Zwar ist es nun schon wieder ein Weilchen her, dass ich den Film gesehen habe, beziehungsweise liegen schon ein paar Filme dazwischen, aber da ich gerade nun auch den zweiten Teil sah, hielt ich es für geeignet, beide durchzusprechen. Also, fangen wir an mit "The Purge".
Im Amerika der nahen Zukunft ist die Kriminalitätsrate derart hoch, dass sich die Regierung, im Film als "Neue Gründungsväter" bezeichnet, eine bizarre "Lösung" des Problems hat einfallen lassen. Einmal im Jahr findet der sogenannte "Purge Day" statt, an dem von 7 Uhr abends bis 7 Uhr morgens jedwede Verbrechen, Mord eingeschlossen, legal sind. Hintergedanke dessen ist, dass die Bevölkerung sich an diesem einen Tag abreagiert und etwaige geplante Schandtaten ungehindert ausführen kann, wohingegen dann aber für den Rest des Jahres Ruhe herrscht. Immerhin scheint das Konzept zu funktionieren: Die Kriminalitätsrate in den USA beträgt, seit es den Purge Day gibt, gerade noch ein Prozent. Nun steht der fünfte Purge Day kurz bevor und die wohlhabende Familie Sandine, deren Familienvater Sicherheitsgerätschaften entwirft und verkauft, wägt sich in Sicherheit. Doch natürlich laufen die Dinge anders, als geplant und so wird auch für sie die Nacht zu einem Kampf ums Überleben.
"The Purge" ist ein Film, der das Minimalprinzip auf die Spitze treibt. Gefühlt 90 Prozent des Films spielen sich am gleichen Handlungsort, dem Haus der im Zentrum der Handlung stehenden Familie Sandine, ab. Recht viel mehr ist aber auch gar nicht nötig, um eine gelungene und in düsteren Bildern, welche zum Teil auch recht blutig und brutal sind, getragene Atmosphäre zu kreiren und trotz des fast einzigen Handlungsortes wird der Film nicht langweilig, sondern baut eine intensive Spannung auf, die in den gut 80 Minuten auch kaum einreißt. Diskutierbar ist sicherlich die Tatsache, dass der Zuschauer die Auswirkungen des Purge Day, das damit einhergehende Chaos, nicht wirklich selbst miterlebt. Das, was außerhalb dem Haus der Sandines stattfindet, wird lediglich über Nachrichtenberichte transferiert oder geschieht gleich im Off. Einerseits lässt man hierdurch die Gelegenheit aus, erschreckende Bilder, die die finstere Atmosphäre des Films unterstreichen würden, direkt an den Zuschauer zu tragen, andererseits aber geht diese Distanz mit der Abschottung der Protagonisten her, für die der Purge Day in ihrem hochgerüsteten, durch Sicherheitsgeräte ausgestatteten Haus, ein Ereignis ist, das sie nicht betrifft. Oder zumindest denken sie das bis zu einem gewissen Zeitpunkt des Films. Was gibt es zu kritisieren? Gegen Ende schleichen sich etwas zu viele, aus anderen Filmen bereits hinlänglich bekannte "Rettungsschuss in letzter Sekunde" - Momente ein, was auf Dauer etwas ideenlos wirkt. Zudem ist die Grundhandlung des Films um den Purge Day vielleicht innovativ, weil so noch nicht da gewesen, denkt man über das Prinzip aber etwas nach, ist es sehr unwahrscheinlich, so für weniger Verbrechen und mehr Frieden sorgen zu können. Immerhin entstehen an diesem Tag ja ganz neue Feindschaften, was sich am Film auch erkennen lässt, worüber ich aber nichts verraten möchte.
Insgesamt ist "The Purge" aber dennoch ein, wenn auch mit wenig Aufwand betriebener, gut gelungener, düsterer und mit Action und gekonnter Atmosphäre angereicherter Thriller, der in meinen Augen von vielen Kritiken sehr unterschätzt wird und vom mir
8 Punkte von 10 erhält.
Wie heißt das Grundprinzip für Fortsetzungen: Mehr! Und dieses erfüllt "The Purge: Anarchy" schon einmal. Der zweite Teil hat mehr Schauplätze, mehr Charaktere und wo "The Purge" noch als beklemmender Thriller mit Actionelementen funktionierte, ist "The Purge: Anarchy" zu großen Teilen ein waschechter Actionfilm. Das ist immer noch unterhaltsam, die Klasse und Atmosphäre des Vorgängers wird jedoch nicht mehr ganz erreicht.
Dieses Mal erleben wir den "Purge Day" nicht aus der Sicht distanzierter Beobachter, die unerwartet hineingeraten, sondern "The Purge: Anarchy" spielt sich größtenteils auf den Straßen ab, in denen Tod und Zerstörung für 12 Stunden überhand nehmen. Dabei lässt sich der Film in den ersten, noch ruhigen 20 Minuten Zeit, verschiedene Charaktere vorzustellen, aus deren Sicht wir abwechselnd die Geschehnisse erleben und deren Handlungsstränge dann zusammenführen. Ab da verfolgen wir die unfreiwillig, aber notdürftig zusammengekommene Gruppe auf ihrem Weg, die Nacht zu überleben. Allerdings ist ein Mitglied in Form des Gruppenanführers dabei, das in dieser Nacht mehr vorhat, als nur am Leben zu bleiben...
"The Purge: Anarchy" verliert nicht all zu viel Zeit damit, sich in bedrückenden und düsteren Bildern zu verlieren, sondern geht deutlich actionbetonter zur Sache. Der Überlebenskampf der Protagonisten ist größtenteils spannend und unterhält, die Action ist gut inszeniert und, wie auch schon beim ersten Teil, bisweilen sehr blutig. Dafür mangelt es dem Film an dem Vibe, den "The Purge" so gekonnt eingefangen und an den Zuschauer transferiert hat und auch die beklemmende Spannung ist zwar vorhanden, will aber nicht so ganz aufrechterhalten bleiben. Gerade gegen Ende, wo ein innerhalb der Handlung vielleicht logischer, aber irgendwie doch wenig sinnvoll erscheinender und an den Haaren herbeigezogen wirkender Showdown einsetzt, stellt sich einiges an Leerlauf ein und man wird den Gedanken nicht mehr los, dass man das Ganze durchaus hätte etwas kürzer fassen können. Die Charaktere bleiben größtenteils auch blass und haben kaum eine richtige Aufgabe zu erfüllen, außer am Leben zu bleiben und na ja, in einem Fall sich zu rächen. Wo im ersten Teil das moralische Dilemma der Sandines, ob sie etwas vollkommen verwerfliches tun sollen, um sich und die Familie zu schützen, besonders im Mittelteil deutlich spürbar war, bietet Teil Zwei, abgesehen von der auch nicht gerade neuen "Rache: Pro und Contra" - Story, leider wenig. Nun ist "The Purge: Anarchy" allerdings kein schlechter Film: Der Actionanteil fällt groß aus und unterhält und es etabliert sich gegen Ende eine neue, wendungsreiche Storyline, die interessant ist und von der man hoffen kann, dass sie im geplanten Nachfolgefilm weiter erzählt wird.
Wo Teil Zwei mehr hat als der erste, hat er an anderer Stelle weniger. Mehr Action und mehr Figuren ja, dafür aber weniger Spannung und Atmosphäre, wobei letztere immer noch enthalten sind. Insgesamt fällt der Film meiner Meinung nach im Vergleich zum Vorgänger ab, bleibt aber gute Unterhaltung, die ich mit
7 Punkten von 10 bewerte.