Alderaan-System – an Bord der Ilum, Suite – davor: Akani und Tenia – drin: Bailee und Brianna
Bailees Reaktion nach dürfte es nötig sein, auf die Gesundheit der Nautolanerin zu achten, dachte Brianna. Sie an der Stelle ihrer Padawan hätte es zwar eher ‚Ausnutzung einer Machtposition‘ genannt als ‚Verschwörung“, denn dazu müsste sie Bailees Hausarzt erst mal kennenlernen. Doppelte Bezahlung war eindeutig dem Bereich ‚Wunschdenken‘ zuzuordnen, so dass die Echani nur mit den Augen rollen konnte. Das Doppelte von null war immer noch null. Wenigstens hatte sie zwei Sätze Roben, eine als Ritterin und eine als Heilerin – vermutlich musste das noch genügen? Doppelte Rationen wäre ein weiterer Gedanke, der sowohl attraktiv als auch halbwegs realistisch klang. Zumindest versprach die Tentakelträgerin, sich bei gesundheitlichen Problemen zu melden – dass sie dies frühzeitiger tat als zur Ärztin zu gehen, konnte Brianna nur hoffen.
In sportlicher Hinsicht schien Bailee eher wenig Selbstvertrauen zu haben, was gar nicht zu ihrem sonstigen Wesen passte. Sie konnte sich schon vorstellen, was für eine Figur die Nautolanerin abgeben würde, starr und steif vermutlich, als hätte sie einen Vibromop verschluckt. Brianna würde zusehen, selbst nicht auf demselben Holo zu sehen zu sein. Schließlich war die Echani so biegsam wie sie kräftig war und ein direkter Vergleich wäre vermutlich kaum geeignet, Bailees Motivation zu steigern. Brianna zog es obendrein vor, sich über die sportlichen Fähigkeiten von Leuten lustig zu machen, die sie nicht mochte. Vielleicht sollte man den Senator zu einer Yogarunde einladen? Der muskulösen Silberhaarigen entfuhr ein bösartiges Grinsen, bevor ihr der Gedanke kam, erst einmal zu testen, wie hüftsteif Bailee wirklich war. Nicht, dass der alte Mann am Ende noch besser in Form war als gedacht? Sicher brauchte es irgendeine Form körperlichen Ausgleichs, um zehn oder mehr Stunden sinnlosen Palavers im Senat durchzuhalten. Fensa hatte obendrein dem Politikbusiness zum Trotz bereits ein fortgeschrittenes Alter erreicht, eine gewisse Grundzähigkeit musste also vorhanden sein.
Brianna wusste bei den meisten Werkzeugen, wo vorne und hinten war, obwohl sie keine Verwendung für Dinge wie Hydroschraubenschlüssel oder Vibrohämmer hatte. Im Vergleich kam ihr Bailee wie eine Magierin vor, eine, die zudem bereit war, ihr zu helfen.
„Danke. Wenn du möchtest könntest du einen Blick auf die TARDIS werfen, sobald wir zurück sind. Bei so einem alten Frachter gibt es immer was zu flicken,“
Bat die Jedi ihre Freundin, welche ihrerseits froh war, dass ihr keine sportlichen Höchstleistungen abverlangt werden würden. Irgendwie verstand Bailee immer noch nicht so wirklich, dass man sich besser fühlte, wenn man sich sportlich verausgabte, dementsprechend ihre Frage nach Briannas abendlicher Beschäftigung.
„Den letzten Rest habe ich mir ganz sicher nicht gegeben. Nach ein paar Stunden Sport fühle ich mich wieder weitaus lebendiger, gerade nach diesen langen Krankenstationsschichten. Und womit ich mir nicht den Rest gegeben habe, war hauptsächlich Kampftraining: Schlag-, Tritt oder Schwertkampfübungen. An den Tagen, an denen ich mich nicht mehr richtig konzentrieren konnte, ging es an die Hanteln, am liebsten Kniebeugen, bis ich durch das Machtheilen so ausgezehrt war, dass mir dafür die Kraft gefehlt und es keinen Sinn mehr hatte. Von da an hab ich mich mit Echaniyoga über Wasser gehalten,“
Erklärte Brianna hoch erhobenen Hauptes und verschwieg dabei wohlweislich ihre persönliche Definition von ‚keine Kraft mehr haben‘. Als Bailee etwas später von ‚etwas anderen Familienstrukturen‘ sprach, durfte das allerdings als gelinde Untertreibung gelten. Die Echani hatte ein wenig über Nautolanerinnen gelesen, gerade seit sie eine von ihnen persönlich kannte, aber Bailees Erfahrungsbericht quasi aus erster Hand ging weit mehr unter die Haut als eine nüchterne biologische Abhandlung. So richtig vorstellen konnte Brianna es sich trotzdem nicht. Obwohl sie freilich noch kein Kind hatte, konnte die Silberhaarige sich ganz genau vorstellen, wie es war, wenn ihre Tochter zur Galaxis käme. Und wenn sie Nautolanerin wäre und Eier legen würde, würde sie sicherlich keine Sekunde von ihnen weichen und vielleicht die eine oder andere Raubtierart in einem lokalen Bereich plötzlich vom Aussterben bedroht sein. 98 oder 99 Prozent ihrer Nachkommen einzubüßen würde Brianna keinesfalls verkraften.
Richtig schockierend wurde es für die Echani-Jedi, als Bailee davon sprach, dass die kleinen Nautolanerinnenbabys sogar gegenseitig umbrachten. Und selbst wenn ein paar von einen diese ‚Tümpel des Todes‘ verließen, war es noch keineswegs sicher, dass diese überlebten. Eigentlich wollte Brianna gar nicht mehr zuhören und den Gedanken, ihre Tochter könne auch nur theoretisch kurz nach der Geburt sterben, wies sie ganz weit von sich. Sicherlich gab es keine Gendefekte bei ihrer Spezies. Reinblütige Echanikinder waren doch sowieso genetische Zwillinge ihres gleichgeschlechtlichen Elternteils. Da lief bestimmt nichts schief! Dass zu allem Überfluss der größte Teil von Glee Anselm unzivilisiert und gefährlich zu sein schien, setzte all dem noch die Krone auf. Die Heimat der Nautolanerinnen stand damit im Gegensatz zu den meisten anderen Welten, die Brianna kennengelernt hatte und in ihrem Kopf entwickelte sich ein Bild von Glee Anselm als ein Gamorr mit netter anzusehenden Bewohnerinnen. Bei Nar Shaddaa, Tatooine und Alzoc III konnte man sich drüber streiten, aber sonst gab es sowas kaum irgendwo. Vielleicht Ando, aber da waren eher die Städte unzivilisiert und gefährlich, dafür der Rest sicher.
„Unvorstellbar grausam. Kein Wunder, dass es keine Muttergefühle unter Nautolanerinnen gibt. Sie würden schlicht an gebrochenem Herzen sterben,“
Befand Brianna mit bedröppeltem Blick.
„Kein Wunder zudem, dass ihr so zäh seit und ich bin ehrlich froh, dass du das alles durchgestanden hast. So gesehen muss jede lebende Nautolanerin ja schon einige Kämpfe ausgefochten haben. Aber müsste das familiär nicht stärker zusammenschweißen, im Sinne von, wir haben das alles geschafft?“
Denn für die Menge an Verwandtschaft, die trotz allem noch da war, schien Bailee nur wenig Zeit mit ihnen zu verbringen. Sicherlich würde Brianna ihre Verwandtschaft auf Eshan wieder besuchen wollen – sobald sie die Kraft dafür aufbrachte, sich diesem Teil der Familiengeschichte wieder zu stellen. Verglichen mit den Zuständen auf Glee Anselm wirkte das alles dabei gar nicht mehr so arg schlimm.
„Vielleicht lässt es sich jetzt mit den Jedi ja tatsächlich einrichten, dass du deine Verwandten öfter mal besuchen könntest,“
Schlug Brianna vor. Ein wenig entgegen kam Bailee ihr dann entgegen, was die Frage nach Schäden durch falsches Heben anging.
„Genau genommen war ich üblicherweise schon froh, wenn ich Talerys drei Koffer plus meine Tasche überhaupt irgendwie zu fassen bekommen habe. Diese Dinger sind galaktounhandlich und man braucht kräftige Finger, um sie festzuhalten. Ob die Belastung richtig oder falsch ist, spielte da keine Rolle mehr, das Gewicht an sich war aber eigentlich kaum der Rede wert. Genau wie bei deinen Kisten, ehrlich gesagt, wobei die sich wenigstens stapeln lassen.“
Die Echani fragte sich ein wenig, ob ihre nautolanische Padawan tatsächlich versuchen würde, sie festzubinden, betrunken zu machen oder, was am wahrscheinlichsten war, beides zusammen. Solange über die Versuche ihr Training nicht vergaß, würde ihr Brianna sicher auch die eine oder andere motivationsmäßige Ehrenrunde verzeihen.
„Solange du dabei bleibst, nicht resignierst und es trotzdem anderentags wieder probierst ist das in Ordnung,“
Beschied die Echani ihr infolgedessen, als Tenia und ihr Padawan Akani eintraten. Ersterer sprach, bevor die beiden wirklich angekommen hatten, etwas von einer Gefängnis?-Zelle und Brianna fragte sich, ob die Frage an sie gerichtet war oder an seine Meisterin. Sie würde ein wenig Zeit investieren müssen, um die Körpersprache der Chiss zu erlernen. Ohne diese vernünftig lesen zu können, fühlte sie sich ein wenig unsicher – bei diesen verrücktmachenden roten Augen sah man ja nicht einmal, wen diese Leute ansahen?
„Brot und Wasser gibt's in der Schiffskombüse. Dafür würde mich interessieren, welche Reisestandards du sonst gewöhnt bist, Akani,“
Wurde der Chiss mit vor Verwunderung gehobenen Augenbrauen begrüßt. Für Brianna war dies ja die mit weitem Abstand luxuriöseste Schiffskabine gewesen, die sie je erlebt hatte. War Akani so reich, dass nur mit Luxusyachten flog? Dafür verbeugte der Chiss, wie es sich gehörte, als er schließlich vor ihr stand, so dass sie ihm die Ehrerbietung knapp erwiderte. Irritierend fand die Echani ferner, dass sie am Ziel waren. Tatsächlich erblickte sie durch das Transparistahlfenster den Sternhimmel des Normalraums. Schon? Und außerdem, warum hatte der Schiffskapitän sie nicht informiert. Als gefühlte Missionsleiterin hatte sie ein Anrecht darauf, über ihre bevorstehende Ankunft informiert zu werden. Immerhin hatte Tenia das Prinzip verinnerlicht, denn die Ritterin fragte sie, nicht Fensa, nicht sonstwen, wie sie auf der Mission vorgehen würden.
„Nominell sind wir in diplomatischer Mission unterwegs: Förderung der Beziehungen, Besorgnis wegen der eskalierenden Gewalt, Versuch zu vermitteln usw. Das heißt, dass wir den politischen Zirkus wohl oder übel über uns ergehen lassen müssen und zuallererst unseren Höflichkeitsbesuch durchexerzieren müssen. Zum Glück für uns ist uns unser Gastgeber wohlgewonnen: Holt Organa, der wohl der Vizekönig von Alderaan wäre, falls das Imperium diesen Rang nicht abgeschafft hätte. Die Gespräche finden in Schloss Organa statt, auch weil es das mächtigste Adelshaus auf Alderaan ist, aber sicher nicht zuletzt deshalb, weil die Organas als Sprachrohr der Opposition in der alderaanischen Pseudodemokratie die bedeutendsten Fürsprecher der Unzufriedenen sind. Womöglich pflegen sie auch im Geheimen Verbindungen zu den Rebellen, was uns hoffentlich die Möglichkeit verschafft, Kontakt zu ihnen herzustellen,“
Erklärte Brianna und fühlte sich dabei verdientermaßen wichtig.
„Natürlich wollen wir weder eine friedliche Beilegung noch eine totale Eskalation der Gewaltspirale. Wenn das Imperium schon mit Waffengewalt gegen die Killiks vorgeht, könnten sie irgendwann auf die Idee kommen, ihre Blasterrohre auch auf die Alderaaner zu richten und niemand weiß, was dann passiert. Auf Imperialer Seite steht zudem Venris Thul, der mehr oder weniger demokratisch gewählte ‚Präsident‘ von Alderaan, es liegen mir aber keine Informationen vor, ob Venris persönlich anwesend sein wird oder lediglich ein Vertreter. Möglicherweise nehmen einige weitere Adelshäuser teil, ebenso wie der imperiale Gouverneur. Deren Namen sind mir allerdings entfallen, falls sie Euch wichtig sind, Tenia, sehe ich schnell nach.“
Dabei deutete die silberhaarige Ritterin auf ihre Tasche, die im Vorzimmer der Suite stand und in der sich ihr dPad befand mit den Informationen darauf. Auszupacken hatte sie nicht für nötig befunden für diese Reise.
„Jedenfalls ist es wieder mal eine reine Männergesellschaft, von uns dreien einmal abgesehen. Wenn Ihr gestattet, werde ich mich dann erst einmal wieder hübsch machen für die Herren der Schöpfung.“
Zum Haare Waschen war keine Zeit, trotzdem zog Brianna sich in eine der großzügigen Nasszellen zurück. Dort machte sie sich kurz frisch, zerstäubte ein bisschen etwas von einem von Talery empfohlenen Duft, welcher nach Meinung des Goldnäschens am besten zu ihr passte und schlüpfte in eine saubere Robe. Die hellgraue Tunika kombiniert mit der grauen Hose, die sie lange nicht getragen hatte und die an den Schenkeln immer noch ein wenig weiter war als gewohnt, das erschien ihr als die passendste Kombination, verbunden mit der silbern schimmernden Seite ihres Umhangs. Die lange Silbermähne gründlich durchgekämmt, die Waffen in ein Schließfach gesperrt und fertig war sie. Um ihr übriges Gepäck würde sich die Crew kümmern, also schnappte sie sich Bailee und zog los.
Auf dem Schiffsgang traf sie einen der Offiziere und befahl ihm, den Senator zu verständigen. Sie vermutete – hoffte – dass er ebenfalls keinen Besuch vom Käpt'n bekommen hatte und auf dem Schiff zurücklassen durften sie ihn sicherlich auch nicht. Natürlich verließ sie die Rampe, nachdem sie wenig später aufgesetzt hatten, als erste und stellte fest, dass Steven Crant bereits vor ihnen angekommen war und auf sie wartete. Auf Holos hatte sie ihn bereits gesehen, es war also unzweifelhaft er. In respektvollem Abstand wartete zudem eine Frau auf sie, die eine Art zeremonielle Uniform trug und die wohl ebenfalls gerade eben erst eingetroffen war. Zunächst steuerte die Echani aber den Ritter an, verbeugte sich kurz und begrüßte ihn.
„Steven Crant? Ich bin Jedi-Ritterin Brianna Kae und aufgrund bestimmter meiner Qualitäten für die Sicherheit auf dieser Mission zuständig,“
Behauptete Brianna und bezog sich dabei auf ihre tödlichen waffenlosen Nahkampffähigkeiten.
„…Und das hier ist meine Padawan Bailee Troisi.“
Während die gegenseitigen Begrüßungen noch vor sich gingen, setzte auch die uniformierte Dame in Bewegung und steuerte – die Silberhaarige glaubte ihren Augen nicht zu trauen – geradewegs Senator Fensa an und verbeugte sich tief vor ihm.
„Senator Fensa? Ich repräsentiere das Haus Organa und heiße Sie und Ihre Begleiter herzlichst auf Alderaan willkommen. Es ist meine Aufgabe, sie zu Schloss Organa zu geleiten – die Speeder warten außerhalb des Hangars bereits auf Sie.“
Sie sprach zu Fensa ‚und seinen Begleitern‘. Irgendwas lief mächtig schief auf dieser Mission und das ursprüngliche Gefühl, eigentlich nicht hier sein zu wollen, flackerte erneut auf. Wenn das so weiter ging konnte sie sie alle gern haben. Sie würde abhauen, bergwandern und in den Seen schwimmen gehen.
Alderaan – Pallista-Raumhafen, Hangar der ‚Ilum‘ – Organa-Abgesandte (NPC), Fensa, Fontaine, Steven, Tenia, Akani, Bailee und Brianna