Coruscant

[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro- Cris, Noa, Pablo, Baes

Cris hätte sich am liebsten diskret aus dem Raum gestohlen, als es trotz – oder gerade wegen – seiner Worte aus der Widerstandskämpferin heraus brach, die, obwohl der ehemalige Sturmtruppler primär zu den anderen beiden gesprochen hatte, verständlicherweise wenig erbaut darüber war, in Gegenwart zum bloßen Objekt der Diskussion degradiert zu werden. Dummerweise hatte sie dabei Cris als den Hauptverantwortlichen ausgemacht, weswegen es ihm in diesem Moment nicht zustand, auch nur einen Schritt zurückzuweichen und sich so ihrer Tirade zumindest symbolisch en wenig zu entziehen.

Vollkommen abzuprallen schienen ihre aus Cris’ Sicht sehr überzeugenden Worte - nichts läge ihm ferner, als sie – oder sonst jemanden aus den Reihen der Defender – wegen der Unzulänglichkeiten des Geheimdienstes zu irgendetwas zu zwingen – an ihrem reptilischen Widerstandsgenossen, der daraufhin zu einer Geschichte, oder besser zur Erinnerung an eine Geschichte, ansetzte, aus der Cris nicht unbedingt schlau werden wollte, in deren Anschluss Noa allerdings bereits erheblich weniger widerspenstig wirkte. Auch Pablo hatte seine Opposition gegen den Vorschlag Baes Hawots augenscheinlich mittlerweile aufgegeben, wobei Cris allerdings nicht sagen konnte, ob dies an der Überzeugungskraft des Nichtmenschen liegen mochte oder einfach an der simplen Tatsache, dass Noa sich zunächst vehement gegen den Plan ausgesprochen hatte.

Und dann war auch wieder Cris in der Schusslinie, als Noa ihn nun begann, zu den exakten Modalitäten ihres Ausflugs auszuquetschen und dabei Fragen stellte, die er zum Teil überhaupt nicht und zum Teil nur mit einer großen Ungewissheit beantworten konnte. Nun, wenn er wollte, dass sie ihn begleitete – und das wollte er, aus mehreren Gründen – dann war er ihr mindestens eine Reihe an Antworten schuldig. Ob sie mit denen allerdings zufrieden sein würde, war eine andere Frage…

„Nun… was die Abreise angeht… so schnell wie möglich.“

Eine kurze Pause entstand, bevor er es wagte, nachzuschieben:


„Am besten sofort. Meine Befehle lauten, mich ein letztes Mal bei meinem Vorgesetzten zu melden, letzte Anweisungen einzuholen und dann aufzubrechen.“


Etwas unangenehm berührt verlagerte er sein Gewicht von einem Bein auf das andere, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, um zu verhindern, dass diese während seiner Ausführungen nervöse oder sonst wie verräterische Bewegungen vollführten.

„Nach meinen Informationen wird nur Selby mich… oder uns… begleiten – er fliegt das Schiff. Allerdings kann ich kaum mit Sicherheit sagen, dass es dabei bleiben wird. Der Geheimdienst hat nicht häufig die Gelegenheit, Schiffe von Coruscant starten zu lassen… vielleicht wurden andere Agenten ebenfalls abberufen, was es wahrscheinlich werden lässt, dass sie uns begleiten werden.“


Er beeilte sich, in sichereres Terrain vorzupreschen – die Frage des Transportmittels. Mit etwas Glück gelang es ihm sogar, durch eine Beschreibung der Empress of Blades doch Noas Interesse an der kleinen Reise zu wecken. Schließlich war diese selbst ohne die Modifikationen, die die Techniker des Geheimdienstes an ihr vorgenommen hatte, ein beeindruckendes Schiff.

„Wir fliegen an Bord der Empress of Blades… Yacht der Horizon-Klasse, SoroSuub.“

Aufmerksam studierte er Noas attraktive Gesichtszüge nach Anzeichen von Erkenntnis. Falls sie sich für Raumschiffe interessierte, dürfte diese Typenbezeichnung ihr bereits ein Begriff sein.


„Dank des Hyperraumantriebs der Klasse 0,5 dürfte unsere Reise nach Mon Calamari verhältnismäßig schnell über die Bühne laufen. Äußerlich ist das Schiff als Vergnügungsyacht eines neureichen Unternehmers getarnt, doch der Geheimdienst hat dafür gesorgt, dass die Inneneinrichtung etwas… zweckmäßiger ausfällt. Zumindest größtenteils.“


Kein Grund, hier ausdrücklich auf die immer noch recht luxuriösen Kabinen hinzuweisen.


„Und bei Problemen… das Schiff ist angemessen bewaffnet, außerdem findet sich ein R-41 Starchaser an Bord.“


Ein schwaches Lächeln flackerte auf den Zügen des Agenten auf. Das war immerhin ein Versuch gewesen, auf Noas Fragen zu antworten… doch die Argumente und Einwände, die sie ihrerseits ins Feld führte, hatten Gewicht. Großes Gewicht sogar.


„Ich glaube allerdings nicht, dass mein Vorgesetzter sich allzu sehr dagegen sträuben würde, sollte der Abflug sich ein wenig verzögern.“

[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro- Cris, Noa, Pablo, Baes
 
- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender – Pablos Büro – Mit Pablo, Cris, Baes Hawot –

Nach der Erwähnung des Schifftyps, mit dem sie reisen würden – eine Yacht der Horizon-Klasse, gebaut durch SoroSuub – schalteten Noas Ohren auf Durchzug. Sie hörten den Rest, den Cris Sheldon ihr erzählte, nicht mehr, auch wenn ihr am Rande bewusst war, dass sich sein Mund noch immer bewegte. Es drang einfach keines seiner weiteren Worte zu ihr durch. Eine Yacht der Horizon Klasse. Das konnte kein Zufall sein. Entweder war dies ein abgekartetes Spiel, irgendjemand wollte sich einen schlechten Scherz mit ihr erlauben, oder eine höhere Macht (vielleicht die Macht) wollte ihr etwas mitteilen. Wenn dem so war, dann konnte es sich um nichts anderes handeln als um eine Warnung. Die Hände Der Journalistin begannen sich zu verkrampfen. Mit Cris irgendwo hin zu fliegen war schön und gut. Sie mochte ihn, er war heiß und er kaufte ihr lustige kleine Droiden aus Marzipan. Kein Problem. Das hier würde aber keine Vergnügungsfahrt werden. Er wusste nicht, wer sie begleiten würde, abgesehen von diesem schmierigen Selby, hatte keine Ahnung, wozu man ihn beordern würde, wenn sie erst einmal auf Coruscant angekommen waren und zu allem Überfluss wollte er, dass sie mit einem Schiff flogen, das exakt das gleiche Modell war wie die „Prince“ – jenem Schiff, dessen Besitzer Jace Chorios war und mit dem sie nach Abregado-rae geflogen waren. Dies war eine Reise, die Noa niemals vergessen würde und zwar nicht aufgrund guter Erinnerungen!

“Horizon Star Yacht!“

Wiederholte sie den Schiffstyp laut, und ihrer Stimme war deutlich zu entnehmen, dass dies kein fröhlicher Ausdruck der Entzückung war. Ihr Blick richtete sich aufgebracht auf Pablo. Sheldon und Baes Hawot hatten ja keinen Schimmer, was es damit auf sich hatte. Pablo hingegen schon.

“Weißt du, was das…“

“Ja, ich weiß.“

Pablo antwortete, noch bevor Noa ihre Frage zu Ende gestellt hatte. Er erinnerte sich natürlich an die Informationen, die Noa ihm zugespielt hatte, während sie mit mehreren Sith und mehreren Jedi zusammen nach Abregado unterwegs gewesen war. So etwas würde sich nicht wiederholen, auf gar keinen Fall.

“Ich werde keinen Fuß in dieses Schiff setzen.“

Presste sie hervor und schüttelte vehement den Kopf. Keine zehn Banthas konnten sie dazu bringen. Die Voraussetzungen waren einfach zu ähnlich wie vor einiger Zeit, als sie zugestimmt hatte, Waffen und Ausrüstung für den Widerstand zu besorgen. Wenn das kein schlechtes Omen war, dann wusste sie nicht, was sonst. Cris konnte seine blöde Reise alleine antreten. Warum wurde er überhaupt versetzt? Das war doch Humbug! Er wurde auf Coruscant gebraucht, nicht auf Mon Calamari, wo alles Friede, Freude, Eierkuchen war!

“Noa. Lass uns das vernünftig durch gehen.“

Sagte Pablo beschwichtigend und einen Moment lang funkelte die Widerstandskämpferin ihren Bruder wortlos an. War er nicht vorhin noch dagegen gewesen, dass sie Cris begleitete?

“Es ist im Grunde nur irgendein Schiff. Weißt du, wie viele Yachten SoroSuub allein in den letzten drei Jahren gebaut hat?“

Noa Chanelle Cortina verengte die Augen. War das eine Fangfrage?

“Viele, vermutlich.“

Antwortete sie patzig und wenn sie nicht alles täuschte, zuckten Pablos Mundwinkel amüsiert, bevor er sich sofort wieder fing.

“Richtig. Außerdem sind die Umstände diesmal nicht ansatzweise vergleichbar wie seinerzeit…“

“Soll das ein Witz sein?“

Fuhr Noa hoch.

“Es ist fast genau das Gleiche! Cris weiß nicht einmal, wer alles mit kommt! Er kann mir nicht mal Namen nennen!“

Rief sie, ohne zu registrieren, dass sie nun plötzlich über Cris Sheldon sprach, als wäre er nicht anwesend. Es war genau das, was sie

“Ich habe keine Lust, wieder Opfer zu spielen! Einmal hat mir gereicht, danke!“

Stellte sie klar und fixierte Pablo. Beide Geschwister starrten einander an – Noa sauer und aufgelöst, Pablo ruhig und stoisch. Es war zum Verrücktwerden. Sie musste nur an Exodus Wingston denken um zu wissen, dass sie nie wieder in einer so verzwickten Situation sein wollte wie damals auf der „Prince“. Einmal hatte ihr für das ganze Leben gereicht und auch wenn sie sich momentan keinen wirklichen Grund vorstellen konnte, warum auf einer vom republikanischen Geheimdienst organisierten Reise etwas schief laufen sollte – oder was – blieb das ungute Gefühl. Cris Sheldon hin oder her. Es gab auch noch andere Männer. Noa blieb stur. Ihr erster Impuls war gewesen, dass sie auf Coruscant gehörte und dieser Impuls war genau richtig gewesen. Sie gehörte in den Widerstand vor Ort, weil sie hier helfen konnte, weil hier ihre Familie war und alle Zeichen darauf hin deuteten, dass es besser für sie war, hier zu bleiben. Was gab es da noch zu diskutieren?

“Okay, das war’s. Ich bin raus.“

Noa hob die Hände und machte einen Schritt rückwärts.

“Findet jemand anderen.“

Sie vermied es, Cris Sheldon anzusehen. Es lag nicht an ihm, aber sie weigerte sich, wieder einen Flug ins Ungewisse anzutreten und am Ende feststellen zu müssen, dass sie mal wieder nur von Wahnsinnigen umgeben war. Schwungvoll drehte sie sich um und betätigte den Türöffner.

“Pablo, ich melde mich später.“

Sagte sie, als die Tür zu beiden Seiten auseinander glitt und verschwand hinaus auf den Flur.

- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender – Gang –
 
(Defender / Pablo)

- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender – Pablos Büro – Mit Cris und Baes Hawot –

Die Tür schloss sich hinter Noa und Pablo rieb sich mit der rechten, einzig ihm verbliebenen Hand, über die Stirn. Seine Schwester war kompliziert, wie immer. Manchmal suchte sie bloß nach Gelegenheiten, um an die Decke zu gehen und einen dramatischen Abgang hinzulegen. Dabei konnte es um die kleinsten, bedeutungslosesten Kleinigkeiten gehen oder um die ganz großen Streitigkeiten. Baes Hawot stand ungerührt dort, wo er die ganze Zeit gestanden hatte. Er hatte nur einmal etwas zu Noa gesagt und sich für den Rest des rechte kurzen Gesprächs heraus gehalten. Jetzt begegnete er Pablos Blick.

“Ich kümmere mich darum.“

Sagte er und Pablo nickte lediglich. Baes konnte gut mit Noa umgehen. Zwischen den beiden hatte von Anfang an ein seltsames Verständnis geherrscht. Er verschwand durch die Tür und ging ihr nach. Zurück blieben lediglich Pablo und Cris Sheldon, der nach Noas Abgang zu einer perplexen Salzsäule erstarrt war. Pablo konnte es ihm nicht verdenken. Der Agent kannte seine Schwester schließlich erst seit ein paar Tagen und hatte keine Ahnung, wie sie tickte. Nun…

“Captain Sheldon, wie viel Zeit können Sie bei Ihrem Vorgesetzten heraus schinden?“

Fragte er ohne Umschweife und – vorerst – ohne Noas Reaktion zu kommentieren. Er war solche Ausbrüche von ihr gewohnt und wusste auch, dass sie schnell wieder runter kommen würde.

“Noa wird mit Ihnen mit kommen, doch sie braucht ein paar Stunden um hier noch einige Dinge zu erledigen. Sprechen Sie mit ihrer Zelle und teilen Sie uns mit, wann sie wo sein sollen. Ich sorge dafür, dass sie dort sein wird. Und wenn Sie bis dahin heraus finden könnten, wer Sie auf dem Flug begleitet… das wäre sehr hilfreich für meine Schwester.“

Sagte er. Auch wenn es nicht den Anschein gemacht haben mochte, Pablo war sicher, dass Noa Sheldon am Ende begleiten würde. Er kannte seine kleine Schwester einfach zu gut. Außerdem würde Baes mit ihr reden und der wusste genau, was er sagen musste, um sie zu überzeugen. Bis zu einem gewissen Grad konnte Pablo ihren Argwohn sogar verstehen. Sie hatte keine leichte Zeit gehabt, als sie mit diesem Chorios und dessen Schergen nach Abregado geflogen war. Nach außen hin taff war es für Noa sehr schwierig, wenn sie glaubte keine Verbündeten oder Vertrauten zu haben. So war es damals gewesen. Der Knackpunkt war aber die Schuld, die sie gegenüber ihm, Pablo, verspürte. Sie war fort gewesen, als er damals mit Grant und Baes zusammen der Sith begegnet war, die ihn um seinen Arm gebracht hatte. Ein kurzer, flüchtiger Seitenblick glitt hinüber zu dem Stumpf, den er so offensichtlich zur Schau trug. Wenn er die Augen schloss, konnte er auch heute noch die gleißend rote Farbe des Lichtschwertes sehen, das ihm dies angetan hatte. Noa machte sich Vorwürfe, dass sie nicht für ihn da gewesen war und hatte Angst, etwas ähnliches könnte wieder geschehen. Er wollte ihr diese Angst gerne nehmen, doch… sie befanden sich Krieg. Langsam sah Pablo auf und blickte Cris Sheldon in die Augen.

“Ich gebe Ihnen meine Kom-Nummer.“

Sagte er.

“Damit Sie mich direkt erreichen können. Wir regeln das hier mit Noa. Baes hat Recht, sie ist die Richtige für diese Aufgabe. Sie muss nur manchmal… zurück gehalten werden. Überhaupt, was meine Schwester angeht… möchte ich Ihnen einen Ratschlag geben.“

Die Stirn leicht in Falten gelegt, schürzte Pablo Cortina die Lippen. Mit Noa und den Männern war es immer so eine Sache. Sie verliebte sich schnell, meist in den Falschen, oder kam schnell zu einem abfälligen Urteil. Was sie über Cris Sheldon dachte, hatte Pablo noch nicht ganz raus und er glaubte, sie wusste es selbst noch nicht genau. Er selbst kannte den Captain weitaus schlechter als sie. Dieser Mann hatte nur eine einzige Fürsprecherin gehabt, die ihn in den Augen der Defender und der Cortinas vertrauenswürdig machte.

“Noa kann manchmal… unkontrollierbar sein. Sie braucht jemanden, der sie hin und wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holt. Geben Sie ihr Contra, Sheldon, oder sie wird Sie in der Luft zerreißen.“

Pablos Blick war ernst und obwohl es die passende Gelegenheit war, Sheldon darum zu bitten, auf Noa aufzupassen, tat er das nicht. Er wusste zu gut, dass Noa dies selbst tun konnte – es sei denn vielleicht, der, vor dem sie sich schützen musste, war Sheldon selbst. Pablos Gesicht verdunkelte sich automatisch bei diesem Gedanken.

“Wer auch immer Sie sind, Captain Sheldon, ich hoffen Sie wissen, was Sie tun. Ich vertraue Ihnen beruflich, weil eine Jedi-Rätin für Sie gebürgt hat – eine Jedi, die mir das Leben gerettet hat – doch wenn Sie meiner Schwester weh tun sollten, werde ich dafür sorgen, dass Sie es bereuen.“

- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender – Pablos Büro – Mit Cris –
 
[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro- Cris, Noa, Pablo, Baes

Irgendetwas musste Cris falsch gemacht haben, denn Noa reagierte auf seine Worte, als hätte er angekündigt, sie würden an Bord des Flaggschiffs des Oberbefehlshabers der Imperialen Flotte nicht nach Mon Calamari, sondern nach Bastion fliegen, wo er beabsichtigte, Noa und ihre gesamte Familie als Diener des widerlichsten auffindbaren Lords der Sith zu versklaven.

Der Blick des ehemaligen Sturmtrupplers huschte hektisch zwischen Noa, Pablo, der immerhin eine Ahnung davon zu haben schien, was hier vor sich ging, und dem sichtlich unbeeindruckten Baes Hawot hin und her. Der reptilische Nichtmensch würde vermutlich auch im Angesicht eines imperialen Exekutionskommandos keine für Cris erkennbare Miene verziehen. Jedenfalls schien irgendetwas mit der Tatsache, dass es sich bei der Empress of Blades um eine Yacht der Horizon-Klasse handelte, nicht in Ordnung zu sein. Nur was? Böse Erinnerungen? Aber rechtfertigte das einen solchen Aufstand…? Und dabei meinte Cris, sich mittlerweile daran gewöhnt zu haben, dass Noa relativ schnell aufbrauste – meistens mit Fug und Recht. In diesem speziellen Fall allerdings konnte er ihrer Aufregung kaum folgen.

Es schien indes nicht nur das Schiff sein – offenbar hatte Noa eine Situation hinter sich, in der die Details der Reise sich ihr ähnlich spät erschlossen hatten wie es jetzt der Fall zu sein drohte, umgeben von zu vielen unbekannten Variablen, die sich anscheinend zum Teil als ungünstig herausgestellt hatten. Wahrscheinlich war es diese Assoziation mit einem negativen Erlebnis, gepaart mit ihrer ohnehin anfänglichen Ablehnung eines Verlassens Coruscants, die ihren erneuten Widerstand hervorriefen, jedenfalls machten auch Pablos Worte, der plötzlich ein Verbündeter Cris’ in dieser Debatte zu sein schien, keinen Unterschied mehr. Noa Chanelle Cortina stürmte aus dem Büro ihres Bruders und hinterließ nur drei mehr oder weniger ratlose Männer und einen dezenten Hauch dieses angenehmen Dufts, der Cris bereits am Morgen aufgefallen war. Oder bildete er sich diesen letzten teil nur ein? Im Grunde unwichtig – so, wie die Dinge sich entwickelten, würde er Noa in naher Zukunft nicht wieder zu sehen bekommen, geschweige denn zu riechen oder…

Die erstaunlich gefasste Reaktion Baes Hawots unterbrach diesen Gedankengang, als der Nichtmensch ruhig ankündigte, sich um Noa „zu kümmern“ und dann den Raum verließ, womit dort nur noch Pablo und der jetzt noch ratlosere Cris zurückblieben. Noas Bruder fuhr mit ihrem Gespräch fort, fast als hätte die Widerstandskämpferin nicht fast wutschnaubend das Büro verlassen, sondern begeistert zur Reise zugestimmt – es dauerte einen Moment, ehe Cris sich ausreichend besinnen konnte, um eine Antwort zu formulieren:


„Ich… hm… ein paar Stunden sind sicher möglich. Ich werde mit meinem Vorgesetzten über die Details sprechen…“


Vollkommen automatisch nahm er die Comnummer des Anderen entgegen und speicherte sie in seinem eigenen Gerät, bereits im Begriff, ebenfalls das Büro zu verlassen, doch wie es aussah war Pablo noch nicht fertig. Erst verengten Cris’ Augen sich zu misstrauischen Schlitzen, als der Widerstandskämpfer ihm einen Ratschlag bezüglich seiner Schwester angedeihen ließ, dann weiteten sie sich, als er zudem andeutete, dass ihm sehr wohl bewusst war, was im Begriff war (eventuell) sich zwischen Cris und Noa zu entwickeln. Der Agent brauchte einen kostbaren Moment, der ihn natürlich eine schlagfertige Antwort kostete, um wieder die Fassung zu bewahren.

„Mr. Cortina, ich versichere Ihnen, ich hege keinerlei… unehrenhafte Absichten Noa gegenüber. Nichts läge mir ferner, als sie zu verletzen.“


Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass Pablo ihm selbst ohne dass seine eigene Familie im Spiel war ein erstaunlich hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht hatte, vor allem, wenn man berücksichtigte, dass sich nur eine Person für ihn verwandt hatte. Nun, diese eine Person war allerdings eine Rätin des Jedi-Ordens gewesen…

„Und ich würde alles tun, um andere ebenfalls daran zu hindern.“

Cris lächelte schwach.

„Falls sie es nicht selbst schon tut.“

Oh nein, das letzte, was Noa auf der Reise nach Mon Calamari brauchte, war ein übereifriger Beschützer… selbst den ansonsten sehr hartnäckigen Selby hatte sie ohne größere Probleme in die Tasche gesteckt.

Indes war trotz allem eine peinliche Stille zwischen Cris und Pablo eingetreten, was dazu führte, dass erster sich fieberhaft versuchte eine Art zu überlegen, das Büro des Widerstandskämpfers möglichst schnell und diskret zu verlassen, doch bevor diese Gedanken zu einem Ergebnis führten, öffnete sich nach einem Klopfen und einer positiven Antwort Pablos abermals die Tür und drei weitere Gestalten traten ein, die in ihrem Auftreten indes selbst den einschüchternden Baes Hawot in den Schatten stellten.

Dass es sich bei der ersten Person (Ral) um einen Rodianer handelte, erkannte Cris sofort – zu weit verbreitet war diese Spezies auch in zwielichtigen Gegenden, als dass er ihnen auf Coruscant lange hätte aus dem Weg gehen können. Zudem meinte er, in der zweiten Person (Crado) einen Cathar zu erkennen und die dritte Person (Qwi) erschloss sich ihm nur, weil er sich gedanklich bereits auf den Flug nach Mon Calamari vorbereitet hatte. Die – weibliche? – Humanoide gehörte der selben Spezies an wie die Sonderbeauftragte für Geheimdienste im Kanzleramt, sozusagen der direkte Draht zwischen Geheimdienst und dem Regierungsapparat der Neuen Republik. Aus Pablos Miene war schwer zu erkennen, ob er diesen bunt gemischten Besuch erwartet hatte. Cris konnte nicht verhindern, dass seine rechte Hand sich langsam Richtung Schenkelholster und somit Richtung Waffe orientierte. Die Omwati – so hieß die Spezies! – wirkte auf ihn wie ein Speederjokey. Trug sie die Farben irgendeiner lokalen Gang, die ab und an die Defender gegen die imperiale Obrigkeit unterstützte?

Als zunächst der Rodianer und dann die Omwati das Wort ergriffen, begann sich zumindest ein Teil des Mysteriums zu lüften. Doch obwohl der Cathar überraschenderweise als Jedi identifiziert wurde gelang es Cris nicht, sich zu entspannen. Als die Omwati anhand einer mitgeführten Disc kurzerhand eine Holobotschaft abspielte erhärtete sich der Eindruck des Agenten, dass hier irgendetwas nicht stimmte…

Ungeachtet der Tatsache, dass die Spezies des Toydarianers, der nun in den Raum projiziert wurde, physisch mitnichten zu beeindrucken wusste, wurde schnell klar, dass des sich bei diesem Tokko um eine Person von Einfluss handeln musste. Unterwelteinfluss. Skeptisch neigte Cris seinen Kopf leicht zur Seite und als schließlich das erste Mal das Wort „Amnestie“ fiel, verschränkte er die Arme vor der Brust. Er war kein Experte für republikanische Gesetzgebung, doch es stand zu bezweifeln, dass ein Mitglied des Ordens befugt war, solche weitreichenden Entscheidungen zu treffen oder solche Versprechungen zu machen. Und Tacema hatte nichts von einem Tokko erwähnt, dessen Unterstützung man sich mit derlei zwielichtigen Deals zu erkaufen versuchte… das allerdings konnte immer noch damit erklärt werden, dass eine andere Zelle des Geheimdienstes auf den Unterweltboss zugetreten war. Unwahrscheinlich… aber möglich. Jedenfalls änderte es nichts an der Tatsache, dass Cris es nach dieser kurzen Botschaft intuitiv für eine schlechte Idee hielt, mit diesem Toydarianer zusammenzuarbeiten, geschweige denn, ihm für seine mit Sicherheit auch nach republikanischen Maßstäben als Verbrechen einzustufenden Taten auch noch Amnestie einzuräumen. Und was war noch zwischen den Zeilen zu lesen… dieser Crado hatte sich von dem Unterweltboss als Auftragskiller instrumentalisieren lassen und einen seiner Widersacher aus dem Weg geräumt? Das klang nun wirklich viel mehr nach Black Ops als nach dem noblen Orden der Jedi, den Cris in Gestalt von Personen wie ChesaraSyonette kennen gelernt hatte.

Mittlerweile war die Botschaft verloschen und wieder breitete sich ein unangenehmes Schweigen im Raum aus. Betont langsam richtete Cris seinen Blick auf Pablo.


„Würden Sie mich aufklären, Mister Cortina…?“


[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro]- Cris, Crado, Pablo, Ral, Qwi
 
- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender - Gang –

Sauer zu sein war beinahe eine Art Dauerzustand für Noa. Sie war keine besondere Optimistin, sie war keine Persönlichkeit, die überall gute Laune verbreitete oder fremde Personen mit breitem Lächeln und offenen Armen willkommen hieß und sie war ganz besonders niemand, der falsche Emotionen oder Verhältnisse vor gaukelte, wenn ihr eine Situation nicht passte. Man konnte über sie sagen, was man wollte, aber Noa Chanelle Cortina war ehrlich. Und sie ließ sich nur ungerne in eine Situation hinein drängen, die ihr missfiel. Wenn das geschah, zog sie ihre Konsequenzen und die waren in dem meisten Fällen nicht tangenehm für jene, die mit ihr zu tun hatten. Auch in diesem Moment tat Noa nur genau das, was sie für richtig hielt und das war, so schnell wie möglich von der Bildfläche zu verschwinden, ehe noch jemandem einfiel sie gegen ihren Willen nach Mon Calamari zu verschiffen (auch wenn sie sich nur schwer vorstellen konnte, wer so etwas wagen würde). Schritte auf dem Korridor hinter ihr veranlassten sie, sich umzudrehen. Baes Hawot war ihr hinaus auf den Gang gefolgt. Instinktiv blieb Noa stehen.

“Ich laufe nicht weg.“

Verteidigte sie sich, noch bevor er etwas gesagt hatte. Baes hatte ihr früher einmal vorgehalten, sie würde vor unangenehmen Situationen davon rennen. Dabei entsprach das gar nicht der Wahrheit. Noa hatte keine Probleme damit, sich Konfontationen zu stellen.

“Warum hast du es dann so eilig?“

Wollte er wissen. Noa verdrehte die Augen.

“Ich muss auf's Klo.“

Log sie. Der Draethos rührte sich nicht und Noa rannte, bildlich gesprochen, mal wieder gegen eine Steinwand, wie jedes Mal wenn sie mit ihm sprach.

“Na gut, vielleicht muss ich auch nicht.“

Gab sie zu und kam sich – ebenfalls wie so oft– wie ein kleines Mädchen in seiner Gegenwart vor. Baes deutete nach vorne und gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter. Er bewegte sich gerne, während er sprach.

“Hast du eine Idee, wer Sheldon begleiten könnte?“

Sein Tonfall so neutral, dass man dahinter nur schwer einen geschickten Plan vermuten konnte. Trotzdem war Noa auf der Hut. Sie wusste, dass er sie immer versucht von etwas zu überzeugen, wenn sie anderer Meinung war, und dass es ihm meistens auch noch gelang.

“Nein, keine Ahnung.“

Antwortete sie, um sich nicht auf Diskussionen über einzelne Leute einlassen zu müssen.

“Mhhhh.“

Sie betrachtete ihn flüchtig von der Seite. Himmel, wie schaffte er es nur immer, ihr so schnell ein schlechtes Gewissen zu machen? Das war doch verrückt!

“Hör zu, ich kann wirklich nicht nach Mon Calamari. Ich habe zu viele Verpflichtungen hier.“

Versuchte sie zu erklären. Baes schüttelte den Kopf.

“Bist du nicht freiberuflich?“

Fragte er und wusste ganz genau, dass sie es war. Das war einer der Punkte, gegen die sie nur schwer argumentieren konnte. Sie hatte die besten Veraussetzungen, für eine Zeit lang von Coruscant zu verschwinden. Es war genau wie vor ein paar Monaten, als sie nach Abregado-rae geflogen waren. Auch da war Noa die Idealbesetzung gewesen, weil sie jung, ledig und beruflich ungebunden war. Mit diesen Merkmalen hatte sie wirklich die A-Karte gezogen. Sie brauchte dringend einen Mann.

“Schon. Trotzdem.“

Ihre Argumente waren auch schon mal besser gewesen.

“Schau, Noa, weißt du noch, als du damals am Schießstand Maccery Crow besiegt hast? Du warst ihr immer um genau einen Punkt voraus.“

“Ja.“

Noa nickte. Sie erinnerte sich noch gut daran. Damals hatte sie erkannt, dass sie etwas gefunden hatte, worin sie wirklich gut war und wodurch sie den Widerstand aktiv unterstützen konnte.

“Damals hast du gesagt, du würdest die imperialen Sturmtruppen zu Brei schießen – selbst dann noch, wenn deine letzte Energiezelle längst aufgebraucht sei.“

Noa schluckte. Es stimmte, das war genau das was sie gesagt hatte und sie meinte es noch immer so und trotzdem tat sie sich schwer damit, jetzt alles zu geben und das zu tun, womit sie dem Widerstand momentan vermutlich ebenso gut helfen konnte wie im Schützengraben. Sie blieb stehen und eine Gruppe Widerstandskämpfer, die ihnen entgegen kam, zog an ihnen vorbei.

“Es ist nicht so, dass ich meine Motivation verloren hätte.“

Sagte sie und Baes Hawot schüttelte den Kopf.

“Das glaube ich auch nicht.“

Erwiderte er.

“Was dann?“

“Sag du es mir.“

Noa atmete tief ein und aus. Sie wusste selbst nicht, wie sie ihre Bedenken in Worte fassen sollte. Sie wollte einfach nicht, dass sich Abregado wiederholte – alles, was sie dort erlebt hatte.

“Es wird immer schlimmer auf Coruscant.“

Sagte sie.

“Immer gefährlicher. Ich wäre lieber hier, wo ich etwas tun kann, als woanders, wo ich... fest sitze.“

Sie schaffte es, dem prüfenden, eindringlichen Blick des Draethos Stand zu halten, auch wenn sein Starren unangenehm war. Seine Augen schienen sie beinahe zu durchleuchten, aber Noa starrte einfach zurück und schließlich schnaubte er, was in ihren menschlichen Ohren fast verächtlich klang, tatsächlich aber ein Ausdruck von Amüsement war.

“Was?“

Fragte sie und stemmte ihre Hände in die Seiten.

“Du hast Angst.“

Erwiderte er. Das war unerwartet. Angst? Noa? Auf keinen Fall. Nicht, dass sie immun gegen diese Art von Gefühl war, aber wovor hätte sie bitteschön Angst haben sollen? Vor Cris Sheldon ganz sicher nicht. Sie hatte ihn am Schießstand gesehen. Wenn sie wollte machte sie ihn platt noch bevor er nah genug an sie heran kam – nicht dass sie glaubte, er hätte dergleichen vor. Lediglich die unbekannten Faktoren riefen ein leicht mulmiges Gefühl hervor, sowie natürlich die nicht abzustreitende Tatsache, dass der absolute identische Schiffstyp, mit dem Sheldon fliegen wollte, nichts anderes als ein schlechtes Vorzeichen sein konnte. Und das zu ignorieren wäre leichtsinnig, nicht mehr und nicht weniger. Noa machte ein verkniffenes Gesicht, als hätte sie in eine zu saure Frucht gebissen.

“Streif die Angst ab, Noa. Wovor auch immer. Du wolltest immer eine wichtige Aufgabe. Hier hast du sie.“

Und mit diesen Worten ließ er sie stehen.

- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender - Gang –
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: untere Ebenen | altes Theater (Hauptquartier der „Defender“ :||: mit Qwi, Ral, zwei fremden Menschen (Pablo, Cris) :]

Nachdem die Holo-Aufzeichnung ihr Ende gefunden hatte, breitete sich in dem unscheinbaren Büro ungehindert Stille aus. Schweigend musterten sich die Anwesenden Denn auf einmal standen etliche Fragen zwischen ihnen, während zur gleichen Zeit die dazugehörigen Antworten fehlten. Hatte der Toydarianer tatsächlich die Wahrheit gesprochen? Konnte man ihm trauen? Wer hatte diesen äußerst teuflischen Pakt zu verantworten – und wussten die „Defender“ überhaupt davon? Verzwickt wirkte die ganze Situation. Jedi, Widerstand und Kriminelle – drei unterschiedliche Parteien, die allein der Kampf gegen das Imperium einte. Um den unzähligen Gefühlen und Eindrücken zu entfliehen, die drohten auf sein Bewusstsein einzuprasseln, kapselte sich das Katzenwesen in diesem angespannten Moment noch mehr von der Macht ab. Dadurch nahm der Cathar seine Umgebung noch dumpfer – fast „normaler“ – wahr. Gab es ein zurück? Konnte man das „Jedisein“ ablegen? Konnte man seiner schweren Verantwortung entfliehen? 'Nar Shaddaa...'

Plötzlich brach der drahtige Mensch (Cris Sheldon), der schon vorher mit dem zweiten Menschen (Pablo Cortina) im Büro gesessen hatte, die Stille: „Würden Sie mich aufklären, Mister Cortina…?“

Hatte sich vor einer Sekunde in Crados Gedanken noch ein vages Bild der finsteren Unterwelt des bekannten Schmugglermonds aufgebaut, war dieses nun wieder verschwunden. Gemurmel, Gerüche und andere Erinnerungen, die er binnen Nanosekunden vor Augen hatte, verschwanden fast genauso schnell wieder im Hintergrund seines Bewusstseins. Dafür kehrte die Tristes zurück. 'Noomi.' Crado sah zu dem einen Menschen, den der andere angesprochen hatte. Verwirrung zeigte sich auf dessen Gesicht – soweit das der Cathar überhaupt beurteilen konnte. Hatte niemand etwas von seinem Tun gewusst? Hatten die Jedi ihn – … und seine Schülerin – für tot gehalten? Mit einem Mal spürte das Katzenwesen einen Stich im Herzen. War die Nautolanerin umsonst gestorben? Zählte man sie nun schlicht zu den namenlosen Opfern, die das Imperium irgendwann zu verantworten hatte? Oder war der Kontakt zwischen den Zellen nach dem letzten Treffen gänzlich zum Erliegen gekommen, bevor überhaupt gemeinsame Handlungen entstanden waren? Fragen, Zweifel, Ungewissheit – sie quälten ihn. Bevor der Jedi etwas sagte, gab er kurz ein Schnurren – als Äquivalent zum höflichen Räuspern – von sich.

„Ich weiß nicht inwieweit das Geschehen der letzten Zeit überhaupt diese Ebenen – oder gar noch höher – erreicht haben“, begann er danach und sah dem Menschen (Cris) direkt in die Augen. „Zum besseren Verstehen der Gesamtsituation müsste ich etwas ausholen...“

Flüchtig funkelten seine violetten Augen. Seine Gedanken kreisten um sein erstes Lichtschwertduell mit einem Sith (Darth Draconis). In den Röhren der Kanalisation, die unter den großen Fabrikhallen Coruscants verliefen, hatte ihn der dunkle Machtnutzer gejagt, nachdem imperiale Truppen den Ort gestürmt hatten, den man für ein Treffen mehrerer Widerstandszellen ausgesucht hatte. Crado spürte plötzlich einen eiskalten Schauder, der unter seinem zotteligen Fell langsam seinen Rücken entlang kroch. Unbewusst schüttelte er sich. Hätte er dort nicht schon erkennen müssen, dass dieser Kampf um den Stadtplaneten einfach zu gefährlich für eine Padawan war? Hätte Ord Biniir für ihn genauso den Tod bedeuten können? Bevor seine Gedanken weitere Kreise zogen, konzentrierte er sich lieber auf das Gespräch. Mittlerweile hatten sich die Augen aller Anwesenden auf ihn gerichtet. Mit einem Mal stand er, der unerfahrene Jedi-Ritter, im Mittelpunkt und musste mehr sein als er wirklich wahr. Tief im Inneren fühlte er sich in dieser Situation kläglich. Er hatte seine Padawan auf dem Gewissen und dennoch hielt man ihn für einen „ehrbaren“ Jedi...

„Ich … und meine Padawan flüchteten wie viele andere in die Kanalisation, nachdem das Imperium das Treffen gewaltsam auflöste“
, sprach der Cathar weiter – und dabei fühlte sich schlagartig seine Kehle trocken an. „Da uns … jemand … folgte, mussten wir einen anderen Weg nehmen. Am Ende hatten wir aber kein Erfolg. Er stellte uns und es kam zum Duell. Das beherzte Eingreifen mehrerer Mitglieder einer anderen Zelle rettete meiner Padawan und mir das Leben. Sie pflegten uns...“

Damit begann das Katzenwesen in dem dreckigen Ponco die letzten Wochen aufzurollen. Kurz ging er auf seinen komatösen Zustand ein, nachdem ihm die gegnerische Lichtschwertklinge problemlos die linke Schulter durchbohrt hatte. In dieser Zeit hatte Noomi mit der Widerstandszelle zusammen gearbeitet. Hatte ihnen beim Beschaffen von Kleinigkeiten geholfen. Hatte langsam deren Vertrauen und Respekt erhalten. Doch gleichzeitig zeigte sich auch, dass sie diesen ungleichen Kampf niemals allein schaffen konnten. Stets hatte es ihnen an irgendetwas gemangelt. Credits, Waffen, Munition oder gar Beziehungen – solche Dinge waren im Untergrund rar. Aus diesem Grund hatten sich beide nach längerem Überlegen für die Möglichkeit entschieden, die ihnen als letzter Schritt vorkam. Sie mussten Kontakt mit einer Person aufnehmen, die auch über Coruscants Systemgrenzen hinaus für Unterstützung sorgen konnte: Tokko. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich schon herausgestellt, dass der zweite große Unterweltboss, Groppa the Hutt, mit den Imperialen verbündet war. Somit waren ihre Möglichkeiten begrenzt gewesen. Sie hatten nicht die Qual der Wahl gehabt, sondern mussten rasch handeln!

„... Den Kontakt bekamen wir durch einen Geldwäscher, den wir bei einer Razzia retteten“, erzählte der Cathar und noch immer ruhte sein Blick auf dem menschlichen Fremden. Tokko verlangte eine Reihe 'Kleinigkeiten' für seine Unterstützung. … Und so machte ich mich schlussendlich zu seinem Handlanger. Vorläufiger Höhepunkt war dann der Angriff auf Groppas Unterschlupf...“

'… den ich mit einem hohen Tribut bezahlte', beendete Crado den Satz in seinen Gedanken. Erneut tauchte kurzzeitig Noomis lächelndes Gesicht vor seinem geistigen Auge auf. Doch bevor er danach greifen konnte, verschwand es wieder. Er war allein. Er hatte versagt, war kläglich gescheitert – und die Nautolanerin hatte am Ende für seine Verantwortungslosigkeit bezahlen müssen. Niemals hatte er sich seinen beiden Mentoren so fern gefühlt. Hatte er sie enttäuscht? Seltsamerweise konnte sich der Cathar nicht vorstellen wie Mike ein zorniges Gesicht zog. Jedoch heiterte ihn dieser spontane Gedanke nicht auf. Zu tief saßen Schmerz, Vorwürfe und Zweifel. Noomi war tot – und es war seine Schuld. In diesem Moment schaltete sich Qwi ein. Ein freundliches, fast unschuldiges Lächeln trug sie auf den vollen Lippen, während sie sich zeitgleich mit einem sehr liebreizenden Augenaufschlag „Mister Cortina“ zu wandte.


Lächelnd sagte sie zu ihm:
„Da nun alle … 'Unklarheiten' beseitigt sind, sollten wir uns wieder um das Wesentliche kümmern. Über die Jahre, die Tokko nun schon auf Coruscant verweilt, hat er den einen oder anderen Zollbeamten etwas näher 'kennengelernt'. Es gibt also zwei, drei Plattformen auf dem Planeten, die man für die Versorgung nutzen kann. … Zufälligerweise soll in etwa drei Stunden ein Frachter, die 'Outcast', starten und in Richtung Tanaab aufbrechen. Ihre Crew soll zeigen, dass Tokko zu seinen … ähh... Geschäftspartnern steht.“

[: Coruscant-System | Coruscant :||: untere Ebenen | altes Theater (Hauptquartier der „Defender“ :||: mit Qwi, Ral, zwei fremden Menschen (Pablo, Cris) :]
 
(Defender / Pablo)

- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender – Pablos Büro – mit Cris, Crado, Qwi, Ral –

Pablo Cortina gab sich Mühe, die Situation um ihn herum zu erfassen. Gerade eben noch war er mit Cris Sheldon alleine gewesen, nachdem Noa und Baes Hawot den Raum nacheinander verlassen hatten. Es hatte nicht lange gedauert und eine Gruppe Nichtmenschen war zu ihnen gestoßen: ein Cathar, eine Omwati und ein Rodianer. Man hatte die drei eingelassen, da man den Cathar kannte und obwohl Pablo ihn nicht gleich erkannte, verstand er dann doch: er war einer der Jedi. Er hatte ihn damals mit Rätin Chesara zusammen gesehen. Die Geschichte des Cathars wanderte von einem Punkt zum nächsten. Sie begann dort, wo Pablo ihn zum ersten Mal gesehen hatte, auch wenn er das bis zu diesem Augenblick nicht realisiert hatte. Der Nichtmensch war vor Ort gewesen, als sich die Widerstandszellen der unteren Ebenen zum ersten Mal getroffen hatten. ER war in der Kanalisation verfolgt worden, so wie Pablo und jene, die bei ihm gewesen waren. Es war jener Tag gewesen, an dem Pablo seinen linken Arm verloren hatte. Ein stechender Schmerz stach dort zu, wo er nichts mehr fühlen konnte und trotzdem brannte das Nichts in seinem Fleisch, als versuchte es ihm noch einmal zu nehmen, was längst verschwunden war.

Die Geschichte lief auf einen zentralen Punkt hinaus: dieser Jedi hatte sich, ohne dass es Pablo oder dem Rest der Defender bewusst gewesen wäre, für den Widerstand stark gemacht, anscheinend außerhalb der anderen Jedi, die noch auf Coruscant waren. Pablo hatte regelmäßigen Kontakt zu den beiden Twi’leks, Ketaki und Miley und sie hatten nie einen Cathar erwähnt. Der Katzenmensch hatte wohl sein eigenes Ding gemacht und beschlossen, dass es etwas brächte, sich mit der Kriminalität des Untergrundes einzulassen – eine zwiespältige Situation, in die er sich da manövriert hatte, aber angeblich profitabel. Es ging nicht um Geld für den Eigennutz. Es ging um Unterstützung für den Widerstand. Pablo begann abzuwägen. Den Namen „Tokko“ hatte er durchaus schon mal gehört, auch wenn er niemand bestimmten damit in Verbindung bringen konnte. Er würde sich genauer umhören müssen. Es gab Leute, die sich wesentlich besser in der zwielichtigen Ebene Coruscants auskannten als er selbst.


“Eine interessante Geschichte.“

Sagte er schließlich wage.

“Scheint, als hättet ihr viel erlebt, Meister Jedi.“

Er betrachtete den Cathar, doch er konnte ihn nicht einschätzen. Er wusste nur, dass Rätin Chesara ihn damals mit zu dem Widerstandstreffen genommen hatte, also sollte er ihm wohl trauen können. Trotzdem… warum hatten die Jedi-Twi’lek nie von ihm gesprochen? Sie hätten wissen müssen, dass ein weiterer Jedi auf Coruscant war, oder nicht? Es war seltsam, dass er so los gelöst von dem Rest seiner Gruppierung operiert hatte. Und mehr noch, er hatte sich mit einem Verbrechersyndikat eingelassen und sich zu einem Handlager des Kopfes eines ganzen Bande machen lassen. Pablo musste annehmen, dass es stimmte, was der Nichtmensch ihm erzählt hatte. Eine andere Möglichkeit hatte er nicht. Also hatte er es mit einem Jedi zu tun, der Geschäfte mit Verbrecherbanden einging und diesem im Namen der Republik eine Generalamnesie versprach? Konnte Pablo das richtig verstanden haben? Was genau der Cathar im Versteck des Hutten getan hatte, wollte Pablo gar nicht wissen. Vermutlich war es besser, wenn er es nicht wusste.

“Der Widerstand ist immer für Unterstützung offen..“

Sagte er nach einem Moment des Nachdenkens. Verbrechersyndikat hin oder her. Wenn sie etwas für Coruscant tun konnten, konnte er diese Hilfe nicht ausschlagen. Grant hätte es genauso gemacht.

“Mit wem muss ich die Einzelheiten besprechen?“

Sein Blick wanderte zu Sheldon hinüber. Mit ihm hatte er alles geregelt, was es zu regeln gab.

“Sie melden sich bei mir, wie besprochen?“

Fragte er und machte damit deutlich, dass ihre Unterredung beendet war. Wenn Baes bei Noa die richtigen Schalter umgelegt hatte, würde sie sich bereits darauf einstellen, in Kürze nach Mon Calamari zu fliegen. Das bedeutete für Sheldon, dass auch er noch einiges mit seinem Vorgesetzten zu klären hatte.

- Coruscant – Untere Ebenen – HQ der Defender – Pablos Büro – mit Cris, Crado, Qwi, Ral –
 
- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung –

Pullover, Shirt, Hose. Strümpfe. Shirt. Shirt. Shirt. Unterwäsche, Strümpfe. Schuhe.

Noa Chanelle warf alles, von dem sie meinte, sie könne es auf Mon Calamari gebrauchen, in einen großen Koffer. Das Packstück war erst zur Hälfte gefüllt, doch sie wusste bereits jetzt, dass sie sich am Ende darauf würde setzen und Gewalt anwenden müssen, damit sie ihn verschließen konnte. Ginge es nur nach ihr, würde sie gar nicht erst fliegen. Egal was andere Leute über Coruscant denken mochten – an dieser Stelle erinnerte sie sich lebhaft an die Bezeichnung „Müllhalde“, die ein gewisser Jace Chorios einmal verwendet hatte – dieser Planet war ihr Zuhause. Überhaupt, Jace! Dass sie plötzlich wieder an diesen Typen dachte, war nur Cris Sheldon mit seiner bescheuerten Horizon Class Star Yacht Schuld. Konnten sie nicht einen Linienflug benutzen? An Bord eines öffentlichen Transportmittels würde Noa sich weitaus wohler fühlen. Das weckte wenigstens keine bösen Erinnerungen. Natürlich war eine Yacht weitaus bequemer und sie hatte im Grunde auch nichts gegen Luxus. Der Argwohn blieb jedoch bestehen, auch nach ihrem Gespräch mit Baes Hawot. Der Draethos hatte es mal wieder geschafft, Noa zu überzeugen und sie ärgerte sich insgeheim darüber. Dass sie sich auch immer bequatschen ließ! Sie stopfte ein luftiges Sommerkleid in eine Lücke zwischen ihrer Haarbürste und ihrem Blaster. Mon Calamari sollte sehr schön sein und sie war bereits auf die Hauptstadt gespannt. Bisher kannte sie nur die Bilder aus dem Holofernsehen. Als sich ihr Kom meldete, dachte Noa zuerst, es sei Pablo, aber es war Cloé. Noa hatte versucht sie zu erreichen, sobald sie in ihrer Wohnung angekommen war.


“Cloé, endlich! Ich hab schon versucht…“

“Ich weiß, deswegen meld ich mich ja. Weisst du, Noa, manche Leute müssen auch arbeiten.“

Cloés Stimme klang gedämpft. Sehr wahrscheinlich saß sie noch im Büro und sprach so leise wie möglich, damit ihr Chef sie nicht hörte. Noa bereute sofort, sie gestört zu haben, aber es war nun einmal wichtig!

“Clo, ich muss wieder weg. Defender-Business.“

”Was? Wohin? Ich dachte, du wolltest irgendetwas.”

Leicht irritiert ließ sich Noa auf ihr Bett sinken. Scheinbar hatte ihre Schwester sie nicht richtig verstanden.

“Ja, natürlich. Darum sag ich ja… ich meine, ich muss weg von Coruscant!“

Stellte sie klar und konnte durch das Schweigen am andere Ende erahnen, dass Cloé diesmal begriffen hatte. Es war immer schwierig, über Cloé mit dem Widerstand zu sprechen. Sie verstand, dass ihre Familie für etwas Gutes eintrat, doch sie konnte und wollte nicht verstehen, warum sie so weit gehen mussten, ihr Leben zu riskieren.

“Wann und wohin?“

Wollte sie wissen und unterdrückter Ärger schwang in ihrem Tonfall mit.

“Noch heute, denke ich. Mon Calamari. Ich fliege mit Cris.“

“Cris?“

Wiederholte Cloé fragend, einen Moment lang den Zusammenhang verlierend.

“Oh, Sheldon. Dann seid ihr jetzt auf Vornamens-Basis, ja?”

Meinte sie neckend und Noa konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Gleichzeitig war sie froh, dass Cloé sie nicht sehen konnte. Ihre Schwester hätte sie lediglich noch mehr aufgezogen und ihr vorgehalten, dass sie hinter Cris Sheldon her war, was so überhaupt nicht stimmte. Natürlich nicht.

“Es ist vollkommen harmlos.“

Versicherte Noa Cloé und merkte dabei zu spät, dass man ihre Worte auf ihre Reise, aber auch auf eine angebliche Liaison mit dem Geheimdienstagenten beziehen konnte. Verflixt aber auch!

“Die Reise, meine ich. Wir fliegen nach Mon Cal für ein paar Gespräche… ich würd‘ dir den Rest später erzählen. Wie lange arbeitest du?“

Es war schwer für Cloé, im Büro früher Schluss zu machen, aber sie versprach ihr bestmöglichstes zu tun. Noa warf ihr Kom auf ihr Kopfkissen, nachdem sie das Gespräch beendet hatten und warf einen langen, prüfenden Blick in ihren Koffer. Sie hatte etliche Dinge eingepackt, die sie nicht brauchen würde, das wusste sie jetzt schon. Andererseits hatte sie keine Ahnung, wie lange sie überhaupt weg bleiben würde, daher war es auch nicht verkehrt auf Nummer sicher zu gehen. Sie stand auf, schob sich wieder zum Kleiderschrank und packte weiter. Weder Sheldon noch Pablo hatten sich bisher gemeldet, aber sie würden schon noch früh genug von sich hören lassen. Wenn Noa hier fertig war, würde sie zu Cloé fahren, dort auf sie warten und ihr dann alles in Ruhe erzählen. Dafür musste Zeit sein. Noa war niemand, der verreiste ohne sich zu verabschieden.

- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung –
 
[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro]- Cris, Crado, Pablo, Ral, Qwi

Cris konnte nicht behaupten, dass er aus der Geschichte des Jedi und seiner zwielichtigen Begleitung sonderlich schlau wurde. Dass das Imperium die Operationen der Jedi auf Coruscant sehr erfolgreich gestört und jede Koordination unterminiert hatte, wusste er spätestens seit seinem versuchten Besuch des Honey Houses mit Noa, dem Hinterhalt der plötzlich auftauchenden Storm Commandos und einigen Andeutungen, die Tacema fallen gelassen hatte. Ebenso war also erklärlich, dass dieser Jedi-Ritter – Crado – um das eigene Überleben und das seines Schützlings zu gewährleisten auf einige Geschäfte hatte eingehen müssen. Dennoch… auf wenn Pablo offenbar keinerlei Probleme damit hatte, das Angebot dieses Tokko anzunehmen, hatte Crii dabei einige Magenschmerzen. Indes war es nicht an ihm, den Defendern in ihre Angelegenheiten reinzureden… mit seinem Verschwinden von Coruscant erst Recht nicht.

„Vielleicht sollte ich mich Ihnen vorstellen…“, sagte er schließlich langsam in Richtung des Cathar, wobei ihm gewahr wurde, dass dies im Grunde ohnehin ein Gebot der Höflichkeit war.

„Captain Cris Sheldon. Republikanischer Geheimdienst.“

Kurz wanderte sein Blick zur humanoiden Begleiterin des Jedi, die offenbar im Auftrag des Toydarianers sprach.

„Wenn Mr. Cortina der Meinung ist, mit Ihnen Geschäfte machen zu können, geht mich das nichts an“, sagte er, ohne die Skepsis dabei vollkommen aus seiner Stimme verbannen zu können.

„Aber was Ihre Versprechungen angeht, Meister Jedi…“ Seine Aufmerksamkeit hatte sich jetzt wieder auf Crado verlagert.

„… so würde ich Ihnen empfehlen, mich jetzt zu begleiten. Ich bin mir sicher, dass mein Vorgesetzter einige Fragen an Sie hat.“

Ein Grund mehr, ein letztes Gespräch mit Tacema zu suchen. Cris konnte sich nicht vorstellen, dass der Duros von diesen Entwicklungen sonderlich begeistert sein würde.

„Wer weiß, vielleicht sanktioniert irgendeine Stelle Ihre Handlungen ja nachträglich… aber Ihnen dürfte klar sein, dass es außerhalb der Kompetenzen eines Jedi liegt, im Namen des Senats der Republik oder eines republikanischen Gerichts zu sprechen. Nur diese Institutionen können irgendeine Art von offizieller Amnestie erteilen.“

Cris’ sich im Laufe dieser Worte verhärtende Mimik entspannte sich wieder, da ihm klar war, dass er mit ihnen nicht nur den Jedi zurückwies, sondern auch die Gesandte Tokkos vor den Kopf stieß, was deren Bereitschaft, Pablo und die Defender zu unterstützen, vermutlich nicht in neue Höhe katapultieren ließ.


„Was indes nicht bedeutet, dass es für die Einlösung dieser Versprechungen nicht auch unter der Hand Möglichkeiten gibt…“

Er konnte sich vorstellen, dass der Geheimdienst so manchem Verbrecher, der sich als nützlich erwiesen hatte, ohne offizielle Amnestie ermöglicht hatte, sein Leben – oder gar seine Operationen – ungestört weiterzuführen.

„Aber auch darüber haben andere zu entscheiden.“

Damit sollte der Jedi wissen, wo er stand. Indes hoffte Cris doch, dass er ihn nun freiwillig begleiten würde – er konnte sich vorstellen, dass es einige Komplikationen bedeutete, einen Machtnutzer dazu zu zwingen, irgendeiner Aufforderung Folge zu leisten. Handgreiflichkeiten hier in Pablos Büro würden nicht nur beide Seiten schlecht aussehen lassen, sondern für Cris im schlimmsten Fall vermutlich tödlich enden. Er hatte eine ungefähre Ahnung davon, was Jedi mit ihren Lichtschwertern – und mit ihren Gedanken – anrichten konnten und dieser spezielle Jedi hatte durch seine Taten im Auftrage eines Verbrecherbosses augenscheinlich bereits demonstriert, wie weit er bereit war zu gehen.

„Ich melde mich, Mr. Cortina“, bestätigte Cris Pablos Anfrage, nickte dem Widerstandskämpfer zu und fixierte dann Crado.

„Wollen wir… Meister Jedi?“

[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro]- Cris, Crado, Pablo, Ral, Qwi
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: untere Ebenen | altes Theater (Hauptquartier der „Defender“ :||: mit Qwi, Ral, zwei fremden Menschen (Pablo, Cris) :]

Captain Cris Sheldon. Der drahtige Mensch, der Mister Cortina gegenüber saß, besaß also nicht nur einen echten Namen, sondern dazu noch einen Rang. Unwillkürlich schauderte der zottelige Cathar, bevor der Fremde im darauffolgenden Satz ziemlich trocken das „Republikanischer Geheimdienst“ nachschob. Sofort unterzog Crado ihn einer intensiven Musterung. Im künstlichen Licht der kleinen Deckenbeleuchtung blitzten dabei kurzzeitig seine violetten Augen auf. Hatte gerade richtig gehört? Stand er hier tatsächlich einem aktiven Agenten der Neuen Republik gegenüber? Seit der Razzia im Industriebezirk „The Works“ hatte er nichts mehr vom Geheimdienst gehört. Doch nun hatte ihn die Republik (unbewusst) eingeholt. Plötzlichen prasselten tausende Gedanken – Erwartungen, Fragen, Befürchtungen – auf sein Bewusstsein nieder. Kaum noch anwesend war er als sich man sich weiter über seine Handlung, die über seine Möglichkeiten hinaus gingen, unterhielt.

„... mein Vorgesetzter einige Fragen ...“, schnappten seine sensiblen Ohren kurz auf.

Die Unterhaltung rauschte an dem Katzenwesen vorbei. Bruchstückhaft schnappte er Gedanken auf, die man in seiner Gegenwart äußerte. War Noomis Tod sinnlos gewesen? Urplötzlich keimte in ihm diese Befürchtung auf? Sollte seine Absprache als nichtig angesehen werden, könnte Tokko einfach seine Versprechen, den Widerstand mit Geld und anderen Gütern zu versorgen, einstellen. Unsicher sah Crado gedanklich zurück. Blutige Leichen pflasterten seinen Weg. Einfache Handlanger, kleine Kriminelle, Imperiale und Noomi. Er schluckte.
'Es darf nicht sinnlos sein!' Seine animalische Seite, die er stets in einem dunklen Loch seines Bewusstseins festhielt, brüllte auf einmal lautstark. Kurz blitzte das fauchende Biest vor seinem geistigen Auge auf. Klirrte mit den mentalen Fesseln. Eiskalt schnappte es mit seinen riesigen Reißzähnen nach dem Cathar. Crado spürte eine Veränderung. Aus der anfänglichen Furcht keimte allmählich Wut. 'Ihr Tod muss einen Sinn haben!'

Durch das Rauschen, was mit einem Mal seine Gehörgänge erfüllte, hörte er Qwi zischen: „Bringen Sie Ihre Vorgesetzten besser dazu die Absprachen einzuhalten, Mister.“

In den letzten Monaten hatte er das Leben in den tieferen Ebenen – bis hin zur planetaren Kruste –kennengelernt. Hatte mit eigenen Augen das Elend und den alltäglichen Kampf gesehen. Irgendwie hatte ihn das alles an Nar Shaddaa, seine Heimat, erinnert. Er kannte die Sehnsüchte der Leute. Das Hoffen auf ein besseres Leben, auf natürliches Licht und saubere Luft. Dafür kämpften all die Leute im Widerstand. Sie wollten Coruscant helfen. 'Und dabei brauchen sie selber Hilfe.' Schlagartig war dieser Gedanke in seinem Bewusstsein präsent. Konnte der Geheimdienst so blind sein? Konnte die Republik tatsächlich diese Hilfe – sollte sie noch so schmutzig sein – ablehnen? Erneut fauchte es in ihm. Wieder schnappte die animalische Seite nach ihm. Sein Blick richtete sich auf den Agenten. Es entwickelte sich die Wut. Funken reinen Zorns bewegten sich durch jegliche Fasern seines Seins. Er konnte problemlos diesen Menschen töten. Er konnte problemlos verhindern, dass man Noomis Tod keinen Sinn gab. Er hatte die Macht.

[Crado], säuselte auf einmal eine freundliche, ihm bekannte Stimme. [Zorn ist keine Lösung ... Zorn führt nur zu unendlichem Leid.] Eine friedliche Präsenz ummantelte den Cathar. Flüchtig schloss er seine Augen. Ruhe, absolute Ruhe nahm sein zerrüttetes Wesen ein. Spülte jeglichen Zorn fort. Mit einem Mal erblickte er in seinen Gedanken eine strahlende, menschliche Gestalt. Langes, blondes Haar glitzerte in dem grellen Licht. Dazu trug diese Person eine helle, sandfarbene Robe. Erst beim zweiten Blick erkannte Crado seinen alten Mentor – Mike Yu. Erneut säuselte die Stimme: [Schüler, denk immer daran: Es gibt keinen Tod, nur die Macht.] Die Worte hallten noch in seinem Kopf nach als die Präsenz längst wieder verschwunden war. Er war wieder allein mit seinen Gedanken. 'Es gibt keinen Tod?' Unsicher öffnete er wieder die Augen. Was wollte ihm Mike damit sagen? Sollte er die Schuld nicht beim Geheimdienst suchen? Hatte überhaupt jemand Schuld? Tief in seinem Innersten sehnte er sich nach der Wärme, die er ein paar Sekunden zuvor noch gespürt hatte. Doch stattdessen machte sich Einsamkeit breit. Was sollte er nur tun?

„Wollen wir… Meister Jedi?“, sprach ihn nun Cris Sheldon direkt an.

Erneut glitt sein Blick zu dem drahtigen Menschen. Sollte er etwa erneut eine Entscheidung treffen? Nein. Dieser Mann fragte nur aus Höflichkeit – das bemerkte Crado ohne sein Bewusstsein in der Macht überhaupt ausstrecken zu müssen.
„... Wir sollten keine Zeit verlieren … Captain.“

Da Qwi noch „Einzelheiten“ klären wollte, blieb sie im Büro. Somit verließen das Katzenwesen und sein menschlicher Begleiter das Zimmer allein. Immer dumpfer kam ihm seine Umgebung vor seit er sich daraus zurückgezogen hatte. Er war kein Jedi. Dieser Gedanke kam ihm wieder und wieder ins Gedächtnis. Weiterhin grübelnd folgte er dem republikanischen Agenten. Sie gingen wieder die Treppe herab. Dann durch diverse Korridore, die einst den hinteren Bereich des Theaters mit Leben erfüllt hatten. Zum Schluss erreichten sie die unauffällige, verstärkte Hintertür. Schweigend öffnete ihnen ein wachhabender Bith die ziemlich schwere Tür. Im dumpfen Licht der Beleuchtung draußen schien dessen gelbliche Haut noch blasser zu wirken. Ein Frösteln machte sich bei Crado bemerkbar als er an die „frische“ Luft trat. Irgendwo in der Ferne hörte er das Surren der Gleiter. Erneut sehnte er sich nach Ruhe. Doch auf Coruscant gab es keine Ruhe. Denn der gigantische Stadtplanet schlief nie. Plötzlich knurrte der Magen des Cathar. Wann hatte er eigentlich zuletzt etwas gegessen? Bevor er sich diese Frage beantworten konnte, ging der Agent in Richtung Landeplattform … und Crado folgte ihm.


[: Coruscant-System | Coruscant :||: untere Ebenen | vor dem alten Theater (Hauptquartier der „Defender“ :||: mit Cris Sheldon :]
 
[Coruscant, Untere Ebenen, HQ der Defender, Büro]- Cris, Crado, Pablo, Ral, Qwi

Für einen Moment hatte Cris befürchtet, der Jedi würde – angesichts auch des harten Tonfalls, den er gegenüber dem Katzenwesen angeschlagen hatte – in der Tat die Kooperation verweigern und somit einen gewaltsame Lösung dieses Konflikts provozieren, doch schließlich beschied er dem Agenten lediglich, dass keine Zeit zu verlieren war.

Mit einem letzten Blick auf die sichtlich ungehaltene Omwati und einen Blick in Pablos Richtung, der nun die undankbare Aufgabe hatte, sich mit ihr zu beschäftigen, verließ Cris das Büro und übernahm die Führung heraus aus dem alten Theater und vorbei an einer der dort vorgehaltenen Landeplattform. Selby würde sie andernorts auflesen – die Defender hatten ihm immer noch nicht gestattet, die genauen Koordinaten ihres Hauptquartiers zu offenbaren, und er beabsichtigte nicht, dass ihm entgegengebrachte Vertrauen unnötig zu strapazieren. Wer wusste schon, ob er nicht nach dem kleinen Exkurs nach Mon Calamari wieder auf diesen Planeten zurückkehren würde…

Nachdem er und der Jedi eine Weile durch die das Theater umgebenden, wenig einladenden Gassen in Richtung des Ortes, an dem Selby Cris ursprünglich abgesetzt hatte, gestapft waren – ein treffender Ausdruck angesichts der Mengen feuchten Mülls und sonstigen Unrats, die diese Gassen säumten – kontaktierte Cris den Piloten per Comlink und instruierte diesen, sie aufzulesen.

Die Überraschung stand Selby auf dem Gesicht geschrieben, als nicht nur Cris, sondern zudem ein ihm unbekannter Cathar in den Gleiter einstiegen.


„Probleme, Captain?“

„Wann läuft es je problemlos ab?“, entgegnete Cris trocken, ohne sich dabei jedoch die Mühe zu machen, den Jedi vorzustellen oder den Grund seiner Anwesenheit zu erläutern.

„Bringen Sie uns zum Major.“

Der Gleiter schraubte sich in die feuchten Lüfte Coruscants und seine drei Insassen legten eine durch bleiernes Schweigen geprägte Fahrt hinter sich. Cris hätte auch nicht gewusst, in welche Art Gespräch er den rätselhaften Jedi hätte verwickeln sollen – dessen Geschichte klang abenteuerlich, doch zeitgleich stand es dem Agenten nicht wirklich zu, über ihn zu richten. Der Kampf gegen das Imperium schuf seltsame Zweckbündnisse und Kompromisse, die sich mit moralischen Schwarz-Weiß-Schemata, wie sie einige Jedi nur zu gerne anwandten, nicht mehr vereinbaren ließen. Vielleicht war dieser Jedi zu einer Entscheidung gezwungen worden, die ihn über die Grenzen dessen, was der Orden für akzeptabel hielt, getrieben hatte. Was auch immer ihn jetzt durch seine Ordensgenossen erwartete – wichtig für Cris waren derzeit lediglich die Kompetenzen, die der Cathar sich im Zuge seines Treibens angemaßt hatte. Und darüber hatte wiederum Major Tacema zu entscheiden – nicht er.

Schließlich hatten sie die düstere Garage erreicht, durch die Noa und er damals zum ersten Mal die Büros von Duro Agricultural Imports erreicht hatten, und wieder warteten – Selby hatte ihre Ankunft scheinbar durch ein Signal angekündigt – zwei bewaffnete Agenten am Zugang zum Bürotrakt, die sich allerdings sichtbar entspannten, als sie Selby und Cris erkannten.


„Gehen wir“, forderte Cris Crado auf. Für einen Moment hatte er mit dem Gedanken gespielt, den Jedi aufzufordern, ihm sämtliche Waffen zu übergeben – mit Sicherheit trug er zumindest irgendwo sein Lichtschwert – doch er hatte diesen Gedanken schnell wieder verworfen. Eine solche Aufforderung einem Jedi gegenüber zeugte von grobschlächtiger Respektlosigkeit und in Cris’ Augen hatte jedes Mitglied des Ordens ein Mindestmaß an Respekt verdient, vollkommen gleich in welcher Situation es sich temporär befinden mochte.

Zielstrebig führte Cris – Selby schlug ungefragt einen anderen Weg ein, vermutlich in Richtung von irgendetwas essbarem – den Cathar zu Tacemas Büro, wo er fast mit einer Mon Calamari (Jezza) kollidiert wäre, die sich gerade angeschickt hatte, das Büro zu verlassen. Sie war es auch, an die der hinter seinem Schreibtisch sitzende Tacema nach einem irritierten Blick in Crados Richtung seine ersten Worte in Cris’ Hörweite richtete.


„Wie es aussieht ist es soweit, Operative Barak. Packen Sie Ihre Sachen und melden Sie sich dann hier beim Captain.“

Diese Worte indes ließen Cris irritiert blinzeln. Eine Agentin womöglich, die Coruscant ebenfalls verlassen sollte? Das würde Noa kaum gefallen…

„Captain, Sie haben mit dem Widerstand gesprochen? Ist das der Gesandte?“

Cris räusperte sich, während der auf Menschen stets säuerliche Blick des Duros abwartend auf dem Cathar ruhte.

„Nicht ganz, Sir…“

Der ehemalige Sturmtruppler beeilte sich, im Folgenden die Geschichte Crados, wie sie sich ihm offenbarte, möglichst schnell zu umreißen. Wie sie auf Tacema wirkte, war dabei indes kaum zu erkennen – die roten Augen des Duros und seine sonstige Mimik verrieten keinerlei Emotionen.

„Eine… interessante Geschichte, Captain“, sagte der Duros schließlich gedehnt, während sein Blick zwischen Cris und dem Cathar hin- und her schwankte.

„Ich vermute, Sie haben unseren Gast bereits über die… Implikationen seines Handelns aufgeklärt?“

„Ja, Sir.“

„Gut. Nun, Meister Jedi… ebenso wenig, wie es Ihnen zusteht, im Namen der Republik Amnestien zu erteilen, steht es mir zu, über ein Mitglied des Ordens zu richten. Ich werde mein möglichstes geben, damit Ihr eigenmächtiges Handeln nicht die Kooperation zwischen dem Widerstand und diesem Tokko gefährdet… auch ohne eine offizielle Amnestie sollte es Dinge geben, die er bereit sein sollte, gegen seine Unterstützung einzutauschen. Vielleicht genehmigt irgendjemand auf Mon Calamari ja sogar die Amnestie selbst… ich gebe Ihnen eine entsprechende Anfrage an das Direktorium mit, Sheldon.“

„Ich verstehe, Sir.“

„Gut. Ihnen, Meister Jedi, würde ich indes raten, den Captain nach Mon Calamari zu begleiten und sich dort einer genaueren… Untersuchung dieser Vorfälle unter Einbeziehung des Rates der Jedi zu stellen. Ich bin mir sicher, dass es nach Bekanntwerden dieser Vorfälle eine Petition seitens des Kanzlers an den Rat geben wird, diese Fragen aufzuarbeiten. Sollten Sie dann noch auf Coruscant sein… nun, ich könnte mir vorstellen, dass der Rat dies als Schuldbekenntnis interpretieren könnte.“

Cris bemühte sich während Tacemas kleinen Vortrags keine Miene zu verziehen. Nach einer weiteren Agentin nun auch noch ein Jedi an Bord? Das würde Noa in der Tat nicht gefallen… ob Pablos Optimismus, was ihre Kooperationsbereitschaft anging, berechtigt war?

„Also, Meister Jedi…“, ergriff Tacema wieder das Wort.

„Was sagen Sie?“

[Coruscant, Mittlere Ebenen, Büros von Duro Agricultural Imports, Büro des Geschäftsführers]- Crado, Cris, Major Tacema
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: mittlere Ebenen | Gebäude der „Duro Agricultural Imports“ (Zellenhauptquartier des NRGD) | Büro des Geschäftsführers :||: mit Cris Sheldon und einem Duros (Major Tacema) :]

Funkelnde, rote Augen musterten den Cathar, während der republikanische Agent, Cris Sheldon mit Namen, Crados Geschichte erzählte. Keine Muskel regte sich unter der blassgrünen Haut. Nirgends sah man irgendein klitzekleines Anzeichen, ob der Vorgesetzte (Major Tacema) das Erzählte glaubte oder nicht. Derweil der drahtige Mensch sprach wirkte er beim Zuhören distanziert, fast abgebrüht. Kurzzeitig hatte das Katzenwesen das Gefühl, dass diesen grünen Fremden nichts so schnell aus der Bahn werfen würde. Er schwieg bloß, lauschte anscheinend dem „Bericht“ und machte sich derweil seine eigenen Gedanken zu der kuriosen Problematik. Amnestieversprechungen, Überschreitung der Befugnisse – waren das Dinge die man schon auf dieser Ebene klärte oder war das zottelige Wesen bloß ins nächste, tiefere Becken gefallen, wo noch gefährlichere Tierchen der mächtigen Bürokratie auf ihn warteten?

Ein eiskalter Schauder glitt ihm – trotz dichtem, orangefarbenen Fell – den Rücken entlang als sich der Agent, dessen Spezies Crado nicht bestimmten konnte, äußerte. Unmerklich hatte er sich aus der bedachten Starre, die er bis zu diesem Zeitpunkt angenommen hatte, gelöst als seine Stimme in aller Ruhe sprach:
„Eine… interessante Geschichte, Captain.“ Sein Blick glitt von dem Menschen erneut zu dem untersetzten Cathar. „Ich vermute, Sie haben unseren Gast bereits über die… Implikationen seines Handelns aufgeklärt?“

„Ja, Sir“
, erwiderte Sheldon pflichtbewusst.

Kurzzeitig hatte Crado den Eindruck, dass der Mensch in Wirklichkeit ein Roboter war. Bisher hatte er kaum echte Gefühlsregungen bei diesem Sheldon erlebt. Setzte die Neue Republik im Geheimen tatsächlich solche Mittel ein oder war eher der Militärdienst daran schuld? Einen Moment ruhte sein Blick auf dem republikanischen Agenten. Ruhig, selbstsicher und „militärisch“ stand er vor seinem blassgrünen Vorgesetzten. Mehr und mehr hatte das Katzenwesen das Gefühl, dass es an diesem Ort nicht die erhoffte Rettung finden würde. Noomis regloser Gesichtsausdruck blitzte kurz vor seinem geistigen Auge auf. Irgendetwas berührte ihn in plötzlich der Macht schwach, kaum merklich. Doch anstatt sich diesem Reiz zu öffnen, ihn Willkommen zu heißen, zog er sich lieber noch mehr zurück. Dabei wurde der dumpfe Nebel, der sein Bewusstsein umgab, noch ein bisschen dichter. Und damit löste sich auch das Bild der Nautolanerin, die er in den Tod geschickt hatte, auf.

Sheldon und sein Vorgesetzter hatten derweil das Gespräch weitergeführt. Bloß in Fetzen hatte der zottelige Cathar das Gespräch verfolgt, weshalb er nicht sofort reagierte als der zweite Agent erneut das Wort an ihn richtete:
„Gut. Ihnen, Meister Jedi, würde ich indes raten, den Captain nach Mon Calamari zu begleiten und sich dort einer genaueren… Untersuchung dieser Vorfälle unter Einbeziehung des Rates der Jedi zu stellen. Ich bin mir sicher, dass es nach Bekanntwerden dieser Vorfälle eine Petition seitens des Kanzlers an den Rat geben wird, diese Fragen aufzuarbeiten. Sollten Sie dann noch auf Coruscant sein… nun, ich könnte mir vorstellen, dass der Rat dies als Schuldbekenntnis interpretieren könnte. Also, Meister Jedi … Was sagen Sie?“

„Ich verstehe, Sir...“, entgegnete das Katzenwesen stumpf. „Selbstverständlich werde ich Ihren Rat befolgen und den … Captain nach Mon Calamari begleiten.“

'Auf Coruscant hält mich eh nichts mehr', fügte er in Gedanken hinzu. Ganz am Anfang der Mission hatte Crado noch Tatendrang verspürt. Zusammen mit seiner eifrigen Padawan wollte er die Galaxie zu einem besseren Ort machen. Mit dem Lichtschwert und seinen Machtfertigkeiten all das Dunkel erfolgreich vertreiben. Knapp ein Jahr war seitdem vergangen. Und was hatte er erreicht? Coruscant gehörte noch immer dem Imperium, der Widerstand war auf zwielichtige Hilfe angewiesen und der Cathar hatte in seiner Mentorrolle versagt – Noomi war tot. Sein Herz zog sich zusammen. In letzter Sekunde unterdrückte er einen Seufzer. Konnte er jemals auf Vergebung hoffen? War die Macht ein Fluch oder ein Segen? Hätte er lieber auf Nar Shaddaa bleiben sollen? Wieder einmal rauschten die unlösbaren Fragen durch seinen Kopf. Hätte, wäre, wenn – andere Worte schien sein Bewusstsein in diesem – vor Selbstmitleid triefenden – Zustand nicht mehr zu kennen.

Noch ein paar Worte und Dokumente wechselten schnell den Besitzer. Der Vorgesetzte gab Sheldon die letzten Instruktionen. Da der Cathar für diese Gespräche nicht mehr gebraucht wurde, ging er in aller Ruhe zurück auf den Gang. Ein Luftzug zerrte für den Bruchteil einer Sekunde an seinem sehr schmutzigen Poncho. Geruchspartikel von Essbarem wirbelte es dabei in seine Nase. Sofort machte sich sein Magen knurrend bemerkbar. Seit Stunden hatte er nichts gegessen. Behutsam streichelte er den rebellierenden Bauch. Doch so schnell beruhigte sich sein Körper nicht. Der Magen knurrte ein zweites Mal. Er ignorierte das Geräusch und lehnte sich stattdessen an die raue Wand. Weil er sich in die Hände des republikanischen Geheimdienstes begeben hatte, musste er nun nach dessen Musik tanzen. Dementsprechend besaß er keinerlei Kontrolle über die Situation mehr. Und so hörte er tief im Inneren sein Gewissen aufatmen.
'Verantwortung? – Damit kannst du nicht umgehen!' Er schloss die Augen. Neben dem Hunger plagte ihn auch eine Erschöpfung, die ihn langsam von innen heraus auszuhöhlen drohte. Stück für Stück drifteten seine Gedanken ab...

Ein friedliches Glucksen holte ihn plötzlich in die Gegenwart zurück. Blitzschnell schlug der Cathar seine Augen auf, sondierte mit raschen Blicken seine Umgebung und stellte fast zeitgleich auch die restlichen Sinne auf „Gefahr“ ein. Diesen Automatismus, den er an dieser Stelle anwendete, hatte er auf Nar Shaddaa gelernt. In jungen Jahren hatten ihm Kriminelle die ganze Familie genommen und er war unweigerlich in den unteren Ebenen des verrufenen Schmugglermondes aufgewachsen. Dort lauerte der Tod überall. Jeder Wimpernschlag konnte der letzte sein – wenn man nicht wachsam war und jederzeit seine Umgebung im Auge behielt. Im Bruchteil von Sekunden musste man „hellwach“ sein und mögliche Gegner abwehren. Doch dieses Mal bedrohte ihn nichts. Das Glucksen stammte aus dem Mund einer rötlichen Mon Calamari (Jezza Barak), die mit ihrem Gepäck auf das Büro des blassgrünen Agenten zu ging. Schweigend sah Crado ihr nach. Gehörte sie auch zum Geheimdienst der Republik? Wie groß war dieser mysteriöse Apparat? Besaß Coruscant mehrere Zellen? Bevor er sich mit diesen Fragen länger beschäftigen konnte, verließen Sheldon und die junge Mon Calamari das Büro.


„Was steht nun auf dem Plan, Sir?“, fragte er den drahtigen Menschen. „Soll ich Ihnen meine Waffe – aus Sicherheitsgründen – sofort aushändigen oder wie wollen wir damit verfahren?“

[: Coruscant-System | Coruscant :||: mittlere Ebenen | Gebäude der „Duro Agricultural Imports“ (Zellenhauptquartier des NRGD) | Gang :||: mit Cris Sheldon und einer Mon Calamari (Jezza Barak) :]
 
[Coruscant, Mittlere Ebenen, Büros von Duro Agricultural Imports, Büro des Geschäftsführers]- Crado, Cris, Major Tacema

Der gestrandete Jedi zeigte sich überraschend fügsam – was indes die Annahme voraussetzte, dass er viel von dem Gespräch mitbekam, das sich zwischen Cris und Tacema entwickelt hatte – und willigte ohne Umstände ein, die kleine Gruppe, die auf der Empress of Blades Coruscant in Richtung Mon Calamari verlassen würde, zu begleiten. Der ehemalige Sturmtruppler konnte sich indes des Eindruckes nicht erwehren, dass irgendetwas den katzenartigen Nichtmenschen ablenkte – aber das wiederum konnte sich ebenso gut auf seine Unkenntnis dieser speziellen Spezies und ihrer Eigenarten zurückführen lassen. Vielleicht signalisierte das, was Cris als Abwesenheit interpretierte, tatsächlich vollste Aufmerksamkeit.

Zudem setzte Crado überraschende Diskretion an den Tag, als er den Raum stillschweigend verließ, kaum dass sich abzeichnete, dass Tacema Cris einige abschließende – und womöglich nur für Geheimdienstaugen bestimmte – Instruktionen und Informationen überreichen wollte.


„Einige letzte… Gedanken zur Situation auf Coruscant“, erläuterte der Duros, als er einen Satz Datenkarten über den Tisch schob.

„Lesen Sie sie ruhig, Captain. Nichts, was Ihre Freigabe übersteigen würde und strikt auf diese Zelle beschränkt. Vielleicht erleuchten Sie jemanden im Direktorium… vielleicht auch nicht.“

Der Major erhob sich aus seinem Stuhl.

„Viel Erfolg, Sheldon.“

„Danke, Sir.“


In diesem Moment öffnete sich erneut die Tür zum Büro, doch es war nicht der Jedi, der aus unerfindlichen Gründen zurückkehrte, sondern die Agentin Jezza Barak, jene Mon Calamari, die nach Tacemas Willen ebenfalls von Coruscant aufbrechen würde. Oder zumindest nach Tacemas Befehlen.

„Ah, Operative Barak. Sie sind abreisebereit, wie ich sehe? Ausgezeichnet. Begleiten Sie den Captain – und alles Gute auf Ihrem weiteren Weg. Ich habe mir erlaubt, eine kleine Beurteilung Ihrer bisherigen Leistungen für das Direktorium hinzuzufügen.“

Mit diesen Worten hatte der Major die beiden Agenten entlassen und Cris fand sich mit der Mon Calamari erneut auf dem Korridor wieder, wo Crado augenscheinlich geduldig gewartet hatte. Dennoch verschwendete der Jedi keine Zeit, ehe er Cris auf eine Formalie ansprach, mit der sich auch der Agent selbst gedanklich bereits beschäftigt hatte – den Verbleib des Lichtschwerts, das der Nichtmensch anscheinend doch irgendwo unter seinem Gewand mit sich führte.

„Behalten Sie sie“, entgegnete Cris und überraschte sich dabei ein wenig selbst.

„Ich glaube nicht, dass Sie mir Probleme machen werden… außerdem habe ich gelernt, dass ein Jedi auch ohne sein Lichtschwert niemals unbewaffnet ist.“


Er lächelte flüchtig – zumindest hoffte er, dass Crado seine Miene als beruhigend empfinden würde - bevor er seine Aufmerksamkeit auf die junge Mon Calamari richtete.


„Operative Barak, ich möchte, dass Sie Jedi Crado zum Hangar bringen, in dem die Empress of Blades verwahrt wird – und richten Sie dem dortigen Personal aus, das Schiff startklar zu machen. Ich werde mit dem Piloten und einer… Kontaktperson des örtlichen Widerstandes in einer Standardstunde zu Ihnen stoßen. Dann verlassen wir diesen Planeten.“

Mit einem leichten nicken wandte Cris sich von den beiden Nichtmenschen ab und folgte – mehr einer Ahnung als tatsächlicher Information folgend – dem Korridor durch die vermeintlichen Büros von Duro Agricultural Imports. Ein Raum von vielen schien sowohl in Tarngestalt, als auch in seiner tatsächlichen Funktion denselben Zweck zu erfüllen, und hier fand er Selby. Die Kantine.

Der Pilot der Empress of Blades stocherte mehr oder minder lustlos in etwas herum, das wohl ein Auflauf sein sollte, schien aber aufzuleben, als er den ehemaligen Sturmtruppler sich nähern erblickte.


„Captain! Können Sie sich vorstellen, welcher Fraß hier serviert wird…? Unglaublich! Man könnte meinen, eine so fortgeschrittene Organisation wie der Geheimdienst hätte mittlerweile die moralischen Auswirkungen einer annehmbaren Mahlzeit erkannt und…“

„Ich brauche Sie, Selby“, unterbrach Cris den Redefluss des anderen.

„Bevor wir nach Mon Calamari aufbrechen müssen wir… Miss Cortina abholen.“


Hoffentlich behielt Pablo mit seiner Meinung zu Noas Zustimmung Recht. Cris hatte nicht wirklich Lust, etwa mit einer weiteren Portion Sauce begrüßt zu werden… oder einem geschleuderten Teller.

„Ah, ich verstehe, Sir.“

Das plötzlich in Selbys Gesicht auftauchende, wissende Grinsen wollte Cris überhaupt nicht gefallen.


„In diesem Fall stehe ich Ihnen natürlich zur Verfügung, Sir. Unverzüglich.“

Und Selby stand zu seinem Wort. Den Auflauf einfach stehen lassend – schließlich war er ohnehin nicht sonderlich begeistert davon gewesen – folgte er Cris zur Gleitergarage und flog ihn zu jenem Raumhafen, in dessen leicht verruchter Umgebung sich Noas Apartment befand. Er konnte es sich auch nicht nehmen lassen, einen Abstellparkplatz für das Fahrzeug zu finden und den ehemaligen Sturmtruppler in das Wohngebäude zu begleiten, durch den schmutzigen Korridor und bis vor die Tür, hinter der er unter Noas Aufsicht seine Verletzung auskuriert hatte – unter anderem.

Ihre Nachbarn waren mal wieder am Streiten – so viel stellte Cris fest, als er sich unter Selbys belustigtem Blick anschickte, den Türsummer zu betätigen…


[Coruscant, Raumhafengegend, Wohngebäude, vor Noas Apartment]- Cris, Selby
 
- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung –

Es war alles erledigt, was es zu erledigen galt und Noa wartete nur noch darauf, dass man sie abholen würde. Sie hatte mit Pablo gesprochen, der ihr gesagt hatte, dass sie in ihrer Wohnung auf Cris warten sollte. Einfacher ging es nicht. Zwischendurch war sie bei Cloé und ihrem Vater gewesen, um sich zu verabschieden und ihnen alles zu erklären und obwohl ihre Schwester nicht begeistert davon war, dass sich Noa schon wieder aus dem Staub machte, schien sie doch irgendwie erleichtert zu sein, dass ein Aufenthalt auf Mon Calamari Noa aus der Schusslinie des weitaus gefährlicheren Coruscants bringen würde. Als der Türsummer ertönte, war Noa mehr als bereit aufzubrechen. Da sie mit Packen längst fertig gewesen war, hatte sie sich bereits begonnen zu langweilen. Für ein paar Minuten hatte sie Holo-TV geschaut, war ins Bad geschlurft, hatte sich die Haare gekämmt, einen Kaf gemacht, wieder Holo-TV geschaut, war wieder ins Bad geschlurft um ihr Spiegelbild zu überprüfen.... man hätte meinen können, dass sie ungeduldig war endlich aufzubrechen, aber so war es nicht. Es war nur so, dass sie einfach nichts mehr zu tun hatte. Der Reise sah sie ganz und gar nicht fieberhaft entgegen. Es war ja nicht so, als würden sie in den Urlaub fliegen. Das war ja Unsinn. Wenn Noa in den Urlaub fliegen würde, dann mit Freunden, ihrer Familie oder einem festen Partner, den sie nicht hatte, aber nicht mit Cris Sheldon, den sie so gut wie gar nicht kannte und mit dem sie nur der Widerstand verband. Allein der Gedanke war lächerlich. Sheldon war nicht einmal der Typ für Urlaub.

Noa schaltete das Holo-TV-Gerät ab, ohne dem Handlungsverlauf der drittklassigen Action-Serie, die sie geschaut hatte, weitere Beachtung zu schenken und ging zur Tür. Dabei rief sie sich in Erinnerung, dass sie nicht aufgeregt war und sich auch nicht übermäßig freute, Sheldon zu sehen, jedenfalls nicht mehr als sie sich über jeden anderen Besucher gefreut hätte, der sie aus ihrer Langeweile erlöste. Alle Versuche, sich selbst von dieser Wahrheit zu überzeugen, halfen jedoch nichts, als sie die Tür öffnete und ein unkontrollierter Flummi in ihrem Bauch rauf und runter hüpfte. Sie lächelte, als sie Cris' Gesicht vor sich sah – ein Lächeln, das erstarb, sobald sie erkannte, wer bei ihm war.


“Selby.“

Sagte sie laut, ihre Miene plötzlich eingefallen. Es war nicht ihre Absicht gewesen, seinen Namen wirklich auszusprechen.

“Und Cris, natürlich. Hi.“

Schlagartig war Noas gute Stimmung verflogen – nicht, dass sie sich überhaupt in einer solchen befunden hatte. Lust auf Mon Calamari hatte sie nach wie vor nicht. Coruscant war der Ort, an den sie gehörte und sie kam nur mit, weil Baes Hawot sie (nicht zum ersten Mal) manipuliert hatte. Den Defendern zu liebe. Nun, und vielleicht auch wegen Cris...ein klitze kleines bisschen.

“Mein Gepäck steht da hinten.“

Sie deutete über ihre Schulter hinweg in den Raum. Sollte dieser Lackaffe Selby doch ihre Tasche tragen. Wenn Cris schon nicht auf ihn verzichten konnte, sollte er sich wenigstens nützlich machen.

“Aber Finger weg von meinem Koffer!“

Da waren ihre Waffen drin. Den würde sie selbst ziehen. Noa warf Sheldon einen düsteren Blick zu. Er hätte wissen müssen, dass es keine gute Idee war, Selby mitzubringen. Nicht nur, dass Noa diesen Typen nicht leiden konnte, Cris hatte auch nicht das Recht dazu, irgendjemandem zu verraten, wo Noa wohnte. Erst recht nicht diesem schmierigen Agenten.

- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Mit Cris und Selby -
 
[Coruscant, Raumhafengegend, Wohngebäude, vor Noas Apartment]- Cris, Selby

Fast meinte Cris in dem Bruchteil der Sekunde, in dem Noa die Tür öffnete, ein Lächeln auf ihren attraktiven Gesichtszügen erkennen zu können, und automatisch erschien auch auf seinem Gesicht ein Lächeln, doch dann fiel ihr Blick auf Selby und jedes Anzeichen für Freundlichkeit verschwand. Zu spät dämmerte dem ehemaligen Sturmtruppler, dass der übliche Charme des Piloten bei ihr überhaupt nicht gewirkt hatte – und dass sie deswegen vermutlich wenig erbaut darüber war, dass dieser nun in ihrem Türrahmen stand und sie ein wenig selbstgefällig angrinste.

„Hallo, Noa…“, versuchte Cris es trotzdem freundlich, als sie ihn schließlich doch begrüßte, nur um sofort von ihr gesagt zu bekommen, wo sich ihr Gepäck befand. Also hatte sie sich tatsächlich dazu durchgerungen, mitzukommen. Das war ein Anfang. Der Rest… würde sich zeigen.

Selby… warum gehen Sie nicht schon einmal den Gleiter… äh… vorwärmen?“

Schmunzelnd nickte der Pilot.

„Wie Sie meinen, Captain.“

Natürlich wusste sie beide, dass man einen Gleiter nicht vorwärmen musste. Und Noa wusste es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls. Dennoch hoffte er, die Situation so ein wenig zu entspannen – es hatte Noa sicherlich einiges an Überwindung gekostet, Coruscant trotz ihres Pflichtgefühls verlassen zu wollen. Oder besser: die Notwendigkeit einzusehen, den Planeten zu verlassen. Kein Grund, sie noch weiter zu reizen. Ganz im Gegenteil.

„Ich bin froh, dass du doch mitkommst…“, sagte Cris schließlich, als Selby durch den Korridor verschwunden war, wobei er sich ihre erstaunlich schwere Reisetasche über die Schulter schwang und artig Abstand von ihrem Koffer hielt.

„Sobald wir diese Sache erledigt haben, bringen wir dich nach Coruscant zurück, wenn du das möchtest. Und mit etwas Glück sieht die Situation bis dahin schon viel besser aus. Ich glaube, du kannst auf Mon Calamari wirklich einen Unterschied machen… mehr, als du vielleicht denkst.“

Ein wenig hoffte er, ihre Laune mit Aussicht auf eine schnelle Rückkehr zumindest ein wenig zu verbessern. Gleichzeitig lag ein weiteres potentiell stimmungsschädliches Detail noch vor ihm – Noa darüber aufzuklären, welche Personen sich während des Fluges nach Mon Calamari noch auf der Empress of Blades befinden würden.

„Neben Selby werden uns noch zwei weitere Personen begleiten… eine Agentin, die nach Mon Calamari versetzt wurde, und ein… Jedi, der hier auf Coruscant wohl auf ein paar Füße zu viel getreten ist.“

Er konnte nicht einschätzen, wie Noa diese Neuigkeit wohl aufnehmen würde. Bisher hatte er zumindest den Eindruck, dass der Ruf der Jedi bei den Defendern ein guter war – schließlich waren es die Jedi, die sich wieder und wieder für den Widerstand eingesetzt hatten.

Mit der Tasche neben der Tür stehend warf Cris Noa ein zögerndes Lächeln zu.


„Wenn es hilft… ich kann Selby befehlen, den Großteil der Reise im Cockpit zu bleiben. Aber dann müssten wir auf seine Kochkünste verzichten…“

[Coruscant, Raumhafengegend, Wohngebäude, Noas Apartment]- Noa, Cris
 
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- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Mit Cris und Selby -

Den Gleiter vorwärmen? Noa sah Cris Sheldon an, als hätte dieser ihr gerade vorgeschlagen, gemeinsam mit ihm nach Bastion zu fliegen. Aber so absurd sein Ausspruch auch gewesen war, Agent Selby folgte seinem Vorschlag (oder seinem Befehl?) ohne Widerspruch und ging schon mal vor nach draußen. Warum er überhaupt mit zu Noas Wohnung gekommen war, blieb der Widerstandskämpferin ein Rätsel, aber vermutlich sollte sie Energien für andere Dinge sparen als sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Zum Beispiel konnte sie darüber nachdenken, wie sie überhaupt für die Zeit des Fluges mit diesem Schleimbeutel aka Agent Selby auskommen sollte. Das würde eine große Herausforderung darstellen. Das letzte Mal, als Noa an Bord eines Schiffes gewesen war, hatte sie fast die ganze Zeit über in ihrer Kabine verbracht. Sie sah Cris an, als dieser sich ihre Tasche über die Schulter geworfen hatte und ihr vorschlug, Selby in sein Cockpit zu verbannen, damit sie ihm nicht über den Weg laufen würde. Er hatte also gemerkt, dass Noa den Typen nicht leiden konnte – kaum verwunderlich, sie hatte sich nicht wirklich Mühe gegeben, ihre Antipathie zu verbergen.

”Es würde schon helfen, wenn er sich nicht so selbstgefällig geben würde.”

Erwiderte sie noch immer leicht genervt, bevor sie einsah, dass Cris nichts für das Verhalten seines Kollegen konnte und aus einem plötzlichen Impuls heraus lachenmusste. Selby ins Cockpit einsperren! Cris Sheldon verstand es, sie aufzuheitern und er konnte wirklich nichts für diese ganze Situation - nicht einmal dafür, dass Noa Coruscant verlassen würde. Am allerwenigsten dafür… jedenfalls traute Noa ihm nicht zu, dass er Major Tacema, den sturen Duros, mit seinem Blaster bedroht und dazu gezwungen hatte, ihn von Coruscant weg zu beordern und ihn Noa als Fürsprecherin des Widerstands mitnehmen zu lassen. Sie klappte den länglichen Griff ihres Koffers aus und zog diesen hinter sich her aus der Wohnung und auf den Gang hinaus. Die Wohnung verriegelte sie wie gewohnt, dann gingen die beiden den kahlen Korridor entlang. Zwei weitere Passagiere würden sie also begleiten, eine weitere Agentin und ein Jedi. Damit konnte Noa leben. Trotzdem begann sie auf dem Weg nach draußen an ihrer Unterlippe zu nagen.

”Ich hoffe du hast Recht und ich kann wirklich etwas bewegen. Es wäre wichtig für den Widertstand.”

Sagte sie, die Selbstzweifel in ihrer Stimme deutlich zu hören.

”Weißt du… das klingt jetzt albern, aber ich war noch nicht so oft von zu Hause fort. Weg von Coruscant, meine ich.”

Einen Augenblick lang kam sie sich vor wie ein Kleinkind. Was sie eigentlich sagen wollte war, dass sie Angst hatte, dass wieder etwas Schlimmes geschah, während sie weg war. Sie hatte Angst um ihre Geschwister, Angst um ihren Vater. Was, wenn die Bedrohung durch das Imperium noch größer wurde und Noa nicht da war, um sie zu beschützen? Sie schüttelte den Kopf um den Gedanken zu vertreiben. Sie konnte es nicht ändern und sie durfte nicht darüber nachdenken.

”Dieser Jedi…”

Griff sie schnell Cris’ Information über einen der beiden weiteren Mitreisenden auf.

”Kennst du seinen Namen?”

Der Lift hatte sie bereits ins Erdgeschoss gebracht und sie traten gerade in das triste Grau von Coruscant hinaus. Es war frisch und nieselte leicht, wie so häufig. Ein besonders angenehmer Tag war es nicht, aber trotzdem würde Noa diesen Zustand vermissen. Es mochte sein wie es war, aber es war Heimat.

”Ich habe schon ein paar Jedi hier auf Coruscant kennen gelernt. Vielleicht sagt mir sein Name etwas.”

Und wenn nicht, dann konnte sie ihn immer noch Visenc schreiben und der würde in Windeseile für sie heraus finden, was es an Newspaper Artikeln heraus zu finden gab. Wenn es etwas gab. Und selbst wenn es wenig war, dann war Noa wenigstens so gut vorbereitet wie sie konnte.

- Coruscant – Raumhafengegend – Mit Cris -
 
[Coruscant, Raumhafengegend, Wohngebäude, Noas Apartment]- Cris, Noa

Cris entspannte sich merklich, als Noa auf seinen nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag Selby betreffend doch lachen musste. Ihr Lachen hatte etwas Ansteckendes und war ähnlich ausdrucksstark – energetisch – wie der Gesichtsausdruck, den sie auflegte, wenn sie sich dazu entschloss, sich nichts gefallen zu lassen. Und doch schien auch sie nicht vollkommen unverwundbar zu sein, wie ihre leicht zweifelnden Worte im Anschluss verdeutlichten, als sie ihm offenbarte, dass sie ihre Heimatwelt noch nicht oft verlassen hatte… er schloss daraus nicht unbedingt, dass sie sich fürchtete – wer sich freiwillig mit dem Imperium anlegte kannte so profane Furcht nicht – aber sie wirkte in diesem Moment erstaunlich unsicher.

„Weißt du, nach all der Zeit, die ich auf Coruscant verbracht habe, bin ich der Meinung, dass dieser Planet einen auf alles vorbereiten kann, was die Galaxis zu bieten hat… im Guten wie im Schlechten.“

Ein leichtes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Er wusste jedenfalls, in welche dieser beiden Kategorien er die Bekanntschaft mit ihr einzuordnen hatte – auch wenn der Anschein lange ein anderer gewesen war.

„Mit den Bürokraten der Republik werden wir fertig.“

Die implizite Bedeutung hinter diesen Worten sollte klar sein – sie war nicht alleine und er würde sie nach Kräften unterstützen. Nicht nur, weil er ihr nach allem, was geschehen war, etwas schuldete. Weil er es wollte. Und weil es eine perfekte Ausrede war, weiterhin in ihrer Nähe zu bleiben.

„Die meisten von denen sind recht zugänglich, wenn sie sich nicht hinter ihren Statistiken verstecken können, sondern mit der Realität konfrontiert werden.“


Während dieses kleinen Gespräches hatten sie ihre Wohnung indes verlassen und waren mit dem Turbolift zurück in jenes Geschoss gefahren, dessen Ausgang sie zum Gleiter führen würde. Die stickige Luft der engen Kabine erschien dabei recht unangenehm – bis auf diesen feinen Hauch von Noa, den Cris meinte – so dicht, wie er neben der Widerstandskämpferin stand – wahrnehmen zu können.

Dann öffneten sich die Lifttüren und dieser kurze Moment war vorbei – Noa und Cris traten in das feuchte Wetter hinaus, auf dem Weg zum Gleiter, den Selby ganz in der Nähe abgestellt hatte. Gedanklich machte Cris eine Notiz, den Agenten darum zu bitten, seine übliche Routine in Noas Gegenwart ein wenig zu überdenken – tatsächlich war er der Überzeugung, dass die beiden ganz gut miteinander auskommen konnten, wenn er denn auf sein übliches Schauspiel verzichtete. Andererseits befürchtete Cris, dass Noas gereizte Reaktionen dem Piloten diebische Freude bereiteten.

Die Widerstandskämpferin schien jedenfalls für den Moment eher an dem machtsensitiven Teilnehmer des Fluges interessiert zu sein.


„Sein Name ist Crado, erwiderte Cris, ohne große Bedenken zu haben, ihr diese Information anzuvertrauen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte der Jedi sich ihr ohnehin vorgestellt, schließlich arbeitete er mittelbar mit dem Widerstand zusammen.

„Viel Fell. Die Spezies kenne ich nicht. Offenbar hat er den Defendern die Unterstützung eines lokalen Unterweltbosses zugesichert… Tokko. Ein Toydarianer. Ich weiß nicht, wie die Defender zu solchen Angeboten stehen… dein Bruder hatte sich noch nicht abschließend entschieden, als ich ihn verließ. Ich weiß nur, dass meine Vorgesetzten mit diesem Angebot erhebliche Bauchschmerzen hatten.“

Cris seufzte.

„Dieser Jedi hat weit außerhalb seiner Befugnisse gehandelt, auch wenn es wohl nur seine Absicht war, zu helfen. Was jetzt mit ihm geschieht, wird weit über meiner Gehaltsklasse entschieden.“


Der ehemalige Sturmtruppler schüttelte leicht mit dem Kopf und spürte dabei, wie ihm ein paar Wassertropfen aus dem Haar liefen, die der leichte Nieselregen mittlerweile vollkommen durchnässt – und ein wenig ölig verklebt – hatte. Sie waren fast am Gleiter angekommen, dessen Aggregate Selby bereits hochgefahren hatte, sodass die Lichter des Gleiters die triste Szenerie leicht erhellten.


„Du siehst… die Dinge sind oft nicht so einfach, sobald… intergalaktische Politik involviert ist.“

Mit diesen Worten öffnete Cris das Gepäckfach des Gleiters, verstaute Noas Tasche, ließ das Fach offen – ihren wertvollen Koffer wollte sie schließlich vermutlich selbst verfrachten – und öffnete ihr die rechte Tür der Passagierkabine.


[Coruscant, Raumhafengegend, beim Gleiter]- Noa, Cris, (Selby)
 
- Coruscant – Raumhafengegend – beim Gleiter– Mit Cris und Selby -

Nein, wenn es um Politik ging, waren die Dinge selten einfach. Noa lächelte, ihre Laune war wieder einigermaßen her gestellt – sehr erstaunlich, waren sie doch mittlerweile wieder zu Agent Selby aufgeschlossen. Doch der Agent verhielt sich (noch) ruhig und hatte ihr bisher den Rücken zugewandt, ein Zustand, der Noa gefiel. Je weniger sie sich mit ihm auseiander setzen musste, desto besser.

”Politik ist wie eine gute alte Münze.”

Sagte sie und hob ihren Koffer, der gerade noch leicht genug für sie war zu heben, in den Frachtraum des Gleiters, bevor sie freiwillig einen Sitz auf der hinteren Bank wählte.

”Auf der einen Seite die Zahl, weil es immer nur ums Geld geht und auf der anderen der Kopf, der als nächstes rollen wird.”

Sie holte ihr Kom hervor und suchte in ihren Kontakten nach Visenc, um ihn um einen Gefallen zu bitten. Der Name des Jedi hatte Noa nichts gesagt und da Cris auch nicht mit weiteren Informationen dienen konnte, brauchte sie Hilfe von außerhalb. Der Omwati war ein loser, vertrauenswürdiger Freund von Noa und außerdem ein Kollege. Sie schrieben beide für das gleiche Blatt, wenn auch mit unterschiedlichem Engagement. Während Noa nur auf freiberuflicher Basis arbeitete, war Visenc fest angestellt. Er war immer schnell dabei ihr zu helfen und war, wie sonst kaum jemand, flüchtig in die Arbeit des Widerstandes eingeweiht. Viel wusste er allerdings nicht. Während sie noch tippte, startete der Gleiter bereits und Noa warf einen letzten Blick auf das Gebäude, in dem sie wohnte. Wenn es um Angelegenheiten des Widerstands ging, konnte man nie wissen, wie lange man fort sein würde. So viel hatte sie bereits gelernt. Während ihrer Reise nach Abregado war es nicht anders gewesen.

”Bedeutet das, dass sich der Jedi vor dem Senat verantworten müssen wird?”

Wollte sie wissen, witterte bereits eine Story, formulierte eine kurze Grußformel an Visenc und schickte die Nachricht ab. Die Vorstellung, dass sich dieser Crado für den Versuch, dem Widerstand zu helfen, verantworten musste, gefiel ihr nicht. Sie wusste zwar noch nicht im Detail, was er getan hatte, das Cris’ Vorgesetzte nicht gutheißen konnten (die Information, sich mit einem Unterweltboss eingelassen zu haben konnte so gut wie alles bedeuten), doch fast alles war besser als auf Mon Calamari in teuren Sesseln zu sitzen und nichts zu tun. Niemand der Politiker dort konnte sich auch nur ansatzweise ausmalen, wie es in den Unteren Ebenen von Coruscant zuging, oder sogar in den Mittleren Ebenen. Auf Coruscant herrschte das Imperium und ausser den lokalen Kräften, ein paar vereinzelten Widerstandszellen von denen man nichts zu sehen bekam und den Jedi hatte sich noch niemand großartig die Mühe gemacht, dem Volk zu helfen. Hier MUSSTEN sie tun was sie konnten, um sich selbst zu helfen, auch wenn dies unter Umständen bedeutete, zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen zu müssen. Cris hatte Recht: hier auf Coruscant wurde man auf alles vorbereitet was danach kommen mochte und Noa war ihm dankbar, dass er dies so formuliert hatte. Er schien sie zu verstehen und irgendwie überraschte sie das.

- Coruscant – Gleiter- Mit Cris und Selby -
 
[Coruscant, Raumhafengegend, beim Gleiter]- Noa, Cris, (Selby)

Noas kluger und gar nicht so falscher Spruch in Bezug auf die Politik der Republik – oder vermutlich Politik im Allgemeinen – entlockte Cris ein leichtes Schmunzeln. Er selbst hatte sich mit den Manövern nie sonderlich beschäftigt, in die Teile des Direktoriums, der komplette Senat und wahrscheinlich auch alle hohen Offiziere des Militärs verstrickt waren – ihm hatte es gereicht, Befehle zu bekommen und diese auszuführen. Mit der Zeit musste allerdings auch er eingestehen, dass mit größerer Verantwortung und Eigenständigkeit auch die Notwendigkeit erwuchs, sich mehr mit solchen Dingen zu beschäftigen. Das „große Bild“ zu sehen, nicht nur den Mikrokosmos der eigenen Mission oder Zelle. Noa war als Journalistin in dieser Hinsicht vermutlich bereits abgeklärter als er – die Intrigen, zu denen Menschen wie Nichtmenschen waren, mussten sie tagtäglich beschäftigen.

Milde interessiert beobachtete Cris, dass die Widerstandskämpferin anscheinend wieder einmal in ihr Comgerät vertieft war – eine Nachricht eines ihrer Brüder, vielleicht? – und setzte sich aus einem Impuls heraus zu ihr auf die Rückbank, bevor er Selby – jetzt ganz Chauffeur, diskretes Verhalten inklusive – mit einem Nicken bedeutete, den Gleiter in Bewegung zu setzen. Es passte ganz gut, dass Noa sich auf ihr Com konzentrierte, bot es ihm doch die Möglichkeit, ihr apartes Profil zu studieren, ohne dass es ihr unbedingt sofort auffiel.

Was auch immer sie an ihrem Com herumtextete, es schien jedenfalls wichtig zu sein – auch, als sie Cris weiter mit Fragen zu Crado löcherte, blickte die Widerstandskämpferin erst auf, als das, was sie gerade geschrieben hatte, wohl dem Äther überantwortet worden war. Cris beschloss, einfach nur ihre Frage in Bezug auf den Jedi zu beantworten, anstatt sie auf ihr Com anzusprechen. Es ging ihn nicht wirklich etwas an und so, wie er Noa einschätzte, würde es ihr zutiefst missfallen, wenn er zu sehr in ihren privaten Angelegenheiten herumschnüffelte.


„Unwahrscheinlich“, gab der ehemalige Sturmtruppler daher seine Einschätzung preis.

„Es ist zwar durchaus möglich, dass das Direktorium in seinem Bericht an den Kanzler die Rolle des Jedi erwähnt und entsprechend rügt, aber weder Kanzler, noch Senat haben eine wirkliche Handhabe um einen einzelnen Jedi für irgendetwas zur Rechenschaft zu ziehen. Die Jedi operieren innerhalb der Republik vollkommen autonom, außerhalb jedweder Befehlskette. Höchstens könnte man den Rat bitten, in der Sache Crado tätig zu werden.“


Cris lächelte verschmitzt.

„Du kannst dir sicher vorstellen, dass diese Sonderstellung der Jedi einigen Senatoren und Offizieren nicht in den Kram passt.“

Er selbst hatte für diese machtpolitisch motivierte Opposition gegen den Orden wenig Verständnis. Die Jedi hatten oft bewiesen, dass sie gerade wegen des Fehlens an bürokratischen Hürden in der Lage waren, schnell und gezielt dort zu helfen, wo sie gebraucht worden, während der Senat die Situation noch in Ausschusssitzungen vorsichtig debattierte. Natürlich gab es viele kluge Gelehrte, die darlegen konnten, warum diese Einschränkung der Handlungsfähigkeit des republikanischen Staatsapparats absolut notwendig war, wenn man nicht wollte, dass die Republik sich zu einem zweiten Imperium entwickelte. Dieses aber auch auf die Jedi übertragen zu wollen wurde der Sache ganz einfach nicht gerecht. Cris konnte sich nicht vorstellen, dass der Orden, wurde er doch von so integren Persönlichkeiten wie ChesaraSyonette angeführt, irgendeine Art von Gefahr darstellen konnte. Höchstens für das Ego einiger Senatoren. Doch auch diese mussten sich letztendlich dem Willen des Volkes beugen – und das Volk liebte die Jedi, die Helden der Republik.


„Ich bin mir sicher, dass der Rat von Crados Handlungen erfahren wird“, schloss Cris seine Ausführungen ab.

„Und ich bin mir ebenso sicher, dass er zu einem weisen Urteil kommen wird. Weiser als jedes Urteil zumindest, das Gremien fällen würden, die nichts von der Situation auf Coruscant wissen.“

Nach diesen Worten warf Cris einen kurzen Blick aus dem Fenster und stellte fest, dass Selby soeben im Begriff war, den Gleiter durch jene unscheinbare Öffnung am Rande eines der Wolkenkratzer zu lenken, hinter der sich die provisorische Hangarbucht der Empress of Blades befand. Irgendjemand hatte anscheinend beschlossen, die Leuchtstrahler um die geparkte Yacht herum zu aktivieren, sodass das Schiff fast in gleißendes Licht getaucht wurde. Cris musste zugeben, dass das sich bietende Bild durchaus beeindruckend war.

„Miss Cortina…“, ergriff Selby in diesem Moment das erste Mal während der Fahrt das Wort und Cris meinte, eine gewisse Portion Stolz in seiner Stimme erkennen zu können.

„Die Empress of Blades.“

[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Gleiter]- Noa, Cris, Selby
 
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- Coruscant – Wolkenkratzer – Provisor. Hangar - Gleiter- Mit Cris und Selby -

Es erleichterte Noa zu hören, dass der Jedi, den sie noch nicht kennen gelernt hatte, sich vermutlich nicht vor dem Senat würde verantworten müssen. Er würde sich einzig und allein mit dem Rat der Jedi auseinander setzen müssen als Folge seiner nicht wirklich authorisierten Handlungen auf Coruscant. Noch immer fehlte Noa das Hintergrundwissen um diese Geschichte, doch wie schlimm konnte es schon sein? Sie bezweifelte, dass der Jedi irgendwelchen Schaden angerichtet hatte. Alles war besser, als nichts zu tun.

”Die Senatoren, die sich am Grundgerüst beziehungsweise am Sonderstatus der Jedi stören, sollten sich besser fragen, wo wir ohne den Orden wären.”

Erwiderte Noa an Cris gewandt, deutlich Partei für die Machtnutzer ergreifend. Cris hatte sich nicht direkt gegen aber auch nicht wirklich für die Jedi ausgesprochen und er sollte ruhig wissen, wo sie stand. Noa beschäftigte sich bereits seit Jahren mit dem Orden. Sie hatte so ziemlich alles über die Jedi gelesen, was ihr zwischen die Finger gekommen war und sogar mit ihnen zusammen gearbeitet, seit der Orden und die Defender erste Kontakte geknüpft hatten. Genau genommen war sie persönlich sogar für letzteres verantwortlich gewesen! Die Journalistin hatte alle Mühe zu verhindern, dass ihre Brust nicht vor Stolz anschwoll. Dass sie nicht mit allen Jedi, die ihr begegnet waren, direkt auf gutem Fuß gestanden hatte, sah sie nicht unbedingt als erwähnenswert an. Tylaar Zaith war ein Fall für sich gewesen und Meister Janson war zwar nicht unbedingt ihre erste Anlaufstelle im Orden, aber immerhin hatte sie sich nicht mit ihm gestritten. Dafür war sie gut mit Tara zurecht gekommen, oder der auf Coruscant stationierten Twi’lek und mit Meisterin Chesara sowieso. Wenn sie es recht bedachte, waren es sogar die Defender gewesen, die die Rätin mit zwei neuen Padawanen bekannt gemacht hatten, die dann schließlich ihren Weg vom Widerstand in den Orden gefunden hatte. Ha! Wenn das mal nicht dafür sprach, dass Noa gute Beziehungen zum Orden der Jedi hatte!

”…Oder generell ohne all diejenigen, die sich trauen zu handeln, ohne vorher alles zu Tode zu diskutieren.”

Fügte sie düster aber wahrheitsgemäß an. Ihr kleiner Ausflug zum Senat auf Mon Calamari würde wirklich lustig werden, dachte Noa. Sie mochte Journalistin sein, aber sie besaß ungefährlich so viel diplomatisches Geschick wie ein störrischer Astromechdroide. Was hatte sich Baes Hawot bloß dabei gedacht?

Dass sie sich ihrem Ziel näherten, erkannte Noa dadurch, dass sie durch eine schmale Passage am Rande eines Wolkenkratzers flogen, die zuerst versteckt und dunkel war, dann jedoch plötzlich in einen erleuchteten Hangar führte, in dem unverkennbar das Schiff auf sie wartete, das sie nach Mon Calamari bringen würde, die “Empress of Blades”, wie Selby sie nannte. Eine Horizon Star Yacht. Der Gleiter hatte angehalten und Noa stieg aus. Erwartete man jetzt von ihr, dass sie vor Staunen und Ehrfurcht auf die Knie fiel? Na, da konnten sie aber lange warten. Es war nicht das erste Mal, dass Noa in einem solchen Schiff flog. Sie war ziemlich platt gewesen, als sich die “Prince” als Yacht dieser Klasse entpuppt hatte, da sie Jace Chorios nach ihrem Kennenlernen nicht viel mehr als eine Schrottmühle zugetraut hatte, doch heute war sie auf den Anblick vorbereitet. Weder stand ihr der Mund offen, noch wurden ihre Augen größer und Sabber lief ihr auch nicht links und rechts aus den Mundwinkeln. Wenn dieser Selby also gehofft hatte, mit seinem Schiff bei ihr Eindruck schinden zu können, musste sie ihn leider enttäuschen. Betont lässig machte sich Noa an das einzige, das sie tun konnte, ohne dämlich in der Gegend herum zu stehen: sie lud ihren Koffer von der Ladefläche, öffnete eines der Seitenfächer und gab vor zu überprüfen, ob sie eingepackt hatte, woran sie sich gerade zu erinnern glaubte.


”Geht es direkt los oder haben wir noch etwas zu erledigen?”

Fragte sie, gleichermaßen an beide ihrer Begleiter gewandt. Möglicherweise befanden sich der Jedi und die dritte Agentin im Bunde bereits auf dem Schiff. Vielleicht mussten sie aber auch noch auf beide warten. Für Noa galt dabei: je eher sie starteten, desto eher waren sie auch wieder zurück.

- Coruscant – Wolkenkratzer – Provisor. Hangar - Mit Cris und Selby -
 
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