(Cloé Raquelle Cortina)
- Coruscant – City - Cloés und Jespers Appartment – Mit Jesper -
Cloés Haare rochen nach Vanille und roten Melonen. Sie hatte ein neues Shampoo ausprobiert und die Produktbeschreibung hatte versprochen, dass lediglich eine Einwirkzeit von einer Minute notwendig war, um den herrlichen Duft für über 24 Standardstunden intensiv in den Haaren zu halten. Noch war Cloé skeptisch, doch sie probierte gerne neue Haarpflegemittel aus und alles, was ihr nicht gefiel, gab sie an Noa weiter. Die war nicht sonderlich wählerisch und freute sich über die kostenlosen Kuren und Crémes, wo sie doch selbst gar nicht gerne einkaufen ging. Während Cloé ihre Haare in großen, weichen Wellen stylte und mit heißer Luft trocknete, warf sie immer wieder einen Blick auf das Chrono, das sie auf dem Miniaturregal an der Wand, auf dem sie ihre Feuchtigkeitslotionen aufbewahrte, aufgestellt hatte. Es war längst Zeit und Noa war noch immer nicht da. Mit einer resoluten Bewegung schaltete Cloé den Haartrockner ab und griff nach ihrer Zahnbürste. Genau das hatte sie kommen sehen.
Sie hatte den Mund voller Zahnpasta und Schaum, als sie Jesper rufen hörte. Unfähig, vernünftig zu antworten, stammelte Cloé eine unverständliche Antwort zurück. Seine Schritte näherten sich der Tür zur Erfrischungszelle.
“Ja, ist gut. Ich werde es ihr ausrichten.“
Mitten in ihrer Bewegung hielt Cloé inne. Ein Blick in den Spiegel zeigte Jesper, der hinter ihr stand, ihr Kom in der Hand.
„Noa?“
Fragte sie mit vollem Mund.
“Hmm, ja, ist ja verständlich.“
Sagte Jesper in das Mikrofon des Koms hinein und Cloé bückte sich über das Waschbecken und spuckte in Sekundenschnelle alles aus. Wenn das Noa am anderen Ende war, die gerade absagte, dann....
„Ich muss mit Noa...“ - “Okay, mach's gut, ciao!“
Ein Knopfdruck, ein sanftes Klicken und dahin war die Chance. Wie ein hungriges Tier, das seiner Beute beraubt worden war, starrte Cloé Jesper an, der noch immer ihr Kom in den Händen hielt.
„War das Noa?“
Fragte sie und Jesper nickte.
“Ja, ich soll dir sagen, dass es ihr Leid tut, aber sie leider absagen muss. Du hast mir gar nicht gesagt, dass ihr verabredet wart.“
„Waren wir.“
Erwiderte Cloé. Das war so typisch Noa, sooo typisch.
„Hat sie sonst noch was gesagt? Irgendeine Begründung vielleicht?“
Jesper verzog das Gesicht.
“Ich soll dir sagen, dass sie ihre Tage hat und …heftige Unterleibsschmerzen. Ziemlich lahme Ausrede, was?“
Allerdings. Diese Ausrede war so lahm, das sie Cloé zum Kochen brachte.
„Sie hat ihr Tage?“
Fragte sie fassungslos zurück. Ihre Tage?? Wie um Himmels Willen konnte ihr nicht einmal eine bessere Ausrede einfallen als dieser Schund? Das konnte nicht ihr Ernst sein. Nach all der Mühe, die Cloé sich bisher mit Noa gegeben hatte, hätte diese sich zumindest eine bessere Geschichte einfallen lassen können. Es hatte von vornherein eine große Chance bestanden, dass sie trotz ihrer Zusage von gestern nicht auftauchen würde – und das war genau der Grund, warum Cloé bereits vorgesorgt und bereits selbst geduscht und ihre Haare gemacht hatte – doch mit ein wenig mehr Kreativität hatte Cloé von Seiten ihrer Schwester schon gerechnet.
„Na gut, dann muss ich eben alles selbst machen.“
Verkündete sie, hatte jedoch noch vor sich, Jesper aufzuklären, denn der wusste von der ganzen Geschichte noch gar nichts. Puh, wo sollte sie nur anfangen?
„Hör zu, ich werde in einer Stunde abgeholt. Noa hat eigentich heute ein Date, aber anscheinend hat sie beschlossen sich zu drücken.“
“Achso?“
Jesper sah etwas verwirrt drein.
“Warum das denn? Das ist doch eigentlich genau ihr Ding.“
„Ich weiß.“
Stimmte Cloé zu, trug Feuchtigkeitscréme auf und griff danach nach ihrem Concealer.
„Aber diesmal stellt sie sich ganz fürcherlich an. Frag mich nicht, warum. Na ja, jedenfalls habe ich beschlossen, kurzfristig für sie einzuspringen – wovon sie natürlich nichts weiß, also untersteh dich, es ihr zu sagen!“
Wenn sie geglaubt hatte, Jesper hätte sie zuvor schon verwirrt angeschaut, dann war sein jetziger Gesichtsausdruck nicht mehr zu beschreiben. Ihr Freund lehnte sich an die Wand, verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf leicht schief und betrachtete sie eingehend. In seinem Kopf arbeitete es so sehr, dass Cloé fast die vielen kleinen Zahnrädchen rattern sehen konnte. Lachend sah sie ihn an.
„Was ist? Warum guckst du so?“
Fragte sie und trug schwarzen Eyeliner auf. Jesper schüttelte kurz den Kopf.
“Das muss erst sinken.“
Teilte er ihr mit.
“Noa will nicht zu ihrem Rendezvous gehen, also gehst du für sie und tust so, als seist du...?“
Cloé nickte.
„Noa, genau.“
Was guckte der denn so? War das so unverständlich?
„Das haben wir schon öfter gemacht. Wer uns nicht gut kennt, dem fällt das nicht auf. Weißt du noch, wie du damals deine Schwierigkeiten hattest, als wir uns kennen gelernt haben?“
Wieder brach Cloé in Lachen aus, doch Jesper fand das offenbar nur halb so witzig wie sie, oder eigentlich... gar nicht.
„Was denn, war doch so!“
Beharrte sie.
“Ja, schon, aber das war ja mein Fehler. Ihr habt ja nicht absichtlich eure Rollen getauscht.“
„Früher haben wir das ständig gemacht.“
“Früher, ja, aber ihr seid jetzt keine fünfzehn mehr und auch nicht mehr in der Schule, wo es darum geht den Lehrer herein zu legen und bessere Noten zu bekommen.“
„Stimmt. Ich würde sagen, das hier ist sogar nocht weitaus wichtiger.“
Stur sein konnte Cloé auch. Sie regte sich zwar manchmal darüber auf, dass das Noas Spezialität war, doch eigentlich war es sogar eine Eigenschaft, die alle Cortinas an sich hatten. Das Praktische an Jesper war, dass er überhaupt nicht stur war und irgendwann sowieso immer nach gab, weil er lange Streitereien und endloses Schweigen nicht leiden konnte. Nicht, dass Cloé dadurch immer ihren Willen bekam, doch in den meisten Fällen funktionierte es – wenn es denn überhaupt mal soweit kam, dass sie sich uneinig waren.
“Das ist wirklich die blödeste Idee, von der ich je gehört habe.“
Bemerkte er schulmeisterhaft und Cloé wusste, dass sie gewonnen hatte. Aufgeregt drehte sie sich zu ihm.
„Es ist die einzige Chance, die Noa hat!“
Rief sie melodramatisch, sah aber im gleichen Moment schon ein, dass das vielleicht ein klein wenig übertrieben war. Ganz minimal.
„Sie braucht Unterstützung.“
Stellte sie etwas seriöser fest.
„Anleitung. Du weißt doch, was dabei heraus kommt, wenn sie sich selbst ihre Typen aussucht.“
Das war endlich ein Argument, das auch bei Jesper zog.
“Ohh, jaaa.“
Stimmte er zu und Cloé nickte.
„Siehst du.“
Sie hatte sich bereits ein Kleid ausgesucht. Vorausschauend, wie sie war, hatte Cloé bereits im Vorfeld alle Vorbereitungen getroffen, um innerhalb einer Stunde zurecht gemacht zu sein. Noa schuldete ihr etwas, dachte sie, als sie ihren Kimono im Schlafzimmer auf ihr Bett warf und gegen ein bronzefarbenes Wäscheset tauschte. Der BH, vorne mit dunkler Spitze besetzt, lag eng an und war bestens geeignet für den Wasserfallausschnitt ihres anthrazitfarbenen Kleides. Für weiter unten entschied sich Cloé für einen String, damit sich unter dem eng anliegendem Rock keine Ränder abzeichneten, band einen breiten Gürtel um ihre Taille und schlüpfte in ein hohes Paar schwarzer Lackpumps, deren Highlight ein silberner Absatz war. Très chic! Als der Türsummer ertönte, war Cloé gerade so eben fertig geworden.
„Ich koooooomme!“
Rief sie quer über den Flur. Jesper hatte begonnen eine Suppe zu kochen und steckte den Kopf aus der Küchentür heraus.
“Und du bist wirklich sicher, dass du das für deine Schwester machen willst?“
Fragte er noch mal nach. Cloé beeilte sich, ihre Ohrringe zuzuklipsen.
„Natürlich. Wahrscheinlich hat sie nur Angst, dass es in die Hose geht. Aber wenn es heute Abend gut läuft, kann ich sie bestimmt zu einem zweiten Rendezvous überreden, zu dem sie dann selbst geht.“
“Ich finde die Idee noch immer blöd.“
Sagte Jesper ehrlich. Cloé lächelte.
„Ich weiß.“
Antwortete sie und drückte ihm einen langen Kuss auf den Mund.
„Aber ich muss das machen. Für Noa. Guck, ich sehe doch wirklich aus wie sie, oder nicht?“
Gut gelaunt drehte sie sich im Kreis. Sie hatte ein paar Haarsträhnen am Hinterkopf mit einer schlichten Spange locker zusammen gefasst, trug sie ansonsten jedoch offen. Noa war nicht wirklich der Typ für komplizierte Frisuren und sie wollte so authentisch wie möglich wirken.
“Noa hat breitere Hüften als du.“
Stellte Jesper fest. Stolz strahlte Cloé ihrem eigenen Spiegelbild an der Wand entgegen.
„Ja, nicht wahr? Das ist mir auch schon aufgefallen!“
Freute sie sich und brachte Jesper damit endlich zum Grinsen.
"Aber daran kann ich jetzt auch nichts ändern."
“Viel Spaß.“
Wünschte Jesper ihr.
“Und melde dich zwischendurch mal, damit ich weiß, dass du mich noch nicht vergessen hast.“
Cloé zwinkerte ihm zu und drückte ihm einen langen Kuss auf den Mund. Jesper war ein Schatz. Er wusste, er brauchte sich keine Sorgen zu machen, nur weil sie sich mit einem anderen Mann zum Abendessen traf, weil es überhaupt keinen Grund gab sich Sorgen zu machen. Außerdem war sie Noa, theoretisch jedenfalls.
Taylor Ford holte sie erneut ab. Cloé lächelte ihm entgegen, als sie die Wohnung verließ und er sie nach unten begleitete und strahlte zufrieden, als er ihr ein Kompliment über ihr Aussehen machte. Noch mehr freute sie sich jedoch wieder über die Fahrt in dem luxuriösen Gleiter, in dem sie sich vor kam wie ein Holofilmstar, der zu einer wichtigen Veranstaltung fuhr und in wenigen Minuten über den roten Teppich schreiten würden. Nun, dafür war ihr Kleid allerdings dann doch nicht glamourös genug. Auf dem Weg durch die Stadt wurde Cloé dann allerdings doch ein klitze-kleines bisschen aufgeregt. Sie hatte sich keinen Text zurecht gelegt, schließlich war Noa ihre Zwillingsschwester und sie wusste auch so, wie diese tickte. Trotzdem wären ein paar Stichpunkte vielleicht nicht verkehrt gewesen. Vor dem Victorias kam der Gleiter schließlich zum Stehen. Cloé hatte dieses Restaurant noch nie zuvor besucht, tatsächlich hatte sie erst gestern zum ersten Mal davon gehört, aber es musste gut sein, wenn Exodus Wingston dort speiste. Jemand aus seinen Kreisen, der es sich leisten konnte, musste es wohl wissen. Und dann öffnete Wingstons Assistent die Tür des Gleiters für sie und hielt ihr galant die Hand hin, um ihr beim Aussteigen zu helfen. Wie konnte Noa nur zu solch einem Märchen nein sagen? Sie wusste gar nicht, was ihr entging. Cloé setzte ihre Füße auf das kunstvoll bemusterte Pflaster und entstieg dem Gleiter direkt vor dem prächtigen und einladend beleuchtetem Gebäude. Vor ihr, direkt vor dem Haupteingang, stand ein Mann. Das musste Exodus Wingston sein. Cloé hoffte, dass er es war. Sie hatte keine Ahnung, wie er aussah, aber sie würde einen phänomenalen Abend mit ihm verbringen.
- Coruscant – City – Vor dem Restaurant „Victorias“ - Mit Taylor Ford und Exodus -