Coruscant

|| Coruscant ▫ untere Ebenen ▫ Straße ▫ Gleiter || ▫ Vorin & Gaiden

Gaiden reagierte so wie jeder, der zum ersten Mal von der Macht hörte. Jeder der zum ersten Mal erzählt bekam selbst eine außergewöhnliche Verbindung zu dieser ominös erscheinenden Kraft zu besitzen. Unglauben, Skepsis. In diesem Fall kam noch ein weiterer Schwall Unmut und Verbitterung hinzu. So zumindest hörte es sich für den Jedi an. Weiterhin auf die Straße achtend, so gut es die recht ernste Unterhaltung zumindest ermöglichte, glitt der Gleiter fort in bekanntere Gegenden. Hatte er hier einen der "berühmten" Bewohner der unteren Ebenen getroffen? Tatsächlich jemanden, der immer nur Armut gekannt, und die dunkleren Seiten der Gesellschaft und der Lebewesen gesehen hatte? Von so etwas verstand Vorin nicht allzu viel, auch wenn steigendes Alter den Horizont Stück für Stück erweiterte. Irgendwie schien sein Beifahrer die Macht falsch zu verstehen, die Bedeutung dessen, was es bedeutete, sie zu spüren. Aber woher sollte er es auch besser wissen? Bis auf die Jedi und die Sith wusste kaum jemand mehr über die Macht als höchstenfalls ein paar ungenaue Gerüchte und erlogenes Geschwätz. Vielleicht wäre es besser sich Zeit zu nehmen um den anderen nach und nach an das Thema heranzuführen, doch Vorin war zu müde, ihm fehlte die Geduld und auch das Redetalent dafür. Der Meister entschied sich daher ganz geradeheraus zu antworten.

"Auch wenn Du es nicht glaubst, spüre ich ganz deutlich die Macht in Dir. Stärker und intensiver als bei den vielen anderen. Letztendlich ist jedes Lebewesen mit der Macht verbunden, doch nur die wenigsten besitzen ein so enges Band, das wir es spüren können. Diese seltenen Verbindungen nennen wir Machtsensitivität, wenngleich der Begriff ein wenig unpräzise ist, um genau zu sein. Aber wie dem auch sei, es ist wahr, so überraschend und unglaublich es auch für Dich sein mag. Es ist nicht ungewöhnlich wenn Du davon bisher nichts wusstest und noch nicht einmal etwas ahntest. Sofern die eigene Familiengeschichte dies nicht von vorneherein impliziert, kann man davon nur erfahren wenn man jemandem begegnet der die Macht nutzen kann und es einem mitteilt. Von selbst darauf zu kommen ist meistens sehr schwierig. Wenn überhaupt manifestiert sich diese ausgeprägte Begabung durch Ahnungen, möglicherweise sogar Visionen. In den meisten Fällen werden solche Dinge dann als bemerkenswerte Instinkte oder Reaktionen gesehen und bei den Frauen dann vielleicht als weibliche Intuition zusammengefasst. Immerhin liegt eine solche Erklärung näher als eine Machtbegabung. Das kann ich mir jedenfalls vorstellen."

Seiner Meinung nach hatte er dies nun deutlich gemacht, er hoffte das Gaiden dies erstmal soweit akzeptierte und es ihm einfach glaubte. Diese Neuigkeit zu verdauen, würde eh nicht so schnell gehen. Was die anderen Dinge anging, hoffte Vorin ein wenig Aufklärung zu erhalten. So wie der junge Mann die Dinge umschrieb, klangen seine Sichtweisen doch sehr ... fraglich.

"Die Macht ist auf die Schnelle schwer zu beschreiben, und man lernt letztendlich bis zum Ende seines Lebens mehr über sie. Alles über sie zu wissen ist schlicht nicht möglich. Es handelt sich dabei um ein Energiefeld, eine Kraft die sich um alles Leben und um die Galaxis spannt. Entgegen der physikalischen Kräfte, wie zum Beispiel der Gravitation kann man nicht sagen: 'sie macht dies und jenes, und daran lässt sie sich messen.'

Die einen sehen sie als mystisches Feld, wieder andere sehen sie als schlichtes Werkzeug, so wie Du es beschrieben hast. Sie ist in den Lebewesen, jede Handlung, jede Entscheidung spiegelt sich in ihr wider. Handelt man aus Zorn oder Rachsucht hat dies eine andere Wirkung als wenn Du aus dem Drang handelst jemandem helfen zu wollen oder ihn beschützt. Jemand der in der Macht ausgebildet ist, kann Gefühle anderer erkennen, weiß ob es ihnen gut geht oder sie Schmerzen leiden. Einige besitzen die Gabe den Verlauf bestimmter Handlungsstränge aufgrund einzelner Entscheidungen erahnen zu können. Die Macht verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Natürlich kann sie unter Anleitung dazu führen, dass wir ihre Energie anzapfen können um uns schneller und stärker werden zu lassen. Man kann mit ihr Schmerzen für eine Weile unterdrücken, man kann mit ihr heilen, aber eben auch Schmerzen verursachen. Die berühmte Telekinese ist wohl die Standardfähigkeit die als deutlichstes Zeichen Machtnutzer brandmarkt.

Dabei muss man allerdings beachten das sie schlicht da ist, weder Segen noch Fluch ist, auch wenn man manchmal das Gefühl hat, es wäre so. Sie ist kein Allheilmittel und auch keine Patentlösung. Hättest Du vorher von der Macht in Dir etwas gewusst, wäre es wirklich ein Unterschied gewesen? Meine Schwester trägt das gleiche Potential in sich, könnte alles mit ihrem Leben anfangen. Aber auch sie lebt ihr Leben irgendwo in den unzähligen Ebenen dieses künstlichen Lebensraums. Soweit ich es sagen kann macht die Machtsensitivität nur bei denen wirklich einen Unterschied, die sich in ihrem Gebrauch ausbilden lassen. Und diejenigen führen dann auch kein gewöhnliches Leben mehr. Sie verschreiben sich dann entweder den Jedi oder den Sith. Es mag auch noch andere Machtkundige Gruppierungen geben, aber auf dem Gebiet kenne ich mich unglücklicherweise nicht besonders gut aus. Aber auch diese werden ihre Regeln und Traditionen haben, wie etwa Meditation oder ähnliches. Zivile Machtnutzer sind mir ehrlich gesagt so gut wie keine bekannt.

Womit ich deine Schlussfrage beantwortet haben sollte. Grundsätzlich gibt es die zwei großen Orden. Der, der den Herrscher des Imperiums stellt, eine Kreatur, der ich eines Tages mit Sicherheit wieder begegnen werde. Sie stützen das Regime, das diesen Planeten momentan verwaltet, Tausender Unschuldiger hinrichtet nur um ein Exempel zu statuieren. Ich vermute hier unten gibt man relativ wenig auf das was da oben vor sich geht, aber ich glaube nicht, dass es während der Republikregierung solche Gräueltaten wie momentan gab. Die Republik versucht wenigstens das Richtige zu machen, auch wenn dies im Krieg immer ein wenig zweifelhaft ankommt und nicht unbedingt gleich zu sehen ist. Dabei kann man nie allen helfen, doch zumindest kann man seinen Teil beitragen. Heute habe ich Dir geholfen, wenn auch nicht ganz zufällig. Aber um das Ganze ein wenig zu relativieren: es ist nicht das erste Mal das ich jemandem in Not begegnet bin, der machtsensitiv ist. Auf Mon Calamari ist mir das bereits passiert und der Ithorianer begleitete mich daraufhin um die Jedi-Lehren aufzunehmen.

Du könntest Dich ebenso ausbilden lassen, die grundsätzliche Begabung ist vorhanden. Doch gibt es auch bei uns Regeln und Voraussetzungen. Zum einen musst Du wissen, das wir die Macht eben nicht als Werkzeug unserer Wünsche oder Gelüste ansehen. Wir nutzen sie um zu beschützen und um Wissen zu erlangen. Anderen zu Schaden liegt nicht in unserem Interesse. Am Ende werden wir aufgrund des Krieges und vieler gewalttätiger Situationen gezwungen die Macht und das Lichtschwert in diesem Sinne einzusetzen, aber auch dabei ist anzustreben so wenig Schmerz und Leid wie möglich zu verursachen. Nicht selten nennt man uns Friedenshüter, was irgendwo auch der Wahrheit entspricht, doch wir stehen auch für Toleranz und Freiheit ein. Wenn Du denkst, das Du für solche Dinge einstehen kannst, dann könnte ich Dir durchaus anbieten, Dich nach Lianna zu bringen, wo wir unsere Basis haben.

Dort wirst Du untergebracht, kriegst Verpflegung und eine Ausbildung. Dafür musst Du eben bereit sein, der Freiheit und der Demokratie zu dienen. Und wenn der Ruf der Jedi irgendwann wieder besser wird, wird man uns, bzw. Dich, wenn Du erstmal die erste Hürde genommen hast, respektieren und oftmals auch danken. Momentan sind noch ein paar von uns hier, doch nach dem heutigen Tage bezweifle ich, dass wir hier irgendwas ausrichten können, geschweige denn dem Widerstand helfen. Sobald einer von uns den Kopf hebt, ist die Hölle los. Noch habe ich mit den anderen nicht darüber gesprochen, aber ich denke vor allem die Schüler werden nach der Todeshatz heute einverstanden sein."

Mittlerweile waren sie etwas aufgestiegen und Vorin hatte versucht einen Punkt zu finden, den er wiedererkannte. Endlich hatte er eine Wegbeschreibung zu einem Platz gefunden, den er auf seinem Herflug benutzt hatte, er würde also den Schlafplatz wiederfinden.

"Verzeihe wenn ich mit soviel Informationen überfalle. Es ist sicher sehr viel auf einmal. Möchtest Du noch etwas wissen? Oder willst Du erstmal in Ruhe darüber nachdenken? Es ist ganz allein deine Entscheidung. Es ist eine Chance, aber eben auch kein reines Zuckerschlecken. Für Egoismus ist kein Platz, aber es gibt viele andere Sachen, die dieses Leben lebenswert machen. Soll ich Dich irgendwo absetzen? Kann ich Dich irgendwie erreichen um zu erfahren wie Du darüber denkst? Oder hast Du schon eine Entscheidung gefällt?"

Auch wenn er ihm nicht misstraute, war Vorin momentan zu vorsichtig um seine Com-Nr. zu verraten oder den Mann gleich mitzunehmen. Es war heute einfach zu viel geschehen.

|| Coruscant ▫ untere Ebenen ▫ Straße ▫ Gleiter || ▫ Vorin & Gaiden
 
**Coruscant – untere Ebenen – Straßen – Gleiter – Gaiden, Vorin**

Der Unmut in ihm war noch lange nicht gewichen. Er konnte nicht verstehen, dass man mit einer solchen Begabung geboren wurde und dann trotzdem am unteren Rand der Gesellschaft landete. Wozu dann die Begabung? Doch Vorin blieb ruhig. Versuchte mit ruhigen und möglichst einfachen Erklärungen die Wogen zu glätten, die sich im Inneren des jungen Coruscanti auftürmten. Nicht so einfach, bedachte man die Tatsache, dass Gaiden im Moment fast nur Frust für seine Situation empfand. Aber was nützte ihm all das Selbstmitleid und all das Wehklagen. Der Jedi war sich sicher, das Gaiden die Macht nutzen konnte und erklärte ihm, dass man ohne einen wirklich Wissenden kaum eine solche Begabung entdeckte. Außer man verstand die Zeichen zu lesen. Zeichen die auch Gaiden an sich bemerkt hatte. Zumindest heute. Wie war es sonst zu erklären, dass er einem Schuss ausgewichen war, ohne zu wissen, das überhaupt auf ihn geschossen wurde? Und je weiter er zurück dachte und versuchte ähnliche Situationen in seinem Gedächtnis aufzuspüren, desto mehr davon fiel ihm auf. Es war nicht das erste Mal. Es war nie so deutlich wie heute gewesen aber er hatte schon früher Sachen miterlebt, von denen er dachte, das sie nur durch Glück oder Zufall entstanden sein könnten. Vorin hatte jedoch schon gesagt, dass es sowas wie Glück und Zufall selten gab. Konnte diese Macht wirklich so allumfassend sein? Konnte sie wirklich auf das Schicksal Einzelner einwirken?

Vorin erklärte ihm die Macht, so gut er konnte. Er gab sich Mühe, das sah man ihm an. Wie schwer musste es sein, jemandem der noch nie etwas Derartiges gesehen oder gehört hatte, zu erklären was diese Macht war. Anscheinend war die Macht das, das man unter Nicht-Jedi als Schicksal bezeichnete und sie lenkte die Geschicke der Galaxis. Gaiden meinte herauszuhören, dass sich die Taten, die man vollbrachte, in der Macht widerspiegelten. Meinte er damit etwa so etwas wie ein Karma? Etwas das uns für das was wir tun zur Rechenschaft zieht? Es klangt fast so, auch wenn es dem Coruscanti schwer fiel, daran zu glauben. Doch was sollte er auch anzweifeln? Er saß mit einem ausgebildeten Jedi in einem Gleiter, welcher ihm all das erzählte. Viel mehr als es einfach zu glauben, blieb ihm im Moment nicht übrig. Und um ehrlich zu sein, wollte Gaiden auch nicht zweifeln. In seinem Kopf schwirrten soviele Fragen. Soviel das nie beantwortet werden würde und soviel auf das es keine Antwort gab.

Vorin kam auf die Sith und die Jedi zu sprechen. Etwas das untrennbar mit Imperium oder Republik verbunden war. Man hörte die Antipathie in der Stimme Vorin's als vom Imperator und seinen Schergen die Rede war. Man merkte das er die Republik mit allem verteidigen würde, was er hatte. Er war der festen Überzeugung, das der Senat und die anderen politischen Einrichtungen die einzig wahre Lösung und das die Demokratie für alle das Beste war. Gaiden war versucht etwas einzuwerfen aber unterließ es. Wie sollte Vorin auch verstehen, dass es für ihn keinen Unterschied machte, wer die Herrschaft über Coruscant hatte. Er hatte beide Regierungen erlebt und unter keiner ging es ihm besser. Egal ob Republik oder Imperium. Er hatte immer am unteren Ende der sozialen Nahrungskette gestanden. Gaiden hatte nie viel mitbekommen, von dem was in der Galaxis vor sich ging. Natürlich wusste er über den Krieg, wusste um das Leid das er mit sich brachte. Doch er selbst war nie davon betroffen gewesen. Für ihn gab es nur den Tag und die Gedanken, wie er jenen überlebte. Er war sich sicher, dass das Leid Anderer, seines übertraf. Bisher hatte er sich aber nicht darum geschert. Was hätte er auch ändern können? Nichts. Und genau das hatte er auch getan. Nichts. Und nun wurde ihm eine Zukunft offenbart, in der er sich für all die Unterdrückten und Leidenden einsetzen sollte. Ein großer Schritt.

Vorin hatte sein Fragen beantwortet. So gut er konnte, hatte er ihm die Macht näher gebracht. Gaiden wusste nun etwas darüber, was in ihm schlummerte. Der Jedi hatte ihm die Möglichkeiten offenbart, die sich für den Coruscanti ergaben. Aber einfach so seine Entscheidung zu treffen, war nicht seine Art. Er würde Zeit brauchen. Zeit, die ihm der Jedi auch geben wollte.


"Ich danke dir für deine Geduld. Ich glaube ich weiß zwar immer noch nicht wirklich was das ist, was in mir schlummert aber zumindest weiß ich das es nicht gefährlich für mich ist. Doch ich werde in der Tat noch etwas Zeit brauchen. Ich weiß noch nicht einmal, wo Lianna liegt. Ich bin noch nicht einmal über die unteren Ebenen Coruscants hinaus gekommen. Ich treffe dich morgen hier und sag dir meine Entscheidung. Ich hoffe, dass bereitet keine allzugroßen Umstände aber mit einer Com-Nummer kann ich nicht dienen und eine wirkliche Adresse hab ich auch nicht parat."

Er stieg aus dem Gleiter. Dean's Wohnung war nicht allzu weit entfernt und Gaiden konnte nur hoffen, dass jener bisher verschont geblieben war.

Danke nochmal für deine Hilfe. Bis Morgen.

Die Schmerzen in der Schulter wurden noch immer erfolgreich von den Schmerzmitteln bekämpft und Gaiden konnte laufen, ohne die ganze Zeit über die Schmerzen das Gesicht zu verziehen. Aber selbst wenn ihm der Arm fehlen würde....im Moment wurden die Gedanken des Coruscanti von seiner Zukunft beherrscht. Von dem was ihm bevorstehen könnte.

**Coruscant – untere Ebenen – Megablock – nahe Deans Wohnung – Gaiden**
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris -

Wie schon beim ersten Mal schlitzte Noa die zugeschweißte Verpackung des Fertiggerichts mit einem Messer aus, um den kühl gehaltenen Klumpen aus Fleisch und Teigwaren in Sheldons Teller pumpsen zu lassen und diesen dann dem Erhitzer zuzuführen. Sheldon war schon ein seltsamer Typ. Nicht seltsam im negativen Sinne, sondern seltsam im Sinne von... nicht der Masse zuzuordnen. Er war ein Agent des Geheimdienstes, der vor Jahren auf der falschen Seite des Krieges gekämpft hatte und seitdem versuchte sich von seinen Sünden reinzuwaschen. Er war meist ernst, eher schweigsam als redselig, beantwortete aber trotzdem Fragen, ohne auszuweichen. Er war ehrlich, jedenfalls glaubte Noa das, und er wusste wie man mit Waffen umging und jemanden mit der bloßen Kraft seiner Hände und Arme einschüchterte oder sogar überwältigte. Aber wie war er als Mensch? Was dachte er, wenn es nicht um das große Thema Imperium ging? Was mochte er und was nicht? Sah er gerne Holo-Filme? Hörte er Musik? Welche Planeten hatte er bereits besucht, nicht als Agent der Republik, sondern als er selbst, ganz privat? Noch während sie damit beschäftigt war, ihm eine zweite Portion Fleischauflauf zuzubereiten, begann Noa, nicht über den Agenten Captain Sheldon, sondern über den Mensch, Cris, zu sinnieren. Er hatte ihr nun schon zweimal ein Kompliment gemacht, gestern und heute und während er gestern ziemlich neben sich gestanden hatte, konnte sie das, was er heute gesagt hatte, durchaus ernst nehmen. Es sei denn, stellte sie insgeheim klar, er wollte lediglich gut Wetter bei ihr machen, weil sie die Schwester von Pablo Cortina war und dieser der direkte Weg war, um mit Jared Grant in Kontakt zu kommen. Aber das war dann doch ein bisschen zu weit her geholt, oder? Nun, er war Teil des Geheimdienstes...

Es klopfte an der Tür und Noas Kopf drehte sich in eben diese Richtung. Sie nickte, als Sheldon anbot, die Tür zu öffnen. Eigentlich konnte das nur einer ihrer Brüder sein, vielleicht Ramón, der nach Sheldons Verletzung sehen wollte. Noa wischte sich die Hände an einem Trockentuch ab und staunte nicht schlecht, als Cris dem Besucher die Tür öffnete und sie mit ihrer Vermutung Recht und Unrecht gleich hatte. Es war ihr Bruder, der sie besuchte, doch es war Leandro und nich Ramón.


“Hi! Na, wieder auf den Beinen?“

Leandros große Gestalt schlurfte in die Wohnung, die mit ihm in der Mitte plötzlich noch kleiner wirkte als zuvor. Er schlug Sheldon zur Begrüßung auf die gesunde Schulter, baute sich vor dem Sofa auf und grinste Noa an.

“Hey.“

Sagte Noa. Sie war noch nicht so sicher, ob sie sich über den Besuch freuen sollte oder nicht, schließlich hatte Sheldon seinen Zustand überhaupt erst Leandro zu verdanken – ihm und seinen ungezügelten Trieben. Männer!

“Was grinst'n du so?“

Fragte sie geradeheraus, nicht in einer ihrer besten Launen. Leandro rollte mit den Augen und fläzte sich auf die Couch. Die gute Stimmung aus seinem Gesicht verschwand dabei nicht. Statt sich aber mit den lästigen Fragen seiner kleinen Schwester zu beschäftigen, wandte er sich an Sheldon und streckte ihm eine seiner großen Pranken hin.

“Leandro Cortina, hallo. Ich glaub', wir sind nicht nicht wirklich vorgestellt worden.“

Er grinste. Ja, so konnte man das auch ausdrücken.

“Sie haben gestern ganz schön was abgekriegt und ich glaub', ich bin nicht ganz unschuldig dran.“

“Kann man so sagen, ja.“

Schaltete sich Noa ein. Hinter ihr machte es „Pling“. Sheldons zweite Portion war fertig. Ganz Hausfrau – eine Rolle, die so gar nicht zu Noa passen wollte – packte sie den heißen Teller mit einem Tuch, brachte ihn zu Sheldon und drückte ihn ihm resolut in die Hand. Leandro schnupperte in der Luft.

“Bah, Noa! Machst du wieder diesen Ekelfraß?“

Angewidert verzog Leandro das Gesicht.

“Guck dir den Mann an! Der Kerl hatte ein Messer in der Schulter. Meinst du nicht, er will vielleicht lieber was Vernünftigtes essen?“

Okay, das reichte. Leandro kam unangemeldet und ungefragt bei ihr herein spaziert, haute sich auf das Sofa wie ein fauler Tunichtgut und wagte es ihr Essen zu beleidigen, das sie mühe- und liebevoll geko...aufgewärmt hatte und war obendrein auch noch Schuld am Zustand des Mannes, den er plötzlich in Schutz nahm! Noa stemmte die Hände in die Hüften.

“Ekelfraß? Das ist Mousakas!“

Verteidigte sie ihre Wahl des Gerichts. Leandro nickte.

“Ja, eben. Essen Sie das bloß nicht, Sheldon. Das Zeug ist grauenvoll.“

Noas Blick war triumphierend.

“Es ist bereits seine zweite Portion und es schmeckt ihm sehr gut.“

Verkündete sie stolz.

“Oh man, ich glaub ich muss kotzen.“

Um seine Behauptung zu unterstreichen, machte Leandro Würgeträusche. Jetzt war es an Noa, die Augen zu verdrehen. Genervt war sie ihm ihr Trockentuch über den Kopf. Vielleicht würde er dadurch endlich Ruhe geben. Tatsächlich wirkte Leandro gebändigt, als er sich das rot-weiß karierte Stück Stoff aus der Stirn schob. Um seine Mundwinkel zuckte es jedoch noch immer.

“Ich weiß doch, dass du dein Bestes gibst, Schwesterlein.“

Versicherte er ihr munter. Noa hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sich gegen einen Küchenschrank gelehnt. Die geschwisterlichen, nie ganz ernst gemeinten Reibereien zwischen ihr und Leandro waren vollkommen normal, doch mit Sheldon als Zuhörer waren sie ihr irgendwie unangenehm. Sie wollte nicht wissen, was er gerade von ihr dachte.

“Überleg dir lieber, wie du das wieder gut machst.“

Riet sie ihrm Bruder und deutete auf den Agenten, unverkennbar seine Verletzung ansprechend.

- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris und Leandro -
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Cris

Cris konnte nicht umhin, ein wenig Enttäuschung zu verspüren, als er Noas grinsenden Bruder Leandro im Türrahmen erblickte – nicht weil er konkret jemand anderen erwartet hätte oder nach dem gestrigen Vorfall Vorbehalte gegen Leandro hätte – tatsächlich hatte er das Handeln des anderen Mannes ja durchaus nachvollziehen können, anders als Noa – sondern weil das Auftauchen des anderen Cortinas vermutlich nicht in einem Schnellbesuch enden würde und Cris somit nicht mehr mit Noa alleine war. Was natürlich eigentlich kein Problem war. Überhaupt nicht. Warum sollte es auch?

Der ehemalige Sturmtruppler schwankte leicht zurück, als Leandro ihm freundschaftlich, aber überraschend kräftig – oder weniger überraschend, schließlich war Noas Bruder bestens trainiert – auf die Schulter schlug und sich dann sogleich in Richtung des Zentrums des Raumes orientierte, wo dann auch seine Schwester etwas reserviert von ihm Kenntnis nahm. Dass die Ankunft ihres Bruders vermuten ließ, dass Noa in Kürze wieder ihre mittlerweile in Cris’ Augen berüchtigte Lebhaftigkeit an den Tag legen würde, half ihm nicht unbedingt, sich auf Leandro zu konzentrieren, der sich lässig auf das Sofa lümmelte und Cris in einer ebenso beiläufigen Geste die Hand reichte. Sein Händedruck war trotzdem fest wie Stahl – glücklicherweise hatten auch Cris’ Muskeln mittlerweile ihre Kraft zurück gewonnen, sodass man für einen kurzen Moment den Eindruck hatte, als versuchten die beiden Männer zwischen ihren Handflächen irgendetwas zu zerquetschen.

Bevor Cris indes auf Leandros Anrede und die Anspielung auf den gestrigen Vorfall auch nur eine höfliche Floskel hätte erwidern können, mischten sich sowohl Noa, als auch der Nahrungsmittelerhitzer ein – letzter allerdings bei weitem nicht so lautstark wie erste. Cris blieb nichts anderes übrig, als den Teller in Empfang zu nehmen, dessen Hitze sie zwar mit einem Tuch abschirmte, dieses aber vergaß, ihm zu überantworten, als er pflichtbewusst zugriff. Mit nur ganz leicht zusammengepressten Lippen – im Vergleich zu einem Messer in der Schulter waren leicht verbrannte Hände wohl zu vernachlässigen – deponierte Cris den Teller auf dem Tisch, während Leandro den Fehler machte, über Noas Kochkünste – oder besser: Aufbereitungskünste – herzuziehen. Mit in die Hüfte gestemmten Händen wies sie ihren Bruder scharf zurecht, wieder dieses Blitzen in den Augen, das Cris das schmerzhafte Pulsieren in seinen Händen sofort wieder vergessen ließ. Zum Glück waren die Cortina-Geschwister zu sehr auf sich selbst fixiert, sonst wäre ihnen wohl aufgefallen, dass Cris Noa anstarrte wie ein Muun einen Stapel Credits… nun, vielleicht mit etwas weniger Gier und etwas mehr Zuneigung. Er war allerdings noch präsent genug, nicht seinen Einsatz zu verpassen – ihre Behauptung, dass es ihm geschmeckt hatte und noch schmeckte, musste natürlich unterstützt werden!


„Oh ja, es war… ist wirklich sehr gut!“

Nützen tat diese kurze Intervention seinerseits indes nicht viel. Leandro artikulierte seine Abneigung gegen das Essen mehr als deutlich und bekam von Noa als unmittelbare Retourkutsche das in Cris’ Händen fehlende Tuch an den Kopf geworfen, bevor Noa sich mit ablehnend vor der Brust verschränkten Armen an den Küchenschrank lehnte, augenscheinlich wenig angetan von der guten Laune ihres Bruders. Cris war diese herzlich egal – seine Aufmerksamkeit in diesem Moment galt voll und ganz Noa. Wow.

Dann deutete sie plötzlich auf ihn und forderte Leandro mit einer solchen Heftigkeit auf, „das“ wieder gutzumachen, dass Cris ein wenig zusammenzuckte. Was genau meinte sie? Seine Verletzung – oder vielleicht doch den Umstand, dass sie ihn gerade wegen dieser Verletzung hatte pflegen und bewirten müssen, obwohl sie ihn ungeachtet ihrer Worte eigentlich im tiefsten ihres Herzens nicht ausstehen konnte?


„Es… es geht mir schon wieder gut, wirklich!“, beeilte er sich zu versichern, wobei er so gar nicht das Klischee des selbstsicheren, geheimnisvollen Geheimagenten erfüllte. Warum musste Noa ihn auch so durcheinander bringen? Es war fast so, als wäre sie ein schwarzes Loch, das all seine klaren Gedanken in sich aufsog und ihn im kompletten Chaos zurückließ…

„Ich könnte sonst auch Selby kontaktieren und Sie hier alleine lassen…“

Aber genau das wollte er eigentlich nicht. Und selbst wenn – bevor er Noas Wohnung verließ, wäre ein Hemd doch zumindest angebracht…

[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Leandro, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris und Leandro -

Leandro verzog das Gesicht. Er wusste genau, dass er an Sheldons Zustand Schuld war. Ein schlechtes Gewissen hatte er deswegen trotzdem nicht – ihn konnte nichts so schnell aus der Ruhe bringen – aber er besaß immerhin genug Anstand, es so aussehen zu lassen als ob. Er kratzte sich den Kopf und es sah aus, als würde er wirklich über eine Lösung nachdenken. Noa warf einen Blick in Sheldons Richtung, der in diesem Moment von selbst anbot, sich wieder Agent Selby anzuschließen und alleine zurecht zu kommen, doch das kam nicht in Frage, jedenfalls noch nicht. Es war in erster Linie Leandros und in zweiter Linie Noas Schuld, dass er überhaupt verletzt war. Ihn jetzt vor die Tür zu setzen wäre mehr als unhöflich. Seine Anwesenheit in Noas Wohnung musste sicherlich kein Dauerzustand werden, das würde er auch gar nicht wollen, aber zumindest eine Nacht konnte er noch hier bleiben. Morgen würde es ihm besser gehen, die Schmerzen dürften bis dahin weg oder zumindest erträglicher sein und dann konnte er auch wieder im Defender Hauptquartier übernachten – entweder dort, oder wo auch immer er als Geheimdienstagent sonst so unter kommen konnte. Auffordernd sah Noa ihren Bruder an.

“Aaach, kommt gar nicht in Frage, Sheldon. Schau'n Sie sich mal an. Die Straße kriegt Sie noch früh genug wieder.“

Bestimmte Leandro, fragend seine Schwester ansehen. Bestätigend nickte Noa.

“Stimmt. Sie sind noch nicht wieder fit und Selby kommt sicherlich auch noch einen Tag ohne Sie aus. Ist er ja bisher auch.“

Sie zuckte mit den Schultern. Aus ihrer Abneigung gegen Sheldons wiedergefundenen Partner machte sie keinen Hehl. Nicht, dass sie diesen Typen besonders gut kannte und vielleicht durfte sie sich auch nicht wirklich ein Urteil erlauben, doch das Wenige, das sie von ihm bisher gesehen und aus seinem Mund gehört hatte, genügte ihr um zu wissen, dass er ein Angeber und Aufschneider war. Diese schleimigen Sprüche und seine anbiedernde Art waren absolut nervig. Das mochte ja vielleicht bei anderen Frauen ziehen, aber nicht bei Noa.

“Oh, und bevor ich's vergesse...“

Leandro griff nach seiner Sporttasche, zog den Reißverschluss auf und holte ein langärmeliges, einfaches Shirt heraus.

“Ich hoffe, es passt halbwegs. Wusste nicht, welche Größe Sie haben.“

Er reichte Sheldon das Kleidungsstück, an dem das Etikett noch zu sehen war. Eine nette Geste, fand Noa und ihr leichter Groll gegenüber ihren Bruder verschwand, allerdings zu früh.

“Sheldon, mein großes Kompliment.“

Sagte Leandro mit erster Stimme.

“Ich weiß wirklich nicht, wie Sie den Fraß essen können.“

Sein rechter Mundwinkel hob sich zu einem Grinsen und er zwinkerte Noa zu. Ergeben lachend (es war einfacher als schon wieder sauer zu sein) schlug sich Noa die Hände vor's Gesicht.

“Meine Güte, du tust so als kämst du grad frisch von der Kochschule!“

Stellte sie fest.

“Wenn du das so viel besser kannst, kannst du ja heute Abend noch mal vorbei kommen und uns ein Fünf-Gänge-Menü zaubern.“

“Hm.“

Leandro schien diesen Gedanken ernsthaft in Betracht zu ziehen.

“Fünf Gänge kann ich nicht bieten, aber zu mehr als das sollte es schon reichen. Wisst ihr was, IHR kommt einfach vorbei. Ist sowieso besser, hier gibt’s ja nicht mal nen ordentlichen Tisch... geschweigedenn Stühle.“

Typisch kleine Schwester streckte Noa ihm die Zunge heraus.

“Immerhin habe ich meine Wohnung für mich alleine.“

Außer, wenn sie verletzte Agenten bei sich aufnahm und sich um sie kümmerte.

“Uhm, meistens jedenfalls. Also weißt du, schöne Idee und so, aber ich denke, wir bleiben besser hier. Wenn deine Leute da sind, wird das alles viel zu viel, vor allem wenn irgendjemand Fragen wegen Sheldons Verletzugn stellen sollte. - Leandro wohnt in einer WG.“

Fügte sie für Sheldon zur Erklärung hinzu. Locker mit den Schultern zuckend stand Leandro auf.

“Da ist was dran. Ach, auch egal, dann machen wir's bei Dad Zuhause. Ist sowieso näher für euch.“

Er ließ nicht locker. Das war so typisch Leandro. Ein Abendessen mit ihm, ihrem Vater und Sheldon? Was für eine grandiose Idee. Dabei war es nicht einmal so, dass Leandro unbedingt stur seine Idee durchsetzen wollte. Er war jemand, der schlicht nach Lösungen suchte und für den immer alles ganz leicht zu verwirklichen war. Er sah selten irgendwo Probleme, ganz im Gegensatz zu Noa.

“Also?“

Leandro, der inzwischen neben ihr stand, streckte sich einmal und knuffte Noa in die Seite. Die Widerstandskämpferin rollte mit den Augen.

“Von mir aus... aber frag lieber Captain Sheldon. Er ist der Patient und wir richten uns danach, wie es ihm geht.“

Stellte sie klar und Leandros Blick schwenkte zu besagtem Patienten hinüber. Ob das wirklich eine so gute Idee war, wagte Noa allerdings noch zu bezweifeln. Ein Abendessen bei ihrem Dad? Zu viert? Na ja, vielleicht besser als zu zweit in ihrer Wohnung zu hocken, wo ihnen vielleicht über kurz oder lang die Gesprächsthemen ausgehen würden. Natürlich konnte man auch viele andere Dinge zu zweit unternehmen, bei denen man sich nicht unbedingt unterhalten musste... aber Sheldon hatte ja jetzt ein neues Shirt und es war wahrscheinlich besser, wenn er es an behielt.

- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris und Leandro -
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Leandro, Cris

Die Entwicklung der Ereignisse überrumpelte Cris dann doch ein wenig – die Vehemenz, mit der sowohl Leandro, als auch Noa ihm die Eignung absprachen, bereits wieder in den Einsatz zu gehen (eine Einschätzung, die er selbst nicht teilte) und nicht zuletzt die Tatsache, dass er plötzlich ein offenbar frisch erstandenes Hemd in der Hand hielt, dass Leandro ihm als Ersatz für sein durch den Angriff der Zeltron ruiniertes Kleidungsstück besorgt hatte.


„Ähm… danke“, murmelte der ehemalige Sturmtruppler daher, löste das Etikett vom Hemd und zog es sich dann sogleich über – alles andere wäre wohl sehr unangemessen. Während Leandro zur nächsten Attacke auf das von Noa zubereitete Essen überging, stellte er jedoch fest, dass sich der Andere tatsächlich leicht in seiner Größe verschätzt hatte – das dunkelblaue Hemd war lang genug, lag allerdings so fest an, dass Cris dankbar dafür war, keinen sichtbaren Wohlstandsbauch aufzuweisen.

Indes blieb er weiterhin auf die Rolle eines Zuschauers – eines sehr aufmerksamen Zuschauers, zumindest was Noa anging – beschränkt, da die beiden Geschwister damit fortfuhren, sich über Essen zu unterhalten und schließlich an einem Punkt angelangten, an dem Leandro Noa und Cris erst zu sich, und nach einem Einwand Noas zu ihrem gemeinsamen Vater zum Essen einlud. Diese Entwicklung hinterließ Cris so perplex, dass er für einen Moment nicht realisierte, dass Noas letzte Worte tatsächlich nicht ihrem Bruder, sondern ihm gegolten hatten. Ein Essen… mit ihr, ihrem Bruder und ihrem Vater? Sie schienen erstaunlich vertrauenswürdig zu sein dafür, dass Noa Cris bei dem leisesten Verdachtsmoment sofort für einen imperialen Spion gehalten hatte – andererseits waren ihm seitdem einige Chancen ermöglicht worden, diese Zweifel wieder zu zerstreuen. Leandro schien sich jedenfalls voll auf die Einschätzung seiner Schwester zu verlassen. Alles, was er von Cris wusste, war schließlich, dass dieser schnell seine Waffe zog und zusammenhangsloses Zeug faselte, wenn er zu viel Blut verlor. Kaum die Qualitäten, die einen potentiellen Gast bei den eigenen Eltern auszeichneten.

Wie aber sollte er auf dieses Angebot reagieren? Die Alternative war, den Abend mit Noa in diesem Apartment zu verbringen, harmlose Nettigkeiten auszutauschen und ihr dabei möglichst nicht in die wunderschönen Augen zu schauen. Oder auf ihren aparten Mund. Oder ihr Haar. Oder sonst wohin. Vielleicht wäre es ja ganz interessant, ihren Vater kennen zu lernen… es sei denn, dieser hielt von ehemaligen Soldaten des Imperiums ähnlich viel wie seine Tochter. In diesem Fall war in Erwägung zu ziehen, eine Waffe mitzunehmen. Oder zumindest Selby mit startbereitem Gleiter irgendwo in der Nähe warten zu lassen.


„Also… ich meine… wenn Sie finden, dass das eine gute Idee ist…?“


Diese sehr vage Aussage schien Leandro als Zusage zu verstehen, da er sofort seine Vorfreude auf den Abend ausdrückte und sich dann von ihnen verabschiedete, mit einer Umarmung für seine Schwester und einem erneuten kräftigen Händedruck für Cris. Er schien von dem Plan jedenfalls vollkommen begeistert zu sein –Noa wirkte da skeptischer.

Kaum war Leandro aus der Tür verschwunden, beeilte sich Cris, sich auf die zuvor durch diesen besetzte Couch zu begeben und den Rest des aufgewärmten Auflaufs zu verspeisen. Zwar hatte er jetzt eine üppige Mahlzeit am Abend in Aussicht, aber irgendetwas sagte ihm, dass Noa es möglicherweise übel nehmen würde, ließ er das durch ihren Bruder so sehr bemäkelte Essen einfach stehen.


„Scheint ja ein sehr umgänglicher Typ zu sein, Ihr Bruder…“, sagte Cris zwischen zwei Bissen, primär, um das nur durch sein Kauen durchbrochene Schweigen aufzuheben. Zumindest hatte er jede Ausrede, sich auf den Teller zu konzentrieren, und lief so nicht in Gefahr, durch einen Blick in ihre Richtung sich etwa daran zu erinnern, wie Noa Leandro neckisch die Zunge herausgestreckt hatte. Äußerlich war er so zumindest wieder der unnahbare – nun, der in sein Essen vertiefte – Geheimagent, vollkommen unabhängig davon, wie chaotisch seine Gefühlswelt tatsächlich aussah.

„Sie müssen mich nicht zu Ihrem Vater mitnehmen“, fuhr er fort. Er hatte die Skepsis in ihren Augen durchaus bemerkt – schließlich hatte er kaum woanders hingeguckt – und er meinte, sie auch ein Stück weit verstehen zu können. Egal, ob Cris ein Soldat des Imperiums oder ein Agent der Republik war – eins war er auf jeden Fall: ein Mensch, für den Tod und Gewalt zum Alltag gehörten. Auch wenn Noa und zumindest zwei ihrer Brüder zum Widerstand gehörten, vermutete Cris, dass sie sich bemühten, die schmutzigeren Aspekte von ihren Eltern fernzuhalten. Bei diesem Gedanken fiel Cris auf, dass nur von Noas Vater die Rede gewesen war – lebten er und ihre Mutter in Trennung? Oder war diese vielleicht sogar Tod? Ein delikates Thema, in beiden Fällen… er würde sich merken müssen, es nicht aus Versehen anzuschneiden.

„Sie könnten alleine gehen und behaupten, dass ich mich hinlegen musste.“

Dann war der Teller leer und Cris schob ihn von sich. Leandros Anspielungen konnte er immer noch nicht verstehen – es hatte vorzüglich geschmeckt. Vielleicht war es ja Routine für ihn, seine Schwester zu triezen…

„Das wäre in Ordnung, ehrlich. Ich hatte jetzt auch eine ausreichende Portion.“

Er versuchte ein schwaches Lächeln und machte dabei den Fehler, nicht mehr den Teller, sondern sie anzusehen. Sie wirkte ernst, ein wenig nachdenklich vielleicht – vermutlich versuchte sie einzuschätzen, ob es nicht doch eine gute Idee war, seinem Vorschlag zu folgen – und für einen Moment konnte er nicht anders, als sich jedes Detail ihres filigranen Gesichts einzuprägen.

[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Leandro, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris -

Die Einladung ihres Bruders stand noch immer im Raum, auch nachdem Leandro bereits wieder gegangen war. Sheldon verschlang seine zweite Portion Fleischauflauf und Noa hatte sich wieder neben ihn auf die Couch gesetzt, um ihm beim Essen Gesellschaft zu leisten. Er aß mit gesundem Appetit, sodass sie sich fragte, ob er überhaupt noch in der Lage sein würde, heute Abend noch mehr in sich hinein zu schaufeln, aber er war schließlich ein Mann und Männer konnten haufenweise verdrücken, wenn sie wollten. Noa hatte sich Sheldon seitlich zugewandt und sah ihm beim Essen zu, was eigentlich als unhöflich galt. Leandro hatte wirklich überhaupt keine Ahnung. Das Mousakas schmeckte fantastisch, Fertiggericht oder nicht und es war ja auch nicht so, als äße er selbst nie Fast Food und dergleichen. Sie fragte sich ohnehin, wie er es fertig bringen wollte, heute Abend für sie zu kochen und sie damit auch noch beeindrucken zu wollen. Es stand außer Frage, dass Leandro besser kochen konnte als Noa, aber das war ja auch keine besonders große Kunst. Bis er so gut sein würde wie Cloé würde er noch ein paar Jahre üben müssen. Leandro befand sich ungefähr auf einer Stufe mit Thalia und das auch nur, weil deren Mahlzeiten unter ihrem Ökowahn litten.

“Mit Leandro muss man eigentlich auskommen, sonst macht man irgendetwas falsch.“

Sagte Noa, gedankenverloren eine Haarsträhne um ihren Finger wickelnd.

“Er ist ein sehr kumpelhafter Typ, nie nachtragend, fast immer gut gelaunt. Er sieht die Dinge positiv.“

Sie lächelte ein wenig. Das war zugegebenermaßen keine Beschreibung, die auch besonders gut auf sie gepasst hätte. Sie war nachtragend, das wusste sie und als Optimistin hätte sie sich auch nicht unbedingt bezeichnet, aber das musste auch nichts Schlechtes bedeuten. Sie war eben vorsichtig und außerdem hatte es seine Vorteile, wenn man nicht immer das Beste erwartete. Die Freude konnte größer sein, wenn etwas Überraschendes geschah, etwas mit dem man nicht gerechnet hatte. Womit sie auch nicht gerechnet hätte war Sheldons Zurückhaltung, was Leandros Einladung betraf, gerade weil er festgestellt hatte, dass ihr Bruder sehr umgänglich war.

“Wieso sollte ich Sie nicht mitnehmen?“

Fragte Noa zurück, nachdem er ihr angeboten hatte, dass sie auch ohne ihn gehen konnte.

“Das macht überhaupt keinen Sinn. Leandro ist in erster Linie Ihnen etwas schuldig. Außerdem war seine Absicht schließlich, Ihnen ein anständiges Essen zu spendieren, nicht mir.“

Dass sie trotzdem etwas davon abbekommen würde, war natürlich ein angenehmer Nebeneffekt, auch wenn er längst kein Sternekoch war. Noa zuckte mit den Schultern und sah Sheldon an. Moment mal, wollte er überhaupt nicht mit und suchte deswegen gerade nach einer Ausrede? Es klang ganz danach! Die Journalistin verengte die Augen.

“Sie wollen gar nicht, stimmt's?“

Sprach sie ihn offen an.

“Sie versuchen mich zu überreden, Sie hier zu lassen, damit Sie nicht mitkommen müssen.“

Ein stark beleidigter Tonfall schwang in ihrer Stimme mit. Sie konnte ja verstehen, wenn er eine Auszeit von ihr brauchte, weil sie schon die ganze Zeit zusammen unterwegs waren, aber ihre Familie zurück zu weisen war noch einmal eine ganz andere Nummer. Das ging gar nicht. Leandro hatte sich schon so viel Mühe gegeben. Er hätte Sheldon nicht zwingend ein neues Shirt kaufen müssen, sondern ihm auch ein altes abgelegtes Teil von sich selbst geben können und die Einladung zum Essen war ebenfalls vollkommen freiwillig gewesen. Er schuldete ihm schließlich nichts! Na ja... fast.

“Aber gut. Ganz wie Sie wollen.“

Versuchte sie sich scheinbar gleichgültig zu geben, was ihr ganz und gar nicht gelang. Aprubt entriss sie Cris seinen leeren Teller, als er endlich fertig aufgegessen hatte.

“Dann geh' ich eben alleine.“

Verkündete sie, stand auf und trug den Teller hinüber in die Küchenecke.

“Ich wette, es wird ein prima Abend!!“

- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris -
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Leandro, Cris

Er hatte es offenbar mal wieder geschafft. Gerade noch hatte Noa auf hinreißende Weise abwesend eine Strähne ihres Haares um den Finger gewickelt (und damit metaphorisch gesprochen auch Cris), dann verengten ihre sonst so ansehnlichen Augen sich zu schmalen Schlitzen des Misstrauens und ihre nächsten, anklagenden Worte machten deutlich, dass sie Cris’ Intentionen gründlich fehlinterpretiert hatte. Bevor er die Chance zum Protest bekam, war ihm der leere Teller mit Nachdruck entwendet worden und die Widerstandskämpferin hatte sich in die Kochecke zurückgezogen. Es schien, als stünde die Mauer zwischen ihnen wieder, die er in den vergangenen Stunden mehr oder minder unbeabsichtigt langsam abgerissen hatte – undurchdringlicher als je zuvor. Zumindest, wenn er dieses Missverständnis nicht umgehend aus der Welt schaffte.

„Nein, Noa… bitte… ich glaube, Sie haben mich falsch verstanden…“


Langsam erhob er sich aus dem Sofa und wagte ein paar Schritte in Richtung Küchenecke, halb damit rechnend, dass ihm ein Teller oder eine Gabel ins Gesicht flog. Sie hatte sich zwar bemüht, unbeteiligt zu klingen, doch die Enttäuschung und Verletztheit hatten doch merklich in ihrer Stimme Widerhall gefunden. Außerdem wäre es nicht das erste Mal, dass sie etwas auf ihn „warf“ – nun, zumindest wäre es der erste härtere Gegenstand. Das war die Seite ihres Temperaments, die er zwar immer noch beeindruckend fand, für ihn aber durchaus ungünstig enden konnte.

„Ich würde Ihren Vater gerne kennen lernen – wirklich! Es ist nur…“


Hilflos zuckte er mit den Schultern. Was war es denn? Im Grunde wusste er überhaupt nicht, ob seine Gründe zu zögern berechtigt waren. Was, wenn Noa und Leandro gar nicht die Absicht hatten, ihren Vater vom Widerstandskampf auf Coruscant abzuschotten? Was, wenn er genau wie seine Kinder eine ganz große Nummer in der Bewegung war, den Planeten aus den Klauen des Imperiums zu befreien? Cris wusste einfach zu wenig – auch über Noa. Und dabei waren Informationen doch eigentlich sein Hauptgeschäft… Nein, eigentlich nicht. Sein Hauptgeschäft war es, Leute zu töten, damit andere an Informationen herankamen.

„Ich meine, ich weiß ja nicht, wie tief der Rest Ihrer Familie in dieser Sache drinsteckt…“

Auch wenn er bei mindestens drei im Widerstand aktiven Geschwistern durchaus eine Schätzung hätte abgeben können.

„Und daher dachte ich, dass es vielleicht nicht die beste Idee ist, Ihren Vater mit mir zu konfrontieren… damit, was ich bin und… war.“

Er hatte seinen Standpunkt auch schon mal eloquenter kommuniziert…


„Und da wollte ich Ihnen einen Ausweg anbieten. Diese Situation zu vermeiden, ohne dabei in Erklärungsnöte zu geraten. Dabei ging es nicht darum, was ich will. Wenn es danach ginge…“


Oh oh, gefährliches Terrain. Es wäre wohl besser, jetzt nicht zum Besten zu geben, dass er selbst in die tiefste Kanalisation des Planeten wandern würde, wenn es ihm ein paar Minuten mehr in Noas Nähe bescherte.

„Jedenfalls wäre es mir eine große Ehre, Sie zu begleiten. Und das ist mein voller Ernst.“


Zumindest schaffte er es, jetzt auch angemessen ernsthaft zu klingen und nicht wie ein Schuljunge, der seiner Lehrerin zu überzeugen versuchte, dass die kowakianische Affenechse den fünfseitigen Aufsatz über imperiale Geschichte gelöscht hatte.


„Es tut mir Leid, wenn es so klang, als hätte ich kein Interesse daran. Okay?“


Er wusste schon, warum er sich besser aufs Schießen, als aufs Reden verstand. Bei erstem bestand zumindest nicht die Gefahr, dass ein Schuss sich in einen so gefährlichen Querschläger verwandelte wie seine Worte es getan hatten.


[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Leandro, Cris
 
¦¦ Coruscant ~ untere Ebenen ~ Gebäudeblock ~ Wohnung Nr. 2S11M ¦¦ Shana ~ Arkon ~ Markus ~ Atoras ~ Draugir ~ Mara ~ Sinoué & Miley

Nicht immer bewahrheiteten sich die Vermutungen, die man unentwegt aufstellte. Nachdem der Schlafmodus für die nötigste Regeneration des Körpers gesorgt hatte, widmete er sich der Wiederherstellung der geistigen Gesundheit. Die Wahrnehmung der angehenden Jedi waberte umher, fing nichts Eindeutiges, bis sich der undurchdringliche Dunst verflüchtigt und erkennbaren Traumbildern platz gemacht hatte. Die Umgebung, in der sie sich wiederfand war düster, lediglich von einem schwachen, rötlichen Schein erhellt. Der Ort wirkte tot und leblos, doch das war er nicht. Unzählige Geräusche drangen an ihr Ohr und machten es unmöglich den Klangteppich in einzelne Teile zu zerlegen. Das Vermögen oder Unvermögen ihres Hörnervs war momentan allerdings die geringste ihrer Sorgen. Vielmehr fragte sie sich zurzeit wie sie aus dieser Situation kommen sollte. Wie viele andere befand sie sich gerade in einer kargen Zelle, lediglich begrenzt durch den kalten und harten Steinfußboden, sowie fleckige, ebenso kalte Gitterstäbe aus Metall. Verwunderung darüber, dass sie niemanden hier kannte, und auch nicht darüber, dass sie nicht wusste wie sie hierher gekommen war, existierte nicht. Was hätte ihr die Antwort schon gebracht? Ein schon viel zu oft wahrgenommes Geräusch schallte durch die Örtlichkeit. Obwohl gedämpft und aus großer Entfernung hallend, ließ der qualvolle Schrei die Angst der Blondine steigen. Sie musste hier raus! So schnell wie möglich verschwinden, bevor die Alptraumgestalten auch sie holten.

Shana rief die anderen Gefangenen an, doch keiner wollte auf ihre Rufe und ihr Flehen reagieren. Was war bloß los mit ihnen? Hatten sie keine Furcht, wollten sie dem Grauen denn nicht entkommen? Sie rüttelte, schrie und fluchte, doch sie blieb allein mit ihren Ängsten und Fluchtgedanken. Als hätte sie es durch ihre Gehorsamsverweigerung heraufbeschworen, kehrten die Herren dieses Gewölbes zurück und schlugen schließlich den Weg zu ihrem Käfig ein.


"Nein! Lasst mich! Verschwindet! Los helft mir! Wir können sie zusammen besiegen! Hiiiilfe! Neeeiiin!"

Selbst als sie das Schloss öffneten und sie zu zweit ergriffen schrie sie und schlug um sich, aber genauso gut hätte sie gegen eine Steinwand prügeln können. Abstoßende Metallmasken blickten ihr ausdruckslos entgegen und winkten sie in den Gang hinaus. Der Befehl galt allerdings nicht ihr, denn sie war bereits jeglicher Lauffähigkeit beraubt worden. Zwei der Dämonen hielten sie hoch und trugen sie einfach vorwärts als würde sie nichts wiegen. Es handelte sich nicht wirklich um Dämonen, doch die grob gearbeiteten Masken sahen aus als wären sie direkt aus einem Horror-Vid entstanden. Die Haken und Stacheln sollten Panik und Entsetzen hervorrufen was nur zu gut funktionierte. Die perfekte Aufmachung für einen psychopathischen Killer, der mit seinen Opfern noch ein wenig spielte um sie langsam unter Qualen und psychischer Folter zu ermorden. Sie wollte so nicht enden, sie wollte fliehen, doch es gab kein Entrinnen. Die lächerlich starken Arme hielten sie weiterhin hoch und machten jedes Aufbäumen sinnlos. Vielleicht gab es einen unaufmerksamen Moment, eine Chance wenn sie kurz nicht aufpassten.

Der Weg führte zuerst an weiteren Zellen vorbei, von denen die meisten mittlerweile leer und offen waren. Dafür wurden die Schreie, die sie zuvor gehört hatte immer lauter, während sie sich ihnen stetig näherten. Der rote Schein wurde intensiver und gelegentliches Flackern offenbarte eine Feuerquelle als Lichtspender. Ebenso war die zunehmende Hitze ein eindeutiges Indiz. Definitiv keines, welches ihr Mut machte. Ein weiterer Schrei, durchsetzt von Schmerz und Verzweiflung durchbrach die relative Stille. Ein eisiger Schauer lief ihre Wirbelsäule hinunter und ließ sie trotz der gestiegenen Temperatur frösteln. Zielstrebig steuerte die kleine Prozession auf eine Tür zu, aus der sowohl das Licht als auch die Geräusche kamen, die neben den Schreien vor allem von Metallklirren, -schaben oder -schlägen durchsetzt waren.

Allein die Verzweiflung ließ noch einmal alle Energiereserven frei werden, doch ihre Bemühungen sich aus dem Klammergriff zu befreien blieben fruchtlos. Egal was sie tat, sie konnte nichts tun um ihrem Schicksal zu entgehen. Mit dieser Gewissheit ließ sich Shana widerstandslos durch die Tür schleppen, die sie in eine gewaltige Folterkammer gelangen ließ. Gut ein Dutzend Männer und Frauen wurden hier gefoltert, ein jeder davon befand sich in einem anderen Stadium der Lebendigkeit. Einigen sah man an, dass sie es nicht mehr lange machten, andere schienen noch genug Kraft in sich zu haben, um eine Weile aushalten zu können. Ohne große Umwege wurde die Blondine zu einer Bank geführt, die von der Hülle eines Mannes mittleren Alters befreit wurde, der vor kurzem sein Leben ausgehaucht haben musste. Die Gehaltene hätte heftig geschluckt, doch ihre Kehle war staubtrocken sodass sie nur ein unangenehmes Kratzen verspürte. Am oberen und unteren Ende der Bank war jeweils eine große Walze befestigt an der mehrere Ketten hingen. Nachdem der Leiche Bein- und Armfesseln abgenommen worden waren, wurde der Körper von den Folterknechten gepackt und zu einem breiten Loch gebracht, aus der das feurige Licht zu kommen schien, und dort dem Feuer überantwortet.

Sie hingegen nahm dessen Stelle auf der Streckbank ein. Ihre persönlichen Horrorschergen legten die Fesseln an, drückten sie auf die Bank und hakten die Ketten an ihren Extremitäten fest. Die ganze Zeit konnte Shana lediglich die emotionslosen Masken anstarren die mit unnatürlicher Bewegungsmechanik ihr Werk verrichteten. Schließlich ließen sie von ihr ab und traten einen SChritt zurück. Die Furcht hatte bereits so ein unfassbares Level erreicht, dass die junge Frau ohne weitere Gedanken auf das Bevorstehende einging.


"Keine Fragen, keine Ankündigung? Wollt ihr gar nichts sagen?" Das alles musste doch einen Sinn haben? Und wenn er nur darin lag einen kranken Geist durch diese Grausamkeiten zu belustigen. Doch sie sagten nichts und machten einfach weiter. Der Linke griff zu dem abgegriffenen Hebel an der Seite und drückte ihn in Richtung ihres Kopfes. Sofort setzten sich die Walzen in Bewegung und spannten die Ketten an bis sie auf den Widerstand ihres Körpers stießen. Shana spürte das Ziehen in ihren Ellbogen und Knien als sie nach und nach leicht von der Bank abhob und in einen Schwebezustand geriet. Der Schmerz nahm rasch zu und aus einem anfänglichen Keuchen wurde ein Schreien, was schlussendlich zu einem beinahe besinnungslosen Brüllen ausartete. Die Pein war schier unmenschlich, so schlimm, dass sie das Knacken und Quietschen ihres Körpers fast gar nicht wahrnahm. Die blone Schönheit hatte das Gefühl als würden ihre Muskeln reißen und ihre Knochen aus den Gelenken springen. Und über all dem blieb die Frage offen: warum?

Man ließ sie nicht bewusstlos werden. SCheinbar war dies an diesem Ort nicht möglich, denn keiner wurde vom süßen Schlaf der Ohnmacht gerettet. WAs hatte sie getan um in der Hölle zu landen, denn nichts anderes konnte dies hier sein. Sie wusste es nicht, doch nachdem die Streckmaschine schätzungsweise ihren Dienst getan hatte, wurde sie losgemacht und woanders hingebracht. Als schlanke, fast Modelmaße besitzende Frau war ihre Konstitution nicht besonders weshalb Shana erst nach einer Weile ihre Sinneseindrücke wieder reflektieren konnte. Sie war zu einer kleinen Senke geführt worden, wo sie, mit den Armen nach oben an zwei Säulen gebunden worden war. Es war auch besser so, denn ihre Beine konnten sie sowieso nicht mehr aufrecht halten. Was folgte nun? Schläge schienen die naheliegendste Wahl zu sein. Doch zuerst näherte sich eine weitere Maskengestalt, die sie wortlos musterte.

Zur Überraschung der Gemarterten löste das Wesen vor ihr die Maske und zeigte sein abscheuliches Antlitz. Was?? Eine rothaarige Frau, eine Kreatur der Dunkelheit, der sie bereits begegnet war. Die Sith! Das imperiale Miststück, dass sie scheinbar überallhin verfolgte (Alynn Kratas ;)). Shana erkannte sie sofort wieder, auch wenn ihr Gesicht fürchterlich entstellt war. Die Züge waren eingefallen, geradezu verfault, und Würmer krabbelten über Wangen und Stirn. Ein freudloses Grinsen trat auf das "Gesicht" ihrer verhassten Feindin.


"Wen haben wir denn hier? Jetzt bist Du nicht mehr so vorlaut, was?" Die Botin des Bösen lachte hämisch. Ein Geräusch, das nicht weniger grauenvoll war als die Schmerzen, die die Streckbank ihr beschert hatte.

"Nun wirst Du spüren was es bedeutet sich mir in den Weg zu stellen!" Damit war die kleine "Unterhaltung" beendet und somit auch die Pause vor den nächsten Schmerzen. Die Sith wandte sich ab und verschwand wieder in dem Nichts, aus dem sie gekommen war. Bei dem was kam, hatte sie richtig gelegen. Ihre beiden persönlichen Folterer fingen an mit Balken auf sie einzuschlagen. Dabei schonten sie keinen Körperbereich, keine Stelle, die nicht mit Schlägen malträtiert wurde. Lediglich das Gesicht wurde ein wenig außer acht gelassen, aber vielleicht war das auch nur eine subjektive Empfindung. Shana schrie, sie wand sich, doch die Wesen waren unbarmherzig und droschen auf sie ein, als wenn dies der Sinn ihrer Existenz wäre. Irgendwann war die Blondine kurz davor ihre Besinnung zu verlieren, daher konnte sie nicht genau sagen, ob ihre Augen ihr nicht einen Streich spielten. Blaues Leuchten fing an die Halle auszufüllen und schob sich dabei Stück für Stück auf sie zu. Auf seinem Weg verbrannte es dabei alles was sich ihm in den Weg stellte. Die Schreie wurden zuerst zahlreicher, nahmen dann jedoch rasant wieder ab. Das blaue Licht kam näher und verbreitete dabei einen merkwürdigen Summton. War dies vielleicht das reinigende Feuer der ERlösung, das sie von ihrem Martyrium befreite? Erst als es sich direkt vor ihr befand konnte sie erkennen, das es sich nicht nur um ein Leuchten handelte, sondern um eine Lichtquelle die von einer Person gehalten wurde. Diese wurde sichtbar, als die Quelle zur Seite gehalten wurde.

Markus!! Ihr edler Held und Retter.


"Kleine, alles wird gut, ich hole Dich hier raus. Du brauchst keine Angst mehr zu haben."

Erleichterung durchströmte sie wie ein reißender Bach und ließ ihre bereits nicht mehr tragfähigen Beine weich werden. Er war hier. Ihr Verehrtester war gekommen um sie zu retten. Mit zwei schnellen Schlägen war sie befreit und Markus fing sie auf. Das Lichtschwert wurde deaktiviert und an den Gürtel gehängt, sodass beide Hände frei waren um sie hochzuheben. So trug er sie sanft weg von diesem Ort, bei jedem Schritt auf den Korridor aus Leichen achtend, den er hinterlassen hatte. Nur für sie hatte er sich durch die Hölle gemetzelt. Schwach streckte sie die Hände aus um sein Gesicht zu berühren, doch er reagierte nicht darauf, sondern trug sie einfach weiter, bis sie die dunklen Gewölbe verließen und in einem Nebel verschwanden.

Für eine unbestimmte Zeit konnte die Blondine gar nichts erkennen, doch schließlich lichtete sich der undurchdringliche SChleier und sie betraten ein Foyer. Zielstrebig betrat Markus mit ihr einen Turbolift und drückte den obersten Knopf. Kurz darauf waren sie angekommen, nur eine weiße, verzierte Tür versperrte noch den Weg auf eine große luxeriöse Suite. Shana konnte das alles gar nicht fassen. Innerhalb von kürzester Zeit war sie von einem Extrem ins andere gelangt. Der scheinbar überhaupt nicht ermüdende Jedi bettete sie sacht auf das große, weiche Bett. Die sauberen Laken wurden sofort von ihrem Blut beschmutzt, das aus den zahlreichen nicht allzu schlimmen aber dennoch vorhandenen Wunden quoll. Welch eine Verschwendung! Während sie noch diesem GEdanken nachging verschwand ihr Held im Badezimmer und kehrte kurz darauf mit einer gefüllten Schüssel sowie einigen Handtüchern zurück.


"Setz Dich auf!"

Er zog sie hoch um ihr behilflich zu sein und fing systematisch an behutsam ihre Wunden zu reinigen. Die Sinne der hübschen Frau spielten verrückt. Eigentlich sollte sie nur die Schmerzen spüren, die ihr zugefügt worden waren, doch stattdessen nahm sie nur die Erregung wahr, die diese Fürsorge mit sich brachte. Dieser Augenblick hatte eindeutig etwas sinnliches, auch wenn dies vielleicht nur daher stammte, das sie gerade den puren Horror durchlebt hatte. Es war ihr letztlich auch egal, sie genoss jeden Handgriff, jede Berührung, die elektrifizierend wirkte. Ein unbändiges Gefühl der Zuneigung ließ sie den Blick ihres Retters suchen und ihn schließlich fangen.
Sie verlor sich in seinen Augen, und sie hatte das Gefühl als wäre es andersherum genauso. Sie ergriff vorsichtig seine Hände und fuhr seine Arme entlang. Seine so starken Arme, deren Haut dennoch so weich und geschmeidig war. Ihre Finger wanderten weiter und schoben sich unter sein Shirt, wo ebenso begehrenswerte Haut und harte Muskeln zu erfühlen waren. Seine Hände fingen auch an auf Wanderschaft zu gehen, wobei sie sich für's Erste damit begnügten sie an den Schultern zu greifen. Irgendwann konnte sie es nicht mehr aushalten, ihre Oberkörper hatten sich einander immer weiter angenähert, weshalb Shana nun das Gesicht ihres Verehrten umschloss und ihren Kopf vorneigte. Ihre Geste wurde erwidert als auch er dem Kuss entgegenstrebte.

Doch irgendwas geschah, wie ein Riß in der Realität wurde der Moment zerstört und Markus blinzelte ungläubig. Fast so als würde er aus einer Trance erwachen. Nein! Was war auf einmal los?


"Nein, das ist falsch. Ich ... ich muss gehen." Er erhob sich und trat einen Schritt zurück, ihre kaum ernsthaft erwähnenswerte Versuche ihn festzuhalten, einfach abschüttelnd. Shana war geschockt. Warum? Wieso entzog er sich ihr ... diesem traumhaft schönen Moment. Sie konnte nur hauchen.

"Nein. Nein, geh nicht ..."

Shana streckte die Arme aus, während die Gestalt langsam verblasste und Dunkelheit sie empfing.


" ... geh nicht!" , diese Worte schienen noch immer nachzuhallen als sie bemerkte das sie erwacht war und aufrecht auf der Couch saß. Es dauerte eine kleine Weile bis sie begriff das sie geträumt hatte. Daraufhin vergrub sie sofort ihr Gesicht in ihren Handflächen und stöhnte leise.

"Oh man!"

Was hatte sie da bloß geträumt? War sie nun völlig verrückt geworden? Die geträumte Folter schien sehr intensiv gewesen zu sein, denn sie spürte hintergründig die Angst. Todesangst. Doch war es wirklich so verwunderlich, wenn man bedachte, dass sie nicht nur in ihrer Traumwelt dem Tod ins Auge gesehen hatte, sondern auch in der Realität vor einigen Stunden? Doch unabhängig davon war die Intensität der Träume und der Umstand, dass sie sich so detailiert daran erinnern konnte, bemerkenswert. Konnte das mit der Macht zu tun haben? Dazu war das Thema für sie zu neu. Faszinierend dass trotz der unterschwelligen Angst so etwas wie Schamesröte in ihr Gesicht stieg als sie an das Ende ihrer Schlafperiode dachte. Himmel! War sie eine Zwölfjährige die sich in kitschigen Klischeefantastereien verlor, weil sie verknallt war. Bitte, sie war über dieses Stadium weit hinaus. Wow! Sie war echt im Eimer! Langsam sank sie zurück und schloss ihre Augen. Das Beste wäre wohl noch ein wenig zu schlafen, doch ob es ihr noch einmal gelingen würde, wegzugleiten war fraglich. Notfalls würde sie eben einfach noch etwas ruhen.

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:: Coruscant-System :: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Schwarzmarkt :: Porro & Apus Soleda & Chad Whyte - dazu Pöbel & Gesocks ::


"Verflucht'r Dugdreck!", fluchte der einarmige Gran-Bettler, kaum das der schwarzgekleidete Nautolaner und sein schwerbewaffneter Freund die wundervolle Stimmung zunichts machten. Doch während das Blasterfeuer die ersten Brandlöcher ins Interieur brannte, zog sich der einstige Piratenkapitän geschickt zurück - ohnehin erschien er nur wie ein unbedeutender, unwichtiger Taugenichts. Im Grunde war er auch nicht mehr. Allerdings besaß Porro eine feinfühlige Auffassungsgabe und die Tatsache, dass zwei gut ausgestattete, aber keineswegs professionell agierende Kopfgeldjäger dem jungen Apus nachsetzten, ließ das Interesse des Gran exponentiell wachsen. Die Stielaugen zuckten fast schon nervös umher, suchten nach einem Zeichen des jungen Burschen - konnten jedoch nichts ausmachen. Allerdings, so erkannte der einstige Schrecken des Outer Rim, hatte der Schütze bisher erst vier Schüsse aus seinem modifizierten Tötungswerkzeug - ein Umbau des Standardgewehrs des Imperiums - abgegeben. Porros kundige Augen erkannten in der Einrichtung vier kapitale Brandlöcher. Im Grunde sprach vieles dafür, dass der junge Bursche noch lebte. Der spitzschnäuzige Mund des Kontaktsmannes der Schwarzen Sonne verzog sich zu einem schiefen Grinsen. Da jedoch niemand auf dem Schwarzmarkt scheinbar in der Lage - oder willens - war, dem Schiesswütigen Einhalt zu gebieten, musste eine andere Taktik her. Porro wusste, dass letztlich nur Chad Whyte die nötige Erfahrung und die entsprechende Ausrüstung besaß, dieser Bedrohung Herr zu werden. Dafür jedoch brauchte er ein freies Schußfeld ... und musste überhaupt einmal aus der Deckung hochschnellen können, ohne direkt in den Salven des Menschenmannes zu vergehen.

Porro, hinter dem beinlosen Torso einer alten Droiden-Einheit hockend, die hier auf dem Schwarzmarkt feilgeboten wurde, machte sich ein Bild von der Lage. Die beiden Greifer - dem Gran fiel kein besseres Wort ein - befanden sich fast im Zentrum des Umschlagplatzes. Damit besaß der Schütze ein fast freies Schußfeld und eine hervorragende Position. Alternativ befand er sich selbst fernab jeder Deckung. Im Grunde saß er in all seiner Übermütigkeit auf dem sprichwörtlichen Präsentierteller. Wenn man denn in die Verlegenheit kam, selbst einen Schuß abzufeuern.

Porro besaß seit seinem Unfall im Outer Rim keine Waffen mehr. Er war nicht auf sie angewiesen und in all den Jahren seiner Piratentätigkeit hatte der Gran gelernt, dass allein das Mitführen von Waffen für Schwierigkeiten sorgte. Bewaffnete starben schlichtweg schneller und eher, als Unbewaffnete. Da der alternde Bettler jedoch noch ein paar Tage erleben wollte, bevorzugte er einen stilleren, weniger konfliktbelasteten Weg. Dennoch saß er nun - mal wieder - in der Misere und war zudem der einzige, der Chad Whyte die nötige Verschnaufpause verschaffen konnte. Kurzerhand schob er seinen unsagbar hässlichen Schädel hinter dem Droidentorso hervor.


"He, ihr Hutt'nschänd'r ... habt ihr niemals 'n anständig'n Beruf erlernt, dass ihr ehrbare Händl'r beschiess'n müsst? Euch sollt' ich mal Beine mach'n!", brüllte der einstige Outer Rim-Pirat und schüttelt die verbliebene Faust drohend in die Luft. Dieser neue Lärmpegel zog für eine gewisse Zeit - nicht mehr als die Winzigkeit eines Augenblicks - die Aufmerksamkeit des Nautolaners samt seines bewaffneten Freundes auf sich. Beide gafften mit dem Ausdruck eines sterbenden Banthas in Richtung von Porro, der seinem Auftritt weitere Dramatik verlieh und im Aufstehen bewusst große Teile des Droiden-Schrottverkäufers abräumte. Seine bullige Gestalt, sein von Jahren des Kampfes und der Armut gezeichnetes Äusseres, die Lumpen in die er sich hüllte und die schlagartig herrische Stimme - ein Relikt vergangener Tage - verliehen dem Gran in einem kurzen Auflodern die einstige Bedrohlichkeit.

Und genau dieses kurze Szenario verlieh Chad Whyte und Apus Zeit. Notwendige Zeit. Überlebenswichtige Zeit. Als das feindliche Duo erkannte, dass der alte Gran nur ein alter Gran in Bettlerkluft war, begann der Nautolaner lautstark zu lachen. Auch der Mensch erkannte in dem stinkenden Lumpenträger keinerlei Bedrohlichkeit mehr. Doch von seiner Position aus sah Porro das, was er sehen wollte.



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by Drex
 
|| Coruscant ▫ untere Ebenen ▫ Straße ▫ Gleiter || ▫ Vorin & Gaiden

Gaiden hatte viel zu bedenken. Vieles worüber er sich Gedanken machen musste. Es wäre nicht richtig gewesen eine sofortige Entscheidung zu verlangen. Eigentlich war eine einzige Nacht auch fast zu wenig, um über so einen wichtigen Schritt zu entscheiden, aber wahrscheinlich hatten sie keine andere Wahl. Er wusste zwar nicht wie die anderen, vor allem Markus, auf seine neuen Bedenken und Gedanken reagierten, doch für ihn war es nur eine Frage der Zeit wann er diese Kugel verlassen würde. Doch zuerst einmal galt es diese Nacht zu überstehen und am nächsten Tag hierher zurückzukehren um den vor kurzem noch Fremden erneut zu befragen.

"Ich kann mir vorstellen, dass es sehr viel auf einmal ist. Nimm Dir Zeit für die Entscheidung, das ist dein sehr gutes Recht. Also dann sehen wir uns morgen so gegen Mittag würde ich vorschlagen, ich hoffe die Zeit reicht für Dich aus. Alles Gute, bis morgen."

Eigentlich war ihm dies relativ genehm, so musste er nichts von sich preisgeben und konnte trotzdem wieder Kontakt knüpfen. Gaiden stieg aus und machte sich auf den Weg ... wohin auch immer. Vermutlich zu seiner Schlafstätte. Irgendwie seltsam sich vorstellen zu müssen, niemals an einem anderen Ort als diesem zu sein. So ein Leben war mit Sicherheit nicht leicht. Nun, darüber brauchte er sich momentan wohl keine großen Gedanken zu machen, er wollte jetzt einfach nur noch zurück. Da er in etwa wusste wo er lang musste, fand er den Rückweg relativ zügig und näherte sich rasch der Wohnung. Vorteilhaft für ihn, dass hier unten kaum Sicherheitskräfte verkehrten, denn sein Gleiter sah ziemlich mitgenommen von dem Beschuss aus, und nirgendwo anders als hier, konnte er damit unbehelligt herumfahren. Um ganz sicher zu gehen, hielt er zwei Kreuzungen entfernt und lief den Rest zu Fuß.

Vermutlich unnötig, aber so würde nicht sofort "ihr" Haus gestürmt werden, sollte der Gleiter jemandem auffallen. Egal, nach wenigen Minuten stand er vor der bereits bekannten Häuserfront und betrat schließlich den Flur. Turbolift rufen, dann bis Ebene 11 benutzen und schließlich zu Nummer M laufen. Endlich! Vorin klopfte und wartete bis ihm jemand öffnete. Endlich ein freundliches Gesicht. Vorin schritt nach vorn und umarmte das rotblonde Mädchen, das immer noch nicht glücklich aussah.


"Ich habe wirklich genug von Coruscant." Er ließ sich auf eine Sitzgelegenheit fallen, von denen es nicht allzu viele gab und wandte seine Aufmerksamkeit seiner Freundin zu. Auch wenn er hundemüde war, wollte er nicht einfach wortlos schlafen gehen.

"Wie geht's Dir?" , erkundigte er sich.
"Ich habe mir, weil ich heute nichts Besseres zu tun habe, noch eine Verfolgungsjagd geleistet. Und das nur weil ... ach egal." Vorin hatte das Gefühl als wenn Mara was sagen wollte, aber er würde warten bis sie von selbst das Wort ergriff. Währenddessen waren die meisten schlafen, oder eben noch im Bad beschäftigt.

|| Coruscant ▫ untere Ebenen ▫ Gebäudeblock ▫ Wohnung Nr. 2S11M ▫ im Hausflur || ▫ Vorin ▫ in der Nähe Mara ▫ Sinoué ▫ Arkon ▫ Shana ▫ Miley ▫ Draugir ▫ Atoras & Markus
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris -

Es war alles gar nicht so, wie sie gedacht hatte? Sie hatte Sheldon lediglich missverstanden? Oh. Noa stellte den schmutzigen Teller in den Spülautomaten. Nach der ersten Beteuerunng Sheldons war sie noch nicht ganz davon überzeugt, dass er sie wirklich gerne begleiten wollte und nicht nur so tat, um sie milde zu stimmen, doch je mehr er sprach, desto klarer wurde die Sache. Er hatte sehr wohl Bedenken mitzukommen, aber nicht wegen ihrem Bruder oder wegen ihrem Vater, sondern wegen sich selbst. Das stimmte Noa tatsächlich weicher. Er hatte in erster Linie nicht an sich gedacht, sondern an Noa und ihre Familie.

“Ich glaube, da habe ich Sie wirklich falsch verstanden.“

Gab Noa zu, was sie wirklich ungern tat. Sie hatte nicht gerne Unrecht und lag auch nicht gerne falsch. Beides gab ihr ein Gefühl des Versagens. Aber wann hatte sich ein Mann zuletzt so rücksichtsvoll ihr gegenüber verhalten? Sheldon hatte vollkommen Recht, er hatte nicht wissen können, ob und wie sehr ihr Vater in den Widerstand involviert war. Er hätte aber auch gar nicht darüber nachdenken müssen. Dass er es getan hatte bewies, dass er sich Gedanken über sie machte und ein Feingefühl besaß, von dem die meisten Männer sich eine gute Scheibe von hätten abschneiden können. Noa seufzte.

“Ich hätte Ihnen mehr erzählen sollen.“

Sagte sie, kam wieder näher und hockte sich auf eine der Armlehnen des Sofas.

“Mein Vater ist Teil der Defender. Er war es, der uns überhaupt erst mit General Grant bekannt gemacht hat. Sie kennen sich von früher. Dad rennt zwar nicht schwer bewaffnet durch die Gegend, aber er beteiligt sich an der Organisation und hilft Pablo wo er kann. Für den Rest ist er auch schon zu alt.“

Noa grinste, ehe sie fort fuhr.

“Meine Brüder und ich sind alle aktiv dabei, nur meine Schwester nicht. Cloé will vom Widerstand nichts wissen und wir respektieren das und versuchen, nicht darüber zu sprechen, wenn sie dabei ist. Das ist besser so, ansonsten ist es nämlich ein großes Streitthema. Sie sehen also, es gibt keinen Grund, Sie zu verstecken. Es weiß sowieso inzwischen jeder, wer Sie sind – aus meiner Familie, meine ich.“

Noa atmete tief ein. Waren damit alle Missverständnisse aus dem Weg geschafft? Sie hoffte es. Sie mochte Cris Sheldon, wenn sie ehrlich war. Er war ein weitaus besserer Mensch, als sie zuerst gedacht hatte. Vielleicht hatte er genau deswegen diese zweite Chance erhalten. Das Shirt, das Leandro ihm besorgt hatte, stand ihm ausgesprochen gut. Eigentlich war es sogar einen Ticken zu eng. Die Konturen seiner Armmuskeln zeichneten sich noch immer deutlich unter dem leicht angespannten Stoff ab. Wenn es nach ihr ging, konnte er so immer rum laufen. Entweder so, oder eben ganz ohne Shirt.

“Das heißt also, dass Sie mitkommen?“

Fragte sie, nur um noch einmal sicher zu gehen. Weitere Missverständnisse waren aus ihrer Sicht für den heutigen Tag nicht mehr erwünscht.

“Ich behaupte, wir haben uns einen ruhigen Abend auch beide verdient. Erst die Action am Honey House, dann Ihr mistrauischer Major und zu guter Letzt mein schw... ähm, hormongesteuerter Bruder.“

Einen kurzen Moment dachte Noa nach.

“Und ich glaube, in dem Restaurant haben Sie auch nicht viel von Ihrem Steak gegessen, oder? Ich jedenfalls nicht.“

Wenn es nach Noa ging, war es damit beschlossen. Sheldon, Leandro, ihr Vater und sie selbst. Ein Abend zu viert mit einem angeblichen Luxusmenü frisch gekocht von ihrem Bruder. Sie würden gemütlich zusammen sitzen und in Ruhe etwas essen. Kein Stress, kein Streit und keine störenden Zwischenfälle.

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[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Cris

Noas nächste Worte setzten die Dinge ein wenig in Perspektive für Cris und ließen den Agenten seinen Mund zu einem lautlosen Pfiff spitzen – fast alle Cortinas waren also Mitglieder im Widerstand gegen das Imperium (abgesehen von einer Schwester) und hatten sich dem Kampf um Coruscants Freiheit verschrieben. Beeindruckend. Also waren da Noa, Pablo, Leandro und vermutlich noch ihr dritter Bruder, Rámon, von dem er lediglich am Rande mitbekommen hatte, dass dieser existierte. Und wiederum schienen sie alle zu wissen, dass Cris Sheldon, Agent des republikanischen Geheimdienstes, bei den Defendern aufgeschlagen war. Bei diesem Wissen blieb es besser auch – kein Grund, Noas Brüder und ihren Vater wissen zu lassen, dass ein dubioser Geheimagent ihre Schwester respektive Tochter für mehr als nur eine gute Kämpferin für die Sache der Freiheit hielt.

„Der Einsatz Ihrer Familie ist… bewundernswert…“, sagte er leise. Noch immer war kein Wort über Noas Mutter gefallen, aber die zusätzlichen Informationen über die Cortinas brachten zusätzliche Möglichkeiten ins Spiel – wenn Noas Vater Teil des Widerstandes war, konnte es womöglich sein, dass ihre Mutter eines der Opfer war, die Coruscant seit der Machtübernahme durch das Imperium zu beklagen hatte. Fragen würde er sie jedenfalls nicht – noch nicht. Besonders, da es zu frische Erinnerungen darüber erwecken würde, dass er selbst vor vielen Jahren dafür verantwortlich gewesen war, dass zahlreiche Töchter ihre Mütter nie wieder sehen würden – wenn sie nicht Seite an Seite mit ihnen im Blasterfeuer gestorben waren.

„Ich freue mich darauf, Ihren Vater kennenzulernen“, antwortete er dann auf Noas Frage und besiegelte damit seine Teilnahme an dem kleinen Familienessen, das Leandro angeleiert hatte. Noas weitere Worte hatten ohnehin einiges für sich – es stimmte, dass sie ihr Essen im „Jewel of the Core“ überhastet hatten abbrechen müssen. Tatsächlich war das nicht das erste Mal gewesen, dass er mit Noa gegessen und das Essen nicht beendet hatte. Beim ersten Mal war zum Schluss mit einem ordentlichen Spritzer Soße garniert worden.

„Außerdem dürfte es ganz erfrischend sein, sich einmal nicht mit Hiobsbotschaften oder imperialen Razzien beschäftigen zu müssen…“

Damit war die Abendbeschäftigung also geklärt – doch bis dahin waren es noch einige Stunden. Cris wusste nicht, ob Noa möglicherweise noch andere Verpflichtungen hatte – und wenn ja, ob sie diese vielleicht nur aus Pflichtgefühl ihrem „Patienten“ gegenüber nicht erwähnte. Nicht, dass er ein Problem damit hatte, auch die nächsten Stunden bis sie aufbrachen mit ihr zu verbringen… nur waren es nicht alleine seine Präferenzen, die den weiteren Verlauf des Tages bestimmen sollte.

„Nun… haben Sie heute noch irgendetwas zu tun?“, fragte er vorsichtig.

„Nicht, dass ich Sie loswerden möchte, aber… falls es irgendeine Pflicht gibt, die sie noch zu erfüllen haben, müssen Sie das nicht meinetwegen aufschieben. Ich komme bis heute Abend zurecht.“

Er lächelte schwach, auch wenn ihm klar war, dass dieser plötzliche Themenwechsel tatsächlich so klang, als wollte er Noa aus ihrer eigenen Wohnung loswerden. Ebenso unmöglich war es jedoch, ihr zu sagen, dass er sich im Grunde wünschte, sie würde noch bleiben… und vielleicht ein wenig näher kommen.


„Diese ganzen Artikel schreiben sich schätzungsweise nicht von alleine und ich glaube, dass ich bereits genug von Ihrer Zeit verschwendet habe. Zumindest für heute Mittag.“


Er räusperte sich. Auch zu beachten war, dass es sie womöglich nicht begeisterte, ihn erneut – und dieses Mal bei Kräften – in Ihrer Wohnung alleine zu lassen. Doch im Grunde hatte sie ihm nahegelegt, dass er sich noch ein wenig schonen sollte und mit keiner Silbe angedeutet, dass er dazu ins Hauptquartier der Defender zurückkehren musste… Aber eines war klar: sie hatte besseres zu tun, als ihm stundenlang beim Rumsitzen zuzusehen.

„Also, wenn Sie irgendetwas haben… ich werde einfach hier sitzen oder liegen, bis Sie zurückkommen. Und nichts anfassen. Versprochen.“

[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Noa, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris -

Jetzt wo er es erwähnte, Noa hatte tatsächlich noch ein paar Dinge zu erledigen. Der Vorteil ihres Jobs war, dass sie sich ihre Arbeitszeit frei einteilen konnte. Sie war keine Festangestellte, wie zum Beispiel ihre Schwester im Reisebüro, die zu festen Uhrzeiten zur Arbeit zu erscheinen hatte. Der Haken an der Sache war, je weniger Noa arbeitete, desto weniger verdiente sie auch und in letzter Zeit hatte sie sich nicht gerade dazu qualifiziert, zur fleißigsten Mitarbeiterin des Monats gewählt zu werden. Ihr Geldbeutel wusste, wovon sie sprach.

“Ich hätte da schon noch das eine oder andere zu tun.“

Gestand sie, als Sheldon ihr in seiner mitdenkenden Art die Möglichkeit bot, ihn alleine zu lassen, ohne dass sie deswegen ein schlechtes Gewissen haben musste.

“Wenn Sie meinen, Sie kommen alleine zurecht...“

Begann sie, fast ein wenig zweifelnd, bevor sie sich darauf besann, mit wem sie sprach. Jemand wie Sheldon, ein Mann der sicher zu den Top-Agenten seines Fachs gehörte (was zwar noch niemand bestätigt hatte, Noa aber einfach vermutete) konnte sicherlich auf sich selbst aufpassen. Außerdem war er längst nicht mehr pflegebedürftig. Sollte er durstig sein, würde er es wohl durchaus hin bekommen, sich ein Glas Wasser einzuschenken.

“Gut, dann verschwinde ich noch mal für zwei Stunden oder so. Sie können ruhig Holo-TV schauen, wenn Sie möchten. Und falls doch noch was ist, können Sie mich über Kom erreichen.“

Noa stand auf, zog sich ihre Lederjacke über und griff nach ihrer Tasche.

“Bis später dann.“

Sagte sie und fühlte sich ein kleines bisschen seltsam, jemanden in ihrer Wohnung zu verabschieden und dort zurück zu lassen, während sie selbst ging. Nicht, weil sie Sheldon nicht vertraute, sondern weil es lange her war, dass sich so eine Situation zuletzt ergeben hatte.

***​

Die Redaktion hatte sie mit dem befriedigenden Gefühl verlassen, wirklich etwas geschafft zu haben. Schon vor Tagen hatte Noa mit einem Artikel angefangen, jedoch immer wieder versäumt ihn zu Ende zu schreiben, weil ihr einfach die richtigen Ansätze gefehlt hatten. Heute hatte sie sich mit Visenc darüber ausgetauscht und er hatte einige ziemlich gute Ideen beigesteuert, sodass sie ganz unerwartet doch noch fertig geworden war. Sie war dadurch länger fort geblieben als beabsichtigt, aber Sheldon würde schon nicht vor Langeweile gestorben sein, sagte sie sich. Umso mehr musste sie schmunzeln, als sie bei ihrer Rückkehr feststellte, dass er zumindest vor Langeweile eingeschlafen vor. Vielleicht auch aus Erschöpfung. Schlaf, hatte ihre Mutter immer gesagt, war die beste Medizin. Noch an der Tür zog Noa ihre Schuhe aus, um ihn durch das Klackern ihrer Absätze nicht aufzuwecken. Wie lange er schon dort lag? Für einen Augenblick betrachtete sie ihn. Er bot ein ähnliches Bild wie gestern, als er nach der Behandlung seiner Schulter unter Medikamenten gestanden hatte, doch heute schlief er einen ruhigen und natürlichen Schlaf und sah ganz friedlich aus. Aus Angst, er könnte plötzlich aufwachen und sie dort stehen sehen, riss sich Noa los. Er sollte nicht denken, sie sei eine perverse Spannerin. Es gab ja auch Leute, die über bewusstlose Personen herfielen und davon ganz wuschig wurden, was ziemlich widerlich war. So war Noa gewiss nicht. Auf leisen Sohlen tappelte sie zu ihrem Schlafzimmer hinüber. Die Tür war noch abgeschlossen, so wie sie sie am Morgen zurück gelassen hatte, noch bevor sie zum Einkaufen gegangen war. Es war Noa ganz Recht, dass Sheldon schlief und nicht mitbekam, dass sie sie erst wieder entriegeln musste. Heute Morgen hatte sie ihm noch nicht vertraut, als sie ihn alleine gelassen hatte. Das hatte heute Mittag schon ganz anders ausgesehen. Ein Blick auf ihr Chrono sagte ihr außerdem, dass es allmählich Zeit wurde, sich für den Abend fertig zu machen. Aufbretzeln würde sie sich nicht, aber einer Dusche und ein paar neuen Klamotten war sie nicht abgeneigt. Ihre Tasche auf ihrem Bett abstellend, sah sie sich um. Was um alles in der Galaxis sollte sie anziehen? Sie wollte gut aussehen, klar. Jede Frau wollte das. Das hatte auch überhaupt nichts mit einem gewissen Agenten zu tun, der sie begleiten würde. Sie spähte durch die geöffnete Tür hinüber ins Wohnzimmer. Dort rührte sich nichts. Trotzdem würde sie sich bestimmt nicht in Unterwäsche zur Erfrischungszelle schleichen. Das Risiko, dass er aufwachte und sie sah, war viel zu groß. Nein, sie würde in voller Montur gehen und sich im Bad umziehen. Sicher war sicher. Mit einem Arm voller Klamotten, die sie zur Auswahl benötigte, durchquerte Noa das Wohnzimmer und fühlte sich schon fast unbeobachtet im Bad angekommen, als sie auf dem letzten Meter doch noch mit den vielen Sachen, die sie mit sich trug, einen schmalen Kerzenhalter von einer niedrigen Kommode fegte. Scheppernd fiel dieser zu Boden. Sie besaß ja wirklich nicht viel an Deko und das wenige musste sie dann auch noch runter werfen. Zu allem Überfluss saß Cris Sheldon jetzt kerzengerade auf dem Sofa. Hatte sie sich getäuscht, oder hatte sein Arm gerade eine Bewegung gemacht, als wolle er nach seiner Waffe greifen? Na ja, sie hatte ihn kaum vorwarnen können.

“Tut mir Leid, ich habe Sie geweckt.“

Noa bückte sich, so gut das mit den ganzen Kleidern, die sie bei sich trug, ging und hob den Kerzenhalter auf, um ihn wieder dorthin zu stellen, wo er hin gehörte.

“Bleiben Sie ruhig noch liegen. Ich wollte nur mal eben, hmm, unter die Dusche springen.“

Warum war ihr das so peinlich? Total albern. Jeder Mensch musste ab und an duschen. Vermutlich war es, weil sie nicht den Eindruck erwecken wollte, sich extra hübsch zu machen, denn das tat sie ganz und gar nicht, jedenfalls nicht für ihn. Und sie wollte auch auf keinen Fall, dass er sie in die Dusche begleitete, auch wenn ein ähnliches Bild dummerweise gerade in ihrem Kopf deutliche Konturen und Farben annahm. Das mussten ihre Hormone sein, die mal wieder verrückt spielten. Auf die war noch nie Verlass gewesen.

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[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Cris

Dann war Noa aus ihrer Wohnung verschwunden und Cris plumpste mit einem Seufzen zurück auf das Sofa, dass er kurz verlassen hatte, um seine Gastgeberin zu verabschieden. Suchend schweifte sein Blick durch den Raum, über die Kochecke und das Hologerät, das Noa ihm angeboten hatte zu benutzen. nach einer Weile unschlüssigen Herumsitzens wanderte seine Hand dann in Richtung des Bedienelements und aktivierte das Gerät, um sich einen kurzen Überblick darüber zu verschaffen was diese Form der Unterhaltung zu bieten hatte – nämlich primär imperiale Propaganda, Rekrutierungsfilmchen und bestenfalls stark politisch eingefärbte Berichterstattung über die Ereignisse im Rest der Galaxis. Keine Informationsquelle, auf die man sich verlassen konnte und sollte, und kein angenehmer Weg, sich die Zeit zu vertreiben.

Wenige Minuten später waren die sich abwechselnden Holoprojektionen folglich wieder erloschen und Cris hatte etwas anderes gefunden, worauf er sich konzentrieren konnte – das kleine Comgerät aus seiner Hosentasche, eine Möglichkeit, zumindest halbwegs abgeschirmt – wenngleich mitnichten absolut sicher – mit Selby in Kontakt zu treten. Der Agent meldete sich tatsächlich sofort, fast so, als hätte er nur auf Cris’ Kontaktaufnahmeversuch gewartet… was er womöglich auch hatte.


„Haben Sie mit unserem gemeinsamen Bekannten gesprochen?“


Keine Namen, keine exakten Bezeichnungen. Die Details würden warten müssen, bis sie sich wieder von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.


„Ja. Er ist über das Filmspektakel im Bilde, aber versicherte mir, dass unsere Investitionen nicht in Gefahr sind.“

Also waren durch die große Säuberungsaktion des Imperiums keine Geheimdienstzellen in Mitleidenschaft gezogen worden – vermutlich hatte man tatsächlich größtenteils unschuldige Zivilisten zusammengetrieben und hingerichtet, um ein brutales Zeichen zu setzen. Entweder setzte der Wahnsinn mittlerweile systematisch in den imperialen Führungsetagen ein, oder man war ob des steigenden Widerstands der Bevölkerung besorgter als man sich anmelden ließ…

Als Cris nicht antwortete, fuhr Selby fort:


„Und Sie? Brauchen Sie ein Taxi?“

Cris schmunzelte.

„Nein, ich komme zurecht… ich melde mich, sobald ich Ihnen einen Treffpunkt mit unseren neuen Freunden nennen kann.“

„Verstanden. Ich halte mich bereit.“

Dann war das kurze Gespräch mit seinem Geheimdienstpartner beendet und Cris wieder alleine in Noas Wohnung, die ohne ihre Besitzerin trotz der fröhlich wirkenden Bilder an der Wand leer und leblos wirkte. Nun, er hätte wohl kaum erwarten können, dass sie nach dieser Steilvorlage tatsächlich noch mehr Zeit mit ihm verbrachte… sie hatte ihre Aufgaben und er war nicht unbedingt das, was man als einen glänzenden Gesellschafter bezeichnete.

Mit einem weiteren Seufzen schmiegte der ehemalige Sturmtruppler sich tiefer in das Polster des Sofas und wurde überrascht davon, wie schwer seine Glieder und Augenlider augenblicklich wurden. Wann hatte er das letzte Mal richtig geschlafen, ohne unter Drogen zu stehen oder irgendeine Verletzung auszukurieren…? Sein letzter Gedanke galt Noa und der Frage, wie sie sich wohl tatsächlich damit fühlte, ihn zu einem Abendessen mit einem Teil ihrer Familie mitzunehmen, bevor tiefer Schlaf ihn umfing…

***

Als er wieder aufwachte, war es nicht das langsame Aufwachen nach einem erholsamen Schlaf – ein undefinierbares Poltern riss ihn gewaltsam in die Gegenwart zurück und ließ umgehend seine Reflexe überhand gewinnen. Seine Hand zuckte auf der Suche nach seinem Blaster, griff zu seiner Alarmierung jedoch ins leere. Erst, als sein Blick sich langsam schärfte, wurde ihm klar, dass nicht nur keine Waffe in seiner Nähe war, sondern auch keine schwer bewaffneten Spezialeinheiten der CSF, die Noas Wohnung mit Getöse gestürmt hatten, um ihn festzunehmen.

Stattdessen fiel sein Blick auf die, die – seltsamerweise mit einem Berg unterschiedlichster Kleidung beladen – wieder im Raum stand und gerade damit beschäftigt war, einen metallenen Gegenstand vom Boden aufzuheben. Dieser war vermutlich auch für das plötzliche Geräusch verantwortlich. Cris’ Herzschlag normalisierte sich langsam wieder – zumindest soweit, wie das in Anbetracht von Noas Auftauchen möglich war – während die Widerstandskämpferin sich für das unsanfte Wecken entschuldigte und erklärte, dass sie vor ihrem Aufbruch noch zu duschen gedachte.

„Oh… ähm, kein Problem. Lassen Sie sich von mir nicht stören.“


Leichter gesagt als getan. Die Situation wirkte schon ein wenig sonderbar und es war wenig hilfreich, dass diese Information ihn fast unmittelbar darüber fantasieren ließ, was wohl geschehen würde, sollte sie ihm jetzt einfach vorschlagen, sie zu begleiten. Sich unsicher, ob sein Gesichtsausdruck irgendetwas über diese Gedanken verriet, spürte Cris, wie ihm zum gefühlt hundertsten Mal in Noas Gegenwart das Blut ins Gesicht schoss.

„Ich… könnte auch einen kleinen Spaziergang machen, wenn Sie möchten.“


Das war vielleicht das Beste. Immerhin war das hier ihre Wohnung und sie sollte sich waschen und umziehen können, ohne sich dabei vor ihm verstecken zu müssen. Selbst seine unangemessenen Wünsche und Vorstellungen änderten daran nichts.


[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Cris, Noa
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Noas Wohnung – Mit Cris -

Als Gastgeberin hatte man dafür zu sorgen, dass es etwaigem Besuch gut ging. Man bereitete leckeres Essen zu (was sie getan hatte) und man sorgte dafür, dass sie einen bequemen Schlafplatz hatten. Bisher konnte sich Noa Chanelle Cortina keinen Vorwurf machen. Sie hatte sich redlich bemüht es Cris Sheldon Recht zu haben. Sie war sogar ziemlich sicher, dass er diese Bemühungen zu schätzen wusste und nicht die kleinste Kleinigkeit auszusetzen gehabt hätte, hätte sie ihn direkt gefragt. Nun jedoch kamen sie an einen Scheideweg: er bot an, sie für eine Weile alleine zu lassen, damit sie in aller Ruhe duschen und sich zurecht machen konnte und sie war mehr als versucht dieses Angebot anzunehmen. Sie betrachtete den Kleiderhaufen in ihrer Hand. Nichts davon würde sie wieder zurück in den Schrank legen können, ohne es noch einmal neu zu falten. Keine Frage, seine Anwesenheit hier trug dazu bei, dass alles ein wenig umständlicher wurde. Himmel, sie hatte sogar extra für ihn eingekauft! Es war ein verlockendes Angebot, dass er ihr unterbreitete. Er würde ein- oder zweimal um den Block herum laufen können, vielleicht um etwas frische Luft zu schnappen und Noa hätte genug Zeit in die Dusche zu hüpfen und auf Toilette zu gehen, ohne sich darum zu sorgen, dass er sie möglicherweise dabei hören konnte.

"Hmm, na wenn Sie das schon so anbieten..."

Begann Noa, ohne den Satz zu beenden. Sie war bisher eine vorbildliche Gastgeberin gewesen, aber war sie das auch noch, wenn sie seinen Vorschlag annahm? Er war verletzt! Eigentlich sollte er bleiben wo er war und sich weiter ausruhen, anstatt durch die Gegend zu sparzieren! Andererseits konnte ihr das eigentlich auch egal sein. Sie war ihm schließlich nicht verpflichtet.

"Aber nur, wenn es Ihnen gut genug geht."

Mit dem Ellbogen berührte Noa den Öffnungsmechanismus an der Wand, sodass sich die Tür zum Bad öffnete. Sie war sooo egoistisch.

"Ansonsten... bleiben Sie einfach wo Sie sind. Stört mich wirklich nicht. Ich meine, wozu gibt's Türen?"

Blöd grinsend sah sie ihn an.

"Um sie zu zu machen, denke ich. Nicht wahr?"

Sie sah ihn an. Das war so ziemlich das Dümmste, was sie in den letzten drei Tagen von sich gegeben hatte, oder in den letzten fünf oder zehn Tagen. Eigentlich konnte sie sich nicht einmal an etwas erinnern, was noch dämlicher geklungen hatte als das. Vor Scham fast im Boden versinkend stolperte Noa rückwärts in den beengten Raum hinein, der sich Erfrischungszelle nannte, schloss die Tür von innen und lehnte ihren Kopf gegend die Wand. Am liebsten hätte sie ihn dagegen geschlagen, doch die Gefahr, dass Sheldon das Poltern hörte und sich erkundigen würde, ob bei ihr alles in Ordnung war, war zu groß. Natürlich war nichts in Ordnung! Noa hatte gerade den wohl schlechtesten Witz des Jahrhunderts gemacht, wenn nicht sogar des Jahrtausends! Was er jetzt von ihr dachte! Sich direkt im Spiegel anschauend, verzog sie das Gesicht und streckte sich selbst die Zunge heraus. Cris Sheldon fand sie schön. Augenblicklich hoben sich ihre Schultern wieder. Na ja, warum nicht? Es gab keinen Grund, ihm so etwas auszureden. Er war ja ebenfalls nicht unansehlich, ganz und gar nicht, auch wenn Noa den Teufel tun und ihm das sagen würde. No way. Sie öffnete ihre Hose, stieg mit beiden Beinen nacheinander aus ihr heraus und prüfte den Rasurstand ihrer Beine. Es ging noch, aber spätestens morgen würde sie nachziehen müssen. Nicht, dass dies für irgendwen wichtig war, außer für sie selbst natürlich. Als fühlte sie sich ertappt, hielt Noa inne und horchte nach draußen. War Sheldon jetzt eigentlich noch da oder war er wirklich gegangen? Verdammt, sie hatte nicht aufgepasst! Jetzt wusste sie überhaupt nicht, wie leise sie sein konnte! Suchend sah sie sich um. Sie konnte einen Test machen. Auf der Ablage über dem Spülbecken lag eine metallene Scheere. Noa nahm sie, hielt den Arm ganz hoch und ließ dann die Scheere aus ausreichender Höhe auf den Boden fallen. Es klirrte ein wenig, doch der gewünschte Effekt blieb aus. Das konnte er unmöglich gehört haben. Mist. Was hatte sie noch? Den Handspiegel? Nein, der würde kaputt gehen. Aber vielleicht die Spraydose mit dem Deodorant. Das Szenario wiederholend, schnappte sich Noa die Dose. Diesmal war der Lärm deutlich scheppernder. Sie lauschte nach draußen.

"Nix passiiiiert! Alles in Ordnung!"

Rief sie informierend. Keine Reaktion. Entweder, Sheldon war wirklich gegangen, oder aber er wollte ihr lediglich das Gefühl geben, alleine zu sein, indem er absichtlich nicht antwortete. Da ihr ohnehin nichts anderes übrig blieb, zog sie sich weiter aus. Ihr Shirt warf sie achtlos zu der Hose auf den Boden. Cris Sheldon mochte sie für schön halten, aber er hatte definitiv noch keinen Blick auf ihren Bauch geworfen, der sich über ihrem Slip deutlich wölbte. Sah fast so aus, als wäre sie schwanger. Urgh. Von ihren Oberschenkeln wollte sie gar nicht erst sprechen. Denen täte ein bisschen Training ebenfalls nicht schlecht. Trotzdem, er fand sie schön und Noa konnte nicht anders, als bei diesem sich wiederholenden Gedanken ihrem Spiegelbild breit zuzugrinsen.

Mit der Dusche war sie schnell fertig. Was länger dauerte war, ihre Haare zu trocknen. Normalerweise, wenn Noa nichts Besonderes vor und sowieso keine Lust auf intensive Pflege hatte (was in der Regel immer so war), benutzte sie den Haartrockner nur kurz, um die erste Nässe aus den Haaren heraus zu bekommen und ließ den Rest dann an der Luft trocknen. Heute allerdings nahm sie ihren Lockenstab zur Hilfe, um die Spitzen leicht einzudrehen. Zwar schwand ihre Motivation dazu bereits nach drei Minuten, doch nachdem sie einmal angefangen hatte, konnte sie schlecht mittendrin aufhören. Sie trug eine der teuren Cremés auf, die Cloé ihr als Pröbchen überlassen hatte, putzte sich gründlich die Zähne und begann dabei bereits ihre zur Auswahl stehende Kleidung zu begutachten. Hose und Bluse? Nein. Sheldon hatte sie bereits zur Genüge in Hosen gesehen. Mitten in diesem Gedanken sah Noa auf. Dass sie sich nur für ihn hübsch machte, war natürlich lächerlich. Darum ging es gar nicht. Um sich selbst zu beweisen, dass dem nicht so war, fiel ihre Wahl am Ende doch auf eine Hose. Dazu entschied sie sich aber, um dennoch einen glamourösen Touch hinzu zu fügen, für ein tief dekoltiertes Hängerchen, das sie darüber trug und das durch seinen weiten Schnitt problemlos ihren Bauch verbarg - eine besonders wichtige Eigenschaft, wenn man sich zum Abendessen traf und es so lecker war, dass man ordentlich zu langte. Zufrieden musterte sie ihre Erscheinung im Spiegel. Das Outfit saß, die Haaren saßen, Make-Up war okay. Eventuell wirkte ihr Ausschnitt etwas zu aufdringlich. Ob sie noch mal schnell wechseln sollte? Ach was. Cloé lief ständig so rum! Noa Chanelle Cortina atmete tief ein und aus. Trotz aller gegensätzlichen Beteuerungen war sie doch ein klein wenig nervös. Ein Abendessen mit Cris Sheldon, zusammen mit ihrem Bruder und ihrem Vater... es war lächerlich, aber es fühlte sich fast ein bisschen so an wie ein Date. Barfuß, da ihre Schuhe noch in ihrem Schlafzimmer standen, trat sie hinaus aus der Erfrischungszelle, zurück ins Wohnzimmer.


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[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Cris, Noa

Dass Noa ihn scheinbar nicht einmal in der Verfassung sah, einen kurzen Spaziergang zu unternehmen, ließ Cris leicht den Mund verziehen und einen klammheimlichen Blick an sich selbst herunterwerfen. Sah er etwa so kränklich aus? Oder hatte die Widerstandskämpferin ihm gegenüber eine Art fürsorgliche Mutterrolle eingenommen solange er in ihrer Obhut war, eine Rolle, die bedauerlicherweise sämtliche Entwicklungen in gewisse andere Richtungen recht unwahrscheinlich machte? Es spielte nicht wirklich eine Rolle – sie ließ ihm die Wahl und war nach einer letzten Belehrung über die Funktion einer Tür – die ihn ratlos blinzeln ließ – in der Erfrischungszelle des Appartements verschwunden, was dazu führte, dass er abermals einen tiefen Seufzer ausstieß. Wenn sie nicht wusste, ob er sich wirklich entschied, einen kleinen Rundgang zu unternehmen, würde sie sich vermutlich so verhalten, als wäre er noch da – warum also überhaupt gehen? Aber nein. Es war nur anständig und er hatte sich von seiner Verletzung wirklich so gut erholt, dass er nicht mehr bettlägerig war. Tatsächlich war es vielleicht ganz angenehm, sich ein wenig die Beine zu vertreten.

Nachdem er sich nach dem Blasterholster nebst Waffe gebückt hatte, das immer noch vergessen neben dem Sofa lag, trat er an die Kochecke, wo er meinte, dass Noa die Schlüsselkarte abgelegt hatte und tauschte dieses kleine Gerät, das ihm Zugang zu der Wohnung verschaffen würde wenn er zurückkehrte, gegen die Waffe – erstens, weil er in den Oberen Ebenen kaum bewaffnet unterwegs sein konnte, und zweitens, weil er hoffte, Noa würde seine Waffe als eine Art Pfand begreifen, wenn sie vor seiner Rückkehr aus der Erfrischungszelle herauskam und feststellte, dass er sich mit einem ihrer Wohnungsschlüssel aus dem Staub gemacht hatte.

Bevor er die Wohnung verließ warf er einen letzten Blick auf die geschlossene Tür zur Erfrischungszelle, hinter der in diesem Moment irgendein metallener Gegenstand mit einem leisen Klirren zu Boden fiel, und schüttelte langsam mit dem Kopf. Wie war diese Bemerkung mit der Tür gemeint gewesen? Eine Anspielung, die nur ein auf Coruscant geborener Mensch verstehen konnte? Oder… hatte er sie möglicherweise durch seine Anwesenheit so nervös gemacht, dass sie sich zu seinem Spruch genötigt gefühlt hatte, der in retrospektive nicht sonderlich witzig war? Vielleicht… was zumindest bedeuten würde, dass sie ihn doch nicht wie ein krankes Kind sah, das man verhätscheln musste, bis es wieder gesund war. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen öffnete er die Tür aus der Wohnung hinaus und schloss sie leise hinter sich, nicht ohne kurz vor dem Schließen noch zu hören, wie abermals ein Gegenstand – dieses Mal bedeutend lauter – in der Erfrischungszelle zu Boden polterte. Sie schien immer noch ein wenig durch den Wind zu sein… ausgehend von ihren Fähigkeiten mit der Waffe und am Steuer eines Gleiters hielt er Noa jedenfalls mitnichten für einen Tollpatsch.

Dann war er draußen – Coruscants Obere Ebenen, wo er nach einiger Zeit eine Art Fußgängerpromenade erreichte. Dieser Teil der Oberen Ebenen war allerdings mitnichten so luxuriös wie das Leben auf den Himmelsinseln oder in den Spitzen der Wolkenkratzer, was womöglich daran liegen konnte, dass sich in direkter Umgebung eine große Anlage der Landung atmosphärentauglicher Schiffe unterschiedlichster Größe befand. Die Gegend, in der Noa wohnte, war nicht Imperial City, aber sie war bedeutend sauberer als die Mittleren, geschweige denn die Unteren Ebenen oder die Nichtmenschenschutzzone. Tatsächlich konnte Cris größtenteils nur Menschen und sehr menschenähnliche Wesen erblicken, während er schlendernd eine Fußgängerbrücke überquerte und, wie es der Zufall so wollte, eine CSF-Streife passierte. Die bedeutend weniger schwer als ihre Kollegen in anderen Teilen der Stadt bewaffneten Beamten zeigten allerdings kein sonderliches Interesse am ehemaligen Sturmtruppler, sondern waren lediglich damit beschäftigt, mit ernsten Mienen den Anschein öffentlicher Ordnung aufrecht zu erhalten. Hier unterschied Coruscant sich noch wenig von anderen zivilisierten Planeten, waren sie nun republikanisch oder imperial. Nur die Allgegenwart imperialer Flaggen, Wappen und Propagandaplakate erinnerte aufdringlich daran, wer auf diesem Planeten die formale Macht ausübte.

Cris hielt inne und stützte sich auf das Geländer der Brücke, seinen Blick über die umliegenden Häuserwände – es gab immer noch zahllose Gebäude, die seine derzeitige Position überragten – und Leuchtreklamen schweifen lassend. Es war dunkel geworden in diesem Teil Coruscants und ausnahmsweise schien der Himmel klar und ohne Wolken. Die frische Nachtluft – falls das Attribut frisch überhaupt auf die Luft dieses Planeten angewendet werden konnte – tat gut, half ihm aber wenig, seine immer noch wirren Gedanken zu ordnen, die nach wie vor um eine Person kreisten: Noa. Er konnte nicht umhin, sich etwas seltsam ob der Tatsache zu fühlen, sie an diesem Abend zu einem Essen mit ihrem Vater und ihrem Bruder zu begleiten. Er, denn sie vor kurzer Zeit erst kennen gelernt und kurz darauf am liebsten im Namen der Freiheit liquidiert hätte. Er, der sich als vieles, aber nicht als stabile Persönlichkeit die mitten im Leben stand erwiesen hatte. Natürlich erwuchs das alles aus der fixen Idee ihres Bruders… aber trotzdem. Sie hätte sich vehementer dagegen sträuben können. Sie hätte ihn nach seiner Verletzung auch nicht bei sich aufnehmen müssen. Nach seinen Informationen besaßen die Defender neben ihrem Hauptquartier einige Unterschlüpfe, die ebenso geeignet gewesen wären, ihn seine Wunden kurieren zu lassen. Was also hielt sie wirklich von ihm? War er auf einem guten Weg, ein guter Bekannter zu werden, anders als ein bloßer Mitstreiter, den das Schicksal ihr temporär aufgebürdet hatte? Spätestens am nächsten Morgen würden sich angesichts seiner guten Gesundung ihre Wege wieder trennen. Würde sie ihm aus dem Weg gehen – oder vielleicht erfreut sein, wenn sie weiterhin zusammenarbeiten? Er hatte ihr schließlich dabei geholfen, ihren Bruder zu finden, und das nicht nur, weil dieser ein wertvolles Mitglied der Defender war. Vielleicht würde sie ihn mit der Zeit tatsächlich als einen loyalen, zuverlässigen Weggefährten akzeptieren… einen Freund sogar. Aber nicht mehr – das konnte er sich aus dem Kopf schlagen.

Als ein mit beeindruckender Geschwindigkeit unter der Brücke hindurch sausender Gleiter ihm einen starken Windstoß ins Gesicht blies, beschloss Cris, dass er Noa genug Zeit gegeben hatte, sich für den Abend zurechtzumachen, und kehrte in gemächlichem Tempo zu ihrer Wohnung zurück. An der Tür angekommen, bemühte er sich darum, anders als beim Verlassen beim Öffnen der Tür so viele Geräusche wie möglich zu machen, um sie vorzuwarnen, nur für den Fall, dass sie gerade in Unterwäsche durch die Wohnung lief. Ein ungünstiger Gedanke – sehr ablenkend.


„Äh, Noa, ich bin wieder da, also falls Sie fertig sind, könnten wir…“

Er hatte bei den ersten Schritten in die Wohnung leicht zur Seite geschaut – nur zur Vorsicht – doch als er es dann während des Schließens der Tür wagte, zentral aufzublicken, erstarb ihm das Wort für einige Sekunden im Mund, während die Tür hinter ihm hörbar ins Schloss fiel.

„… los.“

Sie war fertig. Und wie. Irgendetwas hatte sie mit ihren Haaren gemacht, das diese leicht wellig erschienen ließ, und das Kleidungsstück (mit der genauen Terminologie diverser Modeaccessoires war Cris noch nie zurecht gekommen, auch nicht in Akemis Garderobe), das sie trug, betonte einen Abschnitt ihres Körpers, den er in seiner Betrachtung bisher vernachlässigt hatte. Und auch, als er sich sofort zwang, dies nicht sofort nachzuholen, war es schwierig, sie anzusehen, ohne dass sein Mund trocken wurde und er drohte, zum nun wohl tausendsten Mal zu erröten. Nur die Schuhe schienen ihr noch zu fehlen, wie er feststellte, als er erkennen musste, dass auch ihre niedlichen Zehen scheinbar perfekt waren. Sie sah atemberaubend aus.

„Ähm, ich habe Ihre Schlüsselkarte genommen, ich hoffe das macht… Wow, das ist wirklich… sehr... schick.“


Sein Blick geisterte in Richtung der Erfrischungszelle. Aha, ein Ausweg!

„Dann… dann will ich mich auch mal kurz frisch machen.“


Rasch eilte er in Richtung der Tür, passierte sie dabei – Himmel, sie roch so verdammt gut wie sie aussah! – und war dann in den relativ beengten Verhältnissen des Raumes angekommen und ergriff erste Maßnahmen, indem er sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte. Wow. Wären es nicht nur ihr Vater, ihr Bruder und Cris, mit denen sie gedachte zu dinieren, könnte man fast meinen, sie würde jemanden treffen, dem sie als Frau gefallen wollte, nicht als Tochter, Schwester oder kompetente Widerstandskämpferin. Nein... vermutlich zog sie sich ab und an einfach nur gerne hübsch an. Warum auch nicht? Es war ihr gute Recht.

Nachdem er sich das Gesicht abgetrocknet hatte, fuhr Cris sich mit einer Hand leicht über das Gesicht – stoppelig. Er hatte sich nun schon ein paar Tage nicht mehr rasieren können und er glaubte auch kaum, dass Noa hier auf Vorrat einen Männerrasierapparat herumliegen hatte. Nun ja, sei’s drum. War ja nicht so, als würde er eine perfekte Rasur benötigen. Warum hatte er überhaupt darüber nachgedacht?

Als er die Erfrischungszelle wieder verließ, war Cris wieder die Gelassenheit selbst. Fürs erste zumindest. Seine nächsten Worte jedenfalls vielen souverän aus.


„Nun. Wollen wir?“

[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Cris, Noa
 
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Sie kamen etwa zur gleichen Zeit wieder in den Wohnraum. Nur ein paar Sekunden, nachdem Noa die Couch – Cris Sheldons angestammten Platz – leer vorgefunden hatte, hörte sie ein Geräusch an der Tür, welche sich daraufhin auch sofort öffnete. Sheldon hatte also einen Sparziergang gemacht und sich zudem auf das perfekte Timing verstanden: Noa war fertig, er kam zurück. Die Art, wie er sie ansah, jagte der Journalistin einen Schauer den Rücken hinunter. Zuviel Make-Up? Die Hose zu eng, das Top zu weit ausgeschnitten? Nein, konnte sich Noa beruhigen. So, wie Cris Sheldon sie anstarrte, hatte sie offenbar alles richtig gemacht. Ein Kompliment seinerseits folgte auf dem Fuße. Lässing abwinkend (eine Herausforderung, mit all den Klamotten auf dem Arm, die sie wieder zurück in ihren Schrank tragen musste) öffnete sie die Schlafzimmertür.

“Ach was! Das habe ich mir nur eben so über geworfen.“

Antwortete sie. Das hatte sie schon immer mal sagen wollen. Ihr Blick folgte Sheldon, während er im Bad verschwand und ein nicht zu unterdrückendes Lächeln erschien auf ihren Lippen, sobald er außer Sichtweite war. Komplimente hoben die Stimmung, das wusste jeder und Noa erlebte gerade ihr bisheriges Hoch dieses Tages. Sie verstaute ihre Sachen wieder in ihrem Kleiderschrank und überlegte zwischen zwei Paar Schuhen, welches sie anziehen solle. Die Wahl war schwierig und sie zählte schließlich aus, war mit dem Ergebnis aber dann doch nicht zufrieden und entschied sich für den eigentlichen Verlierer – grau lackierte Pumps mit einem silbernen Schimmer aber verhältnismäßig niedrigen Absätzen. Ihre Füße taten ihr noch vom Vormittag weh. Jede andere Frau hätte nach diesem Styling vermutlich auch noch einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Zeit damit verbracht, die passende Handtasche zum Outfit zu finden und den Inhalt der normalen Tasche für Tagsüber in die Tasche für den Abend umzuräumen. Nicht so Noa. Sie war an dem Punkt angelangt, wo sie keine Lust mehr hatte sich noch mehr Gedanken über ihr Erscheinungsbild zu machen. So etwas war anstrengend. Sie begnügte sich einfach mit ihrer normalen Tasche, alles andere wäre nun wirklich zu übertrieben gewesen. Dann hockte sie sich auf die Lehne des Sofas und wartete auf Sheldon, der – Überraschung – nicht einhalb halb so lange brauchte wie sie selbst. Sie konnten los.

“Ich dachte, wir nehmen ein Robo-Taxi.“

Schlug Noa vor, als sie ihre Jacke anzog und sie gemeinsam hinaus in den Hausflur traten. Aus der Wohnung gegenüber war lautes Gebrüll zu hören. Die beiden Twi'leks, die dort wohnten, stritten ständig. Jetzt gesellte sich ein Krachen dazu. Wahrscheinlich zerschlugen sie mal wieder einen Teil ihrer Möbel. Hier im Wohnblock kümmerte sich keiner um den anderen. Man ignorierte solche Dinge. Entspechend gleichgültig ging Noa weiter. Draußen wimmelte es nur so von Passanten und Fahrzeugen. Taxis waren hier am Raumhafen absolut keine Mangelware. Gekonnt winkte Noa einen der City-Speeder zu ihnen heran und schlüpfte als erstes hinein, gefolgt von Cris. Sie gab die Adresse an, das Fahrzeug startete und schon waren sie unterwegs. Wäre sie alleine gewesen, wäre Noa mit ihrem Speeder-Bike gefahren, allerdings auch nur wenn sie in einem anderen Aufzug unterwegs gewesen wäre. Praktischere Schuhe wären das Mindeste gewesen, das sie hätte wechseln müssen. Außerdem trug sie, wenn sie mit ihrem Bike unterwegs war, mit Vorliebe ihre Lederjacke, da diese die Kälte Fahrtzuges am besten abfing. Dabei fiel ihr auf, Sheldon trug gerade überhaupt keine Jacke. Er hatte auch gestern schon keine getragen. Besaß er überhaupt eine? Die Defender hatten ihn halb tot aus einer Grube gefischt. Wenn er noch etwas anderes besaß als die Dinge, die er am Leib trug, hatte er diese irgendwo unter gebracht, wo er noch nicht wieder gewesen war, seit er sich dem Widerstand angeschlossen hatte. Noa beschloss, ihn danach zu fragen.

“Brrr, das ist aber heute auch kalt draußen, oder?“

Wollte sie wissen. Sie wollte es nicht gleich zu direkt formulieren.

“Frieren Sie auch so? Sie haben ja noch nicht mal eine Jacke an. Aber Männer frieren im Allgemeinen ja auch nicht so schnell.“

Abwartend sah sie ihn an. Er war an der Reihe, etwas dazu sagen. Hoffentlich tat er das auch. Um keine peinliche Pause entstehen zu lassen, zwang sie sich zum Weiterreden. Sie wünschte sich bereits jetzt, erst gar nicht mit diesem unsinnigen Thema angefangen zu haben.

“Ich meine, als Frau hat man meistens kalte Füße oder kalte Hände. Wir haben in der Regel weniger Muskelmasse und da Muskeln Wärme produzieren sind wir gegenüber Männern klar benachteiligt.“

Und jetzt klang sie wie eine fanatische Feministin. Gut gemacht. Sie hätte wirklich besser die Klappe gehalten. Mit der Frage, ob Cris Sheldon überhaupt eine Jacke besaß oder nicht, hatte das jetzige Gesprächsthema rein gar nichts mehr zu tun.

- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Robotaxi – Mit Cris -
 
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[Coruscant, Obere Ebenen, Raumhafengegend, Noas Wohnung]- Cris, Noa

Noas lässiges Auftreten bestätigte Cris’ erste Vermutung – sich so zu kleiden schien für sie eine Sache des Alltags zu sein, zumindest des Alltags, den sie nicht in Coruscants unteren Ebenen damit verbrachte, gegen die Sicherheitsbehörden des Imperiums zu kämpfen. Nun, als Journalistin war sie vermutlich häufig auf zahlreichen Empfängen der Zivilgesellschaft von Coruscant, die das Imperium schließlich nicht geschafft hatte, vollständig auszumerzen. Das Leben ging weiter, jedenfalls in den Oberen Ebenen, und wer konnte es Noa verübeln, für eine Zeit die grausige Realität des Überlebenskampfes der Entrechteten hinter sich zu lassen? Außerdem wäre es eine Verschwendung, würde sie ihre unglaubliche Schönheit stets hinter rein zweckmäßig orientierter Kleidung verstecken…

Im Korridor vor Noas Wohnung irritierte Cris ein wenig der Lärm aus einer benachbarten Wohnung – schreiende Stimmen, dann ein lautes Poltern – doch da die Widerstandskämpferin dem keinerlei Aufmerksamkeit schenkte und ins Freie strebte, folgte er ihr mit einem leichten Achselzucken. Anscheinend war so etwas hier an der Tagesordnung. Oder aber die benachbarte Wohnung wurde von Vertretern einer Spezies bewohnt, die sich gewohnheitsmäßig durch laute Worte und das nachdrückliche Schmeißen zerbrechlicher Gegenstände austauschten. In dieser Galaxis gab es durchaus seltsamere Dinge.

Schnell hatte Noa als erfahrene Coruscanti eines der kleinen Robotaxis herangerufen, mit denen sie den nächsten Teil ihrer Reise bestreiten würden, war eingestiegen und hatte der Pilotautomatik das gewünschte Ziel genannt, während Cris noch damit beschäftigt war, sich selbst in das Transportmittel zu quetschen und dabei darauf zu achten, Noa nicht unbedingt anzurempeln. Schließlich saß er in seinem Sitz neben ihr – allerdings nicht unmittelbar, da der Konstrukteur des Taxis einen kleinen Zwischenraum zwischen den beiden Passagiersitzen vorgesehen hatte – und das Taxi startete mit dröhnenden Repulsoren in den abendlichen Verkehr Coruscants.

Bevor Cris sich überlegen konnte, wie er wohl die nun zwangsläufig einsetzende Stille überbrücken könnte, hatte Noa bereits angefangen, zu sprechen. Offenbar war sie ebenso ratlos gewesen, welches Gesprächsthema von Gehalt man hätte wählen können – sie sprach nämlich über das Wetter, genauer gesagt, über abendliche Kälte. Und darüber, das er augenscheinlich keine Jacke trug. War das doch wieder der mütterliche Instinkt?


„Oh, ich…“, setzte er zu einer Antwort an, doch Noa hatte bereits weiter gesprochen und war irgendwie bei der unterschiedlichen Wärmeresistenz zwischen Männern und Frauen angekommen. Als sie fertig war, blinzelte der ehemalige Sturmtruppler ratlos. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass jetzt nicht der passende Zeitpunkt war, sie zu informieren, dass das Ertragen von extremer Kälte sowohl beim Geheimdienst, als auch zuvor bei den Sturmtruppen Bestandteil seiner Tätigkeit gewesen war und er die abendliche Frische des coruscantischen Abends nicht einmal sonderlich registriert hatte.

„Ähm… ich habe keine Ahnung, ob Frauen besonders schnell klare Hände und Füße bekommen, aber… wenn Sie das sagen…?“

Er lächelte unsicher. Hatte Akemi mal irgendetwas in der Richtung erwähnt? Sie war besonders empfindlich gewesen, wenn es um Dunkelheit ging, aber hatte etwaige Kälte sie sonderlich beeinträchtigt? Am kältesten war es wohl auf jedem verschneiten Gipfel auf Alderaan gewesen, und dort hatten sie beide kein Problem mit der Temperatur gehabt… aus Gründen. Rasch räusperte Cris sich und ließ diesen Gedanken wieder fallen.


„Ich komme jedenfalls klar. Und ich fürchte, eine Jacke müsste ich mir aus den Beständen der… unserer gemeinsamen Freunde borgen.“


Kein Grund, die Defender in einem öffentlichen Taxi zu erwähnen. In der Beziehung war er misstrauisch.

„Ist Ihnen denn kalt? Da kann man sicher etwas machen…“


Ohne nachzudenken hatte er impulsiv bereits nach einer ihrer Hände gegriffen, bis ihm klar wurde, dass es sich dabei vermutlich nicht um die angemessene Reaktion handelte. Schnell zog er seine eigene Hand wieder zurück.

„Ich meine… Sie wissen schon… wenn Sie Recht haben, verfüge ich über genügend überschüssige… Wärme…“

Das klang ja noch besser. Zu Cris’ Glück hatte das Taxi in diesem Moment seinen Bestimmungsort erreicht, was ihn von der Notwendigkeit entband, sich aus der Tür zu stürzen und dieser leicht peinlichen Situation zu entgehen. Rasch floh er beinahe aus der Fahrgastkabine, hatte sich jedoch noch so weit unter Kontrolle, um Noa die Tür des Taxis aufzuhalten und nicht direkt ins Gesicht knallen zu lassen – wobei dieses nach genauerer Überlegung wohl über hydraulische Vorrichtungen verfügte, die die Tür ohnehin offen hielten.

Dann waren sie an der Wohnung ihres Vaters angelangt. Cris hoffte nur, dass er keinen knallroten Kopf hatte. Eigentlich konnte es jetzt nur besser werden…


[Coruscant, Obere Ebenen, vor Matteo Cortinas Wohnung]- Noa, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Raumhafengegend - Robotaxi – Mit Cris -

Wenn ihr zuvor noch kalt gewesen war – und eigentlich hatte sie nur so getan, um Sheldon eine Information entlocken – dann war es ihr jetzt auf keinen Fall mehr. Die Berührung ihrer beider Hände hatte nur kurz gedauert, doch dieser Moment war ausreichend lang für Noa gewesen um die angenehme Wärme zu spüren, die von Cris ausging. Und dabei hatte es sich bloß um seine Finger gehandelt. Sie konnte bereits seinen glühenden Körper auf ihrer nackten Haut spüren, heiß wie ein Kohleofen. Puh, hatte sie eigentlich nichts Besseres zu tun als sich Sex-Fantasien mit fremden Männern zusammen zu spinnen? Das Eintreffen vor dem Wohnkomplex, der ihr Ziel war, bot die passende Ablenkung. Beinahe fluchtartig stürzte Cris Sheldon aus dem Taxi heraus, fast so als hätte er Noas Gedanken gelesen und fühlte sich von ihr belästigt. Dabei war er es gewesen, der den Körperkontakt provoziert hatte. Gut, vielleicht hatte Noa ihn mit ihren Anspielungen über Kälte provoziert (was nicht in ihrer Absicht gewesen war!), aber er hatte ihn in die Tat umgesetzt. Was also war das jetzt, ein plötzlicher Sinneswandel? Noa vermutete sein zurück gekehrtes Pflichtbewusstsein. Dieser Mann ging keinen normalen Job nach. Er war ein Agent des Geheimdienstes der Neuen Republik, das sagte alles. Cris Sheldon konnte sich auf nichts einlassen, ohne Gefahr zu laufen, seine Professionalität zu verlieren, da konnte er Noa noch so hübsch finden. Und mal ehrlich, das bedeutete sowieso noch gar nichts. Noa fand auch alle möglichen Leute hübsch, ohne sie gleich heiraten zu wollen. Das war vollkommen übertrieben. Und außerdem, wer redete überhaupt von Hochzeit?!

Es war Noa, die den Türsummer bediente, als sie vor der Wohnungstür ihres Vaters angekommen waren. Eigentlich hatte sie einen Schlüssel, doch da Leandro dieses Treffen als Einladung inszeniert hatte, fühlte sie sich an diesem Abend eher als Gast und sah davon ab, sich auf dem üblichen Weg Einlass zu verschaffen. Leicht unwohl stand sie neben Cris Sheldon, während sie darauf wartete, dass entweder ihr Vater oder ihr Bruder die Tür öffnen würde. Sie wollte nicht unbedingt noch ein neues Gesprächsthema beginnen und keinesfalls noch einmal darauf eingehen, was sie auf der Fahrt hier her „besprochen“ hatten. Unangenehmer konnte es nicht werden. Schließlich hörte sie Schritte und die Tür öffnete sich mit einem Zischen zu beiden Seiten. Allerdings war es weder Leandro noch ihr Vater, der vor ihnen stand, sondern ein gut angezogener Mann mit strahlend hellen, eisblauen Augen. Seine blonden Haare waren glatt zur Seite gekämmt, der Anzug saß wie immer perfekt, die Wangen hätten glatter rasiert nicht sein können.


“Jesper!“

Jappste Noa sichtlich überrascht. Ihr Mund stand weit offen.

“Ja, was? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“

Grinste der Blonde, beugte sich vor und küsste Noa zu Begrüßung die Wange. Noch immer perplex erwiderte Noa die Geste eher automatisch.

“Ich verstehe nicht, was machst du hier?“

Fragte sie. Eine dezente Duftwolke teuren Aftershaves ging von Jesper aus. Gleichzeitig zog von weiter drinnen aus der Wohnung leckerer Bratengeruch hinaus in den Flur. Hätte Noa Zeit gehabt sich darauf zu konzentrieren, wäre ihr bereits jetzt das Wasser im Mund zusammen gelaufen. Sie wandte sich halb zu Sheldon um.

“Leandro hat uns zum Essen eingeladen.“

Erklärte sie schwach, roch den verlockenden Duft von gerösteten süßen Mandeln und erstarrte. Leandro Cortina hatte nicht den blassesten Schimmer, wie man Braten in Mandel-Weinbergsauce zubereitete. Das war ein Rezept, das nur eine Person in dieser Familie beherrschte. Kopfschüttelnd sah Noa Jesper an.

“Sag jetzt nicht... ohhh nein. Nein, nein, nein.“

Ablehnend trat sie einen Schritt zurück, während sich auf Jespers Gesicht ein amüsierter Ausdruck zeigte.

“Was soll ich nicht sagen?“

Grinste er.

“Dass Leandro es nicht selbst auf die Reihe bekommen und kurzerhand beschlossen hat, Cloé mit ins Boot zu holen?“

Ja, genau das. Das war großartig, wirklich großartig. Noa verzog das Gesicht. Wäre sie alleine gewesen, ohne Sheldon, hätte sie nichts lieber getan als mit ihrer Familie zu Abend zu essen. Sie konnten alle dabei sein, umso kompletter sie waren, desto schöner wurde der Abend. Doch heute war es anders. Cris Sheldon war nur dabei, weil Leandro es verbockt hatte und nur deswegen kümmerte sich Noa um ihn. Es war Zufall gepaart mit Notwendigkeit gewesen, dass sie ihn bei sich in der Wohnung unter gebracht hatte. Vielleicht war auch etwas Sympathie dabei gewesen, das wollte sie nicht abstreiten, doch es lief in jedem Fall darauf hinaus, dass sie nicht vor gehabt hatte, einen Agenten des Geheimdienstes bei der erstbesten Gelegenheit in ihre Familie zu integrieren! Das war der Horror! Sie war ja nicht einmal mit ihm zusammen, geschweigedenn mit ihm befreundet! Von drinnen erschallte das laute Rufen einer Frauenstimme.

“Jesper?“

Das war Cloé. Noa fuhr sich durch die frisch frisierten Haare. Sie hatten zwei Möglichkeiten, entweder sie wagten sich in die Höhle des Löwen, oder sie starteten den Rückzug, aber nachdem sie Sheldon vorgeworfen hatte, er sei derjenige, der nicht mit ihrer Familie speisen wollte, konnte sie das schlecht vorschlagen. Es würde lediglich seine Vermutung bestätigen, sie wolle ihn nicht dabei haben. Was für eine verzwickte Situation.

“Also, kommt ihr herein oder nicht?“

Fragend sah Jesper von Noa zu Sheldon. Die Widerstandskämpferin stieß ein hörbares Seufzen aus.

“Jesper, das ist Cris Sheldon. - Sheldon, das ist Jesper Lynden, der Freund meiner Schwester. Sieht so aus, als wäre unsere Gesellschaft heute Abend etwas größer als geplant.“

Sie warf dem Agenten einen entschuldigenden Blick zu. Freundlich schüttelte Jesper Sheldons Hand.

“Ich muss kurz in die Küche, Cloé helfen. Kommt doch schon mal rein.“

Sagte er, warf Noa einen aufmunternden Blick zu und verschwand dann ins Innere der Wohnung und durch eine vom Flur ausgehenden Tür in die Küche. Noas Stimmung war längst nicht mehr so gut wie noch vor einer halben Stunde. Sie trat über die Türschwelle und winkte Sheldon hinter sich her, während sie den Reißverschluss ihrer Jacke aufzog und diese an der Garderobe ablegte.

“Sorry.“

Sagte sie schulternzuckend.

“Sieht so aus, als hätten sich meine Schwester und ihr Freund mit eingeladen, oder vielmehr, als wäre Leandro heute Mittag ein kleines bisschen zu großspurig gewesen.“

Erklärte sie Sheldon und zeigte immerhin ein kleines Lächeln.

“Nicht, dass mich das sonderlich überraschen würde.“

- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina - Flur – Mit Cris -
 
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