Coruscant – Jedi-Tempel - altes Zimmer, Bad, alleine
Eowyn hatte weder Seife noch Duschgel in diesem Zimmer, Wasser musste heute zum Duschen reichen und es war besser als nichts. Immerhin weit mehr, als sie auf Va'art gehabt hatten... Sie stand lange unter dem strömenden Wasser, versuchte sich vorzustellen, dass es alles schlechte, alle Gefühle und Sorgen, mit hinfortspülte. Aber es gelang nicht wirklich - sie war einfach noch nie der Typ für irgendwelche mystischen Bilder gewesen. Gerade jetzt aber wünschte sie sich, dass es so wäre, dass es funktionieren würde. Wie sonst sollte sie Ian morgen gegenüber treten? Wenn er überhaupt bereit sein würde, mit ihr zu sprechen. Aber darauf musste sie momentan einfach hoffen.
Schließlich aber stellte sie das Wasser ab. Ein Handtuch war glücklicherweise an die Wand gehängt worden, Bürste, Schlafkleidung oder Waschzeug hatte sie allerdings nicht da. Wenigstens grob fuhr sie mit den Fingern durch ihre Haare und flocht sie dann zu einem engen Zopf, damit sie nicht noch chaotischer beim Schlafen durcheinander gewirbelt wurden. Nur in Unterwäsche ging sie dann in den Schlafraum zurück, wo sie sofort sah, dass ihr Komlink eine neue Nachricht hatte. Ihr Herz schlug schneller. Ian... war es Ian oder einer der Räte? Schnell hatte sie das Gerät in der Hand, und zu ihrer großen Erleichterung war es eine Nachricht von Ian. Wenigstens ignorierte er sie nicht völlig, war das nicht ein gutes Zeichen? Mit mittlerweile fürchterlich klopfendem Herzen las sie seine kurze Nachricht und setzte sich voller Erleichterung aufs Bett. Die Nachricht war wirklich kurz, aber sie sagte genug aus. Er würde mit ihr sprechen, und er war nicht blind wütend. Sein kleiner Scherz war deutlich, und es half ihr dabei, ihr wild klopfendes Herz ein wenig zu beruhigen. Nicht viel, aber immerhin.
Sie löschte das Licht und schlüpfte unter die warme Decke, doch sie kam nicht zur Ruhe. Noch immer klopfte ihr Herz ein wenig. Morgen. Morgen würde es sich zeigen, wie viel sie zerstört hatte. Schon auf Lianna hatten sie diesen großen Streit gehabt... und jetzt... erneut. Wie viele Streitereien würde ihre Beziehung noch ertragen? Keine, zumindest keine so heftige. Und immer war sie schuld gewesen. Ian, der so viel Angst vor sich selbst hatte, hatte seine Gefühle so viel besser im Griff als sie selbst. Wie machte er das? Sollten sie wieder in Ruhe reden, dann würde sie ihn das fragen müssen. So wie so vieles andere. Sie mussten Regeln aufstellen. Einen Plan erarbeiten. Vorkehrungen treffen. Und vor allem ehrlich über alles reden. Und sie selbst musste sich zusammenreißen.
Immer wieder malte sie sich das morgige Treffen vor ihrem inneren Auge aus, immer erschreckender wurden die Vorstellungen. Ian, der sie anhörte, aber die Entschuldigung nicht annahm. Oder Ian, der die Entschuldigung zwar annahm, aber so tief enttäuscht war, dass sie genau spürte, wie groß der Graben nun war. Oder Ian, der sie abwies, auf dem Abstand bestand. Oder, am allerschlimmsten... Ian, der den Abstand zu einem dauerhaften Ende führen wollte.
Vielleicht wäre es ja sogar das beste für ihn. Wenn er sich darauf konzentrieren konnte, mit allem abzuschließen, ohne, dass sie ihm andauernd dazwischenfunkte.
Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht brauchte er sie... zur Ablenkung...
Sie warf sich von einer Seite zur anderen und suchte den Schlaf, der einfach nicht kommen wollte. Irgendwann machts sie frustriert das Licht an und setzte sich auf, um sich mit ihrem Komlink irgendwie abzulenken, doch es half nichts, ihre Gedanken wanderten immer wieder zu irgendwelchen Problemen zurück. Dann trat sie das Fenster, das sie liebend gerne geöffnet hätte, doch sie war so weit oben, dass es leider nicht ging. Frische Luft hätte vielleicht gut getan... aber jetzt noch in den Garten hinauslaufen, nein, das war dann doch zu viel. Mit vor Müdigkeit schon brennenden Augen starrte sie in das Dunkel, das gar kein wirkliches Dunkel war, Coruscant schlief niemals, selbst während der Nacht nicht, die Lichter der Speeder, der Häuser und der Straßen waren so hell, dass sie im Zimmer kein Licht brauchte, um sich frei zu bewegen, trotz der Tatsache, dass ihr Zimmer in so großer Höhe lag.
Sie versuchte, sich mit der Beobachtung der Stadt abzulenken, zählte die Speeder, die beleuchteten Fenster und alles, was ihr sonst so in den Sinn kam, um ihren Geist mit einer einfachen Aufgabe zur Ruhe zu bringen.
Schließlich versuchte sie wieder, im Bett einzuschlafen, und nach einiger Zeit gelang ihr wenigstens ein unruhiger, leichter Schlummer.
Nur drei Stunden später piepte ihr Chrono. Eowyn war schlagartig wach - zumindest das, was nach einer solchen Nacht als wach gelten konnte. Sie hatte das Gefühl, überhaupt nicht geschlafen zu haben, was aber, wie sie wusste, nicht stimmte. Dennoch dröhnte ihr Kopf, und als sie in den Spiegel sah, schrak sie beinahe zurück. Sie war bleich und hatte dunkle Ringe unter den Augen - beinahe gruselig sah sie aus. Doch sie wusch ihr Gesicht so lange mit kaltem Wasser und rubbelte heftig, dass sie zumindest dadurch etwas Farbe bekam. Es würde nicht lange halten... aber vielleicht reichte es schon.
Dann schlüpfte sie in die frische Kleidung, sie sie sich gestern Abend geholt hatte, nahm das Obst vom Tisch, die alte Kleidung und ihren Gürtel und verließ das Zimmer in Richtung ihres eigentlichen.
Es war noch früh, sicher erst kurz nach sieben Uhr, aber sie hatte nicht länger warten wollen. Sie hatte von "morgen früh" geschrieben, und sie wollte nicht, dass Ian auf sie wartete. Sie zögerte vor dem Raum, konnte Ian darin aber nicht fühlen und betrat das Zimmer vorsichtig. Nein, es war leer, alles sah noch so aus wie gestern abend. Jetzt war Eowyn wirklich froh, die Nacht nicht hier verbracht zu haben, denn die Atmosphäre bedrückte sie.
Schnell verschwand sie im Bad, wusch ihr Gesicht diesmal mit Seife, putzte ihre Zähne und kämmte ihre Haare durch. Das heftige Ziepen war beinahe willkommen, lenkte es sie doch davon ab, was auf sie zukommen würde.
Dann nahm sie ihr Frühstück zur Hand und setzte sich aufs Bett, um auf Ian zu warten. Sie hatte keinen Hunger, seit gestern Abend nicht, doch das Obst, das eigentlich als Abendessen gedacht gewesen war, musste jetzt in sie hereingezwungen werden. Und dafür hatte sie Zeit - viel Zeit, wie sie bald merkte. Unruhig saß sie da, fragte sich, ob er es sich anders überlegt hatte. Aber hätte er sich dann nicht gemeldet? Ihr Herz klopfte mittlerweile fürchterlich, mit jeder Minute, die Ian sie warten ließ, wurde es schlimmer. Wo steckte er? Wo?
Als es schließlich klopfte, rief sie ihn prompt herein, war dann in windeseile aufgestanden und hatte schon drei Schritte in Richtung Tür zurückgelegt, als sie aufging und Ian eintrat. Er war da, er hatte sie nicht versetzt. Er war da. Er war wirklich da.
Ihr hämmerndes Herz bedankte sich auf seine Weise - es klopfte noch mehr, obwohl sie niemals gedacht hätte, dass dies möglich war. Er sah durcheinander aus, seine Kleidung zerknickt, seine Haare durcheinander, Ringe unter den Augen, die ihren sicher in nichts nachstanden. Und dennoch... am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen, sich sofort entschuldigt, ihn um Verzeihung gebeten, darum gebeten, dass alles wieder wurde... wie... wie in diesen Stunden vor dem Streit.
Aber das ging nicht. Sie wusste nicht, was er in den Stunden danach getan und gedacht hatte. Sie musste sich zurückhalten, und das hatte sie sich ohnehin geschworen. Keine Impulsivität mehr. Nie wieder.
Er sprach schließlich, und Eowyn schüttelte wortlos den Kopf. Trance? Nein. Sie war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen - sie hatte diese Probleme sich selbst zuzuschreiben. Sie würde vor ihnen nicht in eine Trance flüchten.
Das macht nichts, flüsterte sie schließlich kaum hörbar auf Ians Bemerkung über die Uhrzeit. Nein, es machte nichts. Hauptsache, er war da.
Sie holte Luft, um zu beginnen, um ihm all das zu sagen, was sie sich zurecht gelegt hatte, doch da begann schon Ian. Er wollte etwas sagen? Nein, etwas zeigen? Sie presste die Lippen zusammen. Sie wollte endlich heraus damit, wie Leid es ihr tat und ihn um Verzeihung bitten. Sie wollte heraus mit allem. Aber sie hatte sich genauso geschworen, Ians Wünsche von nun an besonders zu respektieren, also nickte sie schließlich. Ihre Wünsche waren nicht wichtig. Es ging um ihn.
Sie war auf der Stelle stehengeblieben und blieb auch jetzt, wo sie war, als Ian etwas auf den kleinen Tisch stellte. Ein Holoprojektor. Und wenn Ian diese Nachricht, was sie offensichtlich war, auch abgeschickt hatte... dann hatte er einen Schritt getan, den sie so nie von ihm erwartet hatte. Einen ähnlichen wie sie selbst. Sie dachte an die eigene Nachricht, die sie Duval geschickt hatte und fragte sich kurz, was der Agent wohl davon halten würde, wenn er beide Nachrichten bekam, doch dann konzentrierte sie sich voll auf Ian. Er hielt Schilder hoch, und Eowyn las, was er geschrieben hatte.
Sie enttäuscht.
Er... er hatte sie nicht enttäuscht. Sie hatte ihm gestern diesen Eindruck vermittelt, ja, aber sie hatte... zu viel erwartet. Anderes erwartet. Es war nicht seine Schuld... Aber sie konnte nichts sagen, denn die Nachricht lief weiter, eine Nachricht, auf die sie sich kaum konzentrieren konnte, da Ian immer neue Blätter hochhielt.
Nicht aufgegeben.
Kampf.
Anders.
Anders.
Hilfe.
Annähern. Beide.
Ihr Herz schlug noch immer heftig, aber langsam fiel es ihr immer schwerer, die Tafeln zu lesen, da ihre Augen sich mit Tränen füllten. Er hatte sich so viel Gedanken gemacht. Weil sie... weil sie unfair gewesen war. Es war nicht seine schuld gewesen... Sie hatte ihn verletzt. Sie würde so gerne die Zeit zurückdrehen, wenn sie doch nur könnte... Er machte sogar Witze, wie konnte er, nachdem sie... nachdem sie gestern so gewesen war? Es war wunderbar, sein Lächeln zu sehen, es eher zu erahnen, denn sie sah immer weniger. Das letzte Schild konnte sie gar nicht mehr erkennen, aber da das Holo nun nicht mehr sprach - sie hatte ohnehin kaum etwas davon mitbekommen - redete nun er. Zum Glück.
Er hatte nicht aufgegeben... nicht aufgegeben. Das hatte ihr das Holo bewiesen, selbst, wenn seine Worte ihr nicht reichen würden.
Ian, es tut mir Leid. Es tut mir so Leid, ich kann es nur wiederholen, es tut mir Leid!, brach es schließlich aus ihr heraus. Ich... ich bitte dich inständig um Verzeihung, du musst es auch nicht jetzt tun, ich verstehe, wenn du es nicht kannst. Ich... Gestern... Sie holte kurz Luft. Es hat mich überrumpelt, ich habe nicht damit gerechnet, wir... wir haben nie darüber geredet, über den Fall der Fälle, wir... Tief Luft holen. Tief. Rationales sprechen... sie wollte doch die Emotionen außen vorlassen. Sie hatte es sich geschworen. Ich wollte dir keinen solchen Vorwurf machen. Es ist deine Sache. Es ist dein Leben. Ich habe nicht das Recht dazu. Sie versuchte, die Tränen unauffällig wegzublinzeln, denn sie konnte Ian kaum erkennen. Selbst wenn du aufgegeben hättest, es... wenn es dein Weg ist, dann ist es dein Weg. Und ich werde dich von nun an in allem unterstützen, egal, wie du mit dieser Sache umgehst, das... das schwöre ich dir. Bei meinem Lichtschwert, beim... beim Grab meiner Mutter. Du hast mich nicht enttäuscht. Ich habe dich enttäuscht. Ich möchte... nein, ich würde mir wünschen, dass wir unsere Ängste diesbezüglich teilen. Aber... wenn du es alleine mit dir ausmachen willst, dann bin ich auch dazu bereit. Noch einmal holte sie tief Luft. Ich werde mich ganz nach dir richten. Aber... ich hoffe, du bist mir nicht böse, wenn ich ein, zwei Dinge versuche. Wenn doch, dann... Sie schloss die Augen. Dann... werde ich auch das lassen.
Eowyn öffnete die Augen wieder. Ich hätte gestern niemals so reagieren dürfen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Ich merke... ich merke, dass ich nicht bin, wie ich sein möchte. Wer ich sein möchte. Ich hätte niemals etwas nach dir werfen dürfen, Ian, es tut mir so unglaublich Leid. Und es wird nie wieder vorkommen. Ab sofort habe ich mich im Griff. Ab sofort richte ich mich nach dir. Ich tue, was auch immer du sagst. Was auch immer du möchtest. Ich... Sie flüsterte beinahe wieder. Ich weiß, ich sollte das nicht sagen, nicht jetzt, nicht nach gestern, es wirkt heuchlerisch und falsch, aber ich... Ian, ich liebe dich. Auch, wenn ich es gestern nicht zeigen konnte. Sie biss sich kurz aus die Lippe und wagte es nicht, Ian anzusehen. Bitte... verzeih mir. Irgendwann.
Coruscant – Jedi-Tempel - Ians und Eowyns Zimmer, mit Ian