[Coruscant | UniSec (ehemalige Nichtmenschen-Schutzzone) | Untere Ebenen | ein schlecht sortiertes Droiden-Ersatzteilgeschäft] Wonto Sluuk, Benji Ross, Dribiteg, Medhi Varn
Erst einige Tage später kehrten Wonto Sluuk und sein Team wieder zu Toktorkas Geschäft zurück. Hinter ihnen lagen viel zu viele Stunden voller Arbeit und Probleme. Der Dug hatte recht behalten mit seiner Einschätzung: Viele Bewohner von UniSec standen der Republik beinahe ebenso skeptisch gegenüber wie dem Imperium zuvor. Man betrachtete sie nicht als Befreier, sondern als neue Besatzer. Dass insbesondere die Jedi bemüht waren, die Krankheit einzudämmen, vor der sich im Augenblick wohl jeder fürchtete, wurde zur Kenntnis genommen; republikanische Soldaten, die sich in den unteren Ebenen herumtrieben, wurden jedoch nicht gerne gesehen. Man konnte nirgends schlafen oder rasten, ohne Wachen aufzustellen, denn viel zu viele Waffen waren legal oder illegal im Umlauf und die Kriminalitätsrate war schon ohne den Zusammenbruch des öffentlichen Lebens, der mit dem Machtwechsel und der Seuche einherging, immer sehr hoch gewesen in diesem Teil der Nichtmenschen-Schutzzone. Wahrscheinlich gab es hier Leute, die Wonto und seine Kameraden für nicht mehr als ihren Mundschutz umgebracht hätten, von ihren Bikes, Waffen und der haltbaren Armeekleidung ganz zu schweigen. Und noch immer trieben sich Kämpfer und Sympathisanten des imperialen Widerstandes hier unten herum. Ihren Auftrag, deren Nester und Kommunikationswege aufzuspüren, hatten sie nicht erfüllt - trotz aller Mühe, die sie sich gegeben hatten. Stattdessen waren sie nur schmutzig und müde, hatten verschiedene Schrammen und blaue Flecken davongetragen und Dribiteg hatte sich irgendeinen Parasiten zugezogen, der seine Haut permanent jucken ließ: Umso unangenehmer, da der Parwan sich mit seinen Tentakeln ohne Hilfsmittel kaum kratzen konnte. Seine Laune war dementsprechend. Aber auch der Rest des Scout-Teams war frustriert. Der Hauptgrund, warum sie zu Toktorka zurückkehrten, war der, dass Wonto sonst niemanden mehr hier unten kannte: Seine zweifelhaften Freunde waren weg, wie der Dug gesagt hatte. Tot, weggezogen, erkrankt und ins Lazarett gebracht oder einfach verschwunden, wie es in den unteren Ebenen Coruscants und insbesondere UniSecs nicht selten geschah. Auch die winzige, dreckige Wohnung, in der er aufgewachsen war, war verlassen: Was aus seinem Vater geworden war, erfuhr er nicht; offenbar wohnte schon seit Jahren kein Ortolaner mehr in der Nähe. Corporal Sluuk war nur ein kleines Bisschen enttäuscht darüber, denn das Verhältnis zu seinem Vater war nie gut und der Versuch, ihn zu besuchen, eine leidige Pflicht gewesen. Doch er hätte sich gewünscht, dass er bei der Rückkehr an die Schauplätze seiner Jugenderinnerungen ein paar mehr vertraute Gesichter antreffen würde. So blieb eigentlich nur noch der Dug. Das schien der beste Ort zu sein, um noch einmal ein paar Stunden auszuruhen, denn obwohl Toktorka sich von seiner Vergangenheit beim anti-imperialen Widerstand abgewandt hatte, hielt Wonto ihn noch immer für vertrauenswürdig - relativ gesehen.
In nicht allzu hohem Tempo glitten die Bikes über die marode Straße, die auf dieser Ebene zu dem schlecht sortierten Geschäft für Droidenersatzteile führte. Das permanente Jaulen, das von den Repulsoren und Triebwerken ausging, hörten die Scouts schon längst nicht mehr. Sie sprachen über ihren Einsatz, doch wo es keine Erfolge gab, war auch nicht viel zu bereden. Im Grunde war es Wonto, der das Gespräch am Laufen hielt, einfach weil er ein geselliges Wesen war und gerne die Stimmen anderer Leute hörte. Benji und Medhi antworteten ihm wortkarg, während man von Dribiteg nur gelegentlich einen derben Ausruf in seiner glucksenden Muttersprache hörte. Obwohl die anderen seine Worte nicht verstanden, brauchte man nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass er auf die juckenden Parasiten fluchte. Medhi Varn flog voran, mit ungefähr drei Flugsekunden Vorsprung zu den anderen: Sie war sozusagen die Vorhut. Wenn sie etwas Ungewöhnliches entdeckte oder in Schwierigkeiten geriet, konnte sie die anderen warnen, so dass diese das Überraschungsmoment überwinden und reagieren konnten. Dadurch war sie auch die erste, die um die nächste Ecke bog, hinter der Toktorkas Geschäft sichtbar wurde.
»Etwas stimmt nicht!« funkte die Devaronianerin und ging in die Eisen. Als die drei männlichen Mitglieder des Trupps zu ihr aufschlossen, sahen auch sie, was Medhi meinte. Kein Licht brannte hinter den Schaufenstern, obwohl der Laden um diese Zeit geöffnet sein sollte. Das Ende der Gasse war in Dunkelheit getaucht. Doch diese kam nicht nur von der mangelnden Beleuchtung, sondern auch daher, dass die Wände geschwärzt waren.
»Sieht aus, als hätte es gebrannt«, bemerkte Benji.
Ohne zu antworten, setzte Wonto sich in Bewegung. Ohne dass er eine Anweisung erteilt hätte, folgten die anderen ihm in kurzem Abstand. Der Ortolaner fuhr auf den Laden des Dug zu und hielt dann bei einer Art Barrikade, die sich über die Gasse erstreckte. Man hatte Bretter aus irgendeinem holzähnlichen Kunststoffmaterial miteinander vernagelt und in unregelmäßigen Abständen mit Leuchtfarbe den Buchstaben C darauf gemalt. Der Ortolaner hatte einen unguten Verdacht, was das zu bedeuten hatte. Er saß ab. Obwohl die klapprige Absperrung ihn weder auf dem Bike noch zu Fuß davon abgehalten hätte, sich dem Laden weiter zu nähern, verzichtete er vorerst darauf, weiterzugehen. Zweimal rief er Toktorkas Namen. Dann öffnete sich mit metallischem Knarren eine Tür zu seiner Linken. Durch den handbreiten Spalt wurde die haarige Schnauze eines nichtmenschlichen Wesens sichtbar, dessen Spezies Wonto nicht mit Namen kannte.
»Er ist nicht mehr da«, sagte der Anwohner mit einer Stimme, die so ähnlich klang wie seine Tür. »Was auch immer ihr von ihm wolltet, ihr kommt zu spät und könnt auch gleich wieder wegfahren. Wir wollen keinen Ärger hier!«
»Und wir wollen auch keinen Ärger machen«, antwortete der Ortolaner. Er ließ dabei bewusst zu, dass der Dialekt seiner Jugend hörbar wurde: Es vereinfachte den Umgang mit den Bewohnern von UniSec, wenn man klang wie jemand aus der Gegend. »Toktorka ist ein Freund von mir. Können Sie mir sagen wo er hin ist? Hat es hier ein Feuer gegeben?«
»Er ist weg - so richtig weg. Tot. An der Seuche gestorben, gestern, nachdem er zwei Tage schweres Fieber hatte. Der erste Fall in unserer Straße. Ein paar Nachbarn sind in Panik geraten, wer will's ihnen verdenken, und haben seinen Laden angezündet, um alles zu vernichten, was infiziert sein könnte. Ich hoffe, das hat geklappt. Wir haben's hier schon schwer genug, auch ohne dass ihr uns irgendwelche Krankheiten einschleppt!«
»Sie glauben, wir waren das?« fragte Medhi. »Das ist doch Unsinn! Die Seuche ist auf Coruscant ausgebrochen, nicht irgendwo anders. Außerdem fliegen jeden Tag Hunderte Schiffe Coruscant an; wieso sollte ausgerechnet jemand vom Militär die Seuche eingeschleppt haben? So ein Quatsch - wir sind doch hier, um zu helfen!«
»'Ne große Hilfe seid ihr«, erwiderte das haarige Wesen. »Ein Nachbar hat schon vorgestern die Behörden informiert, dass wir hier einen Verdachtsfall von C haben. Da hat Tok noch gelebt. Ich hab' ihm gesagt, die Mühe kann er sich sparen, weil ja doch keiner kommt, und ich hatte recht. Niemand hat geholfen. Oder den Laden und die Wohnung desinfiziert. Oder uns Medizin gebracht. Oder wenigstens mal gesagt, was hier überhaupt los ist und wann diese schreckliche Sache endlich ein Ende hat!«
»Tut mir leid«, murmelte Wonto. Natürlich entschuldigte er sich nicht wirklich dafür, dass er und sein Team nicht angerückt waren, um Toktorka und seinen Nachbarn zu helfen. Sie hatten ja nichts davon gewusst. Was ihm wirklich leid tat, war das Schicksal des Dug. Und damit des letzten Wesens in dieser Gegend, das so etwas wie ein Freund gewesen war. Den Tod empfand er vor allem deshalb als Verlust, weil mit dem Droidenhändler auch die letzte Verbindung zu seiner Jugend ein Ende gefunden hatte. UniSec war nun endgültig nicht mehr Wontos Zuhause und würde es wohl auch nie wieder sein. Nachdenklich stieg er wieder in den Sattel, wendete die Maschine und brauste davon - weit schneller, als sie gekommen waren.
Sekunden später hatten seine Kameraden ihn eingeholt. In seinem Helm hörte er erst wieder einen Fluch Dribitegs, dann die Stimme von Benji Ross:
»Tut mir echt leid, Corporal. Er war... ein guter Kerl.«
»Wer, Toktorka? Nee, eigentlich nicht. Aber gemocht habe ich ihn trotzdem.«
»Wenn Sie reden wollen...«
Doch dieses Bedürfnis hatte Wonto nicht. Zumindest wollte er mit niemandem darüber sprechen, was Toks Verlust für ihn bedeutete oder auch nicht. Der Schreck über den Tod des Dug hatte mittlerweile ganz andere Gedanken bei ihm ausgelöst. Im Augenblick dominierte nicht Trauer, sondern Sorge. Ohne zu merken, dass er Benji unterbrach, sagte er:
»Leute, wir haben jetzt ein Problem! Tok ist gestern gestorben. Rechnet mal zurück: Als wir bei ihm gewesen sind, muss er schon krank gewesen sein.«
»Und war vielleicht schon ansteckend«, führte Medhi den Gedanken weiter.
»Ja. Wir haben mit ihm zusammengesessen, Sachen von ihm angefasst, mit ihm geredet, ihm die Hand gegeben...«
»Er hat einen feuchten Händedruck«, stellte Benji fest. Auch er klang nun ziemlich nachdenklich, wahrscheinlich auch besorgt.
»Und eine genauso feuchte Aussprache«, warf Dribiteg mit ein. Es war das erste Mal an diesem Tag, dass er etwas sagte, ohne dabei über seinen Ausschlag zu schimpfen. Offenbar erkannte er, dass sie nun in größeren Schwierigkeiten steckten.
Der Corporal brachte die Sache auf den Punkt: »Wir können uns alle angesteckt haben. Ihr wisst, was das heißt: Wir müssen uns jetzt ganz genau beobachten. Jeder sich selbst und auch gegenseitig. Wer sich unwohl fühlt, sagt es, und wer beim anderen irgendwas Seltsames bemerkt, auch! Die Krankheit ist gefährlich. Je eher sie behandelt wird, umso besser sind die Chancen, also wird nicht die kleinste Kleinigkeit verschwiegen! Beim geringsten Verdacht fliegen wir in die nächste Basis oder ins nächste Krankenhaus.«
»Sollten wir uns nicht vorsorglich schonmal untersuchen lassen?«
»Würd' ich gern, Benji. Aber du weißt doch, wie voll die Sammelstellen sind und wie viele panische Coruscanti da auftauchen, um sich durchchecken zu lassen. Die können nicht alle untersuchen. Wenn du nicht zumindest ein paar Symptome hast, wirst du einfach wieder weggeschickt. Ich schlage vor, wir machen erstmal mit unserer Arbeit weiter. Wahrscheinlich haben wir ja gar nix und alles ist in Ordnung.«
Ein paar Sekunden lang schwiegen sich die Soldaten gegenseitig an. Keiner wollte Wonto widersprechen, aber auch keiner wagte, ihm rechtzugeben. Schließlich war es ausgerechnet Dribiteg, der das Schweigen brach und sagte:
»Wir hatten noch diese Spur, die ins Planquadrat E-44 führt. Der Hehler, der angeblich den imperialen Widerstand mit Waffen versorgt. Klar war die Quelle nicht sehr glaubwürdig, aber wir sollten ihm trotzdem auf den Zahn fühlen.«
Glücklich, dass das Thema gewechselt hatte und es etwas Konstruktives zu tun gab, pflichtete der Ortolaner ihm bei: »Richtig, Private. Es ist die beste Spur, die wir im Moment haben; also auf nach E-44! Du fliegst voraus. Nächste links, dann zwanzig Kilometer den ehemaligen Boulevard entlang. Tempo, Leute, ich will zum Abendessen fertig sein!«
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