- Corellia - Auf dem Weg nach Coronet City -
Die Straße, der Ami folgte wurde von einem sandigen Kiesweg zu einer asphaltierten und mit Gehwegen begrenzten Straße. Aber dennoch sah sie kaum jemanden, der ihren Weg kreuzte. Schnell verlor sie sich in ihren Gedanken. Sie ging langsam, um die Ruhe und die Einsamkeit zu geniessen, und sie spürte, daß ihr Körper sich noch gegen soviel Anstrengung sträubte und die Wunde an ihrem Rücken zu schmerzen begann.
Es war viel passiert und sie brauchte die warme Ruhe der Mittagssonne, um ihre Gedanken zu ordnen und die jüngsten Erinnerungen zu verarbeiten. Sie war nicht mehr zur Ruhe gekommen, seit sie, ja seit sie Rick getroffen hatte. Die Ereignisse hatten sich überschlagen, und nicht sehr oft seitdem hatten ihre Gedanken einen Weg zu ihm gefunden. Ab und an hatte sie sich dabei erwischt, wie sie das Com aus ihrer Tasche zog, und wenn sie wieder feststellte, daß keine Nachricht für sie aufgezeichnet war, es auf seine Funktionen getestet hatte.
Rick befand sich im Krieg, und sollte er noch leben, so würde er sie sicher vergessen haben. Das Bild seiner Augen erschien vor ihr. Die Augen, die weit in ihre Seele geschaut hatten und sie so verletzlich gemacht hatten...
Ami schreckte aus ihren Gedanken, als sie plötzlich mit jemandem zusammenstieß
"Hey Kleines, pass auf, wo du hintrittst" maulte ein älterer Fußgänger sie an. Ami raunte nur ein leises 'Entschuldigung', das der alte Mann wohl kaum mehr mitbekommen haben konnte, denn sie beschleunigte ihren Schritt und lief davon, ohne sich nochmal zu ihm umzusehen.
Sie seufzte, wurde wieder langsamer und steckte das Com zurück in ihre Hosentasche. Sie würde Rick aus ihren Gedanken und aus ihrem Herzen streichen müssen. Wie konnte sie auch erwarten, daß er anders war, als alle anderen, denen sie in ihrem Leben begegnet war? Sie musste blind gewesen sein, und töricht, in so etwas hineinzurennen. Sie war sonst nicht so gutgläubig. Resigniert biss sie sich auf die Unterlippe und schwor sich insgeheim, nie wieder einen Mann so nah an sich heran zu lassen.
Aber es gab jemanden, der in ihrem Herzen war, ohne daß sie es zugelassen hätte, oder gewollt hätte. Jemand, mit dem sie sich auf eine merkwürdige Art verbunden fühlte, in dessen Nähe sie sich sicher fühlte. War er im Raum, konnte sie die Augen schliessen, ohne die ständige Angst. Die Augen schliessen und schlafen, so tief, wie sie nie geschlafen hatte. Sie dachte an ihre erste Begegnung mit Phol und musste dabei etwas schmunzeln. Auch wenn Casta zu ihren engsten Vertrauten gehörte, und sie für sie sterben würde, so war sie damals skeptisch gegenüber den Jedi gewesen, und vor allen Dingen skeptisch gegenüber ihm. Sie hatte ihn mit Missachtung und Argwohn gestraft, hatte ihm nicht weiter vertraut, als sie sehen konnte. Ihre Sturheit und ihr ungebrochener Stolz hatten sie lange davon abgehalten, ihre Meinung zu ändern, und allein der Gedanke daran, ihm das zu sagen, hatte ihre Zunge verbrannt. Doch wie so oft wurde ihr Stolz eines Besseren belehrt. Sie waren sich so ähnlich, trugen das gleiche Leid in sich, teilten das gleiche Schicksal. Sie dachte an die feinen Züge seines Gesichtes, an die klaren Augen, die wie ein Spiegel ihrer eigenen Seele auf sie geschaut hatten, und doch soviel Schmerz und Enttäuschung in sich trugen, die sie immer versuchten zu verbergen. Auch er hatte durch sie gesehen wie durch ein hauchdünnes Glas. Alles, was sie seit je her in einer dichten Mauer eingezäunt hatte, niemals aus sich heraus gelassen hatte, legte er frei, als könne er ihre Gedanken lesen.
Die sanften und schützenden Berührungen, die sie gehalten hatten, die Schwäche, die seine Tränen an ihrer Schulter verrieten, diese Dinge waren ihr so vertraut, so nah, und doch so besonders...In diesem Moment haderte Ami mit sich und ihren Gedanken. Was empfand sie für diesen Mann? Als er ging, hatte sie keine Gelegenheit, ihm zu sagen, was er für sie bedeutete, und sie hätte die Worte wohl niemals über ihre Lippen bekommen. Sie hatte ihn für selbstverständlich erachtet, und dann ging er, ohne ein weiteres Wort. Sie wusste nicht wo er war, was er tat, ob er noch lebte, und ob er irgendwann, wenn es dunkel war und er allein war, auch an sie dachte.
Nachdenklich schüttelte Ami den Kopf, als sie mit gesenktem Blick der Straße folgte. Er liebte Marana, und nicht sie. Und sie? Sie war nicht fähig, einen Menschen so zu lieben, wie er, gerade er, es verdient hätte. Sie würde ihn und sich brechen, nur bei dem Versuch, ihn zu halten. Ihre Seele, ihr Herz, waren zu versteinert um zu lieben. Für sie gab es keine Liebe, denn sie konnte keine schenken.
Ami blickte auf und sah, wie sich die hohen Gebäude der Stadt vor ihr gegen den Horizont erstreckten. Sie blieb stehen und sah sich um. Sie befand sich südlich der Hauptstadt, und die Südviertel mit ihren flachen Häusern lagen wie ein Ring vor der dichten Stadt.
Sie hielt sich östlich auf die äusseren Viertel der Stadt zu, denn sie wusste, daß dort das Anwesen der de Lievens lag.
Die Sonne färbte sich in ein dunkles Rot und stand schon tief über den Dächern, als sie auf die Hügel vor der Stadt zulief...
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