordens in einer grob gearbeiteten Schuppenrüstung im schneidenden Wind stand.
Eigentlich lebte sie einsam in einem längst aufgegebenen Wehrturm der alten Orklinien. Sie tötete Reisende, die sich auf "ihr Land" verirrten und hatte nur wenig mit den alten Völkern zu tun, doch hatte sie dem Ruf des Triumvirats Folge geleistet, als ein Goblinbote zitternd vor ihrem Turm gestanden war. Der alte Orkschamane, der Goblinschamane und der Schratkriegsherr hatten sich eine Aufgabe überlegt, die ihr Interesse weckte: Leid und Tod für die reisenden Völker, Vernichtung für Elf, Zwerg, Halbing, Gnom und Mensch.
Sie sah zu Shkut-yun, als die ihre religiösen Gesänge für die Toten begann.
Die Schratschamanin stand bei den gefallenen Stammeskriegern und bat in seltsam disharmonischen Lautabfolgen die Muttergöttin Seli um das sichere Geleiten der nun freien Seelen. Ihr Wollnashorn stand hinter ihr und schnaufte beruhigend warme Luft in ihren Rücken. Lânte verschmolz mit ihrer Fellfarbe beinahe mit der verschneiten Weite und oft streifte sie mit ihrer Herrin für Monate durch die unberührte Natur. Der gutturale Gesang spitzte sich zu und der grüne Stein an der Spitze des magischen Stabes in Shkut-yuns Griff begann leicht zu glimmen.
Es war der Weg der alten Stämme, die Leichen den wilden Tieren zu überlassen, sie auf der Eisebene auf zu baren oder sie zu verbrennen, doch hatte sich die Schamanin noch nicht entschieden, welchen Weg diese Körper gehen würden. Belesh nahm ihr die Entscheidung ab, als sie ungeduldig an ihre Seite trat, sich bückte und eine plötzlich auflodernde Hand auf die toten Körper presste. Die Flammen umschlossen die Leichen und nach wenigen Minuten war nur noch Asche übrig.
Shkut-yun beendete das Gebet und dankte der Weltenseele, woraufhin Belesh nur schnaubte. Die Mutter war der alte Weg, den viele Orks seit der Ankunft der Menschen abgelegt hatten. Die Göttin Azog'tar'sho war ein neuer Pfad, den es zu beschreiten gab... wütend und das Land zurück erobernd.
Apu'tarok sah sich alles ruhig an. Über hundert Jahre lang hatte der nun alte Ork seinen Krieg geführt. Ein großer Krieger war er in seinen Zeiten gewesen und er kannte all die Namen seiner Ururenkel und deren Welpen. Ein volles Leben hatte er genossen, bis vor einem halben Jahr seine Frau, einige seiner Welpen und deren Welpen bei einem Angriff der Reisenden auf ein Nachbardorf getötet worden waren. Von der Welt entrückt hatte er sich in seine kleine Hütte am Rand der Orksiedlung zurück gezogen und mit niemanden mehr gesprochen und nur Shkut-yun hatte ihn von Zeit zur Zeit besucht, um ihm Essen zu bringen und nach dem Rechten zu sehen.
Doch als der Ruf kam, dass ein Jagdtrupp einen Führer bräuchte, der die östlichen Ebenen kannte, stand er in wenigen Augenblicken voll gerüstet im Schnee des Winters. Auf diese Weise konnte er die Leere ausfüllen, die der Schmerz hinterlassen hatte. Auf diese Weise konnte er erneut das Blut der Reisenden aus ihren verfluchten Körpern heraus zwingen.
Shkut-yun und die beiden nun toten Schratkrieger waren mit ihm gesandt worden, da die Schamanin den alten Ork genau kannte und sie ihn in seiner Trauer weiter begleiten konnte. Das Triumvirat wollte einen ihrer berühmtesten Kämpfer nicht auf diese Art an die Reisenden verlieren...
Der alte Ork stand gebückt, seine Arme auf dem Stiel seiner mächtigen Axt ruhend, und beobachtete Belesh genau. Er respektierte sie für ihre Taten, auch wenn er sie nicht zu verstehen vermochte. Sie wirkte zerbrochen. Zerbrochener als er. Er wusste, dass sie unter seiner Führung gute Entscheidungen treffen konnte, ein weitaus besserer Kämpfer werden könnte, als sie es im Alleingang war. Sie hatte auf seine Anweisungen ebenfalls mit Respekt reagiert. Ein Respekt, der ihr sonst fehlte.
Er wirkte zerbrechlicher, als er es im Kampf zuvor gewirkt hatte. Die Schmerzen in seinen Gelenken waren zurück gekehrt, die sein Haupt und seine Knie weiter nach unten zogen, seine Schulter und den Rücken krümmten. Der dunkle Geist, der mit der Axt auf den Lindwurm eingeschlagen hatte, war nur noch eine Erinnerung.
Mittlerweile hatte Shkut-yun ihr Ritual beendet und half Derkha beim Reinigen der abgezogenen Lindwurmhaut. Mit Schnee wusch sie die giftigen Blutreste von der Innenseite des Schuppenkleides und gemeinsam rollten sie die schwere Last auf den Sattel von Ga'ar, der geduldig laut gab.
Es war dunkel geworden, während sie dort gearbeitet hatten und die Sterne waren klar am Winterhimmel zu erkennen. Eisig pfiff der Wind um den erkaltenden Kadaver. Alle blickten zu Apu'tarok und der blickte kurz in die Nacht hinein. Dann befahl er, dass sie hier ihr Lager aufschlagen sollten, würde der Gestank des toten Lindwurms doch größere Raubtiere fern halten.
Shkut-yun griff in ihren Beutel, den sie an der Seite trug und streute einige Samen in den tiefen Schnee. Dann berührte sie die Stelle mit der Unterseite ihres Stabes und sofort wuchsen dunkle, dichte Ranken nach oben und formten in wenigen Augenblicken eine große Kuppel mit einer kleinen Öffnung an der Seite. Wie eine Hütte schlossen sich die Pflanzenstängel schützend am oberen Teil des magischen Wuchses und einer nach dem anderen krochen die Orks und die Schratin ins Innere. Die wolligen Reittiere drängten sich dicht an den Eingang und wärmten sich gegenseitig mit ihren massigen Körpern.
Im Schutz der Rankenhütte breitete die kleine Gruppe ihre Schlaffelle aus und leise sprach Derkha Wredt zu Shkut-yun. Er betrauerte die toten Schrate, die mit der Schamanin auf diese Reise gekommen waren, doch war die zuversichtlich, dass sie nun bei Seli ruhten. Derkha nickte lächelnd und Apu'tarok und Belesh sahen die Schratin forschend an. Die alten Legenden der Weltenseele waren für sie eine schöne Geschichte, die man den Welpen erzählte. Doch die Realität sah anders aus, war härter als eine passive Muttergöttin, die sich nicht um ihre ersten Kinder kümmerte. Azog'tar'sho hatte die Härte, die die Orks nun brauchten, um in einer solchen Welt zu überleben.
Kaum hörbar grunzend drehten sie sich auf ihren Fellen um und schlossen erschöpft ihre Augen...
Am nächsten Morgen verließen sie die Rankenhütte und ihre Wollnashörner begannen, die vereisten Pflanzen gierig zu vertilgen. Doch während ihre Reittiere die morgendliche Ruhe genossen, sah die kleine Gruppe besorgt in Richtung Westen, wo sich hohe Gewitterwolken auftürmten und der Horizont schwarz wie Pech war. Sie sahen Bewegung in der Sturmmasse und Derkha meinte ernst, dass das Unwetter sie spätestens am Abend treffen würde. Würden sie nun weiter nach Osten reisen, könnten sie noch mehr Zeit gewinnen. Shkut-yun betete leise zu Seli, während die anderen bereits alles nötige auf den Satteln und zwischen den Riemen verpackten und sich bereit zur Abreise machten.
Dann schwang sich Belesh mit einem Satz auf Zpesh, der voller Energie brüllte und auch Shkut-yun zog sich auf ihre weiße Lânte. Ächzend folgte ihr Apu'tarok, der sich hinter die Schratin auf den breiten Rücken des Wollnashornes zerrte und zuletzt kletterte Derkha über die vielen Platten von Ga'ars Rüstung auf den festen Sattel, an dem in zwei Halterungen einige Speere bereit lagen.
Sie setzten sich gemeinsam in Bewegung, den mit Eiskristallen überdeckten Körper des Lindwurms und die bis auf einige dicke Stümpfe herunter gefressene Hütte der Schamanin zurücklassend. Weiter über die schneebedeckte Ebene reisten sie und weiter hin zum Gebirge, das sich grau und bedrohlich vor ihnen aufbaute. Immer noch waren sie ausgelaugt vom Kampf gegen die Echse und immer noch schmerzten einige Wunden, die sie erlitten hatten. Immer noch schmerzten die Herzen wegen der verlorenen Waffenbrüder und nur Belesh saß kalt und ohne Regung auf ihrem Sattel und wirkte wie ein Stück Eis, das rein zufällig die Form einer Orkin angenommen hatte.
Langsam kamen sie in ein Gebiet, das von sanften Hügeln durchzogen war und als sich die Sonne schon die Wolken in ein sattes Abendrot tauchte, waren sie an den ersten Ausläufern des Großen Gebirges angekommen, obgleich die hohen Spitzen noch viele Tagesmärsche entfernt lagen. Hier sollte die neue Siedlung der Faer liegen, wie der Kundschafter gesagt hatte, der vor einigen Wochen dem Triumvirat Bericht erstattet hatte.
Ob sie sich aufteilen sollten, um das Gebiet besser abdecken zu können, wollte Belesh wissen und Apu'tarok bestimmte schnell zwei Gruppen, die in verschiedenen Richtungen suchen sollten. Er und Shkut-yun würden auf Lânte den südlicheren Weg gehen, während Belesh und Derkha Wredt zu den Hügeln im Norden reiten sollten.
Einige Zeit blickten der alte Ork und die Schratin den beiden Wollnashörnern nach, die sich eilig entfernten, dann lenkte die Schamanin ihre schneeweiße Tiervertraute zu einem toten Baum, der mit Eis überzogen zwischen einigen Felsen wie ein Mahnmal stand. Auf seinen abgestorbenen Ästen saßen einige Raben, die die Neuankömmlinge neugierig beobachteten. Als Shkut-yun Lânte unter ihnen anhielt, flogen alle bis auf einen der schwarzen Vögel davon. Der aber krächzte herausfordernd der Schratin zu und die sprach leise einige magiegetränkte Worte. Dann wandte sie sich dem Raben zu und fragte ihn in der harschen Sprache des Schratvolkes, ob sich hier Vertreter der Neuen Völker aufhalten würden.
Der Rabe antwortete mit seinem Ruf, doch verstand Shkut-yun die Laute des Vogels und so erfuhr sie, dass sie weiter in Richtung Berge seit dem Herbst eine Feste erbaut hatten. Aber sie wären zu spät, krächzte ihr der Rabe entgegen. Denn nun wäre alles nur noch Fressen für die ihre schwarz gefiederte Familie und satt könnten sie nun den Winter überdauern. Lächelnd beglückwünschte ihn Shkut-yun, doch wollte die Schamanin wissen, was die Reisenden getötet hatte. Vielleicht der Winter selbst, mutmaßte der Rabe. Vielleicht ein großes Tier. Vielleicht der große Rabe, der über den Wolken wohnt...
Shkut-yun bedankte sich und lenkte Lânte in die Richtung, in der sie die Formen von Ga'ar und Zpesh noch sehen konnte. Ein schriller Pfiff, der zwischen den Zähnen der Schratin fuhr, ließ die beiden Wollnashörner anhalten und mit einer deutlichen, großen Geste deutete Shkut-yun in Richtung der Berge. Die beiden Reittiere von Derkha Wredt und Belesh setzten sich dorthin in Bewegung.
Beeindruckt beugte sich Apu'tarok nach vorne und fragte die Schratin leise, was ihr der Rabe verraten hatte. Kurz erklärte Shkut-yun dem alten Anführer, was der Vogel beschrieben hatte und Apu'tarok stimmte ihr zu, dass sie die Lage weiter auskundschaften sollten. Eilig ritten sie den beiden anderen nach, die bereits zwischen den Hügeln verschwunden waren, und holten schnell zu Derkha auf, der mit Ga'ar hinter die vorpreschende Belesh zurückgefallen war.
Der stolze Jäger hörte sich die Worte Apu'taroks schweigend an und nickte dann ernst. Zusammen mit seinen Mitstreitern folgte er den tiefen Spuren, die Zpesh im harten Schnee hinterlassen hatte.
Hinter sich konnte Belesh das Schnaufen der noch weit entfernten Wollnashörner ihrer Begleiter hören. Sie hatte auf dem Rücken von Zpesh einen Hang erklommen und vor ihnen fielen die Hügelkuppeln in einen tiefen Riss ab, der sich durch die Landschaft zog. Die Spalte wirkte wie eine Wunde aus einem längst vergangenen Krieg, der diese Welt erschüttert hatte.
Am Boden dieser Schlucht sah sie die verschneiten Palisaden, die mehrere Häuser und einen hölzernen Kran umschlossen. Leblose Körper lagen dort im Schnee, überdeckt mit dem Eis vieler Nächte. Klein waren sie und muskulös. Zwerge, erkannte Belesh. Nur die Aasvögel dieser Region sorgten für Bewegungen und kein Rauch quoll von den verbrannten Stellen an Wall und Dächern in den Himmel. Der Angriff auf die Feste lag einige Zeit zurück...
Der zornige Schrei der Kriegsmagierin hallte über die Hügel und ein Schwarm Raben schraubte sich erschrocken krächzend in den Himmel. Derkha und Shkut-yun trieben ihre Wollnashörner weiter an und kurze Zeit später blieben sie neben Zpesh und seiner Herrin stehen. Sie blickten in den Spalt hinunter und keiner sprach ein Wort.
Sie starrten hinunter auf die Binge, die dort lag. Eine weite Strecke der Palisade war bereits mit Steinen verstärkt worden, die aus der nahen Felswand herausgebrochen worden war. Der Kran hatte dazu gedient, die Steine in die Siedlung zu heben um sie dort weiter zu verarbeiten und auch einige Häuser hatten eine solche Verstärkung erhalten. Die Hütten, die etwa dreißig bis vierzig Zwergen Unterschlupf geboten hatte, waren dennoch zum Großteil schwer beschädigt und nur einige standen fast unversehrt im dämmrigen Licht des Abends. Ein großes Langhaus mit einer aufgebrochenen Türe ragte im hinteren Teil der Feste einige Längen über die Palisade.
Shkut-yun flüsterte, dass es also wirklich nichts mehr zu töten gab. Aber wer oder was hatte hier gewütet?
Sie ritten einen gewundenen Pfad in die Spalte hinunter und hin bis zum eingerissenen Tor, das Brandspuren zeigte. Überall lagen gefrorene und mit einer feinen Schicht Schnee überzogene Leichen und so stiegen sie von ihren Wollnashörnern und gingen neben den Toten in die Hocke. Die Zwerge hatten eingeschlagene Schädel, eingedrückte Brustkörbe und zum Teil weggerissene Gesichter und Kehlen. Alle waren nur mit dicken Mänteln ausgestattet und hatten Stangen oder hatten kleine Handäxte getragen.
Derkha entdeckte auch einen Menschen unter den Leichen, mit einem kleinen Lastenschlitten ausgestattet, auf dem Säcke voller Güter und Pelze verstaut worden waren. Ein Händler oder Fallensteller, der zwischen den Siedlungen der neuen Völker umherreiste. An seinem Körper waren Bissspuren zu sehen, die nur eine Antwort zuließen: Trolle hatten die Feste angegriffen.
Aber warum so viele? Und warum so gezielt? Gerade im Winter waren diese Wesen in tiefen Höhlen in einer Art Kälteruhe und eine große Siedlung wie diese würden sie im Normalfall sowieso nicht angreifen. Doch hatte die Expansionsgier der Faer in den letzten Jahrhunderten auch dieses einfache Volk an den Rand ihrer Existenz getrieben und nun waren sie auch für die Orks und ihre Verbündeten eine unberechenbare Gefahr. Nur die Früchte, die aus den Vereinigungen von Trollen und Menschen wuchsen und die man Halbtrolle oder auch Oger nannte, waren in den Städten der Orks allgegenwärtig und kämpften mit dem Verstand eines vertriebenen Volkes für die eisigen Weiten, die sie ein Zuhause nennen wollten.
Belesh grinste mit aufflammendem Licht in ihren Augen. Sie blickte auf das Chaos, das sich vor ihr auftat und Apu'tarok ließ sie nicht aus seinem Blick. Doch nicht die sadistische Freude der Orkin machte ihm Sorgen, sondern die Tatsache, dass sich hier ein eher zurückhaltendes Volk derart koordiniert gegen die Faer gewandt hatte. Er hatte in seinem langen Leben schon viele Trollmigrationen gesehen, aber immer waren sie friedlich abgelaufen. Was hatte hier die Lage zum Kippen gebracht?
Mit einem Winken rief er die anderen zu sich und leise beratschlagten sie sich. Belesh hoffte inständig, dass die Trolle endlich einen offenen Krieg gegen die Faer begonnen hatten und auch Derkha meinte, dass die großen Kreaturen einen guten Verbündeten hergeben würden. Doch wollte Shkut-yun dies nicht wahrhaben, waren die Trolle in ihren Augen doch ebenfalls ein heiliges Volk der Mutter, das nur von seinen geistigen Kräften her nicht auf der vollen Höhe der anderen Rassen war. Wo Schrate, Orks, Goblins und Hobgoblins eine ausgeschmückte Kultur entwickeln konnten, waren Trolle zu einfach gestrickt, um sich mit den anderen Alten messen zu können. Würde man sie nun in den Krieg gegen die Faer ziehen, wäre dies ein Missbrauch in der Sicht der Schamanin.
Sie wanderten zu einem Haus, das bis auf die Grundmauern abgebrannt war und dessen verbrannte Überreste wie schwarze Zähne aus dem Schnee ragten. Trolle hatten diesen Brand nicht gelegt. Trolle fürchteten sich vor den Flammen, verhinderten sie doch ihre außergewöhnlich schnelle Wundheilung. Vermutlich hatten die Zwerge in ihrer Not die eigenen Gebäude in Flammen gesetzt, um die Trolle bei ihrem Vormarsch zu hindern.
In der Ruine fanden sie einige verbrannte Frauen und Kinder der Zwerge, davor aber war die interessantere Entdeckung hart gefroren zu ihren Füßen: zwei Zwergenkrieger in voller Rüstung, fein gearbeitet und für ein Leben im langen Winter eher ungeeignet. Sie sahen aus wie Meister ihres Volkes, die nun mit Blut verkrusteten Bärte lang und geflochten, die Haut mit feinen, farbigen Mustern verziert. Keine Kämpfer mit einfachen Handwaffen, sondern die Verteidiger des zwergischen Blutes.
Fest am Boden hafteten sie durch das dicke Eis, das sich gebildet hatte und nur mit Mühe konnten Belesh und Shkut-yun einen von ihnen lösen und auf den Rücken drehen. Beide wichen erstaunt zurück, als sie den tiefen Schnitt sahen, der den ganzen Rücken überzog, durch die dicke Plattenpanzerung, Fleisch, Organe und die Wirbelsäule ging, dabei aber anscheinend keinen Tropfen Körperflüssigkeit vergossen hatte. Zu schnell war die Wunde eingefroren worden und Belesh wusste, dass eine solche Klinge von keinem Ork und von keinem Faer stammen konnte. Dies war nicht die Arbeit von Trollen gewesen!
Neugierig blickte nun Belesh mit ihren magischen Sinnen auf die seltsame Wunde und mit einem erschrockenen Ächzen wich sie zurück, als wie wenn sie geschlagen worden wäre. Unglaubliche Dunkelheit fühlte sie in dem toten Körper, wie eine dünne Schicht, die zwar langsam verflog, aber immer noch stark genug war, um noch wahrgenommen zu werden. Bosheit lag im aufgeschnittenen Fleisch, wie Gift mit der Waffe in den Leichnam geimpft.
Dann hatte sich die Kriegsmagierin wieder gefangen und mit fehlgeleitetem Interesse zog sie sich erneut an das magische Leuchtfeuer heran. Was auch immer hier gewütet hatte, es war unglaublich stark. So stark, wie Belesh noch nie etwas erlebt hatte. Die reine Bosheit war hier in dieser Schlucht gewesen und es hatte Reisende getötet. Ein entrücktes Grinsen formte sich in ihrem Gesicht.
Ob es Geister gewesen waren, wollte Shkut-yun wissen, doch bevor Belesh antworten konnte, schüttelte Apu'tarok nur müde sein Haupt. Nein, erklärte der alte Ork. Was sie gesehen hatten, waren die Spuren eines Höllendämonen. Alle sahen ihn entsetzt an, hatten sie doch auch die alten Legenden über den Krieg gehört, der eineinhalbtausend Jahre nach der Ankunft der Reisenden stattgefunden hatte. Aus einer anderen Realitätsebene waren diese schrecklichen Kreaturen geströmt und sie hatten Resham mit Feuer und Tod überzogen.
Die Orks hatten nicht so sehr wie die neuen Völker gelitten, da sich die Stämme nicht direkt gegen die Höllendämonen gestellt hatten. Aber dennoch wucherten Kulte in den Siedlungen und auch die Reisenden fingen oftmals an, die Dämonen als dunkle Götter zu verehren. Sie erbrachten Blutopfer und die Welt wurde von innen heraus mürbe. Bei den alten Völkern waren es vor allem die Goblins, die sich der Dunkelheit zugewandt hatten und viele Familien waren erschlagen worden.
Während die Stämme diesen Kampf geführt hatten, wurde mit Sorge beobachtet, wie die anderen Völker mehr und mehr abgeschlachtet wurden und der Finsternis verfielen und Hoffnungslosigkeit hatte sich breit gemacht. Letztendlich hatte sich eine große Armee aus Elfen und Zwergen dem Unheil entgegen gestellt und die Höllenheere besiegt, doch war es durchaus möglich, dass sich noch Dämonen in dieser Welt aufhielten und darauf warteten, erneut zuzuschlagen.
Mit offenem Mund lauschte die Gruppe den Worten von Apu'tarok, als er von Bestien sprach, die Lindwürmer wie mickrige Larven wirken ließen und von Dämonenherren, die mit zwei gewaltigen Hämmern in den riesigen Fäusten vor abertausenden kleineren Schreckenswesen in die Schlacht stampften und ihre ledrigen Schwingen die Sonne verdunkelten.
Belesh wollte mehr und mehr wissen und alarmiert hielt Apu'tarok inne, hatte er doch den zerbrochenen Geist der Frau ertastet und wusste er nicht, was ihr geschehen war. Und auch Shkut-yun sah sie an, als würde sich dort eine neue Dämonensaat bilden. Der alte Ork und die Schamanin tauschten stumm Blicke aus.
Dann sah Apu'tarok auf die Dächer der Feste und weil dort Raben saßen und aufmerksam die Suchenden beäugten, wusste er genau, dass sich kein Dämon in der Nähe aufhalten würde. Tiere spürten die Nähe solch boshafter Kreaturen und auch die Wollnashörner waren ruhig und gelassen. Doch beutete dies nicht, dass alles in bester Ordnung war...
Wenn dies wahrhaftig das Werk eines Höllendämonen war, der mit Trollen im Verbund die Mauern einer Feste überwinden konnte, gab es eine nicht zu missachtende Gefahr in diesem Lande. Apu'tarok hatte Verantwortung gegenüber seinem Volk und er konnte nicht zulassen, dass eine solche Macht die Weiten um die Siedlungen herum mit Dunkelheit bedecken würde.
Doch wollte Belesh nun wissen, warum sie den Dämonen unbedingt im Kampf treffen mussten und Apu'tarok bellte, dass ein solches Wesen nicht kontrollierbar sei. Auch wollten sie keine neuen Anhänger dieser Brut in ihren Reihen hochzüchten.
Sie mussten den Dämonen aufspüren. Aber wie?
Derkha Wredt sprach stolz, dass sie dies seine Aufgabe sein lassen sollten, wenn die anderen ihm im Kampf beiseite stehen würden und Shkut-yun nickte: sie war davon überzeugt, dass sie zusammen eine Chance hatten, wenn der Höllendämon noch kein Heer um sich geschart hatte. Die Trolle, die hier in der Zwergenfeste ihre Spuren hinterlassen hatten, waren zwar eine Hürde, aber weitaus besser wie aufkeimende Kulte in den eigenen Reihen oder gar weiteren Kriegern aus den Höllenebenen.
Und auch war es sicherer, hier und aus eigener Initiative heraus einen Kampf zu provozieren, als später in der Nähe der Stammesgebiete nur auf einen Angriff zu reagieren. Derkha wollte sich zwar gerne auf eine solche Schlacht vorbereiten, doch drängte nun Shkut-yun, hatte sie doch Angst, dass sich der Dämon weiter rüsten könnte. Nur wenige Tagesreisen von der nächsten Ork- und Schratsiedlung entfernt, schlummerte die Gefahr einfach zu nahe, sollte es sich wirklich um eine alte Höllenkreatur handeln.
Dies leuchtete sogar Belesh ein und auch wenn es sich nur um Eigennützigkeit handelte, wurde sie doch in ihrer Turmruine vom wohlwollenden Nachbarstamm versorgt, willigte sie, auf die Jagd zu gehen. Wenn sie es finden würden, konnten sie versuchen, es zu töten.
Wieder warf ihr Apu'tarok einen langen, prüfenden Blick zu. In Beleshs Kopf arbeitete es sichtbar, doch wusste er nicht, ob dies gut oder schlecht für sie alle war. Dennoch mussten sie handeln, bevor der Einflussbereich des Bösen sich ausweitete und auch Shkut-yun vertrat eine ähnliche Meinung.
Stumm zog sich Derkha in den schweren Sattel seines Wollnashorns und lenkte es den schmalen Weg aus dem Riss hinaus, bis er auf den vom Wind umspielten Hügelkuppen thronte und sich umblickte. Der harte Schnee hatte so manche Spur der letzten Tage bewahrt und tatsächlich fand er eine breite Schneise, die in die weiße Decke getreten worden war. Sie führte nach Norden, am Gebirge entlang.
Der Sturm näherte sich vom Westen und schon hoch über dem Jäger türmten sich die Wolken auf, in denen bedrohlich Blitze tanzten. Ga'ar unter Derkha wurde nervös und besorgt schaute er mit seinen kleinen Augen in die Richtung des Unwetters. Ein kehliger Laut der Unruhe entfuhr dem Reittier.
Gelassen machte Derkha kehrt und kam wieder in der Zwergenfeste an, als Belesh gerade mit ihrer magischen Klinge auf eine Zwergenleiche einschlug, die sie zuvor gepfählt hatte. Einen der Krieger mit der mächtigen Plattenpanzerung hatte sie sich ausgesucht und hart krachte der Schlag durch die Schlucht, als das Schwert seine magische Entladung freisetzte. Frost bildete sich um die Stelle, die Belesh an der Rüstung getroffen hatte, doch sah sie mit Verwunderung, dass ansonsten nur eine leichte Einkerbung entstanden war. Das Material war nicht einmal durchstoßen worden. Welche Waffe auch immer den Schnitt am Rücken des Kriegers verursacht hatte... sie war weitaus mächtiger, als alles, was Belesh bis jetzt gesehen hatte.
Derkha wartete noch ab, bis die Kriegsmagierin sich frustriert von ihren Untersuchungen abwandte, dann trat er an alle heran und erklärte, dass der erwartete Sturm in weniger als einer Stunde über sie hereinbrechen würde.
Apu'tarok sah prüfend in den bewölkten Himmel, dann deutete er zum Langhaus. Hier sollten sie die Nacht verbringen und sofort befahl Belesh, die Nashörner durch den aufgebrochenen Eingang zu führen und alles abzusichern.
Im Langhaus waren ebenfalls Leichen am Boden verteilt und das große Feuer war erloschen. Zusammen brachten Derkha und Shkut-yun die Toten in den Schnee des Hofes und schnell wurde die große, eingerissene Türe wieder zurück in ihre Angeln gehoben.
Ihre Reittiere ließen sie an einem Ende des großen Gebäudes stehen und gaben ihnen die getrockneten Flechten zu essen, die sie in den Satteltaschen mitgebracht hatten, dann untersuchten sie die Vorratsregale, die am großen Kamin angebracht waren, fanden Trockenfleisch, Fladenbrote und Knoblauch. Auch Krüge voll Met und Schnaps waren hier gelagert worden und als sich Shkut-yun durch die gebrannten Getränke schnupperte, erkannte sie den Duft von Honig, Wildfrüchten und auch Pilzen. Sie musste zugeben, dass die zwergische Brandkunst sie durchaus ansprach und zufrieden steckte sie sich einige Krüge ein.
Sie entzündeten das Feuer und während sich wohlige Wärme ausbreitete und draußen der Wind an Kraft gewann, sammelte die Schratin Asche vom Rand der Flammen und verstreute sie auf ein großes Fladenbrot, das sie mit Holzspäne ausgepolstert hatte. Dann bettete sie einige Samen aus ihrer Tasche in den behutsam vorbereiteten Nährboden und während der grüne Stein auf ihrem Schamanenstab aufleuchtete, wuchsen grüne Ranken und Blätter aus dem Fladen und dicke, reife Beeren hingen in wenigen Augenblicken süß duftend vor den Augen des breit grinsenden Derkha, der sich auf eine der Bänke vor dem Kamin gelegt hatte.
Entspannt pflückte er kopfüber die frischen Früchte und steckte sie sich in den Mund, während Shkut-yun leise einen alten, seltsam disharmonischen Gesang anstimmte.
Um die Feste tobte nun endgültig das Unwetter und mit Scheppern und Pfeifen zog er an Tür und Fenster, doch war im Inneren des Langhauses alles in Ordnung und stumm starrte Belesh in die flackernden Flammen des Feuers und niemand wusste, was in ihrem Kopf vor sich ging. Apu'tarok schnarchte leise, die schwere Axt in seinem Schoß, sein krummer Rücken gegen einen der Pfeiler gelehnt.
Als der Morgen graute, war der Sturm bereits vergangen. Ausgeruht packte der kleine Trupp seine Sachen zusammen und führte die Wollnashörner zurück auf die Hügel über der Feste, die sie zurückließen. Die Spuren, die Derkha Wredt am Vorabend gesehen hatte, waren vom Schnee und dem Wind überdeckt und verwischt worden, doch wusste der erfahrene Jäger noch die Richtung, in die sie geführt hatten und so folgte er dem imaginären Pfad entlang des Gebirges und auf ihrem Weg sahen die vier Gefährten nichts außergewöhnliches. Die Hügel wurden flacher und schon bald waren sie zurück auf der Ebene, die sich vor ihnen ins Ewige Eis erstreckte. Der Himmel war mit dicken Wolken bedeckt und nur noch wenige Tiere sahen sie auf ihrer Reise.
Schon wurde es wieder dunkel, als sie auf der Ebene eine gewaltige Vertiefung wahrnahmen, die sich über eine besorgniserregende Fläche erstreckte. Sie ritten näher heran und blieben am Rand eines riesigen Kraters stehen, der sich mehrere dutzend Meter in die Tiefe erstreckte. Der Boden des Kraters war beinahe Eben und die Stadt des Triumvirates hätte mehrere male dort hinein gepasst, so gewaltig war die Senke, die nicht im geringsten natürlich wirkte.
Erstaunt meinte Derkha Wredt, dass hier die Eisdecke nicht derart dick sein sollte und der Krater anscheinend tief in den Boden gearbeitet worden war. Erst bei den großen Gletschern weiter nördlich hätte er eine solche Formation erwartet und dann auch nur, wenn etwas großes sich aus dem Eis gegraben hätte. Aber auch die Eiswürmer wagten sich nicht allzu weit in den Süden hinab, konnten sie sich doch nicht durch Fels und Erde graben und kopfschüttelnd betrachteten die Kameraden die riesige Vertiefung vor ihnen.
Die Wollnashörner wirkten unruhig, doch war keine direkte Gefahr zu sehen. Nun selbst nervös sahen sich die Mitglieder des kleinen Trupps um. Sie kannten alle die Geschichten von unheimlichen Dingen, die hier in der Wildnis im Eis schlummerten und nur darauf warteten, aufgetaut und geweckt zu werden. Dinge, die die Gestalt von Gefährten annehmen konnten und die weitaus älter waren als die Höllendämonen oder die Reisenden. Doch unten im Krater war nun nichts zu sehen und keine direkte Bedrohung ließ sie erschaudern, sondern der Gedanke an das Mögliche.
Derkha Wredt stieg von Ga'ar und wollte sich schon mit geübten Bewegungen den steilen Hang herunter bewegen, als Apu'tarok ihn mit einem kurzen, harten Befehl zurückhielt. Dies war kein Zeitpunkt, die Gruppe weiter auszudünnen, indem man Hals über Kopf in ein unbekanntes Gebiet stürmte. Es musste einen anderen Weg geben, die Lage auszukundschaften. Derkha zuckte mit seinen breiten Schultern und schwang sich erneut in den Sattel.
Der alte Ork nickte Shkut-yun zu und die kletterte von Lântes Rücken und legte ihre Ausrüstung bedächtig neben sich in den Schnee. Dann breitete sie ihre Arme aus, sang einige alte Worte zur Wolkendecke empor und ohne Inhalt fiel ihre weite Kutte zu Boden. Bewegung. Ein dünnes Spinnenbein, das sich aus den Falten schob. Schließlich zog sich eine Eisspinne ins Freie, groß wie ein neugeborener Orkwelpe. Die Spinne winkte kurz mit den Vorderbeinen, dann krabbelte sie schnell die Kraterwand hinab, wo sie im Weiß des Schnees verschwand.
Shkut-yun lief auf ihren Acht Gliedmaßen einen leicht geschwungenen Pfad, quer über den Kratergrund, hin zu der Stelle, an der sie einen leichten Lichtschimmer wahrnehmen konnte. Dort war es etwas wärmer, verrieten ihr die seltsamen Augen ihres neuen Körpers, den sie sich von Seli geliehen hatte, und als sie an einer kleinen Eiskuppel ankam, sah sie einen Gang, der weiter nach unten in den Boden führte. Von oben hatte man diesen Eingang nicht sehen können, doch nun erkannte die Schamanin, dass sich hier ein ausgewachsener Troll hindurch bewegen konnte. Hatten sie die Zuflucht des Bösen gefunden?
Langsam bewegte sie sich in den Gang hinein und hielt dort einige Augenblicke inne. Über ihren Körper nahm sie Vibrationen war, wie feste, schwere Schritte und ein stetiges Mahlen, wie von einem großen Stein, der über den Fels gezogen wurde.
Mit dieser Erkenntnis eilte Shkut-yun zurück, erklomm die eisige Wand und kam wieder bei ihren Mitstreitern an. Als sie sich wieder in eine Schratin verwandelte und mit blankem, dunklen Fell vor ihnen stand, erklärte sie kurz, was sie in Erfahrung bringen konnte. Doch was hatte dies alles zu bedeuten? War ein Geysir tief unter der Erde? Oder sollte der Höllendämon diese Erschütterungen verursachen...?
Zuvor hätte sich Derkha Wredt noch als Kundschafter angeboten und wäre in die Gefahr hinunter gestiegen. Doch nun wurde er hellhörig, waren doch höllische Aktivitäten in dieser Größenordnung eine vollends andere Sache als ein einfacher Kundschaftsgang. Zudem hatte er etwas dagegen, von Apu'tarok zurückgepfiffen zu werden... er äußerte misstrauisch seine Einwände.
Doch Belesh sprach gegen ihn, wollte sie doch den von Shkut-yun beschriebenen Gang untersuchen und Apu'tarok entschied, dass sie nun alle hinab in den Krater steigen würden. Die Schratschamanin nahm erneut ihre Spinnenform an und bewegte sich im Zickzack voran, während die anderen ohne ihre Reittiere folgten. Fuß um Fuß überzog die Eisspinne den Steilhang mit klebrigen Polstern, die sie aus ihren Spinndrüsen drückte und ohne Probleme kamen die Orks auf dem Kraterboden an. Derkha hatte die Ausrüstung der Schamanin feste im Griff.
Shkut-yun führte sie zum im Abendlicht hell glimmenden Eingang in die Tiefe. Die Eiskristalle, die die Wand bedeckten, warfen den Schein eines Feuers tausendfach zurück und erzeugten einen Schimmer, der sie jedes Detail genau erkennen ließ. Und wieder wunderten sie sich, mochten doch Trolle keine heißen Flammen und sollten sich dort wirklich die Angreifer der Zwergenfeste dort aufhalten und ihre Theorie stimmen, war der Griff des Dämonen über seine trollischen Diener stark.
Neugierig griff Belesh mit ihren magischen Sinnen hinein in den Gang und füllte bald das ganze Höhlensystem mit ihrem Geiste aus und erschrocken öffnete sie ihre Augen, als sie ein großes Übel spürte. Gewaltig und uralt. Lauernd. Planend.
Und einen anderen Knotenpunkt der Magie, seltsam und wirr, wie ein Haufen aus kleineren Lichtern, die zusammen ein größeres Ganzes ergaben. Belesh sah die anderen an und flüsterte, dass sie den Höllendämonen ertasten konnte und dass sie am richtigen Ort waren. Dann spuckte sie harte, kurze Worte und wie einen Schutzpanzer legte sich der Zauber über ihre Haut, ließ sie knackend verkrusten und verhärten, und mit einem aufflammenden Grinsen sprach sie ein neues Wort und verschwand vor den Augen der anderen. Nur die Abdrücke im feinen Eisstaub zeigten den anderen, dass sie sich in den Gang bewegte und leise folgten sie ihr.
Ob sie sich nicht zurück verwandeln wollte, fragte Derkha Shkut-yun flüsternd, immer noch ihre Kleidung, Taschen und Waffen tragend, doch die Eisspinne schüttelte sich einfach nur kurz und erklomm dann die Decke des Ganges, kletterte dort bis über die Stelle, an der die Kriegsmagierin stand.
Vor sich sah Belesh, wie der Gang weiter in die Tiefe führte und eine Biegung machte. An der Wand dieser Stelle waren Eisdornen aus der Wand gewachsen und sie wirkten alle andere als natürlich entstanden. Sie blieb stehen und zog ihre Klinge, hieb mit ihr gegen eine vereiste Stelle an der Wand und trat das abgebrochene Eisstück über den Boden hin zu den Wandspitzen. Doch wurde kein versteckter Mechanismus ausgelöst und kein Alarm geschlagen und so machte sie einen vorsichtigen Schritt.
Sofort erkannte sie, dass dies ein Fehler gewesen war. Sie verlor ihren Halt auf dem Boden und rutschte, wie von einer riesigen Hand geschoben, auf die Eisspeere zu, die dank ihrer steinernen Haut lautstark zerbarsten. Nur wenige Schnitte waren durch den Schutzzauber hindurch gegangen und wo das Eis ihre Haut penetriert hatte, breitete sich übernatürliche Kälte aus. Doch die schüttelte Belesh mit einem humorlosen Grinsen ab.
Sie sammelte sich und schlich einige Schritte um die Ecke, wo sich der Gang in eine große Kammer auftat. Von dieser Kammer gingen weitere Korridore ab, aus denen das warme Licht zu dringen schien.
Shkut-yun war Belesh an der Decke gefolgt und leise raunte die Magierin der Schamanin nun zu, die anderen wegen den Eisspeeren zu warnen. Es waren nicht alle zu Bruch gegangen und immer noch konnten sich die anderen Orks an den Scherben der mit Magie unterlegten Falle schwer verletzen, wenn nicht gar töten.
Eilig krabbelte die Eisspinne zurück zu Apu'tarok und Derkha, die bis jetzt im Eingang gewartet hatten. Sie deutete mit zuckenden Beinbewegungen Gefahr an und lief dann vor und zurück, um sie zur Stelle zu führen, an der Belesh ins Rutschen gekommen war. Nun ließ sich die verwandelte Schratin einige Fuß weit auf dem Gangboden rutschen und zeigte den beiden Orks damit, dass selbst eine Spinne hier ihre Probleme haben würde, wäre sie nicht zu niedrig für die Eisspitzen und könnte sie nicht doch noch ihre feinen Krallen ausfahren, mit denen sie sogar auf der vereisten Decke wandern konnte.
Nun von der Falle wissend, drückten sich Derkha und Apu'tarok feste an die Seitenwand und arbeiteten sich langsam bis zum hinteren Teil des Ganges vor. Bedacht umrundeten sie die Splitter der Eisspeere und die verbleibenden Spieße und erschraken, als Belesh sie immer noch unsichtbar von der Seite berührte. Sie sollten leise sein, hauchte ihnen die Kriegsmagierin zu... Schritte würden sich nähern.
Dann hörten auch sie das schwere Stampfen, das die Eisspinne an der Decke vermutlich schon vor vielen Augenblicken wahrgenommen hatte und zwei gebückte Trolle bogen aus einer der Gänge in die Kammer und schnupperten prüfend die schneidend kalte Luft. Wie abgesprochen schoss ihrer beider Blick zum Eingang, in dem die kleine Gruppe hinter der Ecke kauerte und angespannt die Luft anhielt. Ihre weiten Nüstern zuckten und die kleinen, schwarzen Augen verengten sich, als sie mit ihrem wie Baumstamm dicken Beinen und den hängenden, kräftigen Armen in diese Richtung schlürften.
Ungesehen von den beiden gepanzerten Hünen zischte Belesh den anderen beiden Orks zu, dass sich jemand neben die zerbrochenen Eisspeere legen sollte. So sollten die Trolle meinen, dass der Lärm der Anfang und das Ende eines gescheiterten Einbruchs wären und man könnte sie letztendlich überraschen. Geschwind warfen sich sowohl Derkha als auch der alte Apu'tarok auf den eisigen Boden und mit blutrünstiger Vorfreude presste sich Belesh an die Wand.
Schon kamen die bestialischen Gesichter der beiden Trolle um die Ecke und mit einem dümmlich überraschten Quieken erkannten sie die bewegungslosen Eindringlinge am Fuße des rutschigen Eingangsbereiches. Schnell und schwerfällig zugleich eilten sie nach vorne, als Belesh sich von ihrer Position löste und mit ihrer Klinge eine tiefen Graben in den Rücken des hinteren Trolles hieb. Eis und Flammen zuckten aus der Wunde hervor und mit einem gequälten Gurgeln kippte der Troll gegen seinen Kumpanen, der angsterfüllt aufheulte.
Sofort wurde Belesh sichtbar und sah mit Faszination zu, wie der tote Troll von innen zu verglühen schien. Aus Augenhöhlen, Ohrenlöchern, Nase und Mund quollen Licht und Körperflüssigkeiten, was seinen Kameraden nur zum eiligen Rückzug trieb.
Nochmals traf der scharfe Stahl der Kriegsmagierin harte, raue Trollhaut und dickes Blut spritzte ihr entgegen, während sich die Eisspinne über ihren Köpfen in eine schratförmige und ebenso große Form aus puren Flammen verwandelte. Bedrohlich zischend kam die zum Feuerelementar herangewachsene Schamanin auf den Troll zugeschossen, doch wich er dem Angriff mit Panik in seinen weit aufgerissenen Augen aus.
Nun löste sich Derkha Wredt aus seiner gespielten Starre und zielte mit einem seiner Speere, die er immer bei sich trug, auf den verwundeten Troll, der sich vollends auf das flackernde Feuerelementar konzentriert hatte. Der Speer verlängerte sich in der Hand des Jägers und die Spitze schob sich mit einem satten Knacken durch ein gepanzertes Bein und in die vereiste Wand. Schmerzerfüllt brüllte der Troll.
Während sich Apu'tarok mit Schnaufen und Ächzen hoch mühte, sprang Belesh nach vorne hieb dem Troll den Kopf ab, fing das abgetrennte Haupt aus der Luft und schlug mit ihrem Schwertknauf die großen Eckzähne aus, die sie schnell einsteckte. Dann ließ sie triumphierend grinsend den immer noch mit den Augen rollenden Kopf fallen.
Es war nun still in den eisigen Gängen und nur das Knistern der Flammen, aus denen Shkut-yun bestand, war zu vernehmen. Wieder konzentrierte sich Belesh ruhig atmend und meinte, dass sie die magischen Leuchtfeuer in einer anderen Richtung spürten, als aus der die Trolle gekommen waren. Kurz überlegte Apu'tarok, dann befahl er, in Richtung der Trolle zu gehen.
Sie ließen Shkut-yuns Ausrüstung zurück und als Flammengestalt schritt sie neben Belesh einher, als sie sich durch weitere Gänge und Kammern pirschten.
Als sie in eine große Halle einbogen, in der Unrat den Boden bedeckte, sah sich Belesh skeptisch um. Felle und Knochensplitter, Hornsplitter und zerbrochene Rindenschalen waren überall verstreut und über ihnen hatten sich große Eiszapfen gebildet, die wie Skulpturen im Schein der Flammenform Shkut-yuns tanzten. Vorsichtig tat die Kriegsmagierin einen Schritt, den sie aber sofort bereute, als ein feines Klacken zu hören war und sich mehrere Eiszapfen von der Decke lösten.
Belesh versuchte zurück zu springen, während sich die anderen in den Gang pressten, doch selbst mit ihren weiten Schwerthieben konnte sie nur zwei Eisbrocken in harmlose Splitter zerschlagen. Weitere Brocken trafen die Orkfrau an Brust und Schulter und zwangen sie in die Knie. Kurz darauf endete der Einsturz und nur noch feiner Eisstaub rieselte von der Decke.
Belesh hielt sich die Rippen und hustete gequält Blut hervor, als sich Shkut-yun und die anderen vorsichtig näherten. Ein Blick der Kriegsmagierin genügte und die Schamanin umschloss ihren Arm mit einem Teil ihres Feuerkörpers. Beleshs magisch verstärkte Haut fing an zu rauchen, als die Flammen sie verzehrten und zugleich mit einem potenten Zauber heilten. Die Schmerzen im Brustkorb ebbten ab, das Husten verschwand. Mit einem kräftigen Luftzug testete sie ihre neu gewonnene Gesundheit und nickte dankend, während sich Shkut-yun wieder von ihr löste.
Ein weiterer Gang führte in eine große, verwinkelte Kammer, in der ein seltsames Konstrukt vor einem frisch in die Wand gerissenen Gang stand und bedrohlich brummte. Eine Spitze mit einem scharfen Gewinde war an ihm befestigt und mehrere Hebel und Griffe ragten aus seiner Seite. Hatte dieses Objekt die Vibration verursacht? Erschufen die Trolle damit die Gänge, die man im Ansatz zum Teil hier sehen konnte. Noch mehr Eingänge waren in die vereisten Wänden gezwungen worden und nur ein Zugang schien fertig und aus ihm drang das warme Licht, das nun sichtlich pulsierte und diesen Bereich der Höhle in all seiner Pracht zeigte.
Aber woher hatten die Trolle solche wunderlichen Dinge? Hatte der Höllendämon sie ihnen gegeben, um die kalte Unterwelt mit noch mehr Gängen zu versehen? Und wo waren die Trolle und ihr Dämonenherr?
Dann erkannten sie einige Vertiefungen im Boden, in denen sich große Schatten im Zwielicht des Feuerscheins verschoben. Die Trolle, erkannte die kleine Gruppe unter Apo'tarok, doch kauerten sie dort mit Angst bebend in den selbst gegrabenen Löchern, zumeist zu mehreren hinein gezwängt und sich weiter aus dem Sichtfeld drückend.
Die Orks standen neben dem Feuerlementar noch im Gang, als Belesh ihre gepanzerte Hand auf die nächste Vertiefung richtete und magische Geschosse aus ihren Fingern fuhren. Sie zuckten wie lebende Schlangen in Richtung der Trolle, bogen dann scharf nach oben ab, gewannen kurz an Höhe und ließen sich dann wie Blitze nach unten fallen. Ein schmerzerfüllter Schrei durchzog die Kammer und ein Troll mit verbranntem Rücken krümmte sich gequält aus seinem Versteck.
Dies nahm Derkha Wredt als Anlass, um selbst in Bewegung zu kommen. Er sprang mit seinen beiden Speeren in den Händen nach vorne... und wurde von einer wachsenden Eiswand umschlossen, die sich unfassbar schnell von den Wänden des Kammereingangs her ausbreitete und so eine milchig blaue Blockade schuf. Der Jäger wurde darin festgefroren, im Gang nur ein Bein und in der Kammer nur eine Hand und das Gesicht heraus ragend.
Schon fing er stoßweise zu atmen an und seine Lippen wurden bleich, als sich nun mehrere Trolle grunzend und schnaubend aus ihren Löchern schoben und langsam auf ihn zukamen.
Shkut-yun begann nun, mit ihren Flammen an der Eiswand zu nagen und während Apu'tarok mit seinen Feueraxt an immer die selbe Stelle schlug, bildeten sich dünne Risse im der schillerten Oberfläche, die sich mit dem Feuer der Schratin ausfüllten. Einige Herzschläge ging dies so weiter, bis sie sahen, dass sich der freie Fuß von Derkha bewegte. Dann zerfiel die Wand in Eisfragmente, als sich der Jäger aus eigener Kraft aus der geschwächten Wand befreien konnte. Er stolperte, tief Luft einziehend, in die Kammer und kam vor fünf Trollen zum Stehen, die sich bedrohlich vor ihm zu ihrer vollen Größe aufbauten.
Doch trat nun Belesh an seine Seite und warf ihm die zuvor noch gesammelten Trollzähne vor die Füße und sie fauchte ihnen zu, dass sie sich ergeben sollten oder sie und ihre Kameraden würden alle Trolle in diesen Kammern vernichten. Flammen bauten sich dank Shkut-yuns Feuerkörper hinter ihnen auf und mit kläglichen Geräuschen wichen die gepanzerten Riesen zurück. Das verängstigte Quieken weiterer Trolle drang aus den Bodenlöchern und sadistisch grinsend sah Belesh ihren Gegnern in die Augen.
Ein tiefes, beinahe spürbares Lachen drang leise durch die Eishallen und ein schwerer Stein senkte sich auf die Herzen der Orks und der Schratschamanin. Die Trolle schauten voller Entsetzen zum anderen Ausgang aus der Kammer und versuchten sich weiter zusammen zu drängen und so im Verband Schutz zu suchen.
Doch Belesh trat einen Schritt vor und zeigte auf den Gang hinter sich. Sie sollten das Weite suchen, wenn sie nicht am bevorstehenden Kampf teilhaben wollten und ohne lange zu zögern liefen die Trolle mit schweren Schritten an der kleinen Gruppe vorbei, umspülten sie kurz wie der Fluss einen Stein und nur drei ihrer Artgenossen blieben kauernd in den Löchern zurück und trauten sich keinen Schritt zu tun.
Der Lärm der fliehenden Wesen verhallte hinter ihnen und Derkha drückte sich an den kalten Stahl der Maschine, die nun ruhig im halb gefressenen Tunnel lag. Apu'tarok humpelte an eine der Ecken neben dem Eingang, aus dem das Licht drang und der Flammenkörper Shkut-yuns floss in eines der nun leeren Löcher im Boden. Nur Belesh blieb stur und herausfordernd in der Mitte der Kammer stehen und wartete auf die bevorstehende Ankunft des Herren dieser Gänge.
Der Lichtschein wurde intensiver und ein großer Schatten formte sich am Mund des Ganges, drängte in die kalte Kammer hinein. Ein gewaltiger Körper folgte, groß wie ein Düsterbär und über und über mit verknöcherten Platten besetzt, zwischen denen Dampf hervor zischte. Die Ränder der Platten glühten heiß und die Rillen der riesigen Hörner, die der Höllendämon an den breiten Seiten seines Hauptes trug und die sich wie Widderhörner nach vorne drehten, waren mit altem Blut verkrustet. Kleine, gleißend leuchtende Augen suchten über dem breiten, mit langen, dünnen Zähnen besetzten Maul die Kammer ab und die zerrissenen Flügelstummel auf seinem Rücken erbebten bei jedem Schritt der scharfen Hufe, die das Eis unter sich aufspringen ließen. Ein langer, schwarz behaarter Schwanz wurde hinter dem Höllenherren nachgezogen.
Er baute sich in der Kammer auf und entfaltete seine volle Größe und aus seiner Faust wuchs eine Lanze aus blauem Eis heraus und außer Belesh drückten sich alle tiefer in ihre Deckung, fuhr dieser Anblick doch wie Gift in ihren Geist und ließ ihre Körper vor Angst erschlaffen. Plötzlich wirkte alles, als wie wenn die Höhle mit Wasser gefüllt war. Langsam verging die Zeit und schwerfällig waren die Reaktionen, als der Dämon seine andere Hand zu Belesh ausstreckte und mit einer grollenden Stimme befahl, dass sie zu ihm kommen sollte.
Doch nur zwei Schritte machte die Kriegsmagierin, dann blieb sie trotzig stehen und verlangte den Namen der Bestie zu erfahren. Und Belesh sprach den Höllendämonen mit "Herr" an und Apu'tarok sah sie alarmiert an, wusste er doch von der Dunkelheit in ihrer Seele. Doch wollte der Dämonenherr seinen Namen nicht verraten, war er doch in der Zeit der ersten Invasion der Höllenstreitmächte nur ein einfacher Hauptmann gewesen und hatte der Name Eshkar keinen Ruhm erlangt.
Also sprach er mit seltsamen Mundbewegungen und ohne sichtbare Zunge, dass er der neue Herr dieser Lande wäre und er Potential in der Magierin sehen würde. Namen seien nicht wichtig in seinem Reich.
Gegen wen sich sein Zorn richten würde, wollte Belesh wissen, und der Dämon erklärte, dass er keinen Zorn, sondern nur Hunger verspürte. Also fragte Belesh, wen er verschlingen wollte und sie grunzte widerspenstig, als er nur ein Wort grollte: alles!
Ob er auch sie verzehren würde, bohrte Belesh nach, doch der Dämon versicherte ihr, dass er sie verschonen wollte, solange sie nützlich war. Und die ihrigen? So viele Orks gab es nicht und sie würde lohnendere Nahrung kennen. Ein breites Grinsen formte sich auf ihrem Gesicht und der Dämon legte lauschend seinen Kopf schief. Seine Ohren, die an die von Wildrindern erinnerten, zuckten aufmerksam.
Die Völker, die sich den Höllenarmeen entgegen gestellt hatten, raunte Belesh ihm zu. Zwerge, Elfen, Halblinge, Gnome. Und Menschen. Ob sie ihm geschmeckt hatten, wollte Belesh mit einem Glänzen in ihren Augen wissen und der Dämon lachte tief und langsam in sich hinein. Dann drehte er sich um und schritt in den Gang hinein, aus dem er getreten war, blieb nach einigen Längen stehen und blickte über seine breite, verknöcherte Schulter. In seinem Blick erkannte Belesh eine gewisse Erwartung. Er wollte, dass sie ihm folgte.
Kurz zögerte Belesh, dann ging sie ihm langsam nach, hinein in den breiten Gang, der vermutlich ebenfalls von der seltsamen Maschine gefressen worden war, hinter der sich immer noch Derkha Wredt versteckte. Kurz wollte Apu'tarok ihren Arm greifen, als sie an ihm vorbei stolzierte, doch Belesh flüsterte ihm nur lächelnd zu, dass sie ihr Volk nicht verraten werde. Der alte Ork sah ihr erstarrt nach, als sie dem Dämonen tiefer in dessen Unterschlupf hinterher ging.
Schon verließ Derkha den Schutz der Maschine und wollte Belesh etwas zurufen, als sich der Dämon plötzlich zu der Kriegsmagierin umdrehte. Gerade war er noch im Schimmer der Eishöhle zu sehen, dann war er verschwunden. Einen kurzen Herzschlag später stand er vor Belesh und durchbohrte ihren Leib mit der Lanze, die er kraftvoll nach vorne trieb. Sie wurde mit der Lanze hochgehoben und der Höllendämon zuckte zusammen, als Beleshs Rüstung ihre Magie in seinen Körper pumpte: jeder Schlag, der gegen sie geführt wurde, hallte im Angreifer wieder und mit einem wütenden Schrei schlug er sie mehrfach gegen die kalte Wand, doch hielt sie sich mit verkrampften Händen an der Waffe des Dämonen fest.
Dann verschwand die große Bestie erneut von einem Augenblick zum anderen und mit sich zog er seine Lanze aus der Realität. Belesh fiel mit einem schmerzerfüllten Ächzen auf den Boden und zog sich zitternd auf die Knie.
Die anderen wollten ihr zu Hilfe eilen, doch erschien der Höllendämon nun zwischen ihnen und wie ein Wirbel schlug er mit Schwanz, Klauen und Speer nach allen Seiten. Apu'taroks Axt wehrte die kräftigsten Hiebe ab und seine schwere Waffe fand eine Lücke in der Verteidigung des Dämonen. Funken sprühten, als harten Stahl gegen die Verknöcherungen schlug und die Platten heller aufglühten. Derkhas Speere stachen in die aufplatzenden Risse zwischen den großen Hautverhärtungen und gruben sich tief ins dämonische Fleisch.
Belesh schleppte sich derweil zum Bodenloch, in dem Shkut-yun an Kraft und Intensität gewann. Schon wollte die nun aus Feuer bestehende Schamanin den Dämonen angreifen, als der schwache Ruf nach Hilfe zu ihr drang. Kurz sah sie zum übermächtigen Gegner, der von Schlag zu Schlag heißer und größer zu werden schien, und schon schmolzen die Wände der wärmer werdenden Kammer bedenklich. Doch floss sie zuerst in Beleshs Richtung und hüllte sie kurz in ihre schmerzhafte Umarmung. Heilende Magie mischte sich zu den Flammen und mit einem Grunzen schob sich Belesh auf die Füße. Sie packte ihr Schwert feste in den an Stärke gewonnen Griff und eilte der brennenden Schratin hinterher, die sich nun ebenfalls auf den Dämonen stürzte.
Doch die Flammenform umhüllte und durchdrang den Höllendämonen ohne ersichtliche Folgen und fuhr dann aus der Kammer, den Gang hinunter, den sie zuvor gekommen waren. Wie ein brennender Wirbelwind schoss die Schratin davon und mit sinkendem Herzen sahen ihre Begleiter ihr kurz nach.
Der Dämon aber nutzte diese Ablenkung und sein Eisspeer traf die Seite von Apu'tarok und das Bein von Derkha. Durch Schmerz und die Kälte der höllischen Waffe benommen wurden die Hiebe und Ausweichbewegungen der beiden Orks langsamer und schwer, während sich die Bestie über ihnen triumphierend aufbaute.
Einige male schlug Belesh auf die harte Panzerung des Höllendämonen ein, dann wandte sie sich an die drei Trolle, die immer noch in den Schatten der Löcher kauerten. Dass sie sich erheben und den Orks gegen den Dämonen helfen sollte, verlangte die Kriegsmagierin mit fester Stimme, dann wären sie frei von dem Schrecken, der sie gefesselt hatte. Wieder schlug sie nach dem Dämon, der wütend nach ihr greifen wollte und jaulend wich er zurück, als ihre Schneide eine tiefe Wunde in die Knochenplatten schnitt.
Wie ein Avatar der zornigen Göttin Azog'tar'sho wirkte Belesh, mit Blut verschmiert und ihre Zähne gefletscht, das große Schwert in beiden Händen und keine Angst sondern nur Hass ausstrahlend. Der alte Apu'tarok keuchte beeindruckt auf, als er die junge Frau dort wüten sah.
Doch der Höllendämon wehrte sich mit mächtigen Schlägen und Wunde um Wunde verteilte er an seine kleineren Gegner, die sich um ihn sammelten und von allen Seiten auf ihn einhackten, und erst als einer der Trolle aus seinem Versteck griff und Beleshs Bein packte, gewann der Dämon wieder an Oberhand.
Fluchend fiel Belesh in das Loch, in dem noch zwei Trolle gedrängt gewartet hatten und mit frustrierten Schreien hieb die Magierin auf einen der Riesen ein. Hätten sie ihr Angebot angenommen, wären sie frei gewesen, so aber spürten sie nun nur den Zorn der Orkin.
Der dritte Troll versuchte aus seiner Grube nun Apu'tarok zu greifen, doch wich der alte Veteran, alarmiert durch Beleshs Lage, der großen Hand aus und sah gerade noch, wie der erste Troll in Beleshs Loch zu brennen begann. Doch der zweite Gegner hieb schon mit bloßen Fäusten auf ihr Gesicht ein und brach ihr Nase und Kiefer, bis Belesh ihm eine in Flammen aufgehende Hand auf die verhärtete Brust drückte und auch er mit einem gellenden Schrei verendete.
Auch der Höllendämon war vom aufsteigenden Rauch und den wehenden Funken im Loch kurz abgelenkt und wieder fand einer der Speere von Derkha Wredt sein Ziel. Sich krümmend brüllte der verletzte Gigant und die Kammer wurde vom Widerhall erschüttert. Kleine Eisbrocken fielen von der Decke und nur mit Mühe konnten sich alle auf den Beinen halten, während sich Belesh wutentbrannt aus der Grube zog.
Dann verschwand der Dämon, als wäre er nie dagewesen und als sich die Orks umsahen, erblickten sie ihn am anderen Ende des Raumes. Hinkend setzten Derkha und Apu'tarok ihm nach und als sie ihn erreichten, hieb er einige male auf sie ein, dann war er wieder aus dieser Realitätsebene verschwunden. Ein kurzer Flackern, dann stand er neben der Maschine und stützte sich schwer auf das sich verbiegende Gerät. Feuer quoll zwischen den schmelzenden Knochenplatten hervor und Flammen tropften ihm wie Blut aus dem Maul. Der Höllendämon atmete schwer.
Nun spuckte Apu'tarok ihm Beleidigungen entgegen und erschöpft rappelte sich Belesh auf ihre Beine, schoss dann magische Energie aus ihren Händen in den wunden Leib des Dämonen. Der schaute langsam und mit vor Abscheu aufflammenden Augen in ihre Richtung.
Plötzlich stand Shkut-yun im Eingang zur Kammer, in ihrer normalen, mit dichtem Fell bewachsenen Schratform und ohne die Bekleidung, die sie am Kraterrand abgelegt hatte. In ihrer Hand hielt sie lediglich einen Dolch, dessen Klinge vor langer Zeit aus Obisidian gefertigt worden war und mit einem kurzen, kräftigen Wort beschwor sie einen Feuerball, der auf den Dämon zuraste. Doch der festigte nur seinen Stand und öffnete seinen gewaltigen Mund und ein eisiger Windstoß entfuhr seinem Rachen und ließ die Flammen verwehen. Die Eiseskälte trieb Orks und Schrat zurück und mit vor den Gesichtern schützend gehaltenen Händen stemmten sie sich gegen die Macht der Bestie. Dann endete der Sturm abrupt und als sie aufblickten, war erneut vom Dämonen nichts zu sehen.
Ein leises Knacken hinter Shkut-yun ließ alle herumfahren und hinter ihr im Gang ragte der sardonisch grinsende Feind bis hoch zur Decke. Langsam und sich des Sieges sicher hob er seine Eislanze und zielte auf den Kopf der Schratin.
Aus der letzten bemannten Grube sprang nun der überlebende Troll und hieb mit beiden Fäusten auf Derkha Wredt ein, doch schwang dieser seine Speere so, dass das animalisch kämpfende Wesen ihn nicht zu treffen vermochte und sich nur selbst an den Spitzen der langen Waffen aufschlitzte. Aber die Wunden verheilten so schnell, wie sie entstanden waren und Derkha wurde Schritt für Schritt zurück gedrängt. Dann sprang Apu'tarok an die Seite des Jägers und hieb mit seiner Axt und einem mutigen Schrei den Arm des Trolles ab und die Hitze der magischen Waffe ließ das Fleisch am Stumpf verglühen. Wütend brüllte der verletzte Troll, dann durchdrang ihn die Klinge von Belesh und leblos fiel er in die Grube zurück, aus der er geklettert war.
Sofort wandte sich Belesh zu Shkut-yun, die immer noch regungslos vor dem Dämonen stand, der seine Waffe über sie erhoben hatte, und aus ihrer Hand zuckten wieder Magiebolzen, die in den vom Einschlag zuckenden Körper der Bestie fuhren. Derkha packte seine Speere fester und länger und länger wurden die Schäfte, bis sie die von dem Zauber Beleshs aufplatzende Platten erreicht hatten. Mit einem feuchten Glitschen bohrten sie sich in die Innereien des Höllendämonen und einen den Boden erschütternden Schritt tat er zurück.
Und schließlich setzte sich Shkut-yun in Bewegung. Sie hatte der Macht des Dämonenherren getrotzt und ihren Augenblick abgewartet. Hatte auf einen Zeitpunkt gelauert, an dem ihr Gegner seine Verteidigung vernachlässigte. Sie sprang nach vorne und nach oben, grub die Obsidianklinge tief in die Kehle der Bestie und mit einem aus voller Kehle gebrüllten "Bei Watans Zorn!" drückte die Schamanin diese mächtige Waffe, die der verfluchte Ork Watan damals selbst angefertigt hatte, tiefer und tiefer in die aufplatzende Wunde.
Der ganze Körper des Dämonen begann zu zucken und zu zittern und Feuer brach aus seinen Augen und dem Maul heraus und gerade noch sprang Shkut-yun zurück, als der alte Feind aller Völker mit einem schrillen Schrei verglühte.
Nur kurz konnten die aufatmenden Kameraden wankend aufatmen, dann zog sich eine Erschütterung durch das Höhlensystem. Eine weitere folgte und große Stücke der Decke fielen in die Kammer und die Gänge. Shkut-yun und Apu'tarok stürzten und wurden erst von Derkha Wredt und Belesh mitgerissen, als diese in Richtung des Ausgangs flohen.
So schnell wie das Beben angefangen hatte, hörte es wieder auf und sich vorsichtig umsehend kam die kleine Gruppe in der ersten Kammer zum Stehen. Nur noch vereinzelt rieselte Staub und Eis von der Decke. Überall lagen große Brocken herum, die aus dem umliegenden Gestein heraus gebrochen war.
Müde deutete Derkha zum ersten Gang, den sie erkundet hatten, doch schüttelte Belesh nur erschöpft den Kopf. Sie wollte zurück und den Rest der Höhle erkunden und während Shkut-yun ihre Ausrüstung holte und sich ankleidete, lehnten sich die drei Orks erschöpft an die kalten Wände und schlossen schwer atmend ihre Augen.
Dann kehrten sie mit der Schamanin zurück in die Kammer, in der sie den Höllendämonen bekämpft hatten und gingen langsam den Gang entlang, aus dem der Herr dieser Hallen getreten war. Ein tiefer Riss zog sich dort quer über den Weg und Apu'tarok entschied sich, dieses Risiko nicht einzugehen. Zusammen mit Derkha Wredt blieb er zurück und der Jäger verband die Wunden des alten Orks, als sich Belesh und Shkut-yun bereits an der Wand entlang zur anderen Seite des Ganges hangelten.
Dort fanden sie eine weitere Kammer, die einen tiefen Trichter nach unten bildete und sie sahen eine weitere Maschine, die in der Glut der flüssigen Erde langsam verging. Hatte der Dämon diesen Apparatus genutzt, um in die Tiefe zu bohren? Wollte er ins Innere der Welt vordringen oder die Kraft des flüssigen Steines nutzen? Shkut-yun flüsterte ihre Mutmaßungen Belesh zu und die sah nur dem schmelzenden Metall der Maschine zu, die bei dem Beben aus ihrer Verankerung am Trichterrand gebrochen war.
Aus dem Trichter drang weiter das warme Licht, das die Höhlen erleuchtete und in diesem Schein erkannten sie weitere Gänge, die tiefer in die gefrorene Erde führten.
Eine weitere frische Spalte versperrte ihnen den einen Weg, doch spürte Belesh nun wieder die Ansammlung an magischen Leuchtfeuern, die sie zuvor schon bemerkt hatte. Sie deutete einen anderen Gang hinab und als sie diesem folgten, gelangten sie in eine hohe Kammer, deren Boden über und über mit alten Münzen, Fellen, Rüstungsteilen, Waffen und anderen Kostbarkeiten übersät war. Dies waren die mit Magie geschwängerten Objekte, die die Aufmerksamkeit der Kriegsmagierin auf sich gezogen hatten und schon wollte Belesh voller Staunen ein altes Breitschwert aufheben, als Shkut-yun sie an der Seite berührte.
Die Schamanin deutete auf die Wände der Kammer und nun bemerkte Belesh die Leichen, die überall im Eis der Wände eingefroren waren. Elfen, Zwerge und auch einige Gnome. In alten Rüstungen, die noch aus der Zeit des Krieges mit den Höllendämonen stammten. Alle unversehrt und auf eine beunruhigende Art den beiden Frauen mit den Augen folgend.
Doch auch Orks hingen dort an Wand und Decke, doch waren sie angenagt und in Stücke zerteilt und es war unschwer zu erkennen, von was sich der Dämon in den letzten Jahrhunderten ernährt hatte.
Vorsichtig trat Belesh an einen der Elfen und ihre aufflammende Hand befreite das bleiche Gesicht von seinen kalten Fesseln. Doch in dem Moment, als das Eis getaut war, rollten die alten Augen des Elfen nach oben und Belesh spürte, wie sich die Seele des Gefangenen verflüchtigte. Sie hatte den Elfen ungewollt erlöst und zornig schlug sie der Leiche mit ihrem Schwertknauf den Schädel ein. Seufzend sah sich Shkut-yun um und der Schmerz der Welt legte sich schwer auf ihren Geist.
Apu'tarok bestrich eine wunde Stelle seines Armes mit lindernder Salbe, als die beiden Frauen zurück kamen. Sie hatten den Mantel der Schratin mit allerlei Fundsachen gefüllt und mehrere Waffen an ihrem Körper befestigt. Geduldig zog Derkha Wredt den alten Ork hoch und stützte ihn, während sie zu viert durch die Gänge zurück ins Freie zogen. Die unzähligen Sterne der Nacht erwarteten sie, als sie ihren Wollnashörnern entgegen gingen, die Gänge und Kammern des schlummernden Schreckens hinter sich lassend...
Am Lagerfeuer VI
GIMBAH SCHÜTTELTE ENTTÄUSCHT den Kopf. "Diese Geschichte ergibt keinen Sinn!"
"Und warum nicht, junger Welpe?" Der Geschichtenerzähler wirkte eher amüsiert, als tadelnd. Dennoch sah er den jungen Ork herausfordernd an.
"Belesh hatte Recht! Sie hätten sich mit dem Dämonen verbünden sollen!"
"Deine Worte wirken so dumm wie du vermutlich bist." Das Mädchen funkelte Gimbah an und keiner der anderen Welpen wagte auch nur zu atmen.
Doch der Geschichtenerzähler fand ruhige Worte, die den Streit der beiden unterbrach. "Dumm wäre es gewesen, sich auf die Seite der Höllenebenen zu stellen. Doch was wollen wir über unsere Vorfahren urteilen, wenn wir ihre Zeit nicht wirklich erlebten."
Kurz wollte das Mädchen etwas sagen, doch schloss sie nach kurzem Zögern ihren Mund.
"Und ja: Belesh hatte allen Grund die neuen Völker zu hassen." Er blickte zwischen allen Welpen umher, die immer noch dicht am Lagerfeuer saßen. "Aber sie hätte sich nicht ihnen unterworfen, sondern sie vielmehr zu unterwerfen versucht."
Erkap, ein schmächtiger Welpe mit einem großen Feuermal auf der rechten Gesichtshälfte, sprach fast unverständlich leise in das Schweigen, das den Worten des Geschichtenerzählers folgte: "Hätte sie das denn geschafft?"
"Das weiß ich nicht." Der Geschichtenerzähler lächelte Erkap an. "Doch habe ich Euch auch nicht von diesem Abenteuer erzählt, damit ihr Euren Müttern berichtet, ich würde Euch Schauermären in die Köpfe setzen und Euch den Schlaf rauben."
Gespannt warteten die Welpen, als der alte Ork einige Schluck Tee aus seiner Wärmekanne nahm, die er dann wieder neben sich abstellte.
"Ich habe Euch die Geschichte von Apu'taroks Entdeckung und den Kampf seiner Krieger erzählt, weil er zu einem wichtigen Punkt in der Geschichte unseres Volkes führte."
"Zu welchem Punkt?" fragte Tegvan angespannt.
Viele Herzschläge lang sah der Geschichtenerzähler die Welpen an. Dann die kaum vernehmbaren Worte, die alle wie eine scharfe Klinge durchfuhr: "Dem Friedenstreffen mit den Faer, das den absoluten Krieg entfachte und das Ende unserer Kultur einläutete."