Cygnus B (Cygnus-System)

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | königlicher Distrikt | königlicher Friedhof || Lieutenant Noak Fremyn, Lieutenant Commander Darran, Commander Selgorias, Comte Roice sowie jede Menge Schaulustige und anderes Volk]

Für einen kurzen Moment hatte Noak Fremyn triumphiert; hatte dem Imperium tatsächlich alle Ehre gemacht. Denn er hatte seinen Gegner, den cygnischen Comte der „Silbernen Seen“, in einem Duell wirklich ehrenhaft geschlagen. Ein unbeschreibliches Gefühl! Niemals hätte der Lieutenant, der aus Bakuras einfacher Gesellschaftsschicht stammte, mit solch einem Erfolg gerechnet. Doch das Glück bestand bloß für ein paar Herzschläge, da die anwesenden Sekundanten des Kavalleristen solch eine schmachvolle Niederlage nicht auf sich – und ihrer Einheit – sitzen lassen wollten. So fand sich der Bakuraner schon einen Augenblick später mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem steinigen Boden liegend wieder, während sich die anderen Imperialen schützend um ihn scharrten. Mit recht strenger Stimme bellte der Captain, Manius Selgorias, vereinzelt Befehle, derweil der muskulöse Kater (Tej Darren) angriffslustig fauchte. Verwirrt über den lauten Tumult – sowie völlig überrumpelt von der gesamten Situation – blickte sich der verletzte Offizier um. Was war bloß geschehen?

Plötzlich ertönte die kräftige Stimme des cygnischen Gardekommandeurs:
„Erster und Zweiter Zug, trennt sofort die beiden Streitparteien. Dritter Zug, haltet diese Gaffer auf Abstand. Vierter Zug, auf der Stelle zu mir.“ Colonel Novan schien die Situation nicht noch mehr eskalieren lassen zu wollen. Er machte sogar selbst einen Schritt auf den „Brandherd“ zu. „Docteur, kümmern Sie sich sofort um den Comte.“

Kaum hatte der breitschultrige Offizier diese Befehle in einem äußerst rauen Tonfall ausgesprochen, da schritten auch schon dessen Untergebenen, immerhin die cygnische Palastgarde, ein. Gehüllt in eine schützende Rüstung, die wie die Uniformen in einem prächtigen Grün gehalten war, sowie mit schweren Blastergewehren bewaffnet, drängten sich sechzig Mann zwischen die beiden streitenden Parteien. Mochte zuvor noch der eine oder andere energische Hieb mit dem Säbel gemacht worden sein, so unterband man dies nun gekonnt durch die Anwesenheit der Soldaten. Grimmige Gesichter begegneten den zum Teil wütenden, zum Teil verzweifelten Blicken, während im Hintergrund eine andere Einheit die überraschten Zuschauer in Schach hielt. In seinem Bestreben, kein weiteres Blut auf königlichem Boden vergießen zu lassen, war Novan – sowie dessen entschlossene Untergebene – offenbar erfolgreich. Obzwar sich die beiden Streitparteien noch belauerten, unterblieben jegliche Versuche den Kampf erneut zu suchen.

Der Colonel schnaubte. Dann verkündete er:
„Hiermit ist das Duell beendet. Lieutenant Fremyn hat den Comte der 'Silbernen Seen' in einem fairen Kampf besiegt – und damit seine Ehre zweifelsohne wiederhergestellt. Sous-Lieutenant Sindal, geleiten Sie die Imperialen durch den nördlichen Zugang nach draußen. Sofern möglich soll sich einer Ihrer Sanitäter um den Verletzten kümmern.“

Entschlossen nickte die junge Frau, die Novan angesprochen hatte, gab ihren Untergebenen schnell mehrere Handzeichen und setzte sich danach selbst in Bewegung. Es waren am Ende zwei Soldaten, die Noak unter die Arme griffen, aufsetzten und dann nach draußen brachten. Leise schnauften sie, sagten aber kein Wort. Umringt von einem ganzen Zug der Palastgarde verließen die Imperialen am Ende also den königlichen Friedhof. Zum Glück hielten sich die gereizten Offiziere der cygnischen Kavallerie in diesem Moment mit irgendwelchen Schmähungen zurück. Natürlich rief der eine oder andere von Roices Sekundanten der imperialen Gesandtschaft irgendetwas hinterher, aber trotzdem schien keiner von ihnen den lodernden Zorn des Colonel gänzlich auf sich ziehen zu wollen. Hatten sie – für den jetzigen Moment – möglicherweise genug getan? Rechnete man vielleicht damit, dass man zu einem späteren Zeitpunkt nochmals auf die imperialen Offiziere treffen würde? Auf Cygnus B schien derzeit alles möglich zu sein.

Noak verzog schmerzerfüllt das Gesicht als er mit dem einen Bein auftreten wollte. Mehr und mehr machten sich bei ihm die Wunden bemerkbar, die ihm der Comte zugezogen hatte. Irgendwie schien die Schutzkleidung, die ihm der Captain kurz vor dem Duell noch angelegt hatte, bloß den nötigsten Dienst erfüllt zu haben. Trotzdem gestattete sich der Bakuraner ein kämpferisches Lächeln als sich Konsularagentin Tebelon kurz zu ihm umdrehte. Mit dem blutigen Rapier der cygnischen Prinzessin in der Hand ging sie neben Captain Selgorias und dem imperialen Botschafter vor ihm, während zur gleichen Zeit der uniformierte Kater quasi als „Nachhut“ fungierte. Schwarze Flecken bildeten sich in seinem Sichtfeld, das Blut rauschte laut in seinen Ohren. Und hätten ihn in diesem Moment nicht zwei breitschultrige Soldaten gestützt, wäre er wohl spätestens jetzt zusammengeknickt. Nein, Noak mochte zwar das Duell gewonnen haben, in bester Verfassung war er deshalb trotzdem nicht.

Eher zufällig hörte der Bakuraner noch wie der Baron von Milaris zum Captain sagte:
„Ich glaube, bis sich die Lage beruhigt hat, sollten wir Zuflucht in der Botschaft suchen. Zwei, drei Zimmer für Sie und Ihre Leute kann ich schon organisieren. Des Weiteren habe ich in der Botschaft ein ganzes Bataillon an Sturmtruppen als Wache zur Verfügung, was eine mögliche Rache frühzeitig vereiteln kann.“ Kurz ließ er seinen Blick ebenso zu dem humpelnden Offizier wandern. „Zwar kann ich mir vorstellen, dass König Aguro seinen Leibarzt später auch zu Lieutenant Fremyn schicken wird, aber bis dahin kann sich mein medizinisches Personal um die Sache kümmern. Consul Falstom kann das alles in die Wege leiten.“

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | königlicher Distrikt | königlicher Friedhof || Lieutenant Noak Fremyn, Lieutenant Commander Darran, Commander Selgorias, Baron von Miralis, Konsularagentin Tebelon sowie ein Zug der cygnischen Palastgarde]
 

[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B | Königlicher Distrikt, königliche Gärten, Duellplatz | Lieutenant-Commander Tej Darran, Commander Manius Selgorias, Lieutenant Noak Fremyn, Der Comte, Zuschauer]



Auch wenn er den Kampf nur aus den Augenwinkeln und nicht mit seiner vollen Aufmerksamkeit wahrnahm, so konnte man doch förmlich spüren, wie sich die Situation zuspitzte, als die beiden Duellanten immer wieder aufeinander zu preschten. Was genau passiert war, konnte er nicht sehen, aber es wurden plötzlich Stimmen laut, die den Comte anfeuerten und den Lieutenant ausbuhten. Offenbar war ein erster Höhepunkt des Duells geschehen.

Er blickte nur kurz zur Seite auf den Duellplatz und konnte Fremyn bei einem Angriffsversuch ausmachen. Dann war sein Blick wieder auf die Traube von Cygnischen Offizieren gerichtet, die immer nervöser zu werden schienen. Tej beschleunigte seine Schritte ein wenig.

Plötzlich wurde es noch lauter um ihn herum und es wurden Protestrufe laut, die sich gegen die Duellanten richteten. Schnell war ihm klar, dass man wohl kaum den Comte beschuldigte, sondern sich das gegen die Imperialen richten musste.

Er hielt im Laufen inne und konnte nun ein beginnendes Handgemenge im Duellring ausmachen. Der Unparteiische und die beiden Sekundanten waren eingeschritten und zogen die beiden Duellanten, die beide nicht unerheblich verletzt waren, auseinander.

Doch er konnte auch die Kavallerieoffiziere ausmachen, die nun ebenfalls auf den Platz stürmten und sogleich auch bereits Commander Selgorias und Lieutenant Fremyn angingen.

Ihm entfuhr ein Fauchen, dann stieß er sich auch schon nach vorne ab und fuhr einem Derwisch gleich in das Handgemenge. Der erste Offizier der seinen Weg kreuzte landete kurz darauf in der aufgebracht heranstürmenden Menge.

Sofort wurde der Farghul als Gegner erkannt und die Offizier verbündete sich gegen ihn. Endlich wurde es interessant, fuhr es ihm durch den Kopf und er entblößte bei einem vorfreudigen Grinsen seine langen Zähne.

Die anstürmenden Offiziere schienen sich nun formiert zu haben und stürmten mit gezogenen Schwertern und sogar mit ein paar Blastern auf ihn zu.

Gekonnt wich er den ersten Klingen aus und lies die Angriffe erst einmal auf sich zu kommen. Als die ersten beiden Männer, durch ihren Angriff eine Lücke in ihrer Deckung hatten, bekamen sie die Krallenbewährten Hände des Katzenwesens zu spüren und sanken beide schwer getroffen zu Boden.

Dem nächsten Angreifer schlug er mit einem gekonnten Schlag auf die Hand, den Säbel aus der Hand und beförderte ihn dann mit einem zweiten in zwei Offiziere, die hinter ihm bereits auf ihn anstürmten.

Mittlerweile schien es auch so, als ob sich die Menge ebenfalls an den Kämpfen beteiligte und er konnte Cygnische Gardisten erkennen, die versuchten irgendwie die Parteien zu trennen oder zu schlichten, dabei aber sehr verloren wirkten.

Er konnte auch den Befehl des Commanders vernehmen, allerdings nicht darauf reagieren. Sicher, er musste irgendwie zum verletzten Lieutenant kommen, um diesen zu schützen, doch er war hier gerade mehr als genug gebunden, da auch einige Adelige offenbar die Stärke eines Farghuls spüren wollten.

Seine Hand wanderte zu seinem Teleskopstab, der an seinem Gürtel hing und löste ihn schnell und fachmännisch von diesem.

Mit einer schnellen Drehbewegung ließ er die beiden Enden des Stabes ausfahren, sodass er seine volle Länge von zwei Metern entfaltete, dann begann er auch schon mit der Waffe durch die Menge zu wirbeln. Er bewegte sich schnell, für ein Wesen seiner Größe, und damit hatte man wohl nicht gerechnet. Schnell waren weitere drei Angreifer niedergestreckt und er hatte sich ein wenig Platz um sich herum verschafft, da man jetzt vor dem wirbelnden Stab und vor seiner Reichweite Respekt hatte.

Es gab nun Tej auch die Möglichkeit, sich einen gewissen Überblick zu verschaffen. Er erkannte Commander Selgorias, der immer noch dabei war, den Lieutenant zu verteidigen ansonsten waren aber wenig Personen zu sehen, die direkten Schutzes bedurften.

Doch die über den allgemeinen Geräuschpegel erhobene Stimme des Commanders ließ ihn hellhörig werden und er richtete seinen Blick in die Richtung, die Selgorias genannt hatte. Dort konnte er tatsächlich einen Schützen entdecken der in unmittelbarer Nähe zum imperialen Botschafter und der andere Diplomatischen Agentin aus ihrer Delegation stand.

Schnell erkannte er die Situation und preschte auch sogleich los. Es waren einige Meter und der Weg war nicht komplett frei. Es würde verdammt knapp werden, dass sah er bereits jetzt.

Aus dieser Distanz würde der Schuss so oder so tödlich sein. Und der Schütze wirkte nicht so, als würde er lange zögern.

Sein Stab wirbelte immer noch vor ihm und machte ihm so den Weg einigermaßen frei, bis er plötzlich den Schützen vor sich stehen sehen konnte. So schnell es ihm möglich war reagierte er und warf sich von hinten auf den Mann, der just in diesem Moment den Abzug gedrückt hatte, sodass der Schuss zwar losgegangen war, aber als heilloser Querschläger in der Menge verschwand.

Ohne jegliche Gegenwehr des am Boden liegenden Schützen zuzulassen, entwand er ihm mit einer Hand den Blaster und warf ihn beiseite.

Dann trafen auch endlich die Truppen der Palastgarde ein und man begann, die Gruppen zu trennen, was vor allem auch hieß, die Kavalleristen und wütenden Zuschauer von den wenigen Imperialen fernzuhalten.

Ein wenig enttäuscht, dass der Kampf nun vorbei war, kehrte Tej zu Captain Selgorias und den anderen Imperialen zurück und legte seinen Teleskopstab wieder an seinen Gürtel an. Die Gefahr war gebannt und selbst wenn die Palastgarde nicht aufgetaucht wäre, war er doch der Meinung, dass sie diese Offiziere in Schach halten hätten können. Jedenfalls hatte es nicht wenige cygnische Kavalleristen Böse erwischt natürlich war keiner dem Tode nahe, aber sie hatten eine Abreibung verpasst bekommen, die sicherlich ihrem Ego und vermutlich auch ihrer Ehre einen kleinen Abbruch getan hatte. Aber so etwas konnte nie schaden.

Der Colonel der Palastgarde lies nun die imperiale Delegation von seinen Männer in Sicherheit bringen, nachdem er das Duell für beendet erklärte.

So ging also die Siegreiche Delegation vom Platz, geführt, von Captain Selgorias, der Konsularagentin und dem Botschafter, in der Mitte der von zwei Soldaten gestützte Lieutenant und am Ende der Farghul.

Ein paar Gesprächsfetzen zwischen dem Botschafter und dem Captain konnte er verstehen. Es war gut, dass sie bald auf offiziellem impeialem Boden der Botschaft von Sturmtruppen geschützt würden. Das würde den letzten versuchen, weitere Attentate auszuführen einen Abbruch tun.


[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B | Königlicher Distrikt, königliche Gärten, Duellplatz | Lieutenant-Commander Tej Darran, Commander Manius Selgorias, Lieutenant Noak Fremyn, Der Comte, Zuschauer]
 
[Hyperraum, ISD II Accuser, Brücke]- Alynn, Lieutenant Commander Devila, Besatzung

Schließlich hatte Alynn sich doch von M-3PO/Z einen Stimtee direkt auf die Brücke bringen lassen. Der Aufenthalt der Accuser bei Umbara hatte sich als deutlich kürzer herausgestellt als zunächst gedacht – kaum waren die imperialen Schiffe aus dem Hyperraum gefallen, war ein Kommunikationspaket der Avenger auf dem Sternenzerstörer eingetroffen. Darin enthalten waren Befehle, die besagten, dass die Accuser unverzüglich ihren Weg nach Cygnus B – dem Zentralsystem des cygnischen Sternenimperiums – fortsetzen und Präsenz zeigen sollte, während der Rest der dritten Flotte zum eigentlichen Sammelpunkt im Sternenimperium aufbrechen würde, sobald man auf Umbara letzte Vorräte und Informationen bezüglich jüngster Entwicklungen gesammelt hatte.

Diese Entwicklung kam für die Commodore etwas überraschend – doch erschien ihr keineswegs abwegig. Natürlich war es weder taktisch, noch politisch ratsam gewesen, mit der gesamten dritten Flotten direkt bei der Thronwelt des Sternenimperiums aufzutauchen. Gleichzeitig signalisierte die Gegenwart eines Sternenzerstörers der Imperial II-Klasse, dass die Zeit des Vorgeplänkels um die imperiale Operation vorbei war, schließlich stellte bereits ein einzelnes solches Schlachtschiff eine beträchtliche militärische Ressource dar.

Nun konnte man natürlich darüber spekulieren, warum Elysa diese Aufgabe nicht Vice Admiral Vanwyk oder Rear Admiral Morlens zugedacht hatte – insbesondere letzter fühlte sich vermutlich geradezu prädestiniert dafür. Neben den für Alynn offensichtlichen Gründen – das besondere Vertrauensverhältnis, das zwischen der Admiral und der Commodore herrschte – kamen noch andere Erklärungen in Frage. Der Ruf der Accuser war ein besonderer unter den Schiffen ihrer Klasse – schließlich war sie ein Kommando des späteren Großadmirals und Oberbefehlshabers gewesen, eines Mannes, dessen Nachnamen Alynn teilte. Auf einer Welt wie Cygnus zählte Prestige mehr als manch anderes – und die Accuser war vermutlich nach der Avenger selbst das prestigeträchtigste Schiff der dritten Flotte.

Während Alynn dem diensthabenden Lieutenant Commander Devila die Führung des Schiffes überließ, nippte sie an ihrem Stimtee und studierte ein letztes Dossier, das neben ihren Befehlen von der Avenger übermittelt worden war und einige – spärliche – Informationen zu den jüngsten Entwicklungen auf Cygnus Prime enthielt. Offenbar war die bereits anwesende imperiale Delegation dort vor ein paar Tagen in Schwierigkeiten geraten, wenngleich das genaue Naturell dieser Schwierigkeiten Alynn nicht ganz einleuchten wollte. Womöglich war das ein weiterer Grund, aus dem Elysa die imperiale Präsenz so schnell wie möglich weiter etablieren wollte. Der derzeit ranghöchsten Offizier vor Ort, Commander Manius Selgorias, war wohl kaum in der Position, vorbehaltlos im Namen der dritten Flotte sprechen zu können, geschweige denn des Imperiums. Und wenn man zwischen den Zeilen las, versprach man sich auch vom imperialen Botschafter vor Ort nicht viel, wenngleich eine solche Einschätzung eines Diplomaten in einer militärischen Lageeinschätzung wohl kaum eine Seltenheit darstellte.

Eine Bewegung hinter ihr ließ den Kopf der Commodore leicht herumfahren. Captain Asakawa war auf der Brücke eingetroffen – allerdings nicht, um ihren ersten Offizier abzulösen – dessen Wache dauerte noch gute zwei Standardstunden.

„Ma’am. Ich habe Major Dlarits Bericht bezüglich des… Zwischenfalls gelesen.“

Aus der Mimik ihrer Flaggkommandantin sprach ein nicht geringes Maß an Bestürzung.

„Ich… ich kann mir nicht erklären, wie es dazu kommen konnte.“

Langsam legte Alynn den Datenblock mit ihren Befehlen bei Seite.

„Ich schon.“

Ihr entging nicht die Wachsamkeit, die sich bei dieser Feststellung in Asakawa manifestierte, sowohl mit dem bloßen Auge, als auch mit Hilfe der Macht registrierbar. Selbstverständlich war es für den Kommandanten eines Raumschiffes ein Problem, wenn der eigene Flaggoffizier Zeuge eines derart eklatanten Problems mit der Disziplin an Bord wurde.

„Flight Lieutenant Moreau und seine Staffel sind frustriert, da der Mangel an Maschinen sie derzeit am Boden hält. Dazu kommt noch die Situation mit dem Friedensvertrag – es wäre naiv zu glauben, dass dieser Schritt keine Kritiker auch an Bord dieses Schiffes hat. Wir sind Soldaten und sollen jetzt die Füße stillhalten, während die Republik sich Welt für Welt einverleibt und wir selbst uns mit Parteien wie dem sogenannten Sternenimperium herumschlagen.“

Vielsagend nickte sie in Richtung Devilas, der außerhalb der Hörweite seine Runden über die Brücke ging.

„Fragen Sie Ihren ersten Offizier.“

„Und was gedenken Sie mit Moreau und seinen Leuten zu tun?“

Alynn zuckte mit den Achseln.

„Zunächst lasse ich sie in ihrem eigenen Saft schmoren. Wir haben Wichtigeres zu tun.“

Mit diesem Wort trank sie den Rest ihres Stimtees und erhob sich.

„Und aus diesem Grund werde ich mich bis zum Sprung in den Normalraum zurückziehen…“

„Soll ich Line Commander Horton bitten, Ihnen eine Ehrengarde für Ihren Besuch auf Cygnus Prime zusammenzustellen?“

„Nein… nein.“

Alynn lächelte leicht.

„Major Dlarit soll mir zehn seiner Männer zuteilen.“

Nach dem Vorfall in der Kantine fühlte sie sich den Flottensoldaten an Bord der Accuser auf eine neue Art verbunden – und darüber hinaus gab es diverse, auch politische Gründe, sich nicht häufiger als nötig auf das Sturmtruppenkorps zu verlassen. Zumindest nicht, um nur der Etikette zu genügen und der eigenen Eitelkeit zu frönen. Sicherheitsbedenken hatte sie ohnehin nicht – sie selbst wusste sich durchaus zu verteidigen und Dlarits Männer waren ihren Beobachtungen nach hervorragend gedrillt, etwas, das man indes natürlich nicht von vielen Flottensoldateneinheiten auf anderen Schiffen behaupten konnte. Es kam nicht von ungefähr, dass diese Männer und Frauen von ihren Gegenstücken in Armee und bei den Sturmtruppen häufig nur belächelt wurden.

„Außerdem sollen zwei Piloten der Subjugators mein Shuttle eskortieren. Zwei TIE-Defender sollten Cygnus zeigen, dass das Imperium nicht so verzweifelt auf ihre Jäger angewiesen ist, wie sie womöglich meinen.“

Asakawa nickte knapp.

„Verstanden, Ma’am. Ich informiere Sie fünfzehn Standardminuten vor unserer Ankunft.“

***

Als Alynn Stunden später nach Eintritt der Accuser in das Cygnus-System den Hangar betrat, warteten Dlarits Flottensoldaten bereits auf sie. Die acht Männer – und erstaunlicherweise zwei Frauen – hatten ihre Blasterkarabiner an den dafür vorgesehenen Riemen über die Schulter geschlungen und trugen ihre Sekundärwaffen in Holstern an ihren Uniformgürteln – Körperpanzerung hatte Dlarit nachvollziehbarerweise als übertrieben empfunden. Die Helme und auf Hochglanz polierten Stiefel der Soldaten glänzten in der sterilen Hangarbeleuchtung, während sie beim Nahen ihres Flaggoffiziers Haltung annahmen.

Alynn hatte es sich selbst nicht nehmen lassen, sich entsprechend auszurüsten. Neben ihrem Lichtschwert ruhte ihre BlasTech SE-14r an ihrem Uniformgürtel, auch wenn sie nicht damit rechnete, einen der beiden Gegenstände zu gebrauchen. Andererseits hatte der Vorfall in der Kantine der Accuser einmal mehr die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten eines Lichtschwerts unter Beweis gestellt.

„Commodore Kratas.“

Der ranghöchste Flottensoldat – ein Lieutenant – salutierte, als Alynn an der Einstiegsrampe des Shuttles ankam.

„Captain Asakawa lässt Ihnen ausrichten, dass unser Ankunft bei der Raumverkehrskontrolle bei Cygnus Prime gemeldet und registriert wurde. Ihr Shuttle hat Landeerlaubnis, der Pilot kennt den Standort der imperialen Botschaft, wo sich unseren Informationen nach auch einige Offiziere des Vorauskommandos aufhalten. Botschafter von Milaris ist informiert.“

„Dann lassen Sie uns keine Zeit verlieren.“

Der Anflug verlief wie im Bilderbuch. Ungeachtet der unschönen Szenen, deren Zeugin Alynn vor wenigen Stunden noch geworden war, verstand die Besatzung der Accuser ihr Handwerk. Die Piloten der beiden eskortierenden Defender blieben in perfekter Formation, auch dann noch, als das Shuttle sich nach Eintritt in die Atmosphäre in Richtung der Hauptstadt Kaprala senkte, bevor sie schließlich mit einem theatralischen Bogen kehrtmachten und zum Mutterschiff zurückkehrten, gerade noch rechtzeitig, um nicht den unmittelbaren Luftraum der Stadt zu verletzen.

Nachdem das Shuttle schließlich auf seinem designierten Landeplatz zum Stehen gekommen war, bewiesen auch die zehn Flottensoldaten Präzision, als sie sich im Gleichschritt zu einem Ehrenspalier von jeweils fünf Soldaten formierten, kurz nachdem die Landerampe sich endgültig gesenkt hatte. Alynn wartete einen Herzschlag, bevor sie selbst den Weg ins Freie Antrat – leicht neugierig, wer sie wohl empfangen würde und bereits potentiell genervt von den lästigen Problemen, die dieser Besuch wohl zwangsläufig mit sich bringen würde.


[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, Cygnus B, Kaprala, imperialer Komplex, Landeplattform]- Alynn, Flottensoldaten
 
:: Esaga-Sektor :: Cygnus-System :: Cygnus B :: Stadt Kaprala :: Imperiale Botschaft :: Gastquartiere der 417. Korvettendivision :: CPT Manius Selgorias - LT Noak Fremyn - LTC Tej Darran - Konsularagentin Jahanna Tebelon ::

Der Raum war weiss gekalkt und wirkte kühl. Die Decke schoss vier Schritt empor und die hohen, schmalen Fenster ließen nur vergittertes Tageslicht von Cygnus herein. Es war das Gastquartier, das Baron Milaris den Repräsentanten der 417. Korvettendivision in den Mauern der imperialen Botschaft zu Kaprala hatte zuteilen lassen. Zweckmäßigkeit dominierte diesen Raum, der irgendwo zwischen Aufenthaltsraum und Großraumbüro rangierte. Schwarze Sessel, Sitzbänke an den Wänden, dazu vier Glastische mit modernsten Terminals. An einer Wand war eine Videoprojektion der regionalen Medien zu sehen. Selbige wurde von den vier anwesenden Uniformierten auch grade aufmerksam beobachtet.

"...Im Zuge der Ausschreitung auf dem königlichen Friedhof nahm ein Ereignis eine besondere Stellung ein. Der Einsatz einer Handfeuerwaffe, der zuerst einem Soldaten des Galaktischen Imperiums, später dann einem Fähnrich des 24. Gardereiterregiments zu Kaprala zugeschrieben wurde, erfolgte durch eine bis dato unbekannte Person. Der Hochkommissar für Sicherheitsfragen öffentlicher Einrichtungen gab in seiner Erklärung bekannt, dass man derzeit von einem gezielten Attentatsversuch auf seine Exzellenz Baron von Milaris ausgeht. Das Duellgefecht sei durch den mutmaßlichen Attentäter als Anlass genutzt worden sich unbemerkt in Uniform unter die Anwesenden zu mischen. Das Oberhaus mahnt indes zu einem gemäigten Umgang mit dem Zwischenfall und fordert eine Untersuchungskommission. Die oppositionellen Sprecher betonen dagegen, dass dieses Duell Ausdruck fehlender Regierungsstärke im Königshaus sei und sowohl der Ehrenhändel als auch der entstandende Tumult ihrer königlichen Hoheit anzulasten sei. Von imperialen Vertretern wurde bisher noch keine offizielle Stellungnahme zum erfolgten Angriff abgegeben. Es wird jedoch befürchtet, dass eine Antwort mit Konsequenzen erfolgen..."

"Audio abschalten"

Die Konsularagentin Tebelon löste sich vom Schreibtisch, an dem sie bis eben gelehnt hatte, und schritt mit hartem Absatz auf die Videowand zu. Behutsam umrundete sie dabei Noak Fremyn, der mit einem Arm in der Schlinge und einer Schiene am Knieh noch deutliche Folgen des Duells zur Schau trug. Die anwesenden Offiziere sahen ihr etwas überrascht nach. Am stummen Videobild angekommen, deutete sie auf das Portrait von Baron von Milaris, das eben eingeblendet erschien.

"Als er den Schützen sah, hat er Abstand zu mir genommen und mich angesehen! Der Schütze hat nicht auf ihn gezielt, sondern auf mich! Und meine Herren, wenn Sie mir glauben wollen, dann war dem Baron die Anwesenheit eines feindlichen Schützen bewusst. Als er ihn dann sah, hat er ihm förmlich Platz gemacht."

Manius Selgorias veruschte sich krampfhaft die Szene wieder vor Augen zu rufen. Es war hektisch gewesen, da war Noak Fremyn blutend am Boden, Tej Darran im Nahkampf, dann der Schrei. Ein Schulterblick. Der Baron war zurückgesprungen und hatte... zu Manius gesehen.

"Miss Tebelon, ich brauche ihnen nicht erläutern, was diese Worte bedeuten. Ist das eine offizielle Aussage, die sie hier tätigen?"

Manius sah zu den beiden Untergebenen Soldaten hin, um deren Einschätzung zu deuten. Die Konsularagentin antwortete dem Captain:

"Sir, ich habe ihnen vor dem Duell berichtet, dass ich keine Unterstützung im Vorfeld durch Baron Milaris erhalten habe. Und er ist nicht der designierte Nachfolger des Botschafters, der uns nach Einsatzbefehl und Lagebericht zu Cygnus eigentlich hätte empfangen sollen. Offenkundig ist Baron von Milaris nicht einfach ein Hochstapler, das beileibe nicht. Aber ich kann diesen Verdacht nicht zurück halten, weil er meiner vollsten Wahrnehmung entspricht."

Manius' Schnurrbart bewegte sich nachdenklich. Was für einen Sinn sollte es für den Botschafter haben, wenn auf eine Konsularagentin geschossen wird? Die Agentin kam Manius zuvor und sprach seine nächsten Gedanken aus:

"Das ist meine interne Meldung an das Kommando der 417. Korvettendivision: Ich habe ernste Zweifel an Engagement und Vertrauenswürdigkeit seiner Exzellenz von Milaris im Sinne des Diplomatischen Dienstes und empfehle eine disziplinarische Prüfung seiner Person. Da ich mich in einer schwer zu überblickenden Situation befand und Befangenheit und eingeschränktes Urteilsvermögen meiner Person unterstellt werden muss, bitte ich diese Meldung entsprechend aufzufassen."

Na wunderbar, dachte sich Manius. Nun hing es wieder ganz bei ihm. Er wog seine Erwiderung lange ab, und nahm auch die Ansichten seiner Kameraden zur Kenntnis. Es gab Einiges zu erwägen und Manius begründete seine Entscheidung letztlich nicht, als er sagte:

"Wir sind in einer schwierigen Lage. Angesichts dessen werden wir hinsichtlich ihrer Meldung, Miss Tebelon, nicht unmittelbar tätig. Ich möchte, dass wir so bald wie möglich auf unsere Schiffe zurückkehren. Dort wird ein schriftlicher Bericht zur 'Duell-Situation' verfasst und als geheim dem Kommando der 3. Flotte zugestellt. Wir haben hier nicht genug Überblick. Solange ist das Thema hier auf Cygnus tabu. Aber wir halten die Augen offen. Sie, Lieutenant Fremyn, Lieutenant Darran und ich. Über jede weitere verdächtige Beobachtung werde ich umgehend informiert."

Kurz versicherte er sich, ob der Befehl verstanden wurde.

"Im übrigen wird Commodore Alynn Kratas in Bälde erwartet, sollten das noch nicht alle wissen. ... die Schwester des Nereus Kratas... Ihre Ankunft wird auf dem Landedeck der Botschaft erfolgen. Wir werden dort vollständig anwesend sein und die Commodore begrüßen. Sie wird einen ersten Lagebericht wünschen und wahrscheinlich neue Befehle mitbringen. Dieser Ausflug ins cygnische Hofgeplänkel ist damit vorbei. Aber was das für uns bedeutet, ist noch nicht entschieden."


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Sechs Imperiale beobachteten den Anflug und das Landemanöver des Shuttles. Drei Offiziere, die Konsularagentin und zwei Flottensoldaten der CRV Gladius. Ein warmer, kräftiger Wind frischte auf und die kleine Ehrengarde marschierte auf. Das kleine - sehr bunte - Empfangskommitee salutierte. Es musste schon seltsam gewirkt haben. Da war ein offenbar verwundeter Noak Fremyn, ein katzenhafter Farghul namens Tej Darran in Überlebensgröße, eine überaus korrekte Konsularagentin des Diplomatischen Dienstes und ein Anaxsi mit Säbel und Portepee an der Seite. Die zwei Begleitsoldaten trugen schwarze Uniformen der Flotte. Wer imperiale Gleichförmigkeit liebte, wurde jäh enttäuscht.

Captain Manius Selgorias trat zum Salut vor und reihte sich neben Alynn Kratas ein.

"Commodore, es ist uns eine Ehre. Ein Quartier zur Lagebesprechung steht bei Bedarf zur Verfügung. Die 417. Korvettendivision ist einsatzbereit über Cygnus B. Wir sind bereit Ihre Befehle zu empfangen."

:: Esaga-Sektor :: Cygnus-System :: Cygnus B :: Stadt Kaprala :: Imperiale Botschaft :: Landeplattform über den Dächern :: CPT Manius Selgorias - LT Noak Fremyn - LTC Tej Darran - Konsularagentin Jahanna Tebelon - COM Alynn Kratas ::
 
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Obwohl sich sein deutlich geschundener Körper nach einem Bett – am besten nach dem eigenen auf der „Silver Bullet“ – sehnte, stand der junge Bakuraner nun tatsächlich gemeinsam mit den anderen Imperialen schweigend am Rande des kleinen Landefeldes der imperialen Botschaft auf Cygnus B, um der Ankunft von Alynn Kratas beizuwohnen. Nach den bisherigen Informationen hatte Admiral Nerethin, die Kommandeurin der Dritten Gefechtsflotte, die Commodore in ihrem Namen entsandt, da die Eingreifgruppe um Captain Selgorias allem Anschein nach immer mehr in die diplomatische Enge getrieben wurde. Bislang war das Duell, das Noak hatte fechten müssen, der Höhepunkt dieser unbekannten Kampagne gewesen. Eine starke Präsenz musste das Galaktische Imperium im Esaga-Sektor nun zeigen – so schien die aktuelle Devise zu sein. Und da setzte die brünette Befehlshaberin anscheinend auf einen berühmten Namen: Nereus Kratas, der letzte Grand Admiral des glorreichen Imperiums.

Bis zu dem Zeitpunkt als der uniformierte Anaxsi den Namen – sowie deren familiäre Beziehung – der Dame genannt hatte, hatte der Lieutenant noch nicht einmal gewusst, dass der große Kriegsheld Kratas irgendeine Schwester hatte. Dafür badete die Leitung der Sektorakademie auf Bakura zu sehr im Chauvinismus. Frauen hatten es dort schwer gehabt, sehr schwer. Aber war das nicht im ganzen Imperium so? Während in der Luft die schneeweiße Fähre allmählich zur Landung ansetzte, blitzten vor Noaks geistigem Augen unwillkürlich vereinzelte Gesichter der Kadettinnen auf, die er hin und wieder in den langen, grauen Gängen der militärischen Schulungseinrichtung gesehen hatte. Hatten sie am Ende ihr Offizierspatent genauso wie er bekommen? Dienten sie jetzt – genauso wie er – auf irgendwelchen Kriegsschiffen Seiner Majestät? Die gesamte Gruppe nahm Haltung an als die Fähre endlich auf dem Boden aufsetzte.

Nachdem das monotone Getöse der Triebwerke sowie Repulsoren ein Ende gefunden hatte, klappte langsam die Rampe der Lambda-Fähre nach unten. In diesem Augenblick erlaubte es sich keiner der uniformierten Anwesenden mit der Wimper zu zucken oder auf irgendeine andere Art und Weise das Strammstehen zu stören. Laut, sehr laut schlug Noaks Herz. Obwohl er eigentlich kaum noch Kraft besaß – die letzten Tage hatten einfach zu sehr an ihm gezehrt –, mobilisierte er noch einmal schnell die letzten Reserven – woher auch immer. Denn nach dem erfolgreichen Duellausgang wollte er die Ehre seiner Einheit kein zweites Mal die Ehre seiner Einheit aufs Spiel setzen. Vor lauter Aufregung fühlte sich sein Mund trocken, staubtrocken an. Dem Beispiel von Captain Selgorias folgend blickte er starr auf die ausgefahrene Rampe. Noch regte sich nichts. Bloß das leise Zischen der Luke war zu hören.

Und dann trat Alynn Kratas ins Freie. Mit entschlossenem Schritt kam sie langsam auf die wartende Gruppe zu. Ihr rotes Haar funkelte im Abendlicht wie ein teurer Rubin. Ihr hübsches Gesicht mit der milchig-weißen Haut sowie die drahtige Statur hätten genauso gut einer Laufstegschönheit gehören können. Für ein paar Millisekunden setzte bei Noak tatsächlich der Atem aus. Die ersten Phantasien setzten schon dazu an ihm den Kopf zu verdrehen. Er war hin und weg. Doch dann traf ihn plötzlich der strenge Blick der Offizierin. Gleich einem Schlag traf den Bakuraner die Erkenntnis: Diese Frau war offenkundig Nerethins entfesselter Kettenhund. Unmerklich schluckte er. Immer mehr erstarkte in ihm der Wunsch zurück auf seinem Schiff zu sein. Denn im Gegensatz zu der Commodore schien Lieutenant Commander Scott ein freundlicher Kommandant zu sein – so der erste Eindruck.

Übertroffen wurde dieser Eindruck zu allem Überfluss auch noch als dem Lieutenant auf einmal der zylindrische Gegenstand auffiel, der am Gürtel der rothaarigen Offizierin baumelte. Wo hatte er nur solch ein merkwürdiges Ding schon einmal gesehen? Während Captain Selgorias mutig vor trat und die ranghöhere Dame mit dem ihr gebührenden Respekt begrüßte, dachte er – weiterhin mit ernster Miene im Gesicht – nach. Die Szenen auf der „Confidence“ verwarf er auf Anhieb, weil er das Ding einfach nicht in Zusammenhang mit der Prinzessin bringen konnte. In Gedanken reiste er in seinen Erinnerungen zurück. Plötzlich fiel ihm die Kommandeurin der Dritten ein. Hatte sie nicht auch so einen sehr schmalen Gegenstand am Gürtel getragen? Kurzzeitig erhellte sich seine Miene, weshalb er danach darauf hoffen musste, dass die Commodore es nicht bemerkt hatte.

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[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, Cygnus B, Kaprala, imperialer Komplex, Landeplattform]- Alynn, Captain Selgorias, Lieutenant Commander Darran, Lieutenant Fremyn, Konsularagentin Tebelon, Flottensoldaten

Captain Selgorias‘ Ehrenbezeichnung konnte man wohl guten Gewissens als makellos betrachten – so man denn auf derartige Formalitäten Wert legte – und sie schaffte es, Alynns Aufmerksamkeit zunächst auf den Kommandanten der Korvette Gladius zu richten, von dem sie wohl nicht so viel wusste, wie es ihr potentiell möglich gewesen wäre. Natürlich wäre ihr als Flaggoffizier der Zugriff auf eine üppige Ansammlung an Dossiers möglich gewesen, um sich über den Kommandanten der 417. Korvettendivision ein genaueres Bild zu machen, doch hatten andere Dinge – nicht zuletzt ihre Aussprache mit Elysa – sie anderweitig beschäftigt. Noch dazu war der Befehl, sich direkt nach Cygnus B abzusetzen, dann auch zu plötzlich gekommen, um dieses Versäumnis nachzuholen.

„Captain Selgorias. Meinen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung.“

Sie erwiderte den Salut und entließ den Offizier somit aus seiner auf Dauer unbequemen Körperhaltung. Das war er, der eine Grund, aus dem sie gut daran tat, diesen Mann im Auge zu behalten: die Feldbeförderung, die Elysa ihm hatte zukommen lassen, mit Sicherheit keine Seltenheit, doch zumindest eine bemerkenswerte Auszeichnung für einen Offizier, insbesondere, wenn dieser sich auf einer Mission befand, die nicht unbedingt so offensichtliche Möglichkeiten zum Beweis des eigenen Wertes bot wie etwa eine ausgewachsene Invasion.

„Ein örtlicher Besprechungsraum wird genügen. Lieutenant?“

Der angesprochene ranghöchste Flottensoldat der Accuser trat aus dem Spalier.

„Finden Sie für Ihre Leute etwas Verpflegung und halten Sie sich bis auf weiteres in Bereitschaft.“

„Mit Vergnügen, Ma’am.“

Während die Soldaten in präziser Ordnung und Abfolge ihre Positionen räumten und sich vor der übrigen Gruppe in das Innere der imperialen Botschaft auf Cygnus B begaben, gestattete Alynn es sich, einen kurzen Blick auf den Rest der Gruppe zu werfen, die Selgorias zu ihrem Empfang hatte antreten lassen. Ihre Mimik blieb dabei ausdruckslos – abgesehen von der ihr innewohnenden Kälte – auch wenn ein Lieutenant Commander Devila oder Rear Admiral Morlens beim Anblick des fellüberzogenen Nichtmenschen, der nach dem Captain selbst der ranghöchste Offizier der Gruppe zu sein schien, vermutlich spöttisch oder angewidert das Gesicht verzogen hätte. Lieutenant Commander Tej Darran war der erste Offizier der Claw of Justice – welch poetische Ironie dieser Name doch vor diesem Hintergrund barg – und hatte nach Alynns Informationen praktisch das Kommando über die Marauder-Korvette übernommen, da deren Kommandanin Nomi Vest ernsthaft erkrankt war. Damit endete ihr Wissen über sehr großen Nichtmenschen allerdings – sie konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, welcher Spezies er angehörte und wie diese im Allgemeinen gegenüber dem Imperium verortet war. Ein Cathar vielleicht? Togorianer? Devila würde wohl sagen, dass der Katzenhafte perfekt in die Dritte Flotte und ihr krass vom Propagandastandard abweichendes Personaltableau passte.

Dann war da noch der bedeutend jüngere Offizier – jünger als Selgorias zumindest, da sie Darrans Alter nicht einzuschätzen vermochte (oder generell die Lebenserwartung seiner Spezies) – dessen Blick für einen Moment dort geruht hatte, wo sie ihn vermutet hatte: am Gürtel ihrer Uniform und somit an der Waffe, die sie ebenso wie Elysa als Teil des Ordens der Sith (oder womöglich äußerst törichte Hochstaplerin) auswies. Warum diese Beobachtung indes eine leichte mimische Veränderung verursachte, würde wohl das Geheimnis Lieutenant Noak Fremyns bleiben – von dem sie nicht nur aufgrund seiner Armschlinge wusste, dass er bis über beide Ohren in die Schwierigkeiten verwickelt war, denen sich die imperiale Delegation ausgesetzt gesehen hatte.

Zuletzt wanderte Alynns Blick flüchtig über die Frau in Selgorias‘ Gefolge, wobei sie sich allerdings bewusst darum bemühte, kein allzu großes Interesse zu signalisieren. Bereits als sie das erste Mal davon Kenntnis erlangt hatte, dass eine Konsularagentin des Diplomatischen Korps an Bord der Gladius reiste, hatten ihre ersten Gedanken zunächst den möglichen Schwierigkeiten gegolten, die dieser Umstand womöglich verursachen würde. Bestimmt hatten die Fähigkeiten einer Konsularagentin Selgorias hier auf Cygnus gute Dienste geleistet – allerdings hatten jene, die für ihre Versetzung auf die Korvette verantwortlich gewesen waren, unmöglich vorhersehen können, dass diese einst an der Mission im Sternenimperium beteiligt sein würde. Was wiederum den Verdacht hervorrief, dass mehr hinter der Sache steckte. Etwas, das zumindest für Alynn wohl auf absehbare Zeit ein Mysterium bleiben würde. Und sie mochte keine Mysterien.

„Ich habe Ihre Berichte zur Kenntnis genommen… zumindest soweit sie Admiral Nerethin mir gegenüber freigegeben hat.“

Soweit Alynn wusste, hielt Elysa keinerlei Informationen bezüglich ihrer Operation vor ihr zurück – doch das musste Selgorias nicht wissen. Vielleicht war es sogar ganz interessant, zu beobachten, wie er mit der Aussicht darauf umging, sie an der Nase herumführen zu können.

„Allerdings würde ich einige… Umstände gerne von den Beteiligten persönlich erläutert bekommen.“

Mit voller Absicht ließ sie ihren Blick dabei für einen Herzschlag auf Fremyn ruhen, bevor sie sich wieder auf Selgorias als ihren primären Ansprechpartner konzentrierte.

„Wenn Sie mich also zum Besprechungsraum führen wollen…?“

[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, Cygnus B, Kaprala, imperialer Komplex, Landeplattform]- Alynn, Captain Selgorias, Lieutenant Commander Darran, Lieutenant Fremyn, Konsularagentin Tebelon, Flottensoldaten
 
[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B | Kaprala, Imperiale Botschaft, Gastquartiere | Lieutenant-Commander Tej Darran, Commander Manius Selgorias, Lieutenant Noak Fremyn]


Ohne das er zusätzlichen Schutz wirklich selbst gebraucht hätte, aber er fand es doch ein wenig entspannend, nun von den Elitetruppen des Imperiums und nicht mehr den Schergen einer regionalen Königsmacht bewacht zu sein.

Die gesamte Delegation, den Baron ausgeschlossen, hatte sich in einem Besprechungsraum zusammen gefunden um die Medienberichte zu verfolgen und eine Art Lagebesprechung abzuhalten. Gerade berichtete eine Sendung über den Verlauf des Duells und auch über das Attentat, dass offenbar wichtiger schien als er erwartet hatte. War es wirklich ein gezieltes Attentat auf den Botschafter des Imperiums gewesen? Wenn ja würde das nur zu einer weiteren Verschlechterung der allgemeinen Lage führen, so viel war gewiss. Tej musste selbst überlegen, wie ihm, der den Angreifer im Endeffekt niedergerungen hatte, die Lage vorgekommen war. Zugegeben, er konnte sich nicht an viel erinnern, war aber doch der Meinung, dass der Baron etwas zur Seite gerückt war und der Schütze eher die Konsularagentin im Visier gehabt hatte.

Diese meldete sich nun auch zu Wort und erhob schwere Vorwürfe gegen den Baron und erklärte dem Captain, dass auch sie den Eindruck hatte, der Schütze habe eher auf die gezielt und sie war sowieso mit der allgemeinen Hilfe des Barons nicht zufrieden. Als sie das Ganze dann offiziell machte, schien das Captain Selgorias nicht zu gefallen. Kein Wunder, so mussten sie nun auch auf den Baron aufpassen und hatten eine Person weniger, der sie vertrauen konnte.

"Sir, mit allem Respekt, aber soweit ich mich erinnere kann ich den Eindruck von Agentin Tebelon untermauern. Auch mir kam es mehr so vor, als wäre der Attentäter mehr auf sie fixiert gewesen als auf den Baron", fügte er seine Ansicht hinzu. Er war sich zwar immer noch nicht zu einhundert Prozent sicher, glaubte aber dennoch, dass er seiner Erinnerung vertrauen konnte.

Doch Captain Selgorias war letztendlich derjenige, der ihr weiteres Vorgehen bekannt gab. Er erklärte, dass alles in einem formellen Bericht an die dritte Flotte zusammen gefasst werden wird und sie bis auf weiteres die Augen und Ohren offen halten sollten und verdächtiges Beobachten und melden sollten. Keine besonders schöne Aussicht für Tej. Er war nie für Politik geboren worden. Einzig und allein war er derjenige, dem man ein Ziel gab und er fand es und vernichtete es. Die Asymmetrie und Hinterhältigkeit der Politik fand er verabscheuenswert. Ränkespiele und Verschwörungen waren nichts für ihn. Wenn es nach ihm gehen würde, dann würde er den Baron mit allem konfrontieren, ihm vielleicht drohen oder irgendetwas in dieser Art. Natürlich wusste er ebenso gut, dass das nicht der Weg war, den die Politik und auch sie hier gehen würden, aber es war sein Lieblingsweg.

Und genau darum bist du auch Offizier und kein Politiker geworden, rief er sich in den Kopf und musste ein zufriedenes Grinsen unterdrücken.

Aber wenn er sich Captain Selgorias so ansah, dann sah er, dass auch der Divisionskommandant nicht um politische Ränkespiele herum kam. Und er sah auch, dass seine Ansichten vielleicht zu Radikal waren und so sehr er es auch verabscheute, er seine persönliche Einstellung vielleicht irgendwann ändern musste.

Währenddessen hatte der Captain noch erklärt, dass sie in Bälde Commodore Alynn Kratas erwarten würden, die Schwester des berühmten Nereus Kratas, einem Admiral und Gegner der Sith, den so gut wie jeder kannte, aber das er eine Schwester hatte, hatte er wiederum nicht gewusst.

Jedenfalls würde damit das Imperium hier weitere Macht gewinnen. Insgeheim hoffte Tej ja, dass sie bald diese Törichte Anti-Imperiale Opposition in ihre Schranken weisen würden.



****​


Die Eskorte auf der Landeplattform war sicherlich für Imperiale Verhältnisse ein wenig klein ausgefallen. Eigentlich handelte es sich nur um die drei Offiziere, wobei Lieutenant Fremyn keinen besonders ehrenvollen oder aufrechten Eindruck erwecken konnte, Die Konsularagentin und zwei Flottensoldaten.

Doch nachdem das Shuttle gelandet war konnten alle sofort sehen, dass die Commodore ihre eigene Eskorte bei sich hatte. Zehn Soldaten traten aus dem Schiff und reihten sich in einem Spalier auf, was Tej zu einem zufriedenen Grinsen veranlasste. Sollte er eines Tages Commodore sein, würde er auch immer noch zusätzlich seine eigenen Eskorte bei sich haben. Einfach um immer sicher zu gehen, seine eigene Ankunft gut inszenieren zu können.

Dann erst als die Formation sich zum Spalier aufgestellt hatte, trat Commodore Kratas aus dem Shuttle und offenbarte einen interessanten Anblick. Nicht nur, dass diese Frau wirklich sehr jung und hübsch war, nein, sie trug auch genauso wie Admiral Nerethin ein Lichtschwert bei sich. Eine interessante Tatsache, zwei Sith in der selben Flotte. Sicherlich eine Ausnahme, so wusste er doch, dass die meisten Ordensmitglieder mit anderen Dingen als dem kommandieren ihrer Kriegsschiffe beschäftigt waren.

Dennoch musste er zugeben, dass die Ausstrahlung der Sith hier für ihn ebenso spürbar war, wie bei der Anwesenheit von Admiral Nerethin. Sie waren von einer Aura umgeben und strahlten Macht und Stärke aus, dass faszinierte ihn sehr. Ebenso würde er gerne ein Lichtschwert einmal in Aktion sehen.

Währenddessen hatte der Captain sie bereits begrüßt und ihr einen Besprechungsraum in Aussicht gestellt. Die Commodore nahm dies ein wenig Kalt zur Kenntnis und erklärte, dass sie die Berichte des Captains erhalten hatte, aber gerne einige Dinge persönlich von den Akteuren geschildert bekommen würde. Dabei lag ihr Blick unweigerlich auf Lieutenant Fremyn, der als unfreiwilliger Hauptakteur der ganzen Sache fungierte.

Es war auch immer noch nicht abzusehen, wie sich das Duell und sein Ausgang auf die politische Situation im Sternenimperium auswirken würde. Ebenso war die Anwesenheit der Commodore und Sith eine Konstante, die die Situation wohl ebenfalls beeinflussen würde.

Wobei ihn solche Auseinandersetzungen, wie sich nach dem Duell entstanden waren, nicht störten. Er fand sie im Gegenteil sogar sehr belebend.


[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B | Kaprala, Imperiale Botschaft, Landeplattform | Lieutenant-Commander Tej Darran, Commander Manius Selgorias, Lieutenant Noak Fremyn, Commodore Alynn Kratas]
 
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[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Imperiale Botschaft | Landefeld || Lieutenant Noak Fremyn, Lieutenant Commander Darran, Captain Selgorias, Konsularagentin Tebelon und Commodore Kratas]

Obwohl der strenge Blick der rothaarigen Commodore bloß zehn oder zwanzig Hundertstel auf ihm ruhte, lief Noak schlagartig ein kalter Schauder über den Rücken. Es war nicht nur die äußerst kühle Ausstrahlung, die diese Fremde besaß, oder das Lichtschwert, das sichtbar an ihrem an ihrem Gürtel hing, das ihn erschaudern ließ, sondern da war eindeutig noch mehr. Schließlich war das Entsenden eines einzelnen Imperial-II-Sternzerstörers – in dem Fall der „Accuser“ – eine Kampfansage. Hatte sich die Gruppe um Captain Selgorias zu schlecht geschlagen? Hatten die Neuigkeiten um das Duell die Vice Admiral zum Handeln gezwungen? Nein, der junge Bakuraner hatte in dieser Situation ein mulmiges Gefühl. Hier braute sich etwas zusammen.

Kühl, überaus kühl reagierte die ranghöchste Imperiale auf die schlichte Begrüßung. Sie schien von Anfang an keinerlei Zweifel an der ihr zugedachten (oder eher proklamierten) Position aufkommen lassen zu wollen – diesen Eindruck hatte der verletzte Offizier jedenfalls sogleich. Und anscheinend fügte sich der uniformierte Anaxsi widerstandslos seine neue Rolle. Kein öffentliches Gerangel um irgendwelche Kompetenzen. Kein kurzzeitiges Aufblitzen von Chauvinismus. Problemlos nahm die entsandte Commodore de Führung ein. Kam daher das Frösteln? Noak konnte sich diese Frage nicht auf Anhieb beantworten, da man just in diesem Moment – auf Wunsch der Rothaarigen – entschied die Unterhaltung ins Innere der imperialen Botschaft zu verlegen. Unwillkürlich verzog er kurz das Gesicht. Immerhin klappte Dank der Beinverletzung das Gehen nur bedingt. Es glich in seinem Fall mehr einem Humpeln.

Selgorias und Kratas hatten natürlich den Vortritt. Danach folgte sogleich Tebelon. Das Schlusslicht bildeten folglich der nichtmenschliche Lieutenant Commander, Tej Darran, und der Zweite Offizier der „Silver Bullet“. Er hätte jetzt weitaus lieber auf deren Brücke gestanden als sich gemeinsam mit der uniformierten Sith in einem kleinen Besprechungsraum aufzuhalten. Kurz schluckte er. Konnten diese „Lichtschwertschwinger“ eigentlich Gedanken lesen? Noch ein kleines Bisschen nervöser als noch wenige Sekunden zuvor folgte er den ranghöheren Offizieren humpelnd durch den verwaisten Korridor. Ganz im Gegensatz zur Militärbasis auf Rendili oder der Bakuranischen Militärakademie schien diese Einrichtung kaum Leben in sich zu haben. So fern der (imperialen) Heimat hatte Noak solch einem Ort noch nicht gesehen – höchstens davon gehört.

Man führte die Commodore am Ende in den Raum, der den wenigen Imperialen der Eingreifgruppe schon zuvor als Ort für ihr Gespräch gedient hatte. Durch seine gekalkten Wände und die sehr kühle Atmosphäre wirkte das Zimmer somit weder einladend, noch besonders. Ein Tisch, mehrere Stühle und ein Holoprojekor gehörten zum Inventar – und entsprachen damit ebenso dem Standard. Alynn Kratas musste demnach keine Überraschung erleben als sie den Raum betrat. Obwohl sich der junge Lieutenant – aufgrund der pochenden Schmerzen im linken Bein – gern gesetzt hätte, blieb er lieber stehen bis ihm – beziehungsweise ihnen - die ranghöhere Dame die Erlaubnis erteilte. Sein Gefühl, dass die rothaarige Uniformierte abseits des Protokoll nichts kannte, trog ihn nicht. So biss er lieber die Zähne zusammen, ließ seinen Blick meist auf Captain Selgorias ruhen und wartete ab, was man als nächstes sagen oder tun würde.

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Imperiale Botschaft | Besprechungsraum || Lieutenant Noak Fremyn, Lieutenant Commander Darran, Captain Selgorias, Konsularagentin Tebelon und Commodore Kratas]
 
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Obwohl ihr nicht entgangen war, dass Noak Fremyn ein wenig humpelte – wohl eine Nachwirkung des törichten Duells – sah Alynn keinerlei Anlass, ihr Schritttempo entsprechend zu drosseln und zwang so Selgorias, der der Orientierung halber die Führung über die Gruppe übernommen hatte, sich ihr anzupassen, wenn er sie denn auf angemessene Weise zum vorbereiteten Besprechungsraum geleiten wollte.

Auf dem kurzen Weg hüllte die Commodore sich in Schweigen und ersparte es sich, ihre mentalen Fühler nach den Mitgliedern der kleinen Gruppe auszustrecken, nicht einmal nach der Konsularagentin, die ihr von allem Akteuren immer noch am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Wer wusste schon genau, nach wessen Agenda die Mitglieder des diplomatischen Korps ihr Spiel spielten? Vermutlich gab es keinen Bereich der Streitkräfte, der sich in so regem Austausch mit offiziellen und inoffiziellen Elementen des IGD und des ISB befand und diese Tatsache alleine sollte für jeden wachsamen Offizier – erst recht in der luftigen Höhe eines Flaggranges – Warnung genug sein. Alynn zweifelte keine Sekunde daran, dass jedes ihrer Worte nicht nur die Personen in ihrem Umkreis, sondern über Umwege ganz andere Ohren erreichen würde…

Der Besprechungsraum der Botschaft war nüchtern und zweckmäßig eingerichtet, nichts, was vom gewohnten imperialen Standard erfrischender Funktionalität abwich und nichts, was etwa darauf hätte schließen lassen, dass man die Dekadenz der cygnischen Gesellschaft übermäßig auf sich hätte Einfluss nehmen lassen. Alynn nickte zufrieden, als sie sich an das Kopfende des Tisches begab, und wartete dann drei Herzschläge, bevor sie das Wort ergriff.

„Setzen Sie sich, meine Herren – Miss Tebelon – bevor ich Lieutenant Fremyn noch auf die Krankenstation der Accuser überstellen lassen muss.“

Sie gestatteten sich den Hauch eines Lächelns, ohne dass dessen Wärme ihre Fremyn kühl musternden Augen jemals erreicht hätte, machte jedoch keinerlei Anstalten, selbst ihrer eigenen Aufforderung nachzukommen. Stattdessen begann sie, den Tisch mit gemessenen Schritten und hinter ihrem Rücken verschränkten Armen zu umrunden.

„Wie ich den Berichten entnehme, hatte Ihre Korvettendivision seit Ihrer Ankunft auf cygnischem Hoheitsgebiet mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen.“

In der daraufhin eintretenden Stille waren für einen Moment nur ihre Schritte zu hören.

„Umso erfreulicher, dass sie dennoch beachtliche Erfolge verzeichnen konnten… nicht nur dadurch, dass der Ausfall von Commander Vest offenbar angemessen kompensiert worden ist.“

Angemessen. Bestimmt kein Attribut, mit dem Lieutenant Commander Devila den ersten Offizier der Claw of Justice versehen würde. Alynns Lippen kräuselten sich amüsiert, während ihr Augenpaar kurz auf dem Nichtmensch ruhte, doch diese Gemütsregung verschwand so schnell wieder, wie sie aufgetaucht war.

„Das bedeutet allerdings nicht, dass der Vorfall um die Confidence keine Fragen aufwirft. So lobens- und ehrenwert es ist, dass es Ihnen und Ihren Mannschaften gelang, die Kronprinzessin des Sternenimperiums vor einem üblen Schicksal – vielleicht sogar Sklaverei – zu bewahren, so rätselhaft erscheinen mir zwei Dinge. Erstens: beruht der Überfall der in Ihrem Bericht beschriebenen Piraten auf einem bloßen Zufall? Und zweitens:...“

Bei diesen Worten verharrte Alynn, direkt hinter Lieutenant Fremyn.

„Wer hatte wohl ein Interesse daran, einen Offizier des Imperiums vor der gesamten cygnischen Elite zu diskreditieren und zu einem bestenfalls als fahrlässig zu bezeichnenden Duell hinzureißen? Oder soll ich glauben, dass es der simple Schneid eines imperialen Offiziers war, der Ihre Hoheit eben diesen Offizier zu einem Tanz auffordern ließ und dass Lieutenant Fremyn tatsächlich schlicht und ergreifend seine Hände nicht dort lassen konnte, wo sie hingehören?“

Langsam hatte sich Alynns Blick von Fremyns Hinterkopf in Richtung von Selgorias bewegt, sodass ihre grünen Augen nunmehr den Divisionskommandanten fixierten.

„Ihre Meinung dazu, Captain?“


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Neben Alynn Kratas einher zu marschieren brachte gemischte Gefühle. Zum einen war Captain Manius Selgorias positiv bestärkt und erleichtert eine befehlsgewohnte Autorität nahebei zu haben - und damit die potentielle Aussicht auf Entlastung seiner Position und einer zeitweiligen Abnahme von Pflicht und Bürde. Aber das war natürlich zweischneidig. Manius hatte nun eine geraume Zeit selbstständig handeln und entscheiden müssen. Und unterm Strich waren unerhörte Dinge geschehen unter seinem Kommando. Eine gerettete Prinzessin, Verwicklungen politischer Natur, Duelle, Drohungen und zuletzt ein Attentatsversuch. In der Gestalt der Alynn Kratas trat die Erinnerung daran auf, dass Manius Selgorias' Zukunft davon ab hing, ob man ihn nun zu einem Vorteil opfern würde oder nicht. Ihm wurde schmerzlich bewusst, dass er nicht wichtig genug war um nicht fallen gelassen zu werden, sollte es die politische Raison nahe legen. Zumindest hatte ihm dies Jahanna Tebelon so vor einigen Tagen schon erläutert...

Als Manius am Tisch saß und der Commodore nach sah, musste er unvermittelt an einen Dobermann denken. Ein Schmunzeln unter dem Bart verschwand rasch wieder. Im Gegensatz zu allen anderen im Raum hatte er aber einen Vorteil, an den er sich klammern konnte. Er hatte diese Frau schon einmal aus der Nähe erlebt. Damals, als er mit Admiral Nerethin vertraulich in einem Shuttle gesprochen hatte. Und er wusste, welchen Geist Elysa Nerethin atmete. Sein Vertrauen, welches die Admiral ihm erwiesen hatte und welches Manius ebenso vergelten wollte, wurde durch die Präsenz der Alynn Kratas bisher nicht bedroht. Die Schärfe ihres Auftretens täuschte Manius bisher noch nicht darüber hinweg, dass auch sie unter einem Kommando stand. Er hoffte nur inständig, dass sie sich nicht zu einem Exempel an einem seiner Untergebenen hinreissen ließ, nur um ihren Stand deutlich zu machen.

Und aus all diesen Gründen war Manius Selgorias auch sehr darauf bedacht der Frau den Respekt entgegen zu bringen, den ihre Stellung abrang. Zumal er sie einfach nicht einschätzen konnte.


"Meine Meinung, Commodore, ist dies: Lieutenant Fremyn hat sich tadellos verhalten, mal abgesehen, dass es bessere Tänzer gibt. Meiner Ansicht nach war unsere Anwesenheit auf dem cygnischen Ball von einigen dort sehr genau geplant und ausgenutzt worden. Namentlich will ich mal sagen: ihre prinzliche Hoheit, der Comte und auch Baron Milaris. Jedoch alle mit sehr eigenen Motiven. Meine Meinung ist, dass die Prinzessin die Konfrontation wenn nicht vorausgesehen, dann doch gebilligt hat. Der Comte, als Vertreter all derer die sich gegen Imperialen Einfluss in Cygnus stellen, wurde gegen Noak Fremyn inszeniert. Und mit dem königlichen Säbel als Leihgabe an den Lieutenant hat sie unverkennbar gemacht, dass sie weder dem Lieutenant einen Vorwurf macht, sondern ihm eine Gunst gewährt. In einem Worte: der ganze Adel hier ringt unter der Hand mit der Frage, wie Cygnus sich zum Galaktischen Imperium verhalten soll. Und unser Erscheinen hat Öl ins Feuer gegossen. Durch Lieutenant Fremyns Sieg hat ihre prinzliche Hoheit zum zweiten Mal zugelassen, dass sie und wir imperialen Gäste einmütig auftreten."

Aufmerksam las die Konsularagentin jedes Wort von den Lippen. Das puppenhafte Äußere so regungslos, dass man sie fast für einen Droiden aus Porzellan hätte halten können. Sie gab kein Anzeichen sich einmischen zu wollen und meidete es, Alynn Kratas direkt zu mustern. Als Manius Selgorias die Agentin direkt einbezog, hob sie nur leicht das Kinn und lächelte unverbindlich.

"Agentin Tebelon hat außerdem zu vertraulichem Bericht gegeben, dass sie Zweifel an Baron Milaris' Amtsausführung hegt. Durch Behinderung ihrer Tätigkeit, aber auch durch sein fragwürdiges Verhalten beim Attentat. Dieser Bericht lag ihnen bisher wahrscheinlich nicht vor. Er ist auch, das möchte ich unterstreichen, nicht definitiv. Aber ich teile eine skeptische Grundhaltung gegenüber dem derzeitigen Botschafter."

Manius stand nun unwillkürlich auf. Wohl ein Bedürfnis aufgrund seines doch energischen Berichts. Scheinbar war er es nicht gewohnt so im Sitzen zu vermelden.

"Bezüglich der Angreifer bei der versuchten Geiselnahme muss man sagen, dass es bisher keinen klaren Anhaltspunkt gibt. Eine politische initiierte Aktion würde wohl hervorragend in das derzeitige Gesamtbild passen. Aber das zu entscheiden liegt nicht an mir. Ein handfester Hinweis, den wir haben, ist ein Störsender der bei dem Überfall verwendet und danach geborgen wurde. Er verweist auf ein neueres, imperiales Modell. Vielleicht lässt sich da eine Spur verfolgen."

Manius stand nun hinter seinem eigenen Stuhl und legte die Hände sacht auf die Lehne seines Stuhls. Der Säbel an seiner Seite wiegte sich leicht. Seine engen Augen suchten Alynn Kratas auf der anderen Seite des Tisches und sein markanter Bart zuckte energisch.

"Gemessen an dem Ziel, welches Admiral Nerethin meiner Einheit ursprünglich aufgetragen hat, darf ich melden, dass die Lieferungen von Waffenmaterial an das Galaktische Imperium also auf direkte Angriffe auf Handels- und Kommunikationswege zurückzuführen sind und die politische Lage insgesamt eine gewisse Destabilisierung befördert. Einige Parteien spielen hier definitiv gegen jede imperiale Einflussnahme."

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Mit leicht gewölbten Augenbrauen nahm Alynn zur Kenntnis, dass Selgorias sich nahezu kompromisslos vor seinen (mittelbaren) Untergebenen stellte und mit seinen Worten versuchte, Lieutenant Fremyn – der, ob unverschuldet oder nicht, das Epizentrum der jüngsten Spannungen auf Cygnus gewesen war – aus der Schusslinie zu nehmen. Gleichwohl teilte sie die Schlussfolgerungen, die der frisch beförderte Captain ihr in diesem Kontext vortrug. Es stand auf Cygnus einfach zu viel auf dem Spiel, als das man an bloße Zufälle und eklatante Unzulänglichkeiten eines unerfahrenen, jungen Offiziers glauben konnte. Vielmehr war die imperiale Delegation einer Gruppe Dejarik-Figuren gleich über ein für sie unsichtbares Spielfeld manövriert worden. Ankreiden konnte sie das weder Selgorias, noch der Konsularagentin der Gladius – deren Spezialgebiet die Untiefen des diplomatischen Parketts sein dürften – da der Spielraum einer kleinen Korvettendivision, selbst wenn sie im Auftrag des Galaktischen Imperiums handelte, bestenfalls als beschränkt bezeichnet werden konnte. Unter diesen Umständen, wie Alynn sich widerwillig eingestehen musste, hatten die Offiziere der 417. das Beste aus der Situation gemacht. Alleine die Tatsache, dass Fremyn sein Duell nicht nur überlebt, sondern auch gewonnen hatte, sprach eindeutig dafür. Der Tod eines imperialen Offiziers hätte zu fatalen Verwerfungen geführt.

Als Selgorias dann allerdings andeutete, dass Zweifel an der Integrität des Botschafters von Milaris bestanden, verengten sich Alynns Augen zu wachsamen Schlitzen und ihr Blick richtete sich auf die Konsularagentin Tebelon, deren Bericht anscheinend maßgeblich für diese Aussage des Divisionskommandanten war. Kurz fragte die Commodore sich, ob es angesichts dieses Verdachts vernünftig gewesen war, ihre Besprechung hier, in der imperialen Botschaft und somit in der Domäne eben jenes Botschafters abzuhalten, wo von Milaris nach Belieben eine ganze Reihe an Überwachungsapparaten installiert haben konnte. Jetzt etwas dagegen zu tun war jedoch zu spät… und sollte der Botschafter sich tatsächlich als illoyal erweisen, würde er schnell merken, dass der Begriff „diplomatische Immunität“ für sie recht wenig bedeutete.

„Wie ich die Lage einschätze, Captain, sind wir ungeachtet Ihrer begrüßenswerten Bemühungen auf Cygnus selbst an einem toten Punkt angelangt“, sagte Alynn schließlich gemessen, nachdem sie Tebelon wieder aus ihrem Blick entlassen und sich wieder auf den Captain konzentriert hatte. Erst jetzt fiel ihr der Säbel auf, den der Offizier bei sich trug und der nach seinem Aufstehen leicht in Bewegung geraten war. Was es mit dieser traditionellen Waffe auf sich hatte, konnte sie nur raten – allerdings vermutete sie, dass er sie – so wie sie selbst ihr Lichtschwert – weniger trug, weil er damit rechnete, sie zu gebrauchen, sondern, um etwas Bestimmtes auszusagen.

„Insbesondere wenn wir uns auf die Botschaft nicht vollkommen verlassen können, bleibt innerhalb Ihres Stabes nur eine einzige Person, die formal für den Umgang mit dieser… Schlangengrube qualifiziert ist. Die jüngsten Ereignisse dürften klar gemacht haben, wie schwerwiegend die Konsequenzen ausfallen können. Wir müssen zu jeder Zeit damit rechnen, dass nicht nur die Augen lokaler Akteure auf uns gerichtet sind. Die Neue Republik wurde gemäß den Bestimmungen des Friedensvertrags über das Auslaufen der Dritten Flotte informiert und wird ihre lokalen Quellen – die zweifelsohne vorhanden sind – entsprechend instruiert haben. Darüber hinaus verfolgt das Huttenkartell in diesem Sektor seine eigenen Interessen. Unsere gültigen Befehle implizieren jedoch, dass wir dazu angehalten sind, keiner dieser Fraktionen unnötig auf die Füße zu treten.“

Was vermutlich auch vernünftig war. Insbesondere die Hutten repräsentierten eine Bedrohung, der man im Zweifel mit anderen Mitteln beikommen musste als einer Gefechtsflotte. Und Alynn glaubte keine Sekunde, dass Elysa als die Admiral in die Geschichte eingehen wollte, die den Friedensvertrag mit der Republik gebrochen hatte.

„Vor diesem Hintergrund sehe ich für unser weiteres Vorgehen vorerst lediglich einen Ansatzpunkt: die Bedrohung durch Piratenangriffe. Niemand auf Cygnus, auch wenn er insgeheim verantwortlich ist dafür, dass die Confidence „zufällig“ Opfer eines Angriffes wurde, wird Einspruch erheben können, wenn die imperiale Flotte ihre Hilfe im Kampf gegen die ökonomisch wie militärisch desaströse Piratenaktivität im Sternenimperium anbietet. Sollte es schließlich gelingen, die Operationsbasis dieser Piraten ausfindig zu machen und zu neutralisieren, könnte das Informationen zum Vorschein bringen, die uns auch für das weitere Vorgehen auf Cygnus selbst die nötigen Hebel verleihen.“

Leicht nachdenklich verlagerte die Commodore leicht ihr Gewicht.

„Ich glaube nicht, dass ein Sternenzerstörer der Imperial-II-Klasse für die Anfangsphase einer solchen Operation sonderlich geeignet ist, schließlich müssen die Piraten aufgespürt, nicht in die Flucht geschlagen werden. Gleichwohl befinden sich an Bord der Accuser moderne Sternenjäger und bestens ausgebildete Bodentruppen, die den Schiffen Ihrer Division bei Bedarf im Rahmen des räumlich Möglichen zur Verfügung gestellt werden könnten.“

Nachdem ihr Blick über die anwesenden Offiziere geschweift war, kam er schließlich wieder bei Selgorias an.

„Die Frage, Captain Selgorias, ist folgende: sehen Sie sich und Ihre Offiziere in der Lage, zu beenden, was sie mit der Rettung der Besatzung der Confidence begonnen haben?“

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Aufmerksam folgte Manius Selgorias den Ausführungen der Commodore. Des öfteren gab ein knappes Nicken kund, dass er die Ansichten der Rothaarigen teilte. Insbesondere auch in Bezug auf die Sackgasse auf Cygnus. Alynn mochte auffallen, dass ihre kurze Bemerkung bezüglich der Schlangengrube und der "qualifizierten Person" die Konsularagentin aufmerken ließ. Kurz schien es so, als wolle sie sogar voreilige Worte dazu verlieren, sagte dann jedoch nichts weiter. Stattdessen war es Manius, der sich natürlich aufgefordert fühlte der Sith Antwort zu geben. Die fiehl knapp und selbstbewusst aus, ohne den Ton der Großspurigkeit zu haben.

"Selbstverständnlich, ich sehe uns in der Lage. Ich denke, dass wir unser Potential hier keinesfalls ausgeschöpft haben. Mit Unterstützung der 3. Flotte und der Unterstützung lokaler Militärs oder zumindest der stelaren Aufsichtsbehörden im System, sollten wir der Piratenfrage nachdrängen können."

Er straffte sich etwas und legte die Hände hinter dem Rücken zusammen ehe er anfügte:

"Mit Ihrer Erlaubnis kehren wir auf unsere Schiffe zurück und bereiten uns auf eine Systemoperation vor. Der Konsularagentin wurde durch das Kommunikationsbüro des Königshauses eine noch ausstehende Nachricht ihrer prinzlichen Hoheit an unsere Kampfgruppe mitgeteilt. Ich denke mal, das sollten wir noch zur Kenntnis nehmen. Aber unsere Einsatzbereitschaft sehe ich nicht weiter beeinträchtigt."

Manius endete damit und wartete weiter ab, ob die Commodore mehr Details wünschte oder anderweitige Order mitbrachte. Dabei sah er auch direkt zu den anderen Anwesenden, den verletzten Noak Fremyn, den kampflustigen Tej Darran und die sehr zurückhaltende Jahanna Tebelon. Die Sith hatte die Aufmerksam des Captain bis jetzt sehr eingenommen, aber er nahm sich nun auch Zeit einmal die Reaktionen seiner Kameraden zu betrachten.

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Irgendwie fühlte sich Noak als Teilnehmer dieser kurzfristigen Besprechung ziemlich deplatziert, da er – im Gegensatz zu den anderen regulären Offizieren, die mit ihm in diesem kleinen Raum waren – faktisch keinerlei Befehlsgewalt über ein Kriegsschiff inne hatte. An Bord der „Silver Bullet“ war er nämlich bloß der Zweiter Offizier. Folglich saß er aus einem anderen, unfreiwilligen Grund hier: Er war die prominenteste Figur in dem Spiel aus Ränken und Intrigen, das sich den Imperialen nach ihrer Ankunft im Cygnus-System, dem Herzen des cygnischen Sternenimperiums, plötzlich geboten hatte. Wirklich glücklich war der junge Bakuraner mit seiner neuen Rolle nicht. Viel mehr fühlte er sich dadurch nur noch mehr wie ein Spielball größerer Mächte – und nun brachte ihm diese Position auch noch den Zorn einer unterkühlten Rothaarigen ein!

Mucksmäuschenstill folgte der Uniformierte dem Gespräch zwischen der eisigen Commodore und dem edlen Captain. So hatte sich beispielsweise der Anaxsi – ohne mit der Wimper zu zucken – für Noak eingesetzt als die Rothaarige ihre ersten Anschuldigungen geäußert hatte. Damit hatte sich der Kommandant der corellianischen Korvette „Gladius“ ein weiteres Mal in den Augen des Bakuraner als Respektsperson, der man zweifelsohne nacheifern sollte, bewiesen. Langsam, aber sicher stieg die Meinung, die der einfache Offizier sich über Manius Selgorias gebildet hatte, in immer luftigere Höhen. Ja, er würde für diesen Captain einstehen! Da gab es für ihn keinerlei Zweifel mehr. Schon allein aus diesem Grund hielt sich Noak für den Fall bereit, dass er dem ranghöheren Offizier rasch sekundieren musste.

Doch solch eine Gelegenheit sollte sich ihm letztendlich nicht bieten. Denn schnell fanden Selgorias und Kratas bei einem Punkt Einigkeit: Die Suche nach neuen Informationen beginnend bei der Jagd nach den Piraten, die die „Confidence“ – samt Prinzessin – entern wollten. Noch immer wussten die Imperialen nichts über die Hintergründe dieses Überfalls. War es bloß Zufall gewesen? Oder gab es irgendwelche Hintermänner? Während das Pochen im linken Bein des Bakuraner langsam nachließ, grübelte dieser selbst über realistische Möglichkeiten nach. Man hatte die Piraten nach einem recht kurzen Feuergefecht ziehen lassen, da die Rettung der cygnischen Thronerbin für Captain Selgorias höchste Priorität gehabt hatte. Jedoch ließen die Schäden, welche die Angreifer erlitten hatten, kaum eine weite Reise durch den Hyperraum zu – zumal Piraten in der Regel eh bloß in einer bestimmten Region tätig waren. Schlecht standen ihre Chancen also nicht.

Für Noak war es außerdem eine Wohltat zu hören, dass er endlich diesen Planeten verlassen und auf „sein“ Kanonenboot zurückkehren durfte. Wie sehr hatte er sich in den letzten Standardstunden bloß nach der abgestandenen Luft der „Silver Bullet“ zurückgesehnt? Zumal er dort wenigstens das Gros der Gefahren kannte – im Gegensatz zu Cygnus intriganten Terrain. Schon allein aus diesen beiden Gründen ließ sich der junge Offizier zu einem ganz leichten Nicken hinreißen als der Captain sofort die Einsatzbereitschaft seiner Einheit behauptete. Er konnte sich lebhaft vorstellen, dass Lieutenant Commander Scott und seine Besatzung Feuer und Flamme für die Jagd waren. Schon das befohlene Ziehenlassen der Kriminellen hatte ihn gestört. Schließlich hatte die „Silver Bullet“ zum damaligen Zeitpunkt eine ideale Position für den Beschuss gehabt. Würden sie jetzt möglicherweise jetzt ihre „Rache“ bekommen? Denn seit den Geschehnissen bei Rendili V war die Toleranz der Mannschaft gegenüber Piraten überaus gering.


„Mit Verlaub, Ma'am“, brachte sich Noak zögerlich ein. Seine introvertierte Art ließ ihn in solchen Situation eher selten wie einen entschlossenen „Macher“ wirken, aber oftmals war der Sprung über den eigenen Schatten danach umso überraschender. „Bei unserem zufälligen Zusammentreffen mit den Piraten haben sich diese eine ordentlich blutige Nase geholt. Ich habe zwar gerade keinerlei Sensordaten zur Hand, aber meiner Meinung nach dürften sich diese Mistkerle danach nicht zu weit zurückgezogen haben. Vielleicht wäre es deshalb sinnvoll, wenn die örtlichen Behörden um deren Mithilfe bitten. Irgendwelches Kartenmaterial werden diese ja zur Verfügung haben … denke ich.“

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[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, Cygnus B, Kaprala, imperialer Komplex, Besprechungsraum]- Alynn, Captain Selgorias, Lieutenant Commander Darran, Lieutenant Fremyn, Konsularagentin Tebelon

Im Grunde hatte Alynn keine andere Antwort des Kommandanten der Korvettendivision erwartet als eine vorbehaltlose Versicherung der Eignung seiner Leute für den Einsatz, den Alynn weniger befohlen, als angeregt hatte. Vor ihr etwaige Defizite einzuräumen wäre fatal gewesen, wobei die Commodore nicht glaubte, dass Selgorias die Wahrheit ausschmückte, um ihr keine negative Antwort geben zu müssen. Die Berichte um die Kampfhandlungen, die zur Rettung der Kronprinzessin geführt hatten, legten nahe, dass es dem imperialen Schiffsverbund verwehrt geblieben war, nachzusetzen und die Kriminellen für ihre Torheit zur Rechenschaft zu ziehen. Vielleicht gelüstete es Selgorias ja gar nach einer endgültigen Abrechnung.

Lieutenant Fremyns überraschende Worte unterstützten diese Vermutung, nicht nur durch das blumige Vokabular, das der verwundete Offizier in Bezug auf die Piraten verwendete. Brannte auch Fremyn darauf, die Piraten zur Rechenschaft zu ziehen? Oder war er nach seinen Erfahrungen hier auf Cygnus einfach nur froh, in absehbarer Zeit gegen einen Gegner kämpfen zu können, der sich mühelos in die Zielerfassung eines Turbolasers nehmen ließ? Vielleicht beides.

Den Hinweis des jüngeren Offiziers quittierte Alynn mit einem knappen Nicken.

„Danke für Ihren Hinweis, Lieutenant Fremyn. Ich stimme zu, dass lokales Wissen bei einer Operation, die derart von Details abhängt, nur hilfreich sein kann.“

Ihre Aufmerksamkeit landete wieder bei Selgorias.

„Die Nachricht der Prinzessin in Empfang zu nehmen überlasse ich Ihnen, Captain, schließlich ist sie an Ihre Division gerichtet. Ich überlasse es außerdem Ihnen, von welchen Details daraus Sie Ihre Untergebenen oder bei Bedarf mich in Kenntnis setzen.“

Ein letztes Mal ließ sie ihren Blick über die Anwesenden schweifen, verharrte dabei den Bruchteil einer Sekunde bei Konsularagentin Tebelon. Die undurchsichtige Frau hatte Selgorias das Reden überlassen – ob aus Respekt vor einem Vorgesetzten oder anderen Gründen blieb unklar – und war Alynn zu ihrer leichten Frustration nach wie vor ein Rätsel. Mit einem innerlichen Schulterzucken verdrängte die Commodore diese Gedanken. Momentan ließ sich nichts daran ändern.

„Das wäre dann alles. Ich werde von der Accuser aus mit Ihren Schiffen in Kontakt treten – fühlen Sie sich ermutigt, bis dahin einen Überblick darüber zu haben, in welcherlei Hinsicht die Ausrüstung dieser Schiffe in Hinblick auf eine Operation gegen Piraten verbessert werden könnte.“

Damit waren die Offiziere entlassen und schickten sich an, den Besprechungsraum zu verlassen… abgesehen von Noak Fremyn, dem dieses Vorhaben physikalisch erschwert wurde, da Alynn nach wie vor fast unmittelbar hinter dem Stuhl stand, auf dem der Lieutenant zuvor Platz genommen hatte. Erst, als sonst niemand mehr im Raum war, ergriff die Commodore erneut das Wort.

„Meinen Glückwunsch, Lieutenant Fremyn. Dank Captain Selgorias' Fürsprache und Ihrer Fechtleistung bleibt ihnen nicht nur Ihr Leben, sondern auch Ihre Karriere erhalten. Ich denke aber, dass Sie mir zustimmen, wenn ich feststelle, dass es im Sinne unserer Operation hier im Sternenimperium ist, wenn man Ihr Gesicht hier in Kaprala vorerst nicht mehr zu sehen bekommt. Egal, was die Kronprinzessin dazu sagen mag.“

Mit einem schwer lesbaren Lächeln machte Alynn einen Schritt zurück in Richtung Wand und erlaubte dem anderen Offizier so, sich freier zu bewegen.

„Ich hoffe, dass Ihre Einsatzfähigkeit ungeachtet dieses kleinen Intermezzos gewährleistet ist. Ich habe das Gefühl, dass die Silver Bullet Ihren Waffenoffizier in naher Zukunft brauchen wird.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und jedweder Ausdruck verließ ihr Gesicht.

„Sie dürfen gehen, Lieutenant.“

[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, Cygnus B, Kaprala, imperialer Komplex, Besprechungsraum]- Alynn, Lieutenant Fremyn
 

[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B | Kaprala, Imperiale Botschaft, Landeplattform | Lieutenant-Commander Tej Darran, Commander Manius Selgorias, Lieutenant Noak Fremyn, Commodore Alynn Kratas]



Schnell war die kurze Begrüßung auf der Landeplattform beendet und die Gruppe schickte sich, geführt von Captain Selgorias und Commodore Kratas, zum Besprechungsraum zu gelangen. Dort angekommen ließ sich die Rothaarige Offizierin von Captain Selgorias die Einzelheiten von ihren Erlebnissen schildern, auch wenn deutlich zu erkennen war, dass sie bereits über gewisse Vorgänge im Bilde war. Und diese Theorie des Captains, das man hier möglicherweise einer großangelegten Verschwörung zum Opfer gefallen war, schien nicht nur plausibel, sie wurde auch seiner Meinung schlicht dadurch gestützt, dass zu viele Zufälle seit der Ankunft der Korvettendivision im System passiert waren.

Sicherlich waren das nicht die besten Argumenten, aber richtige Beweise konnten sie bestimmt finden.

Nachdem der Captain geendet hatte, erläuterte die Commodore nun ihr weiteres Vorgehen. Sie hatte erkannt, dass es für die Delegation hier auf dem Planeten weder wirkliche Unterstützung von der Botschaft noch weitere Informationen zu sammeln gab. Daher war die Fokussierung auf die Piratenangriffe ein guter Ansatzpunkt. Sicherlich würde es auch hier Stimmen geben, die in der Hilfestellung ein weiteres Einmischen des Imperiums in Angelegenheiten des Sternenimperiums sehen würden, doch diese würden sie ignorieren.

Und auch soweit er es von gängigen und gültigen Verträgen her betrachtete, bestand auch hier kein Hinderungsgrund, da Piraten weithin als Überregionale Probleme galten und sich nicht auf eine Nation beschränkten.

Natürlich sah der Captain die Korvettendivision zu dieser Aufgabe in der Lage. Und Tej war da seiner Meinung, auch wenn er der Commodore nicht ganz zustimmen konnte, was ihre Aussage über einen Imperial-II Klasse Sternenzerstörer betraf. Immerhin waren diese Schiffe das Symbol der militärischen Überlegenheit des Imperiums. Und kein nennenswerter Lokaler Pirat würde die nötige Feuerkraft aufbieten können um einem solchen Schlachtschiff gefährlich werden zu können. Doch Tej war nicht der Befehlshaber des Schiffes und auch nicht in der Position zu wiedersprechen, also behielt er seine Gedanken für sich.

Auch war von ihm kein weiterer Bericht abverlangt worden. Er sah seine Rolle in den Verstrickungen auf dem Planeten auch als die eines Nebendarstellers, der seine Aufgabe erfüllt hatte. So etwas bedarf keiner besonderen Würdigung.

Stattdessen machte er sich, nachdem die Commodore ihnen die Erlaubnis erteilt hatte, wegzutreten und auf ihre Schiffe zurückzukehren, bereits Gedanken auf das bevorstehende. Sicherlich, die Crew der Claw war gut, aber er war sich immer noch nicht sicher, ob sie seinen Ansprüchen genügen konnten und vor allem auch, ob sie ihm den Respekt als kommandierender Offizier entgegenbringen würden, den er erwartete.

Er salutierte der Commodore beim Verlassen des Raumes und machte sich dann auf den Weg zur Landeplattform nicht ohne dabei ein Shuttle von der Claw zu rufen, dass ihn mitnehmen würde.

Er musste also nur kurzzeitig an der Landeplattform warten, bis das Shuttle eintraf und es sah auch so aus, als wäre er der Erste Rückkehrer. Er vermutete, dass die anderen noch Gepäck zu verstauen hatten und dachte sich nichts weiter dabei. Auch hatte niemand gesagt oder befohlen, dass alle Offiziere der Korvettendivision in einem Shuttle zurück in den Orbit fliegen würden.

Der Flug kam ihm nicht besonders lange vor. Er beschäftigte sich damit, eine Liste über die Dinge, die er auf dem Schiff noch prüfen und einstellen wollte. Dazu gehörte unweigerlich auch die Frage, ob der Gesundheitszustand von Commander Vest es zuließ, dass sie weiterhin auf der Claw zur Genesung bleiben konnte oder man sie auf die Accuser verlegen sollte.

Nachdem die Fähre gelandet war, verließ er sie bereits in vollem Tatendrang. Den beiden Marines, die als Salut bereitstanden ließ er einen kurzen Gruß zuteilwerden, bevor seine er Schritte zielsicher in Richtung der Turbolifte beschleunigte.

Dieser brachte ihn auch schnell auf die Brücke, wo die Offiziere der Marauder-Corvette bereits auf ihn warteten. Er erwiderte ihren Salut und setzte dann zu einer kleinen Rede an, wobei er auch sofort einen Kanal für den internen Schiffsfunk öffnete, um so allen auf dem Schiff die neuen Befehle mitzuteilen.

"Meine Damen und Herren. Ich habe soeben neue Befehle erhalten, die ich ihnen nicht vorenthalten möchte. Wie einigen von ihnen sicherlich nicht entgangen ist, befindet sich seit kurzem die Accuser, ein Schlachtschiff der Imperial-II Klasse unter dem Kommando von Alynn Kratas im System, welches eine weitere Vorhut der dritten Flotte bilden wird. Die Commodore hat der 417. Korvettendivision aufgetragen, die Piraten, die vermutlich auch für den Angriff auf die Confidence verantwortlich waren, zu jagen zu finden und zu vernichten", erklärte er, wobei er die letzten Worte mit einem sehr blutdurstigen und fast schon barbarischen Unterton sprach.

Doch in den Gesichtern der hauptsächlich aus den Offizieren bestehenden Brückenbesatzung

"Doch wir haben noch einiges vor uns, bevor wir endgültig unseren Marschbefehl erhalten werden. Zu aller erst wäre da die Prüfung aller Schiffsektionen und internen Systeme auf eine Gefechtstauglichkeit unter Höchstbelastung. Danach werden alle werde ich sie alle noch einmal gesondert zu einem Briefing bitten", erklärte er ein wenig kurz angebunden. Er wusste nicht, wie viel Zeit sie noch hatten und wollte diese so gut wie möglich nutzen.

"Bitte beginnen sie nun mit der Systemprüfung", erklärte er kurz darauf, nachdem er den internen Kanal wieder geschlossen hatte, den Offizieren, während er sich selbst auf den Sessel des Kommandanten fallen ließ.

Sofort nahm die Geschäftigkeit auf der Brücke zu und die Offiziere begannen damit, die elektronischen Systeme durch Simulationen zu testen. Anderswo im Schiff wurden ebenso von den Techniker die mechanischen und hydraulischen Systeme überprüft.

Tej beobachtete eine Weile das Treiben. Dann sah er, wie Lieutenant Wallis auf ihn zutrat.

"Was gibt es Lieutenant?", wollte er von ihr wissen, als sie vor ihm stehen geblieben war.

"Sir, ich wollte ihnen nur einen kurzen Lagebericht über die Geschehnisse an Bord geben", erklärte diese.

"Fahren sie fort, Lieutenant", kam die kurze Antwort des Farghul.

"Sir, die Mannschaft ist ein wenig nervös. Sie haben hier die Möglichkeit die lokalen Holonetsender zu empfangen und ihnen sind die Geschehnisse auf Cygnus auch nicht entgangen. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn sie bei ihrem Briefing auch noch etwas kurzes sagen könnten", erklärte sie ihm.

Tej nickte, ein wenig nachdenklich. Ja das war durchaus ein Punkt den er vielleicht ein wenig klären sollte, immerhin war die Planetare Berichterstattung doch recht einseitig ausgefallen. Und die Männer machten sich sicher genug Gedanken über das was wirklich vorgefallen war. Gedanken, die sie im folgenden nicht brauchen würden.

"Danke für die Information Lieutenant. Ist sonst noch etwas nennenswertes vorgefallen?", wollte er wissen.

"Nein Sir, ansonsten war es hier ruhig und niemand hat uns behelligt", erklärte die Frau und trat wieder an ihre Sensorikstation um mit der Systemüberprüfung fortzufahren.


[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Orbit von Cygnus B | Mar Claw of Justice, Brücke | Lieutenant-Commander Tej Darran, Brückenbesatzung]
 
[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Cygnus B || Kaprala | Imperiale Botschaft | Besprechungsraum || Lieutenant Noak Fremyn und Commodore Kratas]

Schlagartig rutschte ihm das Herz – metaphorisch gesprochen – in die Hose als man ihn urplötzlich mit der rothaarigen Commodore allein in dem Besprechungsraum zurückließ. Möglicherweise hatte er in diesem Moment sogar kurz ein hörbares Schlucken von sich gegeben, dass in keiner einzigen Kultur der gewaltigen Galaxie als tapfer, männlich oder ehrenhaft im Sinne eines richtigen Offiziers galt. Es war demzufolge nicht gerade das beste Bild, das Noak Fremyn in dieser Situation von sich preisgab. Aber warum ließ man ihn auch ausgerechnet allein mit dieser unheimlichen Frau? Selbst auf der ramponierten „Confidence“ – als nur er und die cygnische Thronerbin in einem Raum waren – hatte er sich nicht so unwohl gefühlt jetzt – und dabei konnte man Alynn Kratas trotz ihrer kühlen Art nicht einmal eine gewisse Schönheit absprechen.

Letztendlich ergriff sie das Wort. Obwohl ihre Stimme nicht den überaus rauen Klang mancher ihrer Kollegen hatte, war auch darin keine Wärme zu finden. Immer mehr hatte der junge Bakuraner den Eindruck, dass diese uniformierte Kommandatin im Ernstfall über Leichen ging. In ihrer Gegenwart sollte man sich jegliche Späße, Abweichungen vom Protokoll oder gar Widerworte verkneifen. Trug sie aus diesem Grund ein Lichtschwert – sichtbar! – am Gürten? Erneut schluckte Noak. Mit großen Augen starrte er die eisige Commodore an. Ja, dem Captain musste er unbedingt für dessen Einsatz danken. Schließlich hätte er ohne ihn das Duell gegen den cygnischen Comte höchstwahrscheinlich nicht überlebt – oder gar an dessen Ende triumphiert! Schon ein wenig furchtsam sah er ihr nach als sie ein paar Meter Platz zwischen sich und den rangniederen Offizier brachte.


„Nach meiner Rückkehr auf die 'Silver Bullet' werde ich mich unverzüglich auf der Krankenstation melden, Ma'am“, sagte der junge Mann, wobei seine Stimme trotz allem leicht zittrig klang. „Unser Schiffsarzt, Mr Borlaine, und unser Kommandant, Lieutenant Commander Scott, werden dort dann – wie im Protokoll vorgesehen – über meine Einsatzfähigkeit entscheiden.“ Zögerlich erwiderte er ihren Blick, salutierte anschließend. „Für Imperator und Vaterland, Ma'am!“

Danach ließ er die Commodore ebenfalls zurück. Aber erst als er mehrere Meter durch den Korridor gehumpelt war, erlaubte er sich ein flüchtiges Aufatmen. Inzwischen war die Sehnsucht, Cygnus B zu verlassen und auf „sein“ corellianischen Kanonenboot zurückzukehren, riesengroß. Denn er hatte all die Ränke satt. Mochte Kronprinzessin Illriana Anara II. Samick Noch so schön sein, die Gefahren denen er sich aussetze waren es nicht Wert – so seine Einschätzung. Nein, da lobte er doch viel mehr Flag Lieutenant Harte. Sie mochte zwar stets in der Gesellschaft der Flottenkommandeurin sein, aber sie umgab dafür keine Schlangengrube, die den Bakuraner auf tausende Arten töten könnte. Ein leiser Seufzer entfloh ihm als sich seine Gedanken immer mehr um die junge Frau drehten, die er bislang bloß ein einziges Mal für höchstens eine Stunde gesehen hatte. Während seine Gedanken auf einmal die buntesten Sachen über eine mögliche gemeinsame Zukunft erdachten, folgte er weiter humpelnd dem Korridor.

***

Mit prüfenden Blick im Gesicht sagte der Schiffsarzt:
„Die schlechte Nachricht ist: Noch in ein paar Jahren wird man die Schmisse deutlich sehen können. Des Weiteren wird deine Bewegungsfreiheit in den nächsten Wochen deutlich eingeschränkt sein. Aber all das spricht auf der anderen Seite nicht gegen deine Einsatzfähigkeit. So mancher Kommandeur befehligte seine Einheit noch, obwohl ihm der Feind eine Extremität abgeschossen hatte.“ Ein Schmunzeln, gefolgt von einem sanften Klopfen auf die Schulter. „Ich werde mit Lysander sprechen; mach dir also keinen Kopf.“

Instinktiv atmete Noak auf. Dabei stieg ihm der recht beißende Bacta-Geruch nicht nur in die Nase, sondern folgte seinen Atemwegen bis in die Lunge hinein. Um nicht zu provozieren, dass der „Doc“ seine Meinung änderte, unterdrückte der junge Bakuraner daraufhin – mehr schlecht als recht – ein Husten. Die Einsatzfähigkeit war ihm wichtig. Denn bei der Jagd nach den Piraten wollte er auf alle Fälle dabei sein! Letztendlich hatte ihn schließlich allein der Überfall auf die „Confidence“ in diese Situation gebracht. Hätten sie nicht nach dem Leben der Thronerbin getrachtet, hätte die imperiale Einheit gar nicht eingreifen brauchen. Während sich ein Medi-Droide um das rasche Verbinden des Patienten kümmerte, ließ sich der Schiffsarzt auf einen Stuhl nieder, betrachtete einen Moment lang den Zweiten Offizier und ergriff dann erneut das Wort.

Im Unterton klang Borlaine ein wenig neugierig als er fragte:
„Was war da unten eigentlich los? Bis auf ein paar Brocken, die uns Jesse in der Messe vor die Füße warf, sowie Lysanders sehr schlechter Laune haben wir nichts mitbekommen. … Und dann noch das Auftauchen der 'Accuser'! Soweit ich weiß bedeutet Kratas' Gegenwart selten etwas Gutes.“

„Was hier genau vor sich geht, weiß keiner so genau, Doc“, entgegnete Noak entmutigt. „Irgendwie sind wir da in eine Sache hineingestolpert, die mir diese Verletzungen eingebracht hat und und dem Imperium auf lange Sicht schaden könnte – so habe ich jedenfalls Captain Selgorias verstanden.“ Er ließ den Blick durch den geweißten Raum streifen. „Und was es mit dieser Kratas auf sich hat, weiß ich nicht. Jedoch ist die Commodore echt angsteinflößend. Meiner Meinung nach sollten wir uns da echt in Acht nehmen...“

Der Schiffsarzt der „Silver Bullet“ nickte. Unsichere Zeiten schienen vor ihnen zu liegen. Niemand kannte den neuen Feind; der „Vertrag von Umbara“ hatte in diesem Punkt einige Dinge, die man bis dahin als unumstößliche Tatsachen empfunden hatte, geändert. Schweigend fuhr sich der Lieutenant durch die schwarze Lockenpracht. Durch die Strapazen der letzten beiden Tage waren die Reserven in seinem Körper noch immer erschöpft, weshalb er in diesem Augenblick auf einmal unweigerlich gähnen musste. Schmunzelnd erhob sich der hagere Borlaine, ging auf den Zweiten zu, klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter und verabschiedete ihn anschließend mit ein paar freundlichen Floskeln. Der Bakuraner solle sich noch die eine oder andere Stunde hinlegen; vielleicht sogar die Messe auf einen Happen Essen besuchen und sich erst danach wieder zum Dienst bei Commander Scott melden – so die endgültige, gut gemeinte Empfehlung des Arztes.

***

Deutlich konnte man hören wie die Fähre an der „Gladius“ andockte. Sogar ein leichter Ruck war in dieser flüchtigen Hunderstel zu spüren. Im Inneren warf Lieutenant Commander Lysander Scott, ein grimmig dreinblickender, kahlköpfiger Mensch mit dunklen Augen, einen Blick auf seine Begleitung. Es war nicht seine Idee gewesen den Bakuraner mitzunehmen, sondern viel mehr hatte der Captain darauf bestanden. Obwohl Noak keine Gedanken lesen konnte, spürte er deutlich die Feindlichkeit, die sein Kommandant ihm gegenüber (immer wieder offen) ausstrahlte. Höchstwahrscheinlich schmeckte es dem ranghöheren Imperialen nicht, dass einer seiner Untergebenen so sehr ins Rampenlicht gerückt wurde. Nagte es womöglich sogar an dessen „Soldatenehre“? Zischend öffnete sich der Zugang zur Schleuse und der Lieutenant überließ – höflich wie er war – dem Vorgesetzten den Vortritt.

In einem Punkt unterschieden sich imperiale Kriegsschiffe – egal welcher Typ, egal welche Größe – nicht: Überall roch die recycelte Luft in etwa gleich. Doch nach Jahren im imperialen Militärdienst führte dies bei Noak dazu, dass sich jäh ein Gefühl des „Nachhause kommen“ in ihm regte. Flüchtig lächelte der drahtige Mensch deshalb. Nachdem sie von zwei kräftigen Flottensoldaten der Korvette in Empfang genommen worden waren, führte man sie direkt zum Besprechungsraum. Obgleich die „Gladius“ etwa dreißig Standardmeter länger als die „Silver Bullet“ war, unterschieden sich beiden Kriegsschiffe in ihrem Aufbau bloß minimal – diesen Eindruck hatte jedenfalls der Bakuraner beim Humpeln durch die grauen Korridore. Vereinzelt begegneten sie Mitgliedern der Besatzung, aber bis auf den förmlichen Salut wechselte man kein Wort. Selgorias schien seine Truppe tatsächlich gut im Griff zu haben.

Der Konferenzraum der corellianischen Korvette stellte schlussendlich keine Überraschung für die beiden Neuankömmlinge dar. So wie auf dem Kanonenboot, das bloß ein paar Dutzend Kilometer entfernt war, oder wie in der imperialen Botschaft auf dem nahen Planeten besaß auch dieser Raum einen länglichen Tisch, mehrere Stühle und einen Holoprojektor. Zudem standen ein paar Flaschen, die mit glasklarem Wasser gefüllt und noch geschlossen waren, auf einem Tisch an der Seite. Erst beim Eintreten bemerkten sie, dass sie nicht die ersten Gäste an Bord waren. Der haarige Lieutenant Commander der „Claw of Justice“, Tej Darran, war ihnen tatsächlich zuvor gekommen. Obwohl der menschliche Kommandant der „Silver Bullet“ seine Abscheu nur in einem ziemlich geringen Maße verbergen konnte, ging er auf den Salut des hünenhaften Katers ein. Danach setzte er sich aber auf die andere Seite des Tisches. Noak folgte ihm.

[Mittlerer Rand | Esaga-Sektor | Cygnus-System || 417. Korvettendivision | CRV „Gladius“ | Besprechungsraum || Lieutenant Noak Fremyn, Commander Scott und Lieutenant Commander Darran]
 
[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, Cygnus B, Kaprala, imperialer Komplex, Besprechungsraum]- Alynn

Lieutenant Fremyn war schon längst – und sichtlich erleichtert – aus dem Besprechungsraum der imperialen Botschaft verschwunden, doch für einen Moment verharrte Alynns Blick auf dem Stuhl, den der junge Waffenoffizier der Silver Bullet besetzt hatte. Tadellos war seine Erwiderung auf ihre Bemerkung hinsichtlich seiner Diensttauglichkeit gewesen, wenngleich womöglich etwas hastig vorgetragen, und der Pathos, mit dem er sich letztendlich aus ihrem unmittelbaren Einflussbereich zurückgezogen hatte, hätte wohl einem jeden COMPNOR-Funktionär die Tränen in die Augen getrieben. Nun. Auch aus solchen Soldaten und Offizieren bestand das Militär des Imperiums und offenbar hatte Fremyn eine der vielen Proben, die ihm im Laufe seiner Karriere noch bevorstehen würden, vielleicht nicht mit galanter Bravour, aber dennoch weitestgehend unbeschadet überstanden. Natürlich blieb weiterhin die Frage im Raum, inwieweit sein Duell ein politisches Nachspiel haben würde, das Elysa zu erklären wohl Alynns Aufgabe sein würde, sobald die Avenger im Territorium des Sternenimperiums ankam…

Die Commodore verdrängte den anderen Offizier aus ihren Gedanken und presste kurz einen Finger an das Headset in ihrem rechten Ohr, um Kontakt mit ihrer kleinen Eskorte aus Flottensoldaten aufzunehmen.

„Lieutenant? Treffen Sie mich mit ihren Leuten bei der Landeplattform. Wir kehren zur Accuser zurück.“

Die kurze Bestätigung des Mannes am anderen Ende wartete sie noch ab, dann setzte Alynn sich selbst in Bewegung durch die nüchternen Korridore der Botschaft und zurück zu ihrer Fähre.

Der Transit zurück auf ihr Flaggschiff selbst verlief absolut reibungslos und auch auf der Brücke des Sternzerstörers hatte man ihr keinerlei Neuigkeiten mitzuteilen. Lieutenant Commander Devila versah seinen Wachdienst mit dem üblichen, mühsam kaschierten Missmut und schien nicht sonderlich enttäuscht darüber, dass Alynn sich, nachdem sie den Kommunikationsoffizier instruiert hatte, eine gesicherte Verbindung mit dem Kommandeur dessen, was man im Sternenimperium die „Heimatflotte“ nannte, herzustellen, in den separaten Kommunikationsraum im rückwärtigen Bereich der Brücke zurückzog.

Während die Holoverbindung hergestellt wurde, rief die Commodore sich die wenigen Details in Erinnerung, die sie den diversen Dossiers über Cygnus hinsichtlich seiner Streitkräfte entnommen hatte. Lord Ivar Karsteen, Admiral, war mit Sicherheit einer der einflussreicheren Männer in der Hauptstadt Kaprala… doch viel mehr wusste Alynn nicht über ihn, als sein annähernd lebensgroßes Abbild schließlich vor ihr materialisierte.

„Admiral Karsteen. Vielen Dank, dass Sie meinem Wunsch nach einer Unterredung nachgekommen sind.“

Die Mimik des Admirals war unter seinem Bart schwer zu lesen, doch Alynn konnte sich vorstellen, dass er es als durchaus sinnloses Unterfangen ansah, die Nachrichten einer Frau zu ignorieren, die ein Schiff kommandierte, das die Hauptstadt des Planeten mühelos in eine radioaktive Wüste verwandeln konnte. Nicht, dass Cygnus irgendetwas von der Accuser zu befürchten hatte – ganz bewusst hatte Alynn Captain Asakawa bei Ankunft im System befohlen, den Sternenzerstörer der Imperial-II-Klasse in einiger Entfernung des Planeten selbst seine Runden drehen zu lassen.

„Commodore… Kratas, richtig?“

Unverkennbar stolperte der cygnische Admiral über ihren Nachnamen. Den Nachnamen ihres Bruders. Das Schicksal des vorerst letzten Großadmirals des Galaktischen Imperiums hatte auch hier seine Resonanz gefunden.

„Ich hatte eigentlich gehofft, Sie hier im Gebäude der Admiralität in Kaprala begrüßen zu dürfen, kaum dass uns die Ankunft Ihres Schiffes gemeldet wurde.“

Alynns Mundwinkel zuckten leicht. Gut möglich, dass man es auf Cygnus als kleinen Affront angesehen hatte, dass ihr erstes Ziel die imperiale Botschaft – und die Besprechung mit Selgorias – gewesen waren und sie nicht dem Königshaus oder zumindest relevanten Vertretern der cygnischen Regierung ihre Aufwartung gemacht hatte.

„Ich bedaure, dass ich nicht die Gelegenheit dazu hatte“, erwiderte sie kühl.

„Nach den letzten Erfahrungen eines imperialen Offiziers in Kaprala hielt ich es allerdings für das Beste. Auch im Sinne potentieller… Duellanten.“

Einen Moment lang entblößte sie ihre Zähne durch ein Lächeln, das man indes genauso gut als Drohgebärde eines Raubtieres hätte interpretieren können. Sie hatte keine Zweifel, was passiert wäre, hätte Comte Roice sie, und nicht Noak Fremyn, zu einem Duell herausgefordert. Der Ausgang wäre aus imperialer Sicht vermutlich noch ungünstiger gewesen – aus Sicht des Comte allerdings fatal.

Karsteen blinzelte kurz und räusperte sich dann, auch wenn er mitnichten eingeschüchtert wirkte, höchstens irritiert.

„Ich kann verstehen, warum Sie das so sehen, Commodore.“

Die Miene des Admirals verhärtete sich.

„Ich nehme an, Sie kontaktieren mich, um ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen, was unsere Kenntnis des Auftrags Ihrer Schiffe angeht…?“

„Captain Selgorias berichtete mir, dass die Confidence Opfer eines raffinierten Piratenangriffes wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die cygnische Heimatflotte einen solchen Angriff auf die Krone ohne Vergeltung einfach geschehen lassen möchte.“

„Selbstverständlich nicht“, entgegnete der Admiral steif, vermutlich nicht sehr begeistert ob ihrer schlichten Weigerung, seine Frage zu beantworten.

„Gut. In dem Fall kann ich Ihnen hocherfreut mitteilen, dass auch Captain Selgorias' Leute ungerne unverrichteter Dinge abziehen würden. Ich biete Ihnen daher die Unterstützung ihrer Korvettendivision bei der Aufspürung und nach Möglichkeit Festnahme, auf jeden Fall aber Neutralisierung dieser Piraten an. Soweit ich weiß, gibt es für eine derartige Operation sogar eine vertragliche Grundlage, wenngleich deren Details und Gültigkeit anscheinend von Leuten austariert werden müssen, die mehr Geduld für semantische Feinheiten haben als ich.“

„Eine Kooperation unserer Einheiten in diesem Fall wäre jedenfalls nicht vollkommen aus der Luft gegriffen“, räumte Karsteen ein.

„Ich nehme an, Sie erwarten, dass wir unseren Teil beisteuern…?“

„Unterstützung durch mit den lokalen Begebenheiten vertraute Offiziere wäre in diesem Fall sicher hilfreich, ja. Natürlich erwarte ich von Ihnen nicht, die Schlagkraft ihrer Flotte über Gebühr zu schwächen.“

Sie verstand durchaus, dass es für den Admiral politisch extrem unklug erscheinen würde, militärische Ressourcen von zu großem Gewicht an eine gemeinsame Operation mit den imperialen Streitkräften zu binden. Gleichzeitig hatte es mit der Unterstützung der Gladius für die bedrängte Confidence bereits einen Präzedenzfall gegeben, noch dazu einen, der durch die Kronprinzessin praktisch sanktioniert worden war. Dies wiederum lieferte dem Admiral dem nötigen Spielraum, um zumindest ein wenig zur Eliminierung der Piratenbedrohung beizusteuern – und daran, dass dies ungeachtet seiner möglichen politischen Vorbehalte sehr in seinem Interesse lag, konnte aus Alynns Sicht kein Zweifel bestehen.

„Die Aktivitäten dieser Piraten einzudämmen sollte im Interesse des gesamten Sternenimperiums sein“, bestätigten die Worte des Admirals dann auch ihre Einschätzung.

„In einer Standardstunde kann ich Ihnen mehr sagen.“

Karsteen nickte knapp.

„Sie hören von mir, Commodore Kratas.“

Das Hologramm verblasste, was Alynn dazu motivierte, in den Hauptteil der Brücke zurückzukehren. Nun blieb abzuwarten, ob sich das Vorgehen gegen die Piraten als der grüne Zweig erwies, den die imperialen Bemühungen bei Cygnus benötigten…

[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, ISD II Accuser, Brücke]- Alynn, Lieutenant Commander Devila, Besatzung
 

[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Orbit von Cygnus B | Mar Claw of Justice, Quartier des 1. Offiziers | Lieutenant-Commander Tej Darran]



Tej war ziemlich überrascht von der Crew der Claw of Justice, gelang es ihr doch seine geforderten Test und Vorbereitungen schneller als geplant durchzuführen. Aber es erwies sich keinesfalls als Nachteil, da Captain Selgorias bereits ein Treffen der Kommandanten auf der Gladius veranlasst hatte, wo man über das genauere Vorgehen beraten würde. Daher hatte er beschlossen, seine Ansprache an die Crew zu verschieben und sie nach der Besprechung abzuhalten.

Dennoch hatte er vorher noch ein paar Dinge zu erledigen. Formal war da natürlich ein Ereignisbericht über seinen Landgang auf Cygnus B in dem er die Ereignisse aus seiner Sicht darlegte. Dieser Bericht würde dann sowohl noch einmal gesondert an die Gladius und an die 3. Flotte gehen obwohl der Captain und auch Commodore Kratas bereits über das Vergangene informiert waren, so war es doch ein lästiger formeller Akt. Auch wenn das Imperium eine Monarchie war, so war es dennoch keinesfalls frei von Bürokratie, was auch die imperiale Flotte zu spüren bekam. Jeder Schuss musste irgendwo aufgeführt sein genau wie jede Schraube und auch sonst nahezu jedes Detail. Natürlich hatte er dafür auch Offiziere, die den Überblick über ihre Abteilungen inne hatten, aber letztendlich musste er alles checken und auf eventuelle Abweichungen hinweisen. Und er fand dass er dies bis jetzt für den Anfang ganz gut gemacht hatte.

Ein wenig ernüchternd war aber auch, dass der Bericht über das Gefecht um die königlich-cygnische Korvette Confidence ebenfalls noch ausstand, da ihn Commander Vest krankheitsbedingt noch nicht fertiggestellt hatte. Da es die Zeit anbot und er es nicht schätzte, wenn Arbeit zu lange hängen blieb, befasste er sich auch mit diesem Bericht und führte ihn zu einem etwas schnellen und vielleicht zu knappen Ende, aber die Zeit war verflogen und er wollte keinesfalls zu spät auf der Gladius eintreffen, die nur wenige Kilometer von der Claw in der Stille des Weltraumes lag.

Er ließ also von seinem noch nicht vollständig beendeten Bericht ab und machte sich daran, sich schnell zu duschen. Ein Notwendiger Umstand, der bei einem Lebewesen mit Fell längere Zeit in Anspruch nahm, als bei den meisten anderen Wesen. Doch auch das waren keine wirklichen Hindernisse und Tej hatte seine Methoden, sein Fell trocken zu halten und es zu pflegen.

Danach schlüpfte er in eine frische Uniform und machte sich auf zum Hangar. Diesmal wartete ihm keine Eskorte aus Marines vor dem Shuttle auf, was protokollarisch durchaus nachvollziehbar war, denn er war noch kein höherrangiger Offizier und es handelte sich nicht um eine formellen Besuch.

Daher bestieg er allein die Fähre und setzte zur Gladius über. Dort angekommen betrat er das Kommandoschiff der 417. Korvettendivision durch eine Luftschleuse, da der Hangar zu klein war um eine Fähre aufzunehmen.

Dort angekommen wurde er von einem Matrosen erwartet, der ihn in den Tagungsraum bringen würde.

Dieser brachte ihn in den noch leeren Konferenzraum und ließ ihn dann allein. Offenbar war er der Erste. Eine Tatsache, die ihm gefiel. Er schätzte Pünktlichkeit sehr, auch wenn natürlich die anderen Offiziere keinesfalls zu spät waren.

Es dauerte auch nicht lange, da trafen auch schon Lieutenant Fremyn und der eigentliche Kommandant der Silver Bullet, Lieutenant-Commander Scott ein. Tej salutierte ohne großartige Gefühlsregung.

Dem Kahlköpfigen Menschen schien die Anwesenheit eines Nichtmenschen allerdings nicht zu behagen oder vielleicht war er auch immer so schlecht gelaunt. Jedenfalls ließ dieser gegen ihn gezeigte Abscheu - ob gewollt oder nicht - ihn ziemlich kalt. Der Mann hatte auf Cygnus bis jetzt eine Untergeordnete Rolle gespielt und schien auch sonst bereits am Ende seiner Karriere angekommen sein.

Die beiden setzten sich schweigend an die eine Seite des Tisches und Tej tat es ihnen gleich und setzte sich ein wenig schräg versetzt an eine der langen Seiten des rechteckigen Tisches. Jetzt galt es noch zu warten. Er wusste nicht, ob der Kommandant der Diligence ebenfalls kommen würde, aber Captain Selgorias war ebenfalls noch nicht eingetroffen.


[Mid Rim | Esaga-Sektor | Cygnus-System | Orbit von Cygnus B | CRK Gladius, Besprechungsraum | Lieutenant-Commander Tej Darran, Lieutenant Noak Fremyn, Lieutenant-Commander Lysander Scott]
 
:: Esaga-Sektor :: Cygnus-System :: Orbit über Cygnus B :: CRV Gladius :: Versammlungsraum A023 :: CPT Manius Selgorias - LT Noak Fremyn - LTC Tej Darran - LTCD Leonas Petrov - Konsularagentin Jahanna Tebelon ::

Versammlungsraum A023 war im oberen Deck der Gladius untergebracht. Ein kleiner Raum mit blankem Tisch, umrahmt von Gummiboden und den Überresten alter Armaturen, die man in imperialem Blau übermalt hatte. Der Raum mochte früher vielleicht einmal anderen Zwecken gedient haben. Jetzt bot er einfach nur noch Platz. Die kühlen Lampenröhren hingen vergleichsweise tief über dem Tisch und ließen so manchen Anwesenden fast gespenstisch erscheinen, wenn man sich zu weit vom Tisch entfernte. Bei genauerem Betrachten konnte man bemerken, dass der Raum abgedunkelt worden war. Mehr Licht wartete geduldig an Decken und Wänden, zeigte sich aber nicht.

LCDR Scott Lysander, LT Noak Fremyn und LCDR Tej Darran waren bereits im Versammlungsraum anwesend, als CPT Selgorias durch die zischende Eingangstür trat. Der scharfe Rahmen aus dem weißen, grellen Flurlicht spuckte ihn als erstes aus, gefolgt von LCDR Leonas Petrov und einem spindeldürren Technikdroiden mit hochgeschossenem Metallkopf. Zuletzt schloss sich zischend die Tür wieder hinter der Konsularagentin Jahanna Tebelon.

Der Captain und LCDR Petrov hatten sich wohl angeregt und fast belustigt unterhalten. Sie beendeten das Gespräch als sie eintraten und wirkten miteinander zwanglos vertraut. Die Konsularagentin indes, nahm still am Rand des Raumes auf einem Stuhl Platz und schlug die Beine übereinander.

"Meine Herren, ich grüße sie."

Der Captain erwiederte Saluts und machte mit einer Handbewegung deutlich, dass man sich setzen solle sofern man es nicht bereits tat. Der Technikdroide wackelte etwas ubeholfen zur Mitte des Tischs und stellte eine Verbindung zum Holo-Projektor her. Captain Selgorias und LCDR Petrov setzten sich ebenfalls.

"Es tut gut, wieder auf imperialen Schiffsplanken zu stehen."

Manius sprach das mit gewisser Herzlichkeit und sah in die Runde der anwesenden Offiziere.

"Die 417. Korvettendivision hat bisher ihrem Auftrag zugearbeitet und das Gesamtergebnis stellt sich, man will fast sagen: überraschend, gut dar. Ihre Kommandos wurden vorbildlich geführt und ich denke ich darf sagen, dass auch Commodore Kratas angesichts der schwierigen Gesamtlage halbwegs zufrieden ist. Ich bin kein freund langer Lobreden, aber Lieutenant Fremyn und Lieutenant Darran haben sich hierbei besondere Erwähnung verdient. Ersterer für den Sprung über den eigenen Schatten und ein etwas kantiges, aber gewonnenes Duell. Letzterer für die blanke Tatsache, dass wir der Commodore den Tod einer Konsularagentin hätten verantworten müssen, wenn er nicht unverzüglichen Einsatz gegen den Attentäter gezeigt hätte. Ich vergesse sowas nicht, seihen sie sich da sicher."

Die Konsularagentin hob nur leicht den Kopf, als sie Erwähnung fand. Schwer war im Dunkel mehr auszumachen. Manius gab dem Droiden einen Wink.

"Es wird Zeit, dass wir beenden, was wir begonnen haben. Lieutenant Commander Scott wird mir Zustimmen, dass die Rechnung noch nicht beglichen ist. Bevor wir in Klausur gehen und den Jagdplan gegen den Piratenabschaum aufstellen, gibt es da aber noch etwas. Ich sage einfach mal nichts weiter dazu. Ich nehme an es spricht für sich selbst. - Aufzeichnung abspielen."

Das Auge der Projektoreinheit flammte auf und auf dem geräumigen, blanken Tisch, zwischen zwei Grüppchen glitzernder Wasserflaschen, erschiehn nichts geringeres als das sanfte, orangene Hologram ihrer prinzlichen Hoheit Illriana Anara II. Samick. Die jugendlichen, edlen Gesichtszüge und das erhabene Gewand im leichten Flackern deutlich erkennbar.

"Unsere Grüße gehen an die Soldaten seiner Imperialen Hoheit Darth Allegious, insbesondere an Sie, Captain Selgorias, und Lieutenant Noak Fremyn."

Mit sachter Geste wendete sich die Miniatur auf dem Tisch und nahm auf wundersame Weise scheinbar jeden mit in den Blick.

"Wir sind sehr erschüttert über die unsäglichen Ereignisse, die den Soldaten der 417. Korvettendivision zugemutet wurden. Für die Beihilfe zum Kampf gegen die verabscheuenswürdigen Angreifer auf die Confidence sind wir zu Dank verpflichtet, den wir gerne einlösen. Umso mehr möchten wir zum Ausdruck bringen, dass wir den Angriffsversuch auf Vertreter des Diplomatischen Dienstes über alle Maßen verurteilen und scharf verfolgen wollen."

Kurz pausierte die Frau und setzte dann fort.

"Wir haben uns entschieden das Angebot zur Beihilfe in Angelegenheiten der Piratenjagd anzunehmen und sind auch hier zu Dank, aber auch Tatkraft verpflichtet. Die hochrangigen Vertreterinnen und Vertreter des cygnischen und imperialen Militärs haben hierzu bereits erste Vereinbarungen getroffen, wie sie sicher gut wissen. Das Königshaus heisst diese Zusammenarbeit gut. Als Zeichen unseres Willens und auch als Geste freundschaftlicher Anerkennung haben wir uns entschlossen der 417. Korvettendivision eine symbolische Gunst zu erweisen. Vielleicht auch etwas mehr als ein Symbol. Wir unterstellen hiermit die königliche Nebulon-B Fregatte 'Aliéstra' ihrem klugen Kommando. Das überaus kampffähige Lazarettschiff war unserem Vater ehemals Ort seiner militärischen Dienstzeit. Wir vertrauen auf eine kluge Verwendung des Schiffes und auch darauf, dass diese Leihgabe ein Symbol an das cygnische Volk senden wird."

Erneut eine kurze Unterbrechung, vor ihren letzten Worten.

"Abschließend richten wir unser Wort an Lieutenant Noak Fremyn und entlassen ihn aus dem Ehrendienst. Er hat der Prinzregentenwaffe keine Schande bereitet und wir empfinden unsere Ehre als wiederhergestellt. Den unterbrochenen Tanz bedauern wir sehr. - Wir senden ihnen allen hiermit geneigte Grüße und Wünsche für Erfolg im Dienst und sichere Heimkehr."

Die Miniatur der Prinzessin trat in das Dunkel zurück und verblasste langsam. Gemächlich erhellte sich der Raum und ließ den ein oder anderen blinzeln.

"Tja. So ist das. Die Aliéstra können wir wohl schwerlich ablehnen, sage ich mal. Commodore Kratas hat diese Aufzeichnung bereits gesehen und erhob keine Einwände gegen eine Eingliederung. Cygnisches Rumpfpersonal ist an Bord. Wir müssen die militärische Besatzung stellen. Keine Frage, diese Nebulon-Fregatte ist von einigem Wert für uns. Allein schon der Außenwirkung wegen. Was uns zur Frage bringt, wer das Schiff führen sollte."

Manius schob ein Wasserglas beiseite um besser Noak Fremyn in den Blick nehmen zu können.

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[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, ISD II Accuser, Quartier des Flaggoffiziers]- Alynn

Ein wenig Zeit war seit Alynns Unterredung mit dem Admiral der cygnischen Heimatflotte verstrichen und die Commodore hatte sich in ihr Quartier zurückgezogen. Vor ihr auf dem Schreibtisch, neben dem Bildschirm, über den in diesem Moment die Buchstabenkolonnen eines der Berichte über die Aktionen der 417. Korvettendivision (genauer gesagt Lieutenant Commander Darans Version der Ereignisse) flackerten, stand eine noch dampfende Tasse Stimtee, die M-3PO/Z ihr serviert hatte. Dazu hatte sie sich die Freiheit genommen, die obere Hälfte ihrer Uniformjacke aufzuknöpfen, sodass sie sich ein Stück weit weniger eingeengt fühlte, als sie sich nach Abschluss der Lektüre leicht streckte.

Wenig überraschend war, dass Darans Bericht die Ereignisse in Kaprala betreffend sich kaum von dem unterschied, was Selgorias zu schreiben und zu sagen gehabt hatte. Sie vermutete, dass der provisorische Kommandant der Claw of Justice auch das Gefecht um die Confidence im Einvernehmen mit seinem Vorgesetzten bewerten würde, nichtsdestotrotz nahm sie sich vor, auch diesen Bericht gründlich zu studieren, sobald er vorlag (was bisher durch Commander Vests unerwarteten Ausfall wohl verzögert worden war). Elysa erwartete zweifellos dieses Maß an Detailtreue selbst bei Vorgängen, die diese vermeintlich nicht erforderten.

Als sich das Interkom ihres Computerterminals schrillend mit einem Anruf von der Brücke meldete, schloss Alynn für einen kurzen Moment die Augen, ehe sie das Gespräch mit einem Tastendruck entgegennahm.

„Kratas.“

„Commodore, verzeihen Sie die Störung.“

Es war Asakawas Stimme, die sich bei ihr meldete – Devila hätte eine Entschuldigung, so formal sie auch sein mochte, wohl nicht für nötig befunden – also hatte es auf der Brücke mittlerweile einen Wachwechsel gegeben.

„Wir empfangen einen Funkspruch von Cygnus B, genauer gesagt aus Kaprala, Ma’am. Admiral Karsteen wünscht Sie zu sprechen.“

Ein kurzer Blick auf ihr Chrono verriet Alynn, dass der Admiral der cygnischen Heimatflotte nicht ganz Wort gehalten hatte. Etwas mehr als eine Standardstunde war vergangen, seit er ihr einen Rückruf mit neuen Informationen in Aussicht gestellt hatte.

„Stellen Sie ihn durch. Auf Standby, bitte.“

„Verstanden, Ma’am.“

Darans Bericht wurde von einem dreidimensionalen, sich leicht drehenden Abbild des Imperialen Wappens ersetzt, anzeigend, das eine Videoverbindung darauf wartete, von Alynn angenommen zu werden. Rasch knöpfte die Commodore ihre Uniform wieder zu und fuhr sich in einer routinierten Geste ordnend durchs Haar, ehe sie dem Computer erlaubte, Karsteens Abbild vor ihr auf dem Bildschirm erscheinen zu lassen und eine Übertragung ihrer selbst in seine Richtung zu senden.

„Admiral. Sie haben Neuigkeiten bezüglich meiner Anfrage für mich?“

„Das ist richtig, Commodore.“

Alynn konnte nicht behaupten, dass der Admiral sonderlich erfreut wirkte.

„Zunächst möchte ich Sie wissen lassen, dass Ihr Vorschlag auch innerhalb der Königsfamilie einigen Widerhall gefunden hat. Verständlich, wenn man bedenkt, dass die Kronprinzessin Ziel eines der Piratenangriffe war.“

Ein geduldiges Nicken der Commodore ließ Karsteen fortfahren:

„Es ist daher wohl als Zeichen des Vertrauens in die Fähigkeiten und die Integrität von Captain Selgorias und seinen Offizieren zu deuten, dass man von königlicher Seite darauf bestand, seiner Division die Aliéstra zuzuteilen.“

Jetzt runzelte Alynn leicht die Stirn, auch, weil sie sich nicht ganz klar darüber war, was sich wohl hinter der Formulierung „zuzuteilen“ verbergen mochte.

„Lassen Sie mich ausführen, Commodore“, kam der Admiral ihrer Nachfrage zuvor.

„Die Aliéstra ist eine Fregatte der Nebulon-B-Klasse, die in der Heimatflotte lange Zeit als Lazarettschiff diente. Historisch relevant ist Sie, da Seine Majestät persönlich den Großteil seines obligatorischen Militärdienstes auf ihr ableistete. Diese… Zuteilung hat also höchsten symbolischen Wert“

Alynn konnte nicht anders, als leicht ihren Mund zu verziehen ob des Teils der Wahrheit, den Karsteen verschwieg. So hoch der symbolische Wert dieser Geste auch sein mochte, so beschränkt erschien ihr auf den ersten Blick sein praktischer. Eine Fregatte der Nebulon-B-Klasse mochte im Vergleich zu den Korvetten, die Selgorias derzeit zur Verfügung standen, zwar einiges an Feuerkraft mitbringen, doch waren diese in die Jahre gekommen Schiffe auch für ihre geringe Größe recht langsam und somit für eine Piratenjagd – abhängig vielleicht von ihrer eventuell vorhandenen Jägerarmierung – nur bedingt geeignet. Und selbst das setzte imperiale Standards bei der Instandhaltung und den Spezifikationen voraus – Standards, die im Falle der cygnischen Heimatflotte zumindest nicht uneingeschränkt gegeben waren.

„Zudem wird Ihren Offizieren das Recht zugestanden, die entscheidenden Positionen an Bord für die Dauer des gemeinsamen Dienstes selbst zu besetzen.“

Mit anderen Worten: auch die lokalen, mit dem Sternenimperium und seinen Nachbarn vertrauten Offiziere würde es nicht geben. Als einzigen Vorteil dieser Entwicklung konnte Alynn spontan ausmachen, dass es an Bord einer Fregatte ausreichend Platz gab, um ein Kontingent der Flottensoldaten der Accuser unterzubringen, für den Fall einer ausgedehnten Lande- oder Enteroperation (die es zwangsläufig geben musste, wollte man die Piraten oder zumindest ihre Anführer lebend in Gewahrsam nehmen).

„Ein… großzügiges Angebot Ihrer Hoheit“, erwiderte die Commodore schließlich langsam.

„Ich freue mich, dass Sie das so sehen“, entgegnete Karsteen trocken.

„Die Botschaft, in der die Kronprinzessin Captain Selgorias davon in Kenntnis setzt, wurde auf königliche Weisung nämlich bereits an die Gladius übermittelt.“

Fast hatte Alynn den Eindruck, als zuckte der Admiral entschuldigend mit den Achseln.

„Sie müssen verstehen, Commodore… im Vergleich zum Captain und seinen Offizieren sind Sie ein Neuankömmling hier im System. Und aufgrund der vergangenen Ereignisse verspürt die Kronprinzessin wohl – durchaus berechtigt – eine gewisse Dankbarkeit ihrer 417. Korvettendivision gegenüber.“

Alynn lächelte dünn, ein Lächeln, das eine ganze Reihe an Offizieren, die bereits unter ihr gedient hatten, wohl dazu veranlasst hätte, panisch Reißaus zu nehmen.

„Ich verstehe schon, Admiral.“

„Nun…“

Karsteen lehnte sich leicht zurück.

„So viel zu dem, wie die Königsfamilie zu tun gedenkt und getan hat. Ich kontaktierte sie allerdings ebenfalls, um Ihnen mitzuteilen, was die Heimatflotte angesichts dieser Bedrohung durch Piraten beabsichtigt.“

Der Hauch eines Lächelns erhellte die Züge des Veteranen.

„Ich habe Capitaine de Corvette Luc Delwaren und seiner Watchful Patriot befohlen, den Ort des Angriffes auf die Confidence zu untersuchen. Der Capitaine ist einer meiner erfahrensten Offiziere im Kampf gegen Schmuggler und Piraten und seine Patriot, eines unserer wenigen SCT-Scoutschiffe, wie geschaffen dafür, diese aufzuspüren.“

Aus dem Hauch eines Lächelns wurde mehr, als der Admiral beide Arme spreizte.

„Ich weiß nicht, was er dort finden wird, aber ich bin relativ überzeugt, dass er, sollte er Spuren finden und Ihre Korvettendivision ebenfalls vor Ort sein, einer weiteren Zusammenarbeit bestimmt nicht abgeneigt wäre… ganz im Sinne seines Auftrags. Finden Sie nicht?“

Alynn nickte langsam, während ihre Anerkennung für Karsteen wuchs. Der politische Situation auf Cygnus machte es ihm offenbar schwer, trotz oder vielleicht sogar exakt wegen der Geste des Königshauses in Richtung Imperium eine Verflechtung der beiden Streitkräfte weiter voranzutreiben, was ihn allerdings nicht daran gehindert hatte, einen günstigen Zufall zu arrangieren. Sollten sich Alynns Hoffnungen erfüllen und die Untersuchungen der 417. – Seite an Seite mit Elementen der Heimatflotte – tatsächlich erhellende Details ans Tageslicht bringen, so wäre deutlich mehr politischer Spielraum geschaffen, den schlussendlich auch Elysa würde nutzen können.

„Davon ist wohl auszugehen, Admiral.“

Dieses Mal fiel ihr subtiles Lächeln aufrichtiger aus.

„Vielleicht können wir bei unserer ersten tatsächlichen Begegnung die Früchte dieser Bemühung ernten.“

„Das ist auch meine Hoffnung, Commodore. Karsteen, Ende.“

Das Bild des Admirals erlosch und wich wieder dem Bericht Lieutenant Commander Darans. Alynn lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und faltete nachdenklich ihre Hände knapp unterhalb ihres Kinns, wobei ihre Zeigefinger unregelmäßig gegeneinander pochten. Schließlich stellte sie erneut eine Verbindung zu Captain Asakawa her.

„Übermitteln Sie an die Gladius, dass Captain Selgorias mit den Ergebnissen der Unterredung mit seinen Offizieren und den weiteren Bedarfen seiner Division bei mir vorstellig werden soll, sobald die Besprechung beendet wurde. Eine Holoverbindung sollte reichen – kein Grund, Zeit mit Shuttleflügen zu vergeuden.“

[Mittlerer Rand, Esaga-Sektor, Cygnus-System, ISD II Accuser, Quartier des Flaggoffiziers]- Alynn
 
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