Noah (2014)
Im Vorfeld war ich von den doch eher negativen Kritiken etwas verschreckt, entschloss mich aber, wie ich das bei Filmen eigentlich immer tue, objektiv an das Werk heranzugehen und mir meine eigene Meinung zu bilden.
Und das ist, muss ich gestehen, nicht wirklich einfach. Ich kann im Vorfeld nur sagen, dass "Noah" ein verdammt nochmal zweischneidiges Schwert ist. Fangen wir mal mit dem an, was gut gelungen ist. Da wären zum einen die tollen Landschaftsaufnahmen, meines Wissens nach wurde der Film in Island gedreht und das war eine gute Wahl. Weiterhin ist der Soundtrack sehr stimmig und die Schauspielleistungen zum großen Teil sehr überzeugend. Russel Crowe, ohnehin eine Hollywoodgröße, spielt den zutiefst gottesfürchtigen und immer mehr dem Wahnsinn verfallenden Noah wirklich herausragend und beängstigend. Sehr lobenswert ist auch Emma Watsons Spiel, wobei sie gegen Ende schon nahe an die Grenzen des Overactings driftet. Zwar passen ihre Ausbrüche zur Situation, dennoch wirken sie stellenweise irgendwo aufgesetzt, ich denke das hätte besser gelingen können, insgesamt dennoch eine sehr gute Leistung. Der Rest des Casts bleibt zum Teil weniger stark in Erinnerung, macht seine Sache aber doch solide. Was dem Film ebenfalls noch sehr positiv anzurechnen ist, ist die unglaublich intensive Dramatik, die etwa im letzten Drittel vorherrscht. Die Atmosphäre verdichtet sich hier ungemein und es gelingt, das Beklemmende und Bedrückende auf den Zuschauer zu übertragen, wodurch man in diesem Teil des Films, mehr als zuvor, mit den Charakteren mitfiebert und auch wirklich der Auflösung der Frage entgegenfiebert, wie die zum Teil aussichtslos wirkende Geschichte endet. Auch die schon erwähnten schauspielerischen Leistungen tragen immens zu dieser vollends gelungenen Atmosphäre bei.
So, aber zur Kehrseite der Medaille: Ich bin niemand, der einen Film nur danach bewertet, wie gut und realistisch die Effekte sind, doch was uns in Sachen CGI bei diesem Film vorgesetzt wird, ist zum Teil doch schon arg in die Jahre gekommen. Besonders die Steinriesen. Nicht nur, dass die Modelle als solche an meine alten Bionicle - Legofiguren erinnerten, die Bewegungen wirkten auch noch so künstlich schnell und abgehakt wie in diesen Godzilla - oder King Kong - Animationen aus den 70ern. Also bei allem Respekt, aber da kann man im Jahr 2014 wirklich wesentlich besseres erwarten. Abgesehen von den teils sehr schwachen CGI - Effekten sind es auch die Kampfszenen, die eher schlecht ausfallen. Teilweise so schnell geschnitten, dass man nicht wirklich erkennt wer wen und womit angreift und voller, ich muss es wirklich sagen, dämlicher Ideen. Da stürmt der Heerführer doch glatt mit einer Art Mörser auf einen Steinriesen zu und das im Jahre irgendwann vor Christus. In Sachen authentischer Darstellung drücke ich auch gerne mal ein Auge zu, da akzeptiere ich gerne die Kilts in "Braveheart" oder die Steigbügel in "Gladiator" was es jeweils zur Zeit, in der die Filme spielen so noch nicht gegeben haben sollte. Doch das mit dem Mörser oder auch mit diesen Schweißermasken, wenn auch aus Stein gefertigt, hier in diesem Film geht dann doch zu weit. Bevor ich es vergesse: In einigen Szenen trägt Noah eine Hose, die auf die Entfernung eins zu eins wie eine Jeans aussieht.
Nun aber mein Hauptkritikpunkt am Film. Und der unterscheidet sich von dem allgemein oft kritisierten Aspekt, dass die Bibelgeschichte nicht originalgetreu nacherzählt wurde. Nein, das ist es nicht was mich grämt. Zwar bin ich selbst gläubiger Christ, dennoch muss der Film keine eins - zu - eins - Umsetzung der Bibel darstellen, jedenfalls nicht für mich. Nein, was mich in einigen Szenen extrem auf die Palme brachte war diese hier wirklich verdammt geschmacklose Schwarz-Weiß-Malerei. Diese wird nämlich, und ja, jetzt darf gerne gelacht werden aber es ist so, teilweise auf Ernährungsebene ausgetragen. Ja, ihr habt richtig gelesen. Noah und seine Familie essen nämlich ganz explizit kein Fleisch, während die Bösen mehrmals dabei gezeigt werden, wie sie Tiere jagen, töten und verspeisen. Und deshalb sind sie ja auch die Bösen. Und Noah und die Seinen die Guten. Sag mal... geht´s eigentlich noch?? Ok ok, das war wenig objektiv, man möge mir den Ausbruch verzeihen. Aber es ist doch wahr. Wir lernen also aus dem Film tatsächlich, dass es böse ist, sich von Fleisch zu ernähren. Und das ist auch bestimmt keine Fehlinterpretation meinerseits, diese Sichtweise wird mehr als einmal ganz deutlich ins Bild gerückt. Ich persönlich bin ein tierlieber Mensch, ernähre mich aber dennoch von Fleisch. Für mich ist dies kein Widerspruch. Und als Fleischesser wird man in der heutigen Welt von extremen (ich betone hier extrem, längst nicht alle sind so, ich habe schon sehr viele positive Erfahrungen mit diesen Leuten gemacht) Vegetariern und Veganern angegriffen, als kaltherzig und rücksichtslos bezeichnet, ich denke da ist es nicht notwendig, dass solch ein Film dies dann auch noch bestärkt. Adolf Hitler war übrigens auch Vegetarier, nur so zur Info. Nein, ich will damit auch niemanden angreifen und ich schätze die Einstellung der Fleischverweigerer, bloß finde ich es nicht in Ordnung, sich deswegen automatisch das Privileg zuzusprechen, ein besserer Mensch zu sein. Und in einem Film das Böse dadurch zu charakterisieren, dass Fleisch gegessen wird, ist einfach nur plump und hirnlos. Ich möchte daher die Worte des zugegeben nicht gerade sympathischen, aber in diesem Falle auch nicht unrecht habenden Gegenspielers des Films einstreuen, die er an einen der Söhne Noas richtet: "Dein Vater füllte diese Arche mit Getier, während Kinder ertrinken mussten". Interessanterweise wird auf diesen doch nicht ganz unbegründeten Vorwurf im Film keine Antwort geliefert, jedenfalls keine so deutliche wie die Schwarz-Weiß-Malerei auf Grundlage der Ernährung.
Nun ja, was haben wir summa summarum also: "Noah" ist klasse gespielt, atmosphärisch vor allem im Schlussakt sehr dicht, mit Abzügen hinsichtlich der Effekte optisch sehr beeindruckend, kraftvoll, sensibel und dramatisch und unterm Strich doch auch recht versöhnlich und Hoffnung spendend. Leider wird dies durch größtenteils schlecht gemachte Kampf- und Actionszenen, zum Teil billige, nicht zeitgemäße Effekte und hier sehr plump umgesetzte Sozialkritik stark nach unten gedrückt. Deshalb sind mehr als 6/10 bei mir nicht drin, was sehr schade ist. Denn Potenzial für deutlich mehr wäre in jedem Fall vorhanden gewesen. Ein schlechter Film ist "Noah" trotz der genannten Punkte dennoch nicht und gerade seine guten Seiten sollten ihn auch durchaus noch mehr als einmal sehenswert machen.