Crado
machtsensitiver Cathar mit Hang zur hellen Seite
[ Coruscant | untere Ebenen | „Honey House“ | Lagerraum | mit Noomi, Steven und Trayla ]
Faszination. Ungewissheit. Neugier. Nervosität. Trayla, die neue Anwärterin in den Reihen der Jedi, sendete eine ganze Welle an unterschiedlichen Gefühlen in der Macht aus. Das kleine Mädchen war wirklich ein echter Neuling auf diesem Gebiet, aber niemand in dem winzigen Lagerraum schien sich daran zu stören. Die Ablösung der alten Riege durch eine neue Generation gehörte zum Prozess des Lebens dazu. Allmählich ließ sich der zottelige Cathar auf die junge Anwärterin ein. Jedoch war Trayla mit Noomi kaum vergleichbar. 'Unterschiedliche Wesen, unterschiedliche Charaktere', dachte sich Crado und musterte seinen vorläufigen Schützling. Noch immer wirkte sie zögerlich. Scheinbar bereitete sie sich zaghaft auf die ersten Fragen vor.
„Nun Meister... ich... ich habe bisher nicht viel mit der Macht zu tun gehabt...“, begann Trayla mit einer schüchternen Stimme zu erklären. „Ich... nun habe keine Übung... nur manchmal habe ich Visionen... die kann ich aber nicht kontrollieren oder richtig deuten, nur manchmal gelingt mir das... ich frage mich nun, was genau ist die Macht... also... Was wirklich richtig genau ist sie? Was macht sie? Warum ist sie da?“
Einen Moment musste das Katzenwesen mit dem struppigen Fell über diese Fragen nachdenken. Sie waren förmlich aus dem hübschen Mund Traylas heraus gesprudelt. Damit hatte sie ihn überrumpelt und leicht ins Schwanken gebracht. Selten hatte er in diesen chaotischen Tagen einen der seltenen ruhigen Augenblick gefunden, um über das Wesen der Macht zu meditieren. Sehr gelassen musterte der Cathar das Mädchen. Was sollte er ihr antworten? Er schnurrte automatisch.
„Erst einmal brauchst du mich nicht „Meister“ nennen...“, sagte der Jedi-Ritter nachdenklich. „Ich habe diesen Rang noch nicht verdient. Darum nenn' mich einfach Crado. Förmlichkeiten sind an diesem unsicheren Ort fehl am Platz. … Und nun zum Wesen der Macht. Man kann sagen, dass die Macht ein energetisches Feld ist, das ALLES miteinander verbindet. Wir Lebewesen, vom kleinen Tier, über die zierliche Pflanze, zum einzelnen Bewohner eines Planeten irgendwo in der Galaxie – vielleicht sogar die riesigen Himmelskörper – sind ein Bestandteil der Macht. Wir alle scheinen von dieser Energie zu leben, sie zu brauchen. Und genauso braucht sie uns. Ein vollkommen natürlicher Fluss kann man an der Stelle mit Berechtigung behaupten. Leider kann ich dir nicht viel mehr über die Macht erzählen. Der Krieg hält mich von einem möglichen Studium ab...“
Unwillkürlich musste der Cathar seufzen. Irgendwie war er in diese ganze Sache hinein geschlittert – erst Ord Biniir, dann Dorin und nun Coruscant. Nar Shaddaa war ein raues Pflaster gewesen, aber dort hatte er nie die Probleme gehabt, welche nun auf ihn lauerten. Trotzdem glaubte er daran, dass er die richtige Wahl getroffen hatte. Wieder ruhte sein Blick auf dem Mädchen. Ihm war bewusst, dass er ihre Frage nur mäßig beantwortet hatte. Würde sie weitere Fragen in diese eine Richtung an ihn stellen? Hatte er auf seinem mitgenommenen Datapad eine Antwort? Er ließ das Gerät in Ruhe.
„Meister, ich möchte lernen...“, entschied sich das Mädchen.
„Gut, dann setzte dich hier auf den Boden“, wieso Crado sie an. „Dann schließe deine Augen, denn ich möchte dir etwas zeigen. Etwas, das in dir steckt – die ganze Zeit schon.“
Auch das Katzenwesen nahm auf dem schlichten Boden im komplizierten Lotussitz Platz. Er hatte sich inzwischen an diese spezielle Art des Sitzens gewöhnt. Kurz glitt sein prüfender Blick zu den beiden anderen Padawanen. Sie waren noch immer mit ihrem Wettstreit beschäftigt, wobei die zwei Kisten weiterhin schwebend in der Luft hingen. Ein Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht ab, da sich die Schüler gut schlugen. Trotzdem hatte der Jedi-Ritter den Eindruck, dass Steven in diesem Fall im Vorteil war – jedenfalls ein bisschen, denn Crados Schülerin schlug sich dennoch sehr gut. Der zottelige Cathar wandte sich wieder seinem anderen „Schützling“ zu.
„Atme ruhig und gleichmäßig“, sagte das Katzenwesen weiterhin gelassen. „Nun werden wir in die Macht eintauchen. Ganz langsam – also habe keine Angst.“
Behutsam tastete der Jedi-Ritter mit seinen Machtfühlern das Mädchen ab. Zaghafte suchte er nach einem Zugang zu ihrem Bewusstsein. Er sondierte sie gründlich, achtete jedoch dabei natürlich auf ihre Reaktionen. In dieser Sache wollte er Trayla nicht verletzen. Mit ruhiger Stimme wies er sie an, dass sie sich langsam in ein gedankliches Nichts fallen lassen sollte. Alle ihre weltlichen Probleme, die sie im Moment hatte. Sämtliche Ängste und Gedanken sollte sie ausschließen, verbannen, nicht beachten. Nur ihr helles Bewusstsein sollte nun relevant für sie sein. In diesem Augenblick klang er wahrscheinlich wie ein Erzähler in einem Holofilm, der immer von außerhalb der Handlung sprach, doch damit musste sie erst einmal leben.
„Lasse dich weiter fallen... bis du einen vermeidlichen Grund erreichst“, sprach er weiter. „Du wirst nun eine helle Lichtkugel sehen – deine persönliche Machtquelle. Hier beziehst du deine Kraft her, wenn du solche Kunststücke vollführen möchtest, wie es gerade die beiden anderen machen. Fasse sie ruhig einmal mit deinen imaginären Händen an. Spüre die Kraft, die in dir steckt.“
Plötzlich öffnete sich die Tür und Crado spürte eine bekannte, helle Aura. Chesara gesellte sich nun doch zu ihnen. Ihre Präsenz war warm, einfühlsam, weise. Selbstverständlich konnte der Jedi-Ritter etwas Unterstützung gebrauchen, denn mit Chesaras Erfahrungen konnte man die Schüler besser zu einem ausgedehnten Training motivieren – so dachte der Cathar jedenfalls. Außerdem wollte er bei ihr noch den einen oder anderen Lehrtrick abschauen. Nach der freundlichen Begrüßung öffnete der Cathar kurz die Augen.
„Ich möchte nicht stören, habt ihr bereits mit einer bestimmten Übung angefangen?“, erkundigte sich die Rätin und der Cathar wusste, dass er damit besonders gemeint war.
„Noomi und ich hatten gerade einen Wettkampf“, antwortete Steven flink. „Wer-lässt-seine-Kiste-länger-schweben.“
„Richtig“, warf Crado ein. „Mike und Utopio hatten mich auch hin und wieder in einen Wettstreit mit einem anderen Padawan antreten lassen, anstatt allein irgendwelche Lektionen zu meistern. Ich dachte mir, dass auf diese Weise der Ehrgeiz als zusätzlicher Antrieb funktionieren kann. Außerdem spornen sich die Schüler so gegenseitig an. In der Zwischenzeit habe ich versucht Trayla ein Gefühl für ihre neuen Kräfte zu geben. Mit kleinen Schritten wollte ich hier anfangen...“
[ Coruscant | untere Ebenen | „Honey House“ | Lagerraum | mit Noomi, Steven, Trayla und Ches ]