Arkon Revan
Jedi-Ritter
[Coruscant | Untere Ebenen | Unweit der Kneipe „Lor’s Fluxonial Gorge“] Arkon
Coruscant war das Herz der bekannten Galaxis und die Heimat für mehr als eine Trillion empfindungsfähiger Wesen. Mittlerweile war es auch für Arkon mehr Heimat geworden, als es Alderaan war. Sicherlich, er war auf Alderaan aufgewachsen, hatte dort Freunde und Familie, aber Coruscant hatte ihm in den letzten Jahren so massiv seinen Stempel aufgedrückt und übte solch einen Sog auf ihn aus, dass er sich dem nicht entziehen konnte. Sein erster Meister, Jor Moch, hatte ihn damals mitgenommen, um „undercover“ Coruscant zu infiltrieren. Ein riskantes und gefährliches Unterfangen, dem Arkon, wäre er damals der Meister gewesen, seinen minderjährigen Padawan-Schüler niemals ausgesetzt hätte. Nicht zu Beginn der Ausbildung und nicht ohne Vorbereitung. Und wie es die Macht so wollte, es war gründlich schiefgegangen. Erinnern konnte er sich nicht mehr daran, was damals passiert war. Sein Kopf begann zu schmerzen, wenn er es versuchte. Die Bilder in seinem Kopf verschwammen zu einem diffusen Rauschen aus Licht und Ton und trugen nicht dazu bei die Lücke in seinen Erinnerungen zu schließen.
Nachdem er von Ilum hierher zurückgekehrt war, hatte er es mit Psychometrie versucht, aber er vernahm nichts. Die Macht schwieg und er hörte weder ein Echo noch ein Flüstern dieser Phase seiner Vergangenheit. All die Dinge, die er gefunden hatte, an denen er versucht hatte entgegen dem Fluss der Zeit zu schwimmen, lieferten ihm keine Antwort darauf, warum er damals sein Gedächtnis verloren und in den unteren Ebenen Coruscants ein neues Leben angefangen hatte, ja anfangen musste. Es schien, als ob die Macht selbst jeden Hinweis, jede Brotkrume, die ihm eine Erklärung oder eine weitere Fährte hätte geben können, vernichtet worden war. All die Gegenstände, die ihm hätten helfen können, die in der Macht ihm beständig aus der Vergangenheit zuflüsterten, ihm seine Geschichten offenbarten, berührten Ereignisse oder Geschehnisse, die ihn entweder überhaupt nicht betrafen, oder ihm schon selbst bewusst waren und er sich an sie erinnerte.
Er stieß ein frustriertes Seufzen aus und zwang sich kurz innezuhalten. Mittlerweile war es auf Coruscant Nacht geworden, wie ihm ein Blick auf sein Chrono verriet. Nicht, dass es etwas an der Dunkelheit und den Lichtverhältnissen hier unten geändert hätte. Die Geschäftigkeit hier unten war zu jeder Tages- und Uhrzeit chaotisch und unterschied sich nur darin, welche Wesen gerade aktiv waren. Die flackernden Neonreklamen waren ununterbrochen aktiv und erhellten die hier sonst vorherrschende Dunkelheit mit künstlichem Licht.
Der Untergrund knirschte oder schmatzte unter seinen Schritten, je nachdem wie nass oder trocken der Straßenbelag war, auf dem er lief. Es hatte sich hier unten nichts verändert, seit die Neue Republik die Herrschaft übernommen hatte. Vermutlich hatten die meisten Wesen hier es nicht einmal mitbekommen, dass die Regierung gewechselt hatte. Die wenigsten, die hier unten lebten, würden diesen Distrikt je verlassen, geschweige denn von diesem Planeten entkommen können. Ein Gedanke, bei dem sich Arkons Magen zusammenzog, erinnerte es ihn doch daran, dass dies auch fast sein Schicksal gewesen wäre. Aber er hatte Glück gehabt. Durch eine Fügung der Macht hatte ihn ein Jedi-Ritter „entdeckt“ und ihn unter seine Fittiche genommen. Arkon hatte die Gelegenheit erhalten von dieser Welt zu entkommen, andere wiederrum nicht.
Unwillkürlich wanderte seine linke Hand an die Kette, die um seinen Hals hing und er umgriff kurz mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger den Anhänger der Kette. Seine Freundin hatte es nicht von Coruscant geschafft, von einem Ghoul zerfetzt und das letzte Mal, dass er sie und seine anderen Freunde gesehen hatte, das war hier gewesen.
Er blieb stehen und blickte sich kurz um. Der Blick wanderte an der rauen Fassade entlang, ehe er an einem Neonschild hängen blieb: „Lor’s Fluxonial Gorge“, las er in Gedanken. Das war der Ort gewesen, als er damals auf Markus Finn, seinen zweiten Meister, und Shana, Markus‘ damalige Padawan, getroffen war. Er lächelte gequält, es sollte eigentlich nur ein kurzer Taschendiebstahl werden, niemand hatte geahnt welch ungeahnte Folgen diese Tat für ihn und seine Freunde haben würde.
Hinter der Tür wurde es laut, sie schwang mit großer Wucht nach außen auf und zwei ziemlich empörte Jawas in brauner Kutte wurden von einem wütenden Besalisken hinausgeworfen, der sich anschließend, mit einer Hand über die Stirn wischte, mit zwei weiteren eine Zigarre entzündete und mit der vierte gerade die Tür schließen wollte, als Arkon an ihm vorbeischlüpfte und den düsteren Schankraum trat. Es kam durch die ungeputzten Fenster nur wenig Licht von außen hinein und die Lampen hier drin erfüllte ihre Aufgabe auch nur mäßig. Ein diffuser Nebel, vermutlich durch diverse Tabakprodukte erzeugt, waberte auf Brusthöhe durch den gesamten Raum und gab der gesamten Kneipe einen eigenen Charme. Er streifte seine Kapuze ab und lief langsam in Richtung eines freien Tisches. Die Kneipe selbst war nur mäßig besucht und die meisten Wesen saßen allein vor einem Krug mit irgendwelchen Getränken gefüllt. Jedes Anheben seines Fußes war mit deutlichem Widerstand verknüpft, wenn sich seine Sohle schmatzend vom Boden löste, und mit einem Grinsen musste sich Arkon fragen, ob dieser Ort schon damals, als er auf Markus Finn getroffen war, so heruntergekommen war. Er setzte sich auf eine Eckbank von der gut den Eingang betrachten konnte und traute sich kaum seine Arme auf dem Tisch vor ihm abzulegen, tat es dann aber doch und bereute es sofort, als er die klebrige Oberfläche durch seine Robe spürte. Sein Blick wanderte neugierig durch den Raum und blieb dann an dem Besalisken hängen, der langsam auf ihn zustapfte.
„Jemanden, deiner Sorte bedienen wir hier nicht“, brummte dieser, als er in Hörweite gekommen war.
„Wie meine Sorte?“, fragte Arkon irritiert.
„Jedi“, brummte der Besalisk zurück, der ab und zu noch an seiner Zigarre zog, „ihr habt die Angewohnheit mit euren bunten Leuchstäben zu fuchteln, Gliedmaßen abzutrennen und ohne die Schäden zu zahlen abzuziehen …“
Wortlos legte der alderaanische Jedi einen Cred-Chip auf den Tisch vor ihn.
„Ich habe weder vor, Gliedmaßen abzutrennen, noch ohne zu zahlen abzuziehen. Das Einzige, was ich hier möchte, ist ein alderaanisches Ale“, entgegnete Arkon bestimmt und versuchte den Blickkontakt nicht abbrechen zu lassen.
Irgendetwas murmelnd griff der Nichtmensch nach dem Chip, griff mit einer anderen Hand einen Lappen, spuckte in diesen hinein und scheuerte damit über die Tischplatte vor Arkon, der ziemlich irritiert seine Arme zurückzog, nicht ohne zu spüren und zu fühlen, wie einige Fasern seiner Robe für immer auf dem Tisch zurückblieben. Nachdem der Gastwirt mit seinem Lappen, auch von diesem Tuch klebten jetzt weitere Fasern an dem Tisch, seine rein formale Reinigung beendet hatte, klemmte er sich das Tuch hinten in die Hose, stapfte zum Tresen kam mit einer Flasche zurück und stellte sie vor dem Jedi auf den Tisch:
„Geht auf’s Haus“, meinte er barsch und ging dann wieder zurück zum Tresen. Arkon betrachtete ihn kurz, in einer Hand immer noch die Zigarre, an der der Wirt hin und wieder zog, wie dieser mit zwei weiteren Händen und dem schon bekannten Tuch die Gläser polierte, und beschloss für sich, dass er das Ale nicht anrühren würde. Er sah sich die Flasche an und bemerkte, dass nicht einmal der Kornkorken geöffnet wurde. Er ließ sich in die Lehne der Bank zurückfallen und seufzte.
Erschöpft schloss er seine Augen und konzentrierte sich auf die Macht. Er war aus einem bestimmten Grund hierher zurückgekehrt und tastete mit Hilfe der Macht in der Vergangenheit und den Erinnerungen dieses Ortes herum. Er hatte seine Gruppe und seine Freundin her zuletzt angetroffen, vielleicht könnte die Macht ihm hier irgendwelche Hinweise oder Anhaltspunkte geben. Bilder schossen an seinem inneren Auge vorbei, Rufe, Schreie, Emotionen. Ein Eindruck schneller als der andere. Kaum hatte er verstanden worum ist dem einen Fetzen ging, entglitt dieser ihm und ein weiterer drängte sich ihm auf, wurde von einem nächsten überlagert. Es war zu viel. Er schlug seine Augen auf und griff gedankenverloren nach der vor ihm stehenden Flasche und drehte diese grundlos auf dem Tisch herum. Er würde hier so schnell nichts in Erfahrung bringen. Zu viel war hier passiert. Zu viele Gefühle und Emotionen, die sich gegenseitig überlagerten, als dass er mit seinen Fähigkeiten hier einen Durchblick erhalten könnte. Er würde hier keine Spur von Zannah finden. Er würde weitergehen müssen. Woanders suchen müssen. Ob er ins Honey House zurückkehren sollte, um dort kurz nachzusehen? Mit großer Wahrscheinlichkeit würde er hier aber nichts mehr finden können. Das Imperium ist ihnen dort auf die Schliche gekommen und hat im Anschluss sicher keinen Stein auf dem anderen gelassen, falls es das Etablissement überhaupt noch gab. Erneut entwich ein Seufzer seinen Lippen und Arkon ließ die Flasche los, die er immer noch unruhig auf dem Tisch hin und her schob. Eine letzte Idee hatte er noch …
Entschlossen stand er auf, nahm die Flasche Ale und stellte sie beim Hinausgehen einem verdatterten Togruta auf den Tisch, warf sich die Kapuze über den Kopf und verließ die Kneipe. Also musste er dorthin zurückkehren, wo er und seine Gruppe all die Jahre auf Coruscant gelebt, gewohnt und gelitten hatten. Es war irgendwo in der Nähe des Jawa-Distriktes gewesen. Irgendwo in den alten Eingeweiden eines der unzähligen Wolkenkratzer. Er sah sich um, versuchte sich zu erinnern und verschwand in einem Labyrinth aus Seitengassen, ehe er vor dem untersten Geschoss (falls es so etwas auf Coruscant je gab) eines Wolkenkratzers ankam. Hoffentlich war es der Richtige …
„Irgendwie wo hier …“, murmelte Arkon vor sich her, während zwischen all dem Unrat, Abfällen und anderen, nicht weiter definierbaren Hinterlassenschaften einen Eingang suchte, „… muss doch …“. Er verstummte und blickte irritiert auf eine schlecht verschweißte Metallplatte, die den Eingang abdeckte, den er gesucht hatte.
Früher war das der Ein- und Ausgang gewesen, den seine Gruppe verwendet hatte, um in ihr „Lager“ im Maschinenraum des Wolkenkratzers zu gelangen. Er kniete sich hin und betrachtete die Metallplatte genauer. Sie war deutlich verwittert und demnach vor nicht allzu langer Zeit angebracht worden. Ein zerbröckelnder Sticker, auf dem irgendetwas von Ung[..]kämpf[…] darauf stand befand, sich mittig auf der Platte.
Ohne zu zögern, griff er an seinen Gürtel, nahm sein Lichtschwert, aktivierte es und schnitt die Platte so auf, dass er hindurch konnte. Er zwängte sich in den nun freigelegten Schacht hinein – penibel achtete er darauf nicht von den heißen Schnittkanten berührt zu werden und bewegte sich in einer Mischung aus Kriechen und geducktem Laufen den Schacht entlang, bis er in einem altertümlichen Maschinenraum eines der riesigen Wolkenkratzer Coruscants kam. Vor einiger Zeit war das noch seine Heimat gewesen, sein zu Hause, aber es hatte sich verändert. Es stank bestialisch nach Kot und Verwesung, trotz der laufenden Lüftungsanlagen, die monoton brummten. Von Wänden gedämpft hörte er die Anlagen, die fast schon magisch die Funktionen der Wolkenkratzer aufrechterhielten. Vorsichtig schritt er den Gang entlang in Richtung der Räume, die er damals mit seiner Gruppe bewohnt hatte, sein Lichtschwert hielt er deaktiviert in seiner rechten Hand, sein Magen verkrampfte sich, zog sich zusammen, aus Furcht vor dem was er sehen oder nicht sehen würde. Er ging um die Ecke, betrat den Raum, in dem er sich gewaschen hatte, bevor er die ereignisreiche Begegnung mit Markus Finn gehabt hatte. Der Wasserkanister von damals stand immer noch hier, bedeckt von einer dicken Schicht aus Staub. Arkon näherte sich ihm, hob ihn vorsichtig an und stellte fest, dass er fast leer war. Im Raum verteilt sah er alte Schüsseln, Schalen und aufgerissene Verpackungen von Fertiggerichten. Hier und da sah er getrockneten Kot, ob von Mensch oder Tier konnte er nicht mit Gewissheit sagen. Er war sich aber sicher, dass weder er noch jemand anderes aus seiner Gruppe sich jemals in ihren Räumen erleichtert hatten.
Er verließ den Raum und ging auf den Flur hinaus in Richtung des anderen Raumes, den, den sie damals zum Schlafen benutzt hatten. Der vorherrschende Geruch wurde stärker und intensiver – genau wie sein vorherrschendes, ungutes Gefühl. Und wie aus dem Nichts schoss mit einem Brüllen ein gigantischer großer Berg aus Zähnen und Muskeln auf ihn zu. Ohne es zu merken, aktivierte sich mit einem Zischen sein weißes Lichtschwert. Es schnitt instinktiv durch Sehnen, Fleisch und Knochen. Der Geruch von verbranntem Gewebe ergänzte den hier vorherrschenden Geruch mit einer weiteren Note und mit einem lauten Knall fiel der Leichnam einer Bienen-Ratte vor Arkon auf den Boden. Die strahlend weiße Klinge seines Lichtschwertes erhellte nun die Szenerie vor ihm, die er nun umso intensiver wahrnahm und sein Herz schien in seiner Brust zu stoppen. Sein Lichtschwert fiel noch aktiviert klappernd auf den Boden und erst nach einer Sekunde deaktivierte der Sicherheitsmechanismus die Klinge.
Arkon ging zaghaft einen Schritt in den Raum hinein, während er auf seine Knie sank. Das Bild, dass sich ihm bot, war die perfekte Erklärung für den Geruch, der diesen kompletten Bereich hier unten dominierte. Vor ihm lag eine tote, halb verweste Bienen-Ratte, im Todeskampf verbissen in einen Wookiee, der irgendeinen scharfkantigen Gegenstand in den Hals der Ratte gerammt hatte, auch er sah übel zugerichtet aus und dem Geruch und dem Zustand seiner Leiche nach zu urteilen, war der Kampf schon etwas länger her.
Er kämpfte die in ihm hochkommende Übelkeit nieder, wurde aber zeitgleich von der in ihm aufkommenden Trauer und Furcht übermannt, sein Atem wurde schwerer, die Brust enger, als er versuchte sich wieder aufzurichten und aufzustehen. Er zwang sich seinen Blick nicht von dem Wookiee abzuwenden, den er für Rowroar hielt. Sein Blickfeld wurde enger, verschwommener, während er sich einen weiteren Schritt nach vorne zwang. Er würde die Waffe berühren und mit ihrer Hilfe Gewissheit erhalten. Er musste es. Das war er Ihnen nach all der Zeit schuldig.
[Coruscant | Untere Ebenen | Maschinenraum eines Wolkenkratzers] Arkon
Coruscant war das Herz der bekannten Galaxis und die Heimat für mehr als eine Trillion empfindungsfähiger Wesen. Mittlerweile war es auch für Arkon mehr Heimat geworden, als es Alderaan war. Sicherlich, er war auf Alderaan aufgewachsen, hatte dort Freunde und Familie, aber Coruscant hatte ihm in den letzten Jahren so massiv seinen Stempel aufgedrückt und übte solch einen Sog auf ihn aus, dass er sich dem nicht entziehen konnte. Sein erster Meister, Jor Moch, hatte ihn damals mitgenommen, um „undercover“ Coruscant zu infiltrieren. Ein riskantes und gefährliches Unterfangen, dem Arkon, wäre er damals der Meister gewesen, seinen minderjährigen Padawan-Schüler niemals ausgesetzt hätte. Nicht zu Beginn der Ausbildung und nicht ohne Vorbereitung. Und wie es die Macht so wollte, es war gründlich schiefgegangen. Erinnern konnte er sich nicht mehr daran, was damals passiert war. Sein Kopf begann zu schmerzen, wenn er es versuchte. Die Bilder in seinem Kopf verschwammen zu einem diffusen Rauschen aus Licht und Ton und trugen nicht dazu bei die Lücke in seinen Erinnerungen zu schließen.
Nachdem er von Ilum hierher zurückgekehrt war, hatte er es mit Psychometrie versucht, aber er vernahm nichts. Die Macht schwieg und er hörte weder ein Echo noch ein Flüstern dieser Phase seiner Vergangenheit. All die Dinge, die er gefunden hatte, an denen er versucht hatte entgegen dem Fluss der Zeit zu schwimmen, lieferten ihm keine Antwort darauf, warum er damals sein Gedächtnis verloren und in den unteren Ebenen Coruscants ein neues Leben angefangen hatte, ja anfangen musste. Es schien, als ob die Macht selbst jeden Hinweis, jede Brotkrume, die ihm eine Erklärung oder eine weitere Fährte hätte geben können, vernichtet worden war. All die Gegenstände, die ihm hätten helfen können, die in der Macht ihm beständig aus der Vergangenheit zuflüsterten, ihm seine Geschichten offenbarten, berührten Ereignisse oder Geschehnisse, die ihn entweder überhaupt nicht betrafen, oder ihm schon selbst bewusst waren und er sich an sie erinnerte.
Er stieß ein frustriertes Seufzen aus und zwang sich kurz innezuhalten. Mittlerweile war es auf Coruscant Nacht geworden, wie ihm ein Blick auf sein Chrono verriet. Nicht, dass es etwas an der Dunkelheit und den Lichtverhältnissen hier unten geändert hätte. Die Geschäftigkeit hier unten war zu jeder Tages- und Uhrzeit chaotisch und unterschied sich nur darin, welche Wesen gerade aktiv waren. Die flackernden Neonreklamen waren ununterbrochen aktiv und erhellten die hier sonst vorherrschende Dunkelheit mit künstlichem Licht.
Der Untergrund knirschte oder schmatzte unter seinen Schritten, je nachdem wie nass oder trocken der Straßenbelag war, auf dem er lief. Es hatte sich hier unten nichts verändert, seit die Neue Republik die Herrschaft übernommen hatte. Vermutlich hatten die meisten Wesen hier es nicht einmal mitbekommen, dass die Regierung gewechselt hatte. Die wenigsten, die hier unten lebten, würden diesen Distrikt je verlassen, geschweige denn von diesem Planeten entkommen können. Ein Gedanke, bei dem sich Arkons Magen zusammenzog, erinnerte es ihn doch daran, dass dies auch fast sein Schicksal gewesen wäre. Aber er hatte Glück gehabt. Durch eine Fügung der Macht hatte ihn ein Jedi-Ritter „entdeckt“ und ihn unter seine Fittiche genommen. Arkon hatte die Gelegenheit erhalten von dieser Welt zu entkommen, andere wiederrum nicht.
Unwillkürlich wanderte seine linke Hand an die Kette, die um seinen Hals hing und er umgriff kurz mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger den Anhänger der Kette. Seine Freundin hatte es nicht von Coruscant geschafft, von einem Ghoul zerfetzt und das letzte Mal, dass er sie und seine anderen Freunde gesehen hatte, das war hier gewesen.
Er blieb stehen und blickte sich kurz um. Der Blick wanderte an der rauen Fassade entlang, ehe er an einem Neonschild hängen blieb: „Lor’s Fluxonial Gorge“, las er in Gedanken. Das war der Ort gewesen, als er damals auf Markus Finn, seinen zweiten Meister, und Shana, Markus‘ damalige Padawan, getroffen war. Er lächelte gequält, es sollte eigentlich nur ein kurzer Taschendiebstahl werden, niemand hatte geahnt welch ungeahnte Folgen diese Tat für ihn und seine Freunde haben würde.
Hinter der Tür wurde es laut, sie schwang mit großer Wucht nach außen auf und zwei ziemlich empörte Jawas in brauner Kutte wurden von einem wütenden Besalisken hinausgeworfen, der sich anschließend, mit einer Hand über die Stirn wischte, mit zwei weiteren eine Zigarre entzündete und mit der vierte gerade die Tür schließen wollte, als Arkon an ihm vorbeischlüpfte und den düsteren Schankraum trat. Es kam durch die ungeputzten Fenster nur wenig Licht von außen hinein und die Lampen hier drin erfüllte ihre Aufgabe auch nur mäßig. Ein diffuser Nebel, vermutlich durch diverse Tabakprodukte erzeugt, waberte auf Brusthöhe durch den gesamten Raum und gab der gesamten Kneipe einen eigenen Charme. Er streifte seine Kapuze ab und lief langsam in Richtung eines freien Tisches. Die Kneipe selbst war nur mäßig besucht und die meisten Wesen saßen allein vor einem Krug mit irgendwelchen Getränken gefüllt. Jedes Anheben seines Fußes war mit deutlichem Widerstand verknüpft, wenn sich seine Sohle schmatzend vom Boden löste, und mit einem Grinsen musste sich Arkon fragen, ob dieser Ort schon damals, als er auf Markus Finn getroffen war, so heruntergekommen war. Er setzte sich auf eine Eckbank von der gut den Eingang betrachten konnte und traute sich kaum seine Arme auf dem Tisch vor ihm abzulegen, tat es dann aber doch und bereute es sofort, als er die klebrige Oberfläche durch seine Robe spürte. Sein Blick wanderte neugierig durch den Raum und blieb dann an dem Besalisken hängen, der langsam auf ihn zustapfte.
„Jemanden, deiner Sorte bedienen wir hier nicht“, brummte dieser, als er in Hörweite gekommen war.
„Wie meine Sorte?“, fragte Arkon irritiert.
„Jedi“, brummte der Besalisk zurück, der ab und zu noch an seiner Zigarre zog, „ihr habt die Angewohnheit mit euren bunten Leuchstäben zu fuchteln, Gliedmaßen abzutrennen und ohne die Schäden zu zahlen abzuziehen …“
Wortlos legte der alderaanische Jedi einen Cred-Chip auf den Tisch vor ihn.
„Ich habe weder vor, Gliedmaßen abzutrennen, noch ohne zu zahlen abzuziehen. Das Einzige, was ich hier möchte, ist ein alderaanisches Ale“, entgegnete Arkon bestimmt und versuchte den Blickkontakt nicht abbrechen zu lassen.
Irgendetwas murmelnd griff der Nichtmensch nach dem Chip, griff mit einer anderen Hand einen Lappen, spuckte in diesen hinein und scheuerte damit über die Tischplatte vor Arkon, der ziemlich irritiert seine Arme zurückzog, nicht ohne zu spüren und zu fühlen, wie einige Fasern seiner Robe für immer auf dem Tisch zurückblieben. Nachdem der Gastwirt mit seinem Lappen, auch von diesem Tuch klebten jetzt weitere Fasern an dem Tisch, seine rein formale Reinigung beendet hatte, klemmte er sich das Tuch hinten in die Hose, stapfte zum Tresen kam mit einer Flasche zurück und stellte sie vor dem Jedi auf den Tisch:
„Geht auf’s Haus“, meinte er barsch und ging dann wieder zurück zum Tresen. Arkon betrachtete ihn kurz, in einer Hand immer noch die Zigarre, an der der Wirt hin und wieder zog, wie dieser mit zwei weiteren Händen und dem schon bekannten Tuch die Gläser polierte, und beschloss für sich, dass er das Ale nicht anrühren würde. Er sah sich die Flasche an und bemerkte, dass nicht einmal der Kornkorken geöffnet wurde. Er ließ sich in die Lehne der Bank zurückfallen und seufzte.
Erschöpft schloss er seine Augen und konzentrierte sich auf die Macht. Er war aus einem bestimmten Grund hierher zurückgekehrt und tastete mit Hilfe der Macht in der Vergangenheit und den Erinnerungen dieses Ortes herum. Er hatte seine Gruppe und seine Freundin her zuletzt angetroffen, vielleicht könnte die Macht ihm hier irgendwelche Hinweise oder Anhaltspunkte geben. Bilder schossen an seinem inneren Auge vorbei, Rufe, Schreie, Emotionen. Ein Eindruck schneller als der andere. Kaum hatte er verstanden worum ist dem einen Fetzen ging, entglitt dieser ihm und ein weiterer drängte sich ihm auf, wurde von einem nächsten überlagert. Es war zu viel. Er schlug seine Augen auf und griff gedankenverloren nach der vor ihm stehenden Flasche und drehte diese grundlos auf dem Tisch herum. Er würde hier so schnell nichts in Erfahrung bringen. Zu viel war hier passiert. Zu viele Gefühle und Emotionen, die sich gegenseitig überlagerten, als dass er mit seinen Fähigkeiten hier einen Durchblick erhalten könnte. Er würde hier keine Spur von Zannah finden. Er würde weitergehen müssen. Woanders suchen müssen. Ob er ins Honey House zurückkehren sollte, um dort kurz nachzusehen? Mit großer Wahrscheinlichkeit würde er hier aber nichts mehr finden können. Das Imperium ist ihnen dort auf die Schliche gekommen und hat im Anschluss sicher keinen Stein auf dem anderen gelassen, falls es das Etablissement überhaupt noch gab. Erneut entwich ein Seufzer seinen Lippen und Arkon ließ die Flasche los, die er immer noch unruhig auf dem Tisch hin und her schob. Eine letzte Idee hatte er noch …
Entschlossen stand er auf, nahm die Flasche Ale und stellte sie beim Hinausgehen einem verdatterten Togruta auf den Tisch, warf sich die Kapuze über den Kopf und verließ die Kneipe. Also musste er dorthin zurückkehren, wo er und seine Gruppe all die Jahre auf Coruscant gelebt, gewohnt und gelitten hatten. Es war irgendwo in der Nähe des Jawa-Distriktes gewesen. Irgendwo in den alten Eingeweiden eines der unzähligen Wolkenkratzer. Er sah sich um, versuchte sich zu erinnern und verschwand in einem Labyrinth aus Seitengassen, ehe er vor dem untersten Geschoss (falls es so etwas auf Coruscant je gab) eines Wolkenkratzers ankam. Hoffentlich war es der Richtige …
„Irgendwie wo hier …“, murmelte Arkon vor sich her, während zwischen all dem Unrat, Abfällen und anderen, nicht weiter definierbaren Hinterlassenschaften einen Eingang suchte, „… muss doch …“. Er verstummte und blickte irritiert auf eine schlecht verschweißte Metallplatte, die den Eingang abdeckte, den er gesucht hatte.
Früher war das der Ein- und Ausgang gewesen, den seine Gruppe verwendet hatte, um in ihr „Lager“ im Maschinenraum des Wolkenkratzers zu gelangen. Er kniete sich hin und betrachtete die Metallplatte genauer. Sie war deutlich verwittert und demnach vor nicht allzu langer Zeit angebracht worden. Ein zerbröckelnder Sticker, auf dem irgendetwas von Ung[..]kämpf[…] darauf stand befand, sich mittig auf der Platte.
Ohne zu zögern, griff er an seinen Gürtel, nahm sein Lichtschwert, aktivierte es und schnitt die Platte so auf, dass er hindurch konnte. Er zwängte sich in den nun freigelegten Schacht hinein – penibel achtete er darauf nicht von den heißen Schnittkanten berührt zu werden und bewegte sich in einer Mischung aus Kriechen und geducktem Laufen den Schacht entlang, bis er in einem altertümlichen Maschinenraum eines der riesigen Wolkenkratzer Coruscants kam. Vor einiger Zeit war das noch seine Heimat gewesen, sein zu Hause, aber es hatte sich verändert. Es stank bestialisch nach Kot und Verwesung, trotz der laufenden Lüftungsanlagen, die monoton brummten. Von Wänden gedämpft hörte er die Anlagen, die fast schon magisch die Funktionen der Wolkenkratzer aufrechterhielten. Vorsichtig schritt er den Gang entlang in Richtung der Räume, die er damals mit seiner Gruppe bewohnt hatte, sein Lichtschwert hielt er deaktiviert in seiner rechten Hand, sein Magen verkrampfte sich, zog sich zusammen, aus Furcht vor dem was er sehen oder nicht sehen würde. Er ging um die Ecke, betrat den Raum, in dem er sich gewaschen hatte, bevor er die ereignisreiche Begegnung mit Markus Finn gehabt hatte. Der Wasserkanister von damals stand immer noch hier, bedeckt von einer dicken Schicht aus Staub. Arkon näherte sich ihm, hob ihn vorsichtig an und stellte fest, dass er fast leer war. Im Raum verteilt sah er alte Schüsseln, Schalen und aufgerissene Verpackungen von Fertiggerichten. Hier und da sah er getrockneten Kot, ob von Mensch oder Tier konnte er nicht mit Gewissheit sagen. Er war sich aber sicher, dass weder er noch jemand anderes aus seiner Gruppe sich jemals in ihren Räumen erleichtert hatten.
Er verließ den Raum und ging auf den Flur hinaus in Richtung des anderen Raumes, den, den sie damals zum Schlafen benutzt hatten. Der vorherrschende Geruch wurde stärker und intensiver – genau wie sein vorherrschendes, ungutes Gefühl. Und wie aus dem Nichts schoss mit einem Brüllen ein gigantischer großer Berg aus Zähnen und Muskeln auf ihn zu. Ohne es zu merken, aktivierte sich mit einem Zischen sein weißes Lichtschwert. Es schnitt instinktiv durch Sehnen, Fleisch und Knochen. Der Geruch von verbranntem Gewebe ergänzte den hier vorherrschenden Geruch mit einer weiteren Note und mit einem lauten Knall fiel der Leichnam einer Bienen-Ratte vor Arkon auf den Boden. Die strahlend weiße Klinge seines Lichtschwertes erhellte nun die Szenerie vor ihm, die er nun umso intensiver wahrnahm und sein Herz schien in seiner Brust zu stoppen. Sein Lichtschwert fiel noch aktiviert klappernd auf den Boden und erst nach einer Sekunde deaktivierte der Sicherheitsmechanismus die Klinge.
Arkon ging zaghaft einen Schritt in den Raum hinein, während er auf seine Knie sank. Das Bild, dass sich ihm bot, war die perfekte Erklärung für den Geruch, der diesen kompletten Bereich hier unten dominierte. Vor ihm lag eine tote, halb verweste Bienen-Ratte, im Todeskampf verbissen in einen Wookiee, der irgendeinen scharfkantigen Gegenstand in den Hals der Ratte gerammt hatte, auch er sah übel zugerichtet aus und dem Geruch und dem Zustand seiner Leiche nach zu urteilen, war der Kampf schon etwas länger her.
Er kämpfte die in ihm hochkommende Übelkeit nieder, wurde aber zeitgleich von der in ihm aufkommenden Trauer und Furcht übermannt, sein Atem wurde schwerer, die Brust enger, als er versuchte sich wieder aufzurichten und aufzustehen. Er zwang sich seinen Blick nicht von dem Wookiee abzuwenden, den er für Rowroar hielt. Sein Blickfeld wurde enger, verschwommener, während er sich einen weiteren Schritt nach vorne zwang. Er würde die Waffe berühren und mit ihrer Hilfe Gewissheit erhalten. Er musste es. Das war er Ihnen nach all der Zeit schuldig.
[Coruscant | Untere Ebenen | Maschinenraum eines Wolkenkratzers] Arkon