Titel: Kingsman – The Secret Service
Autor: Mark Millar
Zeichner: Dave Gibbons
Inhalt: Kingsman: The Secret Service #1 - 6
In Kingsman – The Secret Service geht es um den jungen Eggsy, der in einer sozial schwachen Familie aufwächst und nach einem Autodiebstahl kurz davorsteht, ins Gefängnis zu wandern. Sein Onkel, Jack London, sieht nicht nur sich selbst in ihm, er sieht auch das Potential in Eggsy, mehr aus seinem Leben zu machen. London, der selbst aus schwierigen Verhältnissen stammt und mittlerweile als Geheimagent, als Kingsman, arbeitet, nutzt seine Beziehungen, um Eggsy vor einer Gefängnisstrafe zu bewahren. Er offenbart seinem Neffen seine geheime Identität und bietet ihm an, es ihm gleich zu tun und sein Leben einem höheren Zweck zu widmen. Neben der Ausbildung seines eigenwilligen Schützlings muss Jack London das weltweite Verschwinden von Prominenten und einen rätselhaften wie grausamen Vorfall von Massengewalt aufklären, welche in irgendeinem Zusammenhang zu stehen scheinen.
Kingsman: The Secret Service erschien als Mini-Serie unter dem Titel „The Secret Service“ zwischen April 2012 – April 2013 beim Marvel-Imprint Icon Comics. Matthew Vaughn, der Regisseur der Verfilmung, wirkte bereits bei der Serie als Co-Plotter mit. Mit dem Erfolg des Filmes erfolgte die Neubenennung mit dem Zusatz „Kingsman“, unter dem Film und Comic-Serie mittlerweile vermarktet werden.
Meine Meinung:
Nach dem Überraschungshit der Film-Adaption, die 2014 unter der Regie von Matthew Vaughn in die Kinos kam und an mir zunächst komplett vorbeiging, um mich dann umso mehr zu überzeugen, griff ich vor einiger Zeit auch endlich zur literarischen Vorlage aus der Feder Mark Millars. Mit dem positiven Meinungsbild zum Film war ich sehr gespannt, ob (wie so oft) die Vorlage die Adaption sogar noch übertrifft bzw. mich genauso überzeugt.
In Kingsman: The Secret Service folgen wir den beiden Protagonisten Jack London, Geheimagent und Kingsman, sowie Gary „Eggsy“ London, seinem Neffen und Problemkind. Die Charakterzeichnung Jack Londons ist sehr stark an den großen Klassiker James Bond angelehnt: Eine ernste, pflichtbewusste und sehr selbstsichere Person, die mit viel Präzision und Härte ihre Aufträge erledigt und darüber hinaus eine Schwäche für das weibliche Geschlecht darstellt. Als Mentor des jungen und in der Welt des britischen Gentlementums sehr unbeholfenen Eggsy funktioniert die Figur sehr gut, der wiederum in die Rolle des Außenseiters, des Ausreißers und des orientierungslosen Underdogs schlüpft, um im Laufe des Comics eine klassische Charakterentwicklung durchzumachen. Das ist für eine solche Geschichte sicher kein Alleinstellungsmerkmal, durch die sympathische Charakterisierung von Eggsy und dessen glaubwürdigen Hintergrund stört das aber zu keinem Zeitpunkt. Trotzdem sei an dieser Stelle gesagt, dass der Leser keine hohen Anforderungen an Charaktertiefe und -zeichnungen stellen sollte. Die Figuren funktionieren und das für ihren Zweck mehr als ausreichend, Punkt.
Die humoristischen Stärken des Bandes liegen klar in den verschiedenen Referenzen und Anspielungen, wenn z.B. ein Mark Hamill einen Gastaufritt bekommt oder Ridley Scott erwähnt wird. Hier brachte mich Millar zum Schmunzeln und der etwas hellere Ton des Films lässt sich dann sogar wiedererkennen, ansonsten bleibt es eher ernst und düster. Mark Hamill schaffte es später sogar in den Film, wenn auch in einer anderen Rolle und einer völlig anderen Szene.
Die Handlung nimmt sich viel Zeit für Jack London und Eggsys Ausbildung, die große Bedrohung im Hintergrund durch Bösewicht Dr. Arnold wird langsam aufgebaut und entfaltet sich erst spät. Der Autor arbeitet zwar durchaus mit überraschenden Wendepunkten und lässt den Leser nicht einfach mit freier Sicht aufs Ziel zu rennen, es ist aber abgesehen von ein, zwei Punkten geradlinig und im Stile des üblichen Actionfilms mit furiosem Show-Down zwischen Held und Bösewicht; was keinesfalls schlecht sein muss.
Vergleich zwischen Comic und Film:
Der Film orientiert sich mit seinem Handlungsverlauf grob an dem des Films, zahlreiche Szenen aus diesem lassen sich sofort wiedererkennen, da hat sich Matthew Vaughn sehr an das Original gehalten. Abseits von dieser Strukturübernahme gibt es zahlreiche Unterschiede, angefangen beim Grundton der Geschichte bis hin zum vollständigen Charakterumbau, allen voran der des Bösewichtes. Wo der Comic eher ernst und düster (gezeichnet) ist, haben sich der Filmschaffenden für wesentlich mehr Leichtigkeit, Humor und Farbe entschieden, ohne dabei die explizite Darstellung physischer Gewalt zu unterschlagen. Der Film nimmt sich gefühlt weniger ernst, greift aber die Stärken des Comics gekonnt auf und fügt eigene hinzu, die sich sehr gut ergänzen und für meine Begriffe auch das Erfolgsrezept des Streifens sind. Deutlich überzeugender ist z.B. Samuel Jackson als Bösewicht Valentine, der sein dagegen fast langweilig wirkendes Gegenstück vollkommen aussticht. Nicht, dass ein blasser, junger Nerd mit seiner unfreiwilligen Komik ein ungeeigneter Bösewicht wäre, aber mit Samuel Jackson als lispelnder, hämaphober Veganer hat Vaughn einen obendrauf setzen können. Auch Jack London, im Film in Harry Hart umgetauft, wird vom James Bond-Abzug zum überzeichneten Gentlemen im Dienste seiner Majestät, der verkörpert von Colin Firth sehr viel Charme und schauspielerisches Talent mitbringt. Es gibt noch einige weitere Beispiele, aber von denen darf sich der Leser gerne selbst überzeugen.
Durch seine eigenwillige Adaption ist der Film mehr geworden als eine nah an 007 angelegte Agentengeschichte und somit für meine Begriffe auch ein wertvollerer Beitrag, als hätte man sich sklavisch an die Vorlage gehalten.
Fazit:
Kingsman: The Secret Service ist eine kurzweilige Agentengeschichte mit starken Einflüssen aus Ian Flemmings James Bond, unterhaltsamen Referenzen, konsequenter Action und ein wenig Sarkasmus. Insgesamt ist es inhaltlich zwar kein innovativ großer Wurf, die Charaktere bekommen nicht allzu viel Tiefgang und die Zeichnungen überzeugen auch nicht immer, trotzdem kommt in der Summe eine sauber abgerundete Geschichte heraus. Darüber hinaus ist es für Fans des Films sicher von Interesse, das Quellmaterial kennenzulernen, die Adaption von Matthew Vaughn ist für mich persönlich allerdings die deutlich stärkere Arbeit.
Bewertung:
6,5/10