Lianna

- Lianna - City - Raumhafen - Landebucht - Mit Cris -

Es war manchmal schwierig, Noa zu verstehen, das wusste sie. Sie verstand sich ja die halbe Zeit über selbst nicht. Dass Cris es trotzdem versuchte, sagte mehr als vieles anderes, was für ein Mann er war. Er gab nicht auf. Er war hartnäckig. Er ließ sie nicht einfach stehen um sich eine andere Frau zu suchen, eine die weniger zickig war und die gleichen Dinge wollte wie er und die keine Diskussionen anfing wenn er versuchte sie ins Bett zu kriegen. Nicht, dass sich Noa dagegen jemals gesträubt hätte. Ihr fiel jedenfalls keine solche Gelegenheit ein. Meistens war es sogar einfacher, Probleme im Bett zu klären (und damit tot zu schweigen) als sie zu konfrontieren. Man nannte das den Weg des geringsten Widerstands oder so ähnlich. Und warum nicht das Einfache mit dem Angenehmen verbinden? Bisher war Noa damit gut gefahren.

"Es ist okay."

Sie trat einen Schritt zurück, nachdem Cris sie noch einmal geküsst hatte. Seine Gedanken konnte sie ihm kaum verbieten, und außerdem war es schmeichelhaft wenn er behauptete ohne Unterlass an sie zu denken, auch wenn es noch so unrealistisch war. Um das ernsthaft zu glauben war Noa einfach nicht romantisch genug.

"Sag mir Bescheid, wenn du mit Ray gesprochen hast, ja?"

Cris hatte zugegeben, dass er das noch nicht getan hatte und obwohl Noa seine grundlegende Einschätzung durchaus teilte - sie hatte ebenfalls das Gefühl, dass Lorraine sie mochte - war damit unumstößlich klar, dass er sein Versäumnis zuerst nachholen musste bevor er auch nur daran denken konnte eine Pyjama-Party mit Noa zu feiern. Das letzte das sie wollte war, morgens in peinlicher Stille einer überraschten Zwölfjährigen gegenüber zu stehen, die sich in wichtigen Familienangelegenheiten übergangen fühlte oder Angst hatte, dass eine fremde Frau ihr ihren Papa weg nahm. Dass Cris rot angelaufen war, als er angedeutet hatte sich eine vermehrte Präsenz Noas nicht nur seinetwegen zu wünschen, sondern auch um Lorraine Unterstützung in gewissen Phasen ihrer Entwicklung gewähren zu können, war ihr selbstverständlich nicht entgangen. Es war süß, dass er sich darüber Gedanken machte und Noa musste zugeben, es gab Themen in denen sie zweifelsohne die bessere Ansprechpartnerin war als Mr. Nice Guy hier. Sie ging rückwärts während sie sich entfernte, winkte ihm bis sie den Ein- und Ausgang der Landebucht erreicht hatte und sie ihn schließlich nicht mehr sah.

Zuerst ging sie ein Stück zu Fuß. Es war kalt und sie fror, doch Noa bildete sich ein, ihre Entscheidung, zur Basis zurück zu gehen, noch stärker vor sich selbst rechtfertigen zu müssen. Sie redete sich ein, dass ihr die frische Luft gut tat. Sauerstoff regte die Denkprozesse an oder so. Das war wichtig. Nach fünfzig Metern winkte sie sich ein Taxi. Sie wusste, dass romantische Beziehungen Arbeit bedeuteten. Kein Paar war immer zufrieden und glücklich, nicht mal Cloé und Jesper, die auf wirklich vielen Ebenen perfekt harmonierten. Es ging um Kompromisse. Jeder musste bereit sein solche einzugehen. Das hatte in Noas persönlicher Vergangenheit nicht immer funktioniert (und zwar nicht nur von ihrer Seite), aber jetzt wollte sie an dieser Schwäche wirklich arbeiten. Vielleicht konnten sie eine Liste machen, überlegte sie. Jeder würde drei Punkte aufschreiben bei denen er bereit war Abstriche bei persönlichen Vorlieben und Gewohnheiten zu machen. Das sollte reichen, für den Anfang, und vielleicht würde es helfen! Sie war bereit, sich für Cris zu ändern. Ein kleines bisschen. Nicht zu viel natürlich. Man änderte sich nicht für einen Partner. Entweder er akzeptierte sie so wie sie war oder er hatte verdammt noch mal Pech gehabt! Jawohl. Sollte Cris auch nur auf die Idee kommen... aber das tat er nicht, weil er sie liebte, so wie sie war. Das hatte er ihr gesagt. Und außerdem war er Mr. Nice Guy. Noa betrat ihr Zimmer und schaltete das Licht an. Sie kletterte über ihr Gepäck um in ihr Bett zu steigen, in Klamotten. Schlafen wollte sie noch nicht und außerdem musste sie später noch mal raus und über den Flur laufen, zur Toilette. Sie sah sich um in ihren armseligen zwölf Quadratmetern. Warum hatte sie noch mal darauf bestanden hier zu schlafen?


- Lianna - City - Jedi Basis - Noas Zimmer -
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, vor der Empress]- Noa, Cris

Als Noa schließlich aus seinem Sichtfeld verschwunden war, wandte Cris sich mit einem leisen Seufzen zur Gangway der Empress of Blades und kehrte an Bord des Schiffes zurück. Etwas gedankenverloren fuhr er sich mit einer Hand durch das Gesicht und über seine Lippen, mit denen er sie vor ein paar Minuten noch gespürt hatte. Ob Noa wusste, wie verrückt er nach ihr war? Es scheiterte jedenfalls nicht an seinem diesbezüglichen Informationsbedürfnis – womöglich war auch das ein weiterer Grund, aus dem sie die heutige Nacht alleine auf der Jedi-Basis verbringen würde, wenngleich er es als erwiesen ansah, dass ihre Bedenken bezogen auf Lorraine tatsächlich hauptursächlich waren. Warum hatte er selbst nie an diesen potentiellen Konflikt gedacht? Vielleicht, weil er Noa im Grunde bereits viel länger kannte, als seine eigene Tochter? So gesehen war Ray der Eindringling – doch sie aus seinem Leben zu verbannen war keine Option, selbst wenn er es gewollt hätte. Und er erwog es nicht einmal. Irgendwie hatte er sie sofort in sein Herz geschlossen – und mittlerweile liebte er sie, wie ein Vater wohl seine Tochter liebte.

Es überraschte ihn nicht im Geringsten, dass Ray nicht auf die Idee gekommen war, von alleine ins Bett zu gehen – stattdessen hockte sie am Dejarik-Holotisch, gegenüber von R6, und war offenkundig vertieft in eine Partie gegen den Droiden. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen trat Cris an den Tisch heran und wuschelte seiner Tochter durch ihre hellblonden Haare, bevor sie mit einer beiläufigen Bewegung ausweichen konnte.

„Hey Dad…“

R6 gab eine begrüßende Folge an Pfeif- und Zirplauten von sich.

„Hey mein Sonnenstrahl…“

Schwer ließ er sich in einen freien Stuhl neben dem Holotisch plumpsen und warf einen interessierten Blick auf das Spielfeld, auf dem zwei der bizarr-knuffigen Monstern des Spiels gerade versuchten, sich gegenseitig auszuschalten.

„Und? Wer gewinnt?“

Der Astromech pfiff triumphierend.

„Gar nicht“, schoss Ray zurück, die die erstaunliche Gabe besaß, die Kommunikation des Droiden zumindest in ihren Grundzügen ohne eine Übersetzungseinheit oder einen Protokolldroiden verstehen zu können.

„Ich glaube, meine Chancen stehen nicht schlecht…“

Sie warf Cris einen bedeutungsvollen Blick zu.

„Wenn mich keiner ablenkt.“

Abwehrend hob der so Zurechtgewiesene beide Hände.

„Okay, okay…“

Ganz wollte er sie indes nicht davonkommen lassen.

„Wobei es möglicherweise an der Zeit für dich wäre, ins Bett zu gehen, oder…?“

Rays Mimik verriet, dass sie von diesem erzieherischen Hinweis alles andere als begeistert war.

„Ja jaaa…“

Für einen kurzen Moment konzentrierte sie sich wieder auf das Spielfeld, war aber von dem, was sie dort sah, mit dem letzten Zug ihres Opponenten nicht sonderlich begeistert, und warf Cris dann einen weiteren, etwas zu unschuldigen Blick zu.

„Hast du Noa gefunden?“

Falls es ihr Kalkül gewesen war, Cris mit dieser Frage zu überrumpeln, so war ihr das vollends gelungen. Er räusperte sich, doch gänzlich konnte er seine Überraschung nicht kaschieren.

„Äh… ja… oder besser: sie hat mich vorher gefunden.“

Weiter ruhte Rays erwartungsvoller Blick auf ihm, weswegen er sich genötigt sah, fortzufahren:

„Es tut ihr Leid, das mit dem Restaurant…“

„Wieso? Das war doch auch deine Schuld.“

„Na hör mal…“

Cris brach ab – nicht nur, weil Rays Feststellung im Grunde ins Schwarze traf, sondern auch, weil es darüber hinaus vermutlich das gänzlich falsche Signal war, Noa den Ausgang des heutigen Abends (zumindest den Ausgang, den Ray mitbekommen hatte) anzulasten.

„Ja, ich schätze das war es…“

„Ich bin jedenfalls nicht böse oder sowas… falls sie das denkt.“

„Gut. Gut.“

Dem hatte Ray wohl nichts mehr hinzuzufügen, da sie sich wieder auf ihr Spiel mit R6 konzentrierte und es so Cris überließ, das Gespräch entweder fortzuführen oder noch einmal sein Glück darin zu versuchen, seine Tochter davon zu überzeugen, dass es an der Zeit war, ins Bett zu gehen. Im Grunde war die Gelegenheit günstig, eine Aufgabe, die Noa ihm mitgegeben hatte, schon jetzt zu erledigen… unsicher war er dennoch.

„Sag mal… wie findest du Noa eigentlich?“

Etwas zu affektiert verdrehte Ray ihre Augen und wandte sich mit einem genervt klingenden Seufzer wieder von ihrem Spiel ab – ein reines Schauspiel, wie Cris vermutete, der anhand der Dejarik-Stellung mittlerweile schätzte, dass R6 in drei Zügen den Sieg davontragen würde.

„Wieso willst du das wissen? Ich find sie cool.“

„Na ja… weißt du…“

Kurz starrte er auf seine Finger, doch auch die verrieten ihm nicht die perfekte Formulierung.

„Ich habe Noa sehr gerne… und ich würde mir wünschen, dass wir mehr Tage miteinander verbringen wie gestern. Auch hier und… auch über Nacht.“

„Damit ihr mehr knutschen könnt.“

Cris räusperte sich.

„Jedenfalls ist es ihr – und mir – wichtig, dass das für dich okay ist. Weil…“

„Weil sie nicht meine Mom ist.“

Lorraines bisher eher belustigte Tonfall war ernst geworden, was sich auch in ihrem Gesicht wiederspiegelte, als sie Cris aus ihren blauen Augen ansah. Dieser senkte mit einem Seufzer seinen Blick.

„Ja.“

Natürlich war das nicht der einzige Grund – doch einer der wichtigeren und er hatte immer noch keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Er liebte Noa und er hatte sie geliebt, bevor er überhaupt erfahren hatte, dass es da eine Tochter gab. Und diese Tochter auch eine Mutter hatte. Zwar hatte Ray ihre Mutter ebenfalls nicht kennengelernt – sie war sofort ins Waisenhaus gegeben worden – doch das musste nicht automatisch bedeuten, dass sie es wunderbar fand, wenn Noa plötzlich vollends Teil ihres Lebens wurde.

„Wollen wir morgen weiter darüber reden?“

Ray nickte langsam.

„Okay.“

Er erhob sich aus seinem Stuhl, trat zu seiner Tochter und nahm sie in den Arm.

„Ich hab dich lieb, mein Sonnenstrahl… egal was du sagst.“

Mit einem Lächeln nickte er in Richtung des Spieltisches.

„Aber vielleicht wäre es erst einmal ganz gut, anzuerkennen, dass R6 gewonnen hat, und ins Bett zu gehen, oder?“

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Cris, Ray
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades, Schlafzimmer]- Cris

In der Nacht fand Cris keinen Schlaf. Es war schon seltsam – er konnte sich an nicht sehr viele Nächte erinnern, die er überhaupt mit Noa in einem Bett verbracht hatte, zu unstet war ihre Beziehung und zu unbeständig ihr Lebenswandel gewesen, doch ausgerechnet heute war da diese gähnende Leere neben ihm, die Spur des Dufts ihrer Haare in seiner Nase und das Echo ihrer Wärme, das ihn nicht zur Ruhe kommen und sich unruhig im Bett hin- und her wälzen ließ, bis er schließlich mit einer hoffnungslos verknäulten Decke auf dem Rücken lag und Löcher in die Luft starrte. Nur ein Herz schlug in diesem Zimmer – eines zu wenig.

Vollkommen gerädert kapitulierte er schließlich, schwang sich aus dem Bett und taumelte schließlich, mehr als er ging, aus seinem Zimmer in Richtung der Lounge der Yacht, mit der Absicht, sich mit einem Getränk zu versorgen. Unweit der Bar hatte R6 sich an einen Energieknoten angeschlossen und war augenscheinlich dabei, seine Reserven aus denen der Empress zu speisen (die wiederum vom Raumhafen aus mit Energie versorgt wurde, solange die Triebwerke des Schiffes über einen längeren Zeitraum deaktiviert blieben), zu erkennen lediglich anhand einer rhythmisch blinkenden Diode am Rumpf des gedrungenen Astromechs.

Noch bevor Cris jedoch nach einem Glas greifen und austesten konnte, ob der Droide wohl seine Gegenwart zum Anlass nehmen würde, den Ruhezustand zu verlassen, lenkte ein Geräusch seine Aufmerksamkeit in Richtung des Raumes, in dem Lorraine ihr kleines Reich errichtet hatte. Alarmiert ging er ein paar vorsichtige Schritte näher an die Tür heran – und konnte seinen ersten Verdacht dann verifizieren. Das Geräusch, das zu ihm vorgedrungen war, war ein verhaltenes Schluchzen.

Ohne lange zu überlegen öffnete er die Tür – sie war nicht verschlossen, obwohl seine Tochter die Möglichkeit gehabt hätte, dies zu tun. Das Zimmer dahinter war dunkel, doch seine Augen hatten sich gut genug an diese Dunkelheit gewöhnt, um zu erkennen, dass Ray nicht in ihrem Bett lag sondern auf der Bettkante saß, etwas – vermutlich ihr Plüschtortapo – an sich gepresst. Wieder und wieder wurde ihr kleiner Körper von weiteren Schluchzern erschüttert.

„Hey…“

Schnell und nicht einmal in Erwägung ziehend, dass das Mädchen womöglich lieber alleine sein wollte, war Cris am Bett, setzte sich zu Lorraine und zog sie vorsichtig an sich. Dass sie ihn nicht abwimmelte unterstrich nur, dass sie etwas sehr bedrücken musste.

„Was ist denn los, mein Sonnenstrahl?“

Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken, als er sich daran erinnerte, wie sie plötzlich krank geworden war – eine seltene Reaktion auf eine heimische Krankheit, die für die Bewohner Liannas harmlos war, für Menschen von Coruscant jedoch unangenehm werden konnte – doch es wirkte auf ihn nicht, als hätte sie Schmerzen. Nur Kummer.

„Ich… ich vermisse Mom…“, flüsterte sie dann erstickt in Cris‘ Shirt, das an der Stelle, an der sie ihr Gesicht an ihn presste, langsam tränenfeucht wurde.

Diese Worte versetzten Cris einen gewaltigen Stich und ließen ihn vollkommen sprachlos zurück – er wusste schlicht und ergreifend nicht, was er Lorraine antworten sollte. Nicht einmal das am nächsten liegende konnte er ihr sagen – dass er ihre Mutter ebenfalls vermisste. Es wäre eine glatte Lüge – den er konnte sich nicht an sie erinnern und hatte sie, selbst wenn er es könnte, vermutlich kaum gekannt.

„Dabei erinnere ich mich gar nicht an sie…“

Mit zugeschnürter Kehle drückte er seine Tochter an sich. Es fiel ihm schwer, sich nicht für das, was vor fast dreizehn Jahren auf Coruscant geschehen sein musste, zu hassen, obwohl im rational klar war, dass wenn überhaupt das Imperium Schuld war an den Umständen von Rays Zeugung, ihrer Geburt und ihrem Schicksal, als Baby im Waisenhaus zu landen. Er hatte gewusst, dass ihm diese kaum verheilte Wunde wieder und wieder einholen würde, doch dass sie es jetzt tat, als er die Hoffnung verspürte, in Noa und Ray eine Familie gefunden zu haben, zog ihm den Boden unter den Füßen weg.

„Meinst du, wir können sie finden? Wenn wir sie auf Coruscant suchen?“

Betroffen sah Cris auf Lorraine herab und war froh darüber, dass sie in der Dunkelheit und mit an ihn gepresstem Gesicht seine eigene Mimik wohl nicht erkennen konnte. Nicht nur, weil er es für wenig wahrscheinlich hielt – sogar ausgeschlossen, schließlich hatte selbst der Geheimdienst seine Ressourcen bei dieser Suche bereits kurzzeitig bemüht und war gescheitert – erfolgreich zu sein, sondern, weil er sich vorstellen konnte, was es mit Noa anstellen würde, wenn er auf ihren Heimatplaneten zurückkehrte, nur um nach der leiblichen Tochter seines Kindes zu suchen.

„Ich weiß es nicht…“, antwortete er schließlich wahrheitsgemäß.

„Viele Aufzeichnungen sind verloren gegangen und… ich weiß es nicht.“

Geräuschvoll zog Ray die Nase hoch, wohl auf rührende Weise bemüht, ihren Kummer unter Kontrolle zu bekommen.

„Vielleicht ist sie so cool wie Noa. Vielleicht sind alle Leute von Coruscant so.“

Trotz seiner Stimmung musste Cris lächeln und drückte seiner Tochter einen leichten Kuss auf den Haarschopf.

„Vielleicht ist sie das, stimmt.“

„Sagst du ihr, dass sie öfter vorbeikommen soll?“, fragte Ray leise.

„Noa meine ich.“

„Wenn das okay für dich ist?“

Wieder wurde an seinem Shirt die Nase hochgezogen.

„Ja.“

Jetzt brachte das Mädchen wieder ein wenig Distanz zwischen sich und ihren Vater.

„Ich muss ihr noch das neueste Album von Tylorz'vifft zeigen.“

Für einen Moment schien sie Cris zu mustern.

„Und du lächelst mehr, wenn sie da ist.“

„Dann muss ich ihr das wohl sagen“, antwortete Cris heiser. Wieder hatte sie es geschafft, ihn vollkommen aus der Fassung zu bringen. Er tastete nach der Decke auf Rays Bett und zog sie ihr über die Schultern.

„Und du legst dich jetzt hin und versuchst noch ein wenig zu schlafen, okay?“

Fügsam kuschelte seine Tochter sich in ihre Decke, das Plüschtortapo immer noch fest an sich gedrückt. Ein wenig schien ihr Gesicht im Halbdunkel aufgrund der vergossenen Tränen zu glänzen.

„Okay.“

„Okay.“

Mit einem letzten Wuscheln durch Rays Haare erhob er sich von ihrem Bett und verließ ihr Zimmer, um vorsichtig die Tür zu schließen und sich schließlich in der Lounge auf einen der bequemen Sessel fallen zu lassen. Nachdem er sich mit beiden Händen durchs Gesicht gefahren war, spürte er den Fotorezeptor des offenbar aus seinem Ruhezustand erwachten Astromechdroiden auf sich gerichtet.

„Wie schaffe ich es, nicht wieder alles kaputtzumachen, R6?“

Das leicht wehmütig-besorgt klingende Pfeifen des Droiden war auch ohne Übersetzer Antwort genug.

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades, Lounge]- Cris, R6
 
[Lianna, Jedibasis, Materialausgabe] mit Cethra Jayne

Als Yuno die Kleidung von der Materialausgabe bekam, kümmerte es sie nicht im Geringsten, dass sie, wie Cethra es genannt hatte, „nicht modisch“ sei. Als sie vor einigen Wochen zu einer Mission aufgebrochen war, hatte sie, in der Erwartung, quasi „rechtzeitig zum Abendessen“ wieder zurück zu sein, nicht daran gedacht, Wechselkleidung mitzunehmen. Hier auf Lianna hatte sie anfangs andere Sorgen gehabt, als sich neu einzukleiden. Deshalb hatte sie, als ihr das Geld ausgegangen war, nicht mehr anzuziehen gehabt, als das, was sie am Körper trug, mit Ausnahme einer zweiten Garnitur Unterwäsche, die sie sich zugelegt hatte, um nicht völlig nackt in der Wäscherei sitzen zu müssen. Sie war schlichtweg froh, bald diese zunehmend verschlissene Hose und die Jacke durch etwas Neues eintauschen zu können.

Im Anschluss belehrte Cethra sie über die Höflichkeits-Gepflogenheiten des Ordens, danach führte sie Yuno zu ihrem neuen Quartier. Es war ein Doppelzimmer, doch schien es nicht so, als ob hier noch jemand anderes lebte. Es war funktional eingerichtet, mit einem Fenster zu den Gärten und größer, als Yuno erwartet hatte. Cethra verabschiedete sich von ihr und trug ihr auf, sie in einer Stunde in Ordenskleidung vor dem Trainingsraum, in dem sie gestern gewesen waren, zu treffen.

Yuno setzte sich auf das Bett und sah sich um. Das war also der Auftakt zu einem neuen Lebensabschnitt. Es war erschreckend banal. Sie hatte sich solch eine Zäsur immer anders vorgestellt, nicht so – fast schon behördlich. Kleidungsausgabe – Quartierszuweisung – Training. Sie räumte ihre verbliebenen Habseligkeiten, ihr Langmesser war ihr abgenommen worden, was ihr gar nicht gefiel, in einen der Schränke und ging an das Fenster um die Gärten zu betrachten.

Dann auf einmal merkte sie, wie hungrig sie war. Sie zog sich ihre erstaunlich bequeme, neue Kleidung an, dachte kurz daran, was ihr Bruder Gavyn, der ihr immer am nächsten gestanden hatte, wohl dazu sagen würde, wenn er sie so sehen konnte. Vermutlich würde er irgendeinen dummen Spruch loslassen. Sie lächelte bei dem Gedanken und machte sich auf zur Kantine.

[Lianna, Jedibasis, Auf dem Weg zur Kantine]
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades, Lounge]- Cris, R6

Seinen eigenen Rat an Lorraine befolgte Cris nicht – anstatt sich selbst wieder ins Bett zu legen und zu versuchen, ein wenig Schlaf zu finden, goss er sich ein Glas Wasser ein und setzte sich an das Computerterminal, um sich durch das Aufrufen seiner persönlichen Nachrichten ein wenig abzulenken.

Damit hatte er unmittelbar Erfolg – abgelenkt wurde er, wenngleich offen blieb, ob die Dinge, denen er nun seine Aufmerksamkeit widmete, wirklich als angenehme Ablenkung zu begreifen waren. Zwei der Nachrichten, die er erhalten hatte, waren von der Raumhafenverwaltung Lianna Citys gesendet worden – eine, die die detaillierten Liegegebühren für die Empress auflistete (eine stattliche Summe, da diese Gebühren sich augenscheinlich an einem Kriterium orientierten, das die Luxusyacht übererfüllte) und eine weitere, die die Kosten abrechnete, die durch den Anschluss des Schiffes an das örtliche Energienetz entstanden waren. Man musste kein mathematisches Genie sein, um festzustellen, dass die regelhaften Kosten, die Cris sich aufgebürdet hatte, sich mit beängstigender Geschwindigkeit seinen regelhaften Ausgaben annäherten, die noch dazu zu allem Überfluss schon bald ein natürliches Ende finden würden, nämlich dann, wenn der Geheimdienst ihm auch seinen Halbsold nicht weiter auszahlte.

Die letzte Nachricht war von Rays Schule und setzte dem sich abzeichnenden Trend prekärer Finanzverhältnisse die Krone auf:

Sehr geehrter Mr. Sheldon,

wie uns mitgeteilt wurde, sind Sie aus Ihrem Arbeitsverhältnis mit den Behörden der Republik ausgeschieden. Wie Sie wissen, ist die Schule, die Ihre Tochter – Lorraine Sheldon – derzeit besucht, den Kindern von Bediensteten der Republik und ihrer nachgelagerten Organisationen vorbehalten.

Aus diesem Grund informieren wir Sie darüber, dass die Berechtigung Ihrer Tochter, unsere Schule zu besuchen, nach einer Übergangsfrist am Ende dieses Schuljahres enden wird. Sie sind dann ermuntert, Ihre Tochter an einer öffentlichen Schule Lianna Citys oder anderen vergleichbaren Institution hingewiesen – unter der Beachtung der im Einklang mit optionalen republikanischen Bestimmungen auf Lianna geltenden Schulpflicht.

Wir möchten Sie allerdings darauf hinweisen, dass die Möglichkeit besteht, Ihrer Tochter einen womöglich belastenden Schulwechsel zu ersparen, da wir ermächtigt sind, den Kindern ehemaliger Bediensteter der Republik eine weitere Verweildauer einzuräumen – gegen die Begleichung entstandener Kosten durch die Eltern. Eine Übersicht über diese Kosten finden Sie im Anhang dieses Schreibens.

Lassen Sie uns Ihre Entscheidung bitte binnen der nächsten zwei Wochen wissen.

Hochachtungsvoll,

Die Schulverwaltung


Mit einem erstickten Seufzer rieb Cris sich die Augen, ehe er mit wenig Hoffnung die angehängte Kostenkalkulation aufrief – und seine Befürchtungen bestätigt fand. Die dort aufgeführten Geldbeträge erinnerten mehr an ein exklusives Privatinternat und lagen fernab dessen, was Cris in seiner derzeitigen Lage leisten konnte.

Das fragende Pfeifen R6s, der herangerollt gekommen war, ließ Cris sich vom Bildschirm abwenden.

„Ich glaube, ich brauche einen Job, R6…“

Die Antwort des Droiden ließ durchblicken, dass dieser diese Erkenntnis für keine sonderliche Überraschung hielt – was sie auch nicht war. Cris konnte nicht ernsthaft behaupten, dass er erwartet hatte, nun für den Rest seines Lebens die Füße hochlegen zu können, erst recht nicht mit einer Tochter, die es zu versorgen und auszubilden galt. Sein Erspartes war – zu Noas immer verständlicher werdendem Verdruss – vollständig in den Kauf der Empress geflossen und die Umstände seines Ausscheidens aus dem Geheimdienst bedeuteten, dass seine letzte Geldquelle bereits bald versiegen würde. Er hatte nicht viel Zeit.

„Immerhin wird nicht jeden Tag auf mich geschossen, was?“

Wenngleich sich das schnell ändern konnte, sollte Noa jemals einen Blick auf sein Konto erhaschen… nicht, weil sie von ihm erwarten würde, sie mit Geschenken zu überhäufen, sondern weil sie erwartete, dass er sich um Ray kümmerte. Das hatte sie mehr als deutlich gemacht- und natürlich dachte er auch nicht daran, sich diesen Pflichten zu entziehen. Der Weg war daher klar.

Er rief eine der letzten Dateien aus, die man ihm seitens des Geheimdienstes hatte zukommen lassen – einen fingierten Lebenslauf, der ihm ermöglichen sollte, im privaten Sektor Fuß zu fassen, ohne dass offenkundig wurde, für wen er zuvor gearbeitet hatte. Die meisten seiner Fähigkeiten waren relativ gut abgebildet – seine vermeintliche Karriere hatte als Offizier der republikanischen Armee im Range eines Captains die Erklärung für seine militärische Ausbildung – wenngleich einige sehr spezielle Fähigkeiten natürlich hatten verschweigen werden müssen. Dennoch eröffnete ihm dieser Lebenslauf eine Reihe von Optionen – Sicherheitsunternehmen, Werkschutz für größere Unternehmen, womöglich sogar lokale Polizeikräfte, die keinen Zugriff auf die Datenbanken republikanischer Sicherheitsorgane wie der NRSF hatten. Natürlich würde er diese Optionen mit Noa besprechen müssen – wenn er eines nicht wollte, dann, dass ihn sein Beruf wieder von ihr trennte. Ihre Karriere hatte Priorität (auch, weil sie anders als seine eigene Perspektive hatte), selbst wenn das bedeuten sollte, dass er irgendwo als Kaufhausdetektiv anheuern musste…

„Hey, was liest du?“

Plötzlich stand Ray neben ihm und strahlte ihn an – offenbar hatte er eine ganze Zeit über seinem Lebenslauf gegrübelt. Zumindest schien es ihr bedeutend besser zu gehen.

„Oh, nichts Wichtiges…“

Beiläufig deaktivierte er den Bildschirm des Terminals.

„Du bist schon wieder wach?“

„Ich muss gleich zur Schule, Dad… das weißt du doch.“

„Natürlich. Mach dich doch schon mal fertig, ich mach dir ein Frühstück.“

Ray nickte und begab sich zur Nasszelle, ehe Cris seinen Worten Taten folgen ließ, dankbar für die kleinen Kochlektionen, die Selby ihm erteilt hatte. Sie mochten zwar keinen Spitzenkoch aus ihm machen, doch immerhin war er nicht hilflos, wenn es darum ging, ein hungriges Mädchen zu sättigen.

Wenig später hatte Ray ein wenig gegessen und – worauf er sehr geachtet hatte – ein Glas vitaminreichen Sonnenfruchtsaft getrunken und war abreisebereit.

„Soll ich dich zur Schule fahren?“

Sie schüttelte mit dem Kopf.

„Nö, ich möchte heute den Repulsorbus nehmen.“

„Na gut.“

Er beugte sich zu ihr vor und streichelte ihr zärtlich durch ihr blondes Haar.

„Ich hab dich lieb, mein Sonnenstrahl.“

„Ich dich auch.“

Cris musste schlucken. Hatte sie das schon einmal zu ihm gesagt? Oder war es nur Noa, die seine Liebes- und Zuneigungsbekundungen meistens unkommentiert über sich ergehen ließ?

Der Gedanke an Noa ließ ihn nach seinem Comlink greifen, kaum, dass Ray die Empress verlassen hatte – er musste ihr noch mitteilen, dass er mit seiner Tochter gesprochen hatte und dass für nichts dagegen sprach, hierher zu kommen – und auch zu bleiben. Wenn Noa das denn wollte…


***Com-Nachricht an Noa Chanelle Cortina***

Hey,

ich habe mit Ray gesprochen – sie würde sich freuen, wenn du uns hier besuchst und auch länger bleibst. Offenbar möchte sie dir auch ein neues Album von jemandem zeigen, dessen Namen ich nicht verstanden habe, geschweige denn ausschreiben kann.

Du findest mich auf der Empress. Ich vermisse dich.

Cris

***Ende der Nachricht***


Nach Versenden der Nachricht begab Cris sich selbst in die Erfrischungszelle und verließ dann die Empress, um einige Besorgungen zu machen.

Als er dann unter anderem mit einer Flasche alderaanischen Perlweins und einer Packung Marzipanfigürchen wiederkehrte, hatte er ob seiner finanziellen Situation zwar ein leicht schlechtes Gewissen, empfand aber auch eine ungeduldige Vorfreude darauf, diese Leckereien mit Noa zu teilen, wenn sie auftauchte…

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Cris, R6
 
- Lianna - City - Redaktionsbüro -

Ihr Kaf dampfte vor sich hin, noch zu heiss um ihn zu trinken, während Noa die Berichte des Ordens durch ging. Ihr wurden etwa ein Dutzend verschiedener Protokolle per Woche zugestellt, Zusammenfassungen über abgeschlossene Missionen des Jedi-Ordens in verschiedenen Teilen der Galaxis. Nichts davon war top secret und nur die Hälfte der Unterlagen war spannend, aber um das zu ändern war Noa da. Ihr Job war es, aus dem trockenen Stoff eines Abschlussberichts oder eines Protokolls eine packende Geschichte zu machen -,oder eine lustige Anekdote. Ihre Leser sollten sich unterhalten fühlen und das Bild des Jedi-Ordens mit positiven Gefühlen wahr nehmen. Wenn sie das taten, sich eingeweiht und informiert fühlten und begannen sich mit einzelnen Jedi-Rittern, die namentliche Erwähnung in Noas Kolumnen fanden, zu identifizieren, hatte sie ihre Arbeit gut gemacht. Eigentlich war es nicht das was Noa wollte. Positive Berichte für den Jedi-Orden zu schreiben hatte zu viel von Marketing an sich, von Propaganda, daran änderte auch nicht, dass sie für die richtige Seite arbeitete. Ihre persönliche Vorstellung von Journalismus war, die Bevölkerung aufzuklären und informiert zu halten: über Kriege, über Politik, über Wirtschaft - über alles das was in der Galaxis vor sich ging und das wichtig für das allgemeine Interesse war - und zwar unabhängig und unparteiisch. Irgendwann würde sie genau das tun. Bis dahin aber, und das konnte sie momentan schlecht ignorieren, brauchte Noa die Credits, die der Lola Churich Tribune ihr für ihre Kolumnen über den Jedi-Orden bezahlte. Für sie war es das erste Mal überhaupt, dass sie richtig Geld verdiente, nicht nur sporadisch für hier und da eingereichte Artikel, sondern regelmäßig. Ihr Gehalt und die Referenzen, die sie sich hier erarbeitete, waren wichtig. Um es als Journalist zu etwas zu bringen brauchte man Erfahrung und ein gewisses Ansehen,
beides Dinge die sie hier auf Lianna sammeln konnte. Damit im Gepäck würde sie eines Tages weiter ziehen und richtige journalistische Arbeit betreiben und so wie Andrei in Krisengebiete reisen oder korrupte Machenschaften von Regierungen aufdecken. Noch immer unentschlossen, was Noa in ihrer nächsten Kolumne zum Thema machen sollte, nippte sie an ihrem Kaf und klickte sich durch ihren bunten Screen, als Britneys dunkler Lockenkopf in der geöffneten Tür erschien.


"Hast du 'ne Minute?"

Fragte sie. Als Antwort schob ihren Stuhl ein Stück vom Schreibtisch weg, lehnte sich zurück und nahm ihre Kaf-Tasse im beide Hände. Sie hatte alle Zeit der Welt, hauptsache sie musste sich nicht mit dieser zermürbenden Frage beschäftigen, wie man aus "Nichts" eine gute Story machen konnte. Nicht, dass ihr Job ihr keinen Spaß mehr machte, doch es bedurfte schon einer tollen Vorlage um auch etwas tolles zu schreiben, und was sie zur Zeit auf den Tisch bekam war Langeweile pur.

"Ich glaub', Robin hat ne andere."

Britney sparte es sich, um den heissen Brei herum zu reden. Sie schloss die Tür hinter sich, setzte sich auf Noas Schreibtisch und schlug die Beine übereinander.

"Was? Bist du sicher?"

Fragte Noa zurück. Britney schüttelte den Kopf.

"Nein, ist nur ein Verdacht. Bislang."

"Und warum? Ich meine, wie kommst du darauf?"

So richtig sicher, wie die reagieren sollte, war Noa nicht. Seit sie Kolleginnen waren hatten die beiden Frauen schon einige Male miteinander geplauscht und sich über persönliche Dinge ausgetauscht, das hieß, meistens hatte Britney erzählt und Noa nur zugehört. Es war schwierig offene und ehrliche Konversationen zu führen wenn 80% der eigenen Erlebnisse und Erfahrungen als Gesprächsthemen tabu waren, weil sie rebellierende Widerstandsgruppen, beim Geheimdienst angestellte Agenten oder vertraulich ermittelte Details über verrückte Serienmörder beinhalteten. Glücklicherweise sprach Britney so viel über sich selbst, dass es ihr gar nicht auffiel, wenn Noa bedeutend weniger über sich erzählte. So wusste sie inzwischen von der anderen Redakteurin, dass diese eine Affäre mit ihrem gemeinsamen Vorgesetzten hatte, fast jeden zweiten Abend in Bars oder Clubs verbrachte und es genoss, ihre weiblichen Waffen überall dort einzusetzen wo sie einen Vorteil für sich erwirken konnten. Alles das waren relativ oberflächliche Erkenntnisse - und Britney wirkte zugegebenermaßen ohnehin stark in diese Richtung - doch was Robin anging, hegte Noa den leisen Verdacht, dass hier wirkliche Gefühle zwischen den beiden im Spiel waren. Zumindest hatte sie das bis gerade eben noch geglaubt. Das machte die von ihr zu gebende Reaktion besonders schwierig. Frauen waren kompliziert in diesen Angelegenheiten. In erster Linie wollten sie immer Solidarität. Wenn ein Mann untreu war, war er ein Idiot und es gehörte dazu, über ihn zu schimpfen. Schimpfte man allerdings zu viel während die betroffene Frau noch nicht über ihn hinweg war, lief man Gefahr sie in die Defensive zu drängen, weil sie ihre Beziehung und ihre Erinnerungen an die guten Zeiten mit ihm rechtfertigen würde. Noa kannte dieses Verhalten. Sie hatte selbst schon Männer verteidigt, die es eigentlich nicht wert gewesen waren.

"Er hat weniger Zeit, hängt viel mit angeblichen Freunden rum. Vielleicht ist er mir überdrüssig."

Britney zuckte mit den Schultern. Sie wirkte wie jemand der ernsthaft traurig war, sich aber Mühe gab es mit Lässigkeit zu kaschieren.

"Quatsch."

Noa schüttelte den Kopf. Sie war nicht besonders gut im Trösten, erst recht nicht wenn sie dazu Dinge sagen musste, die sie selbst nicht glaubte. Tatsächlich hielt sie es für durchaus wahrscheinlich, dass Robin eine Andere hatte. Er hatte seine Frau mit Britney betrogen und sie für sie verlassen! Einmal ein Fremdgeher, immer ein Fremdgeher. Aber das konnte Noa ihrer Kollegin schlecht unter die Nase reiben.

"Er hat doch keinen Grund dich zu betrügen. Du bist bildhübsch."

Sagte sie stattdessen. Britney nickte bedächtig.

"Ja, das stimmt."

Einen Moment schwieg sie.

"Du hast eine Nachricht."

"Was?"

"Dein Komlink."

Noa schaute auf ihren Kommunikator, der vor ihr auf dem Tisch lag. Auf dem Display war eine Meldung aufgeleuchtet. Eine neue Nachricht von Cris. Ungewollt musste Noa lächeln.

"Von deinem Lover?"

"Äh... ja."

Die wollte sie aber nicht jetzt lesen, nicht vor Britney und ihrem Männerproblem.

"Na, mach schon, lies."

Forderte Britney sie auf und ihr Gesicht wirkte wieder etwas heiterer.

"Sag' mir was er schreibt. Wenn ich schon keine eigene Romantik habe will ich wenigstens von deiner zehren."

Etwas zögerlich folgte Noa Britneys Aufforderung. Sie war nicht sicher, ob sie ihre persönlichen Beziehungsdetails wirklich mit der anderen Frau teilen wollte, abgesehen von dem was diese ohnehin schon wusste.

"Er schreibt... er vermisst mich."

Und er hatte mit Lorraine gesprochen. Ein positives Gespräch. Sie wusste nicht warum, doch Noa rutschte das Herz in die Hose. Cris' Nachricht bedeutete vor allem eins: es wurde ernst, richtig ernst, und das war zugleich schön als auch Furcht erregend.

"Wie süß. Es läuft also noch bei euch, ja? Du Glückliche."

Britney erhob sich. Vielleicht hatte sie sich interessantere Details erhofft.

"Mein Tipp: lass ihn zappeln so lange du kannst. Und warte mindestens zwei Stunden bevor du ihm antwortest! Noch besser, antworte ihm gar nicht. Tauch einfach bei ihm auf... in so wenig Stoff wie möglich."

Sie war schon bei der Tür als ihr noch etwas einfiel.

"Oh, und roter Lippenstift würde dir gut stehen. Mach mal was aus dir. Siehst ja an mir was passiert wenn man sich gehen lässt."

Sie war makellos, wie aus dem Ei gepellt. Niemand hätte weiter davon entfernt sein können sich gehen zu lassen wie Britney Kors. Noa stellte ihren Kaf weg, starrte wieder auf ihre Notizen und die Arbeit die noch vor ihr lag. Roter Lippenstift, wirklich?


Es war Abend, als sie wieder vor dem Schiff stand: die "Empress of Blades". Noa hatte Cris nicht zurück geschrieben. Sie war eine Niete in Sachen Beziehungen, es schadete nicht auf die Ratschläge anderer zu hören. Schlimmer als das was sie selbst veranstaltete konnte es nicht werden. Jetzt wo sie vor dem Schiff stand kam sich Noa allerdings albern vor. Sie hätte Cris Bescheid sagen sollen das sie kam. Er musste ja unbedingt auf einem Raumschiff leben, das im Gegensatz zu einer Wohnung, wie sie normale Leute bewohnten, über keine Türklingel verfügte. Sie wühlte in ihrer Tasche nach ihrem Komlink. Jetzt musste sie ihm doch anrufen.


"Oder auch nicht."

Beeindruckt schaute Noa zu, wie sich die Türen plötzlich wie von selbst öffneten. Entweder Cris hatte sie längst gesehen, oder die Empress war mit besserer Technik ausgestattet als man selbst im Holo-TV sah. Etwas zögerlich - es war nicht ganz richtig, ungebeten und unangemeldet in anderer Leute Zuhause herein zu marschieren - erklomm Noa die Rampe.

"Hallo?"

Rufen war immer eine gute Idee. Noa räusperte sich, blieb unschlüssig stehen wo sie war.

"Cris?"

Sie hatte genug an. Britney hatte so wenig Stoff wie möglich empfohlen, doch das war Noa unpassend erschienen. Sie wusste nicht wie lange Lorraine Schule hatte. Um diese Uhrzeit war sie sicher längst Zuhause. Sie trug allerdings Lippenstift. In Rot. Dass das gut aussah wusste sie, sie hatte ja eine Zwillingsschwester die Make-Up liebte. Vielleicht konnten sie später austesten wie sie aussah wenn sie nur den Lippenstift trug.

- Lianna - City - Raumhafen - Empress -
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Cris, R6

Nachdem er von seinen Einkäufen zurückgekehrt war, ließ Cris sich von R6 – begleitet durch einen Übersetzungsdatenblock, der die binären Zirplaute des Droiden für ihn auf Basic wiedergab – durch die Empress führen und einen Überblick über mögliche Wartungsprobleme geben, die das Schiff in den nächsten Monaten womöglich heimsuchen würden – weitere Kostenfaktoren, die es umso dringlicher erscheinen ließen, dass er sich schnellstmöglich eine Arbeitsstelle besorgte. Vielleicht würde es selbst dann auf Sicht nicht reichen.

Zuletzt überprüfte Cris den biometrisch versiegelten Waffenkoffer und seinen Inhalt – unter anderem eine BlasTech A180 nebst zehn Energiezellen – um sich zu vergewissern, dass niemand ihn versehentlich würde öffnen können – ganz besonders nicht Ray. Sein durch den Geheimdienst erstellter Lebenslauf beinhaltete – passend zu seinen Fähigkeiten – auch einen erweiterten Waffenschein, der ihm erlauben würde, die meisten Mitgliedswelten der Republik bewaffnet mit dieser Pistole aufzusuchen, wenngleich ihre Nutzung natürlich eine ganz andere Frage war. Dieser Schein war ein weiterer Punkt, der ihm einige Karrierepfade eröffnete – Personenschützer gehörte ebenfalls dazu, was ihm zu dem Gedanken verleitete, dass es da eine bestimmte Journalistin gab, deren Personenschutz er nur zu gerne rund um die Uhr übernehmen würde. Der Gedanke ließ ihn sein Comlink aus seiner Tasche hervorkramen, doch Noa hatte bisher noch nicht geantwortet. Etwas irritiert runzelte Cris die Stirn – mittlerweile war seine Nachricht mehrere Stunden her. Hatte sie sie womöglich noch nicht gelesen, vielleicht weil sie im Büro zu viel Stress gehabt hatte? Oder hatte er irgendetwas geschrieben, was ihr nicht gefiel? Zu knapp vielleicht? Oder zu ausführlich? Er war furchtbar in solchen Dingen…

Mit einem Seufzer kehrte er schließlich zum Arbeitsterminal zurück und rief – rein aus Interesse – eine Übersicht von Stellenangeboten der größten Jobbörse Lianna Citys auf, die sich problemlos nach den Fertigkeiten des Arbeitssuchenden konfigurieren ließ. Nach und nach nahm er einige der Angebote in eine engere Auswahl, um sich diese Liste zu einem späteren Zeitpunkt – vielleicht gemeinsam mit Noa – intensiver anschauen zu können. Die Widerstandskämpferin jedoch machte keine Anstalten, sich bei ihm zu melden – stattdessen trudelte unerwartet eine Nachricht von Ray bei ihm ein, die er natürlich ebenfalls mit einem Comlink versorgt hatte, wenn auch mit einem, das nicht unbeschränkt auf alle Inhalte des Holonetzes zugreifen konnte, aus der Befürchtung heraus, dass sie womöglich über Inhalte stolpern würde, die für ihr Alter nicht angemessen waren.

Hey Dad,

eine Freundin hat mich gefragt, ob ich über Nacht bei ihr bleiben kann – wir vollen Holofilme gucken und so. Wir sind insgesamt zu viert und sie hat mir gesagt, dass ihre Eltern mich morgen zuhause vorbeibringen.

Wäre cool, wenn ich darf.


Stirnrunzelnd betrachtete Cris den flimmernden Text, befürchtete aber, dass er seiner Tochter ihre Bitte schwer ausschlagen konnte – tatsächlich freute er sich darüber, dass sie offenbar Freunde gefunden hatte, wenngleich er sich natürlich darauf verlassen musste, dass alles so passierte, wie sie es ihm schrieb. Indes hatte er ihr nie einen Grund gegeben, ihn anzulügen – und misstrauen tat er ihr ebenso wenig. Außerdem bedeutete diese Entwicklung, dass Noa und er den Abend für sich haben würden, sollte sie hier auftauchen. Da sie sich aber noch nicht gemeldet hatte, konnte es auch heißen, dass er den ganzen Abend mit seinen Gedanken alleine sein würde.

Mach keine Dummheiten und pass auf dich auf. Ich hab dich lieb.

Diese knappe Antwort war vermutlich alles, was Ray von ihm erwartete, und doch war Cris nicht ganz von allen Sorgen befreit, als er das Comlink wieder ablegte. War seine Reaktion zu lax gewesen? Ging er zu leichtfertig mit der Sicherheit seiner Tochter um? Auf der anderen Seite war auch ihre Freiheit ein wichtiges Gut, das er nicht beschneiden wollte – absolute Sicherheit gab es nicht und das Streben danach resultierte oft in einem spürbaren Verlust solcher Freiheit. Diese auf gesellschaftlicher Ebene diskutierte Abwägung schien sich auch auf die Erziehung einer Tochter übertragen zu lassen – allerdings war es dann schon fast ironisch, dass er sich als ehemaliger Geheimdienstoffizier für die Freiheit und nicht die Sicherheit entschieden hatte in diesem Fall. Langsam schüttelte er mit dem Kopf. Und Noa hatte sich immer noch nicht gemeldet.

Weiter durchforstete er die Stellenangebote und war schließlich kurz davor, sich ins Bett zu legen oder vielleicht noch einen kleinen Drink zu nehmen, als er plötzlich eine Stimme aus der Richtung der Gangway vernahm – Noas Stimme. Das Sicherheitssystem der Empress, das auf ihre Daten ebenso eingestellt war wie auf die von Ray und Cris, musste ihr den Zugang gewährt haben. Sein Herz machte einen kleinen Sprung, als er sich rasch aus seinem Sitz erhob und fast ein wenig zu hastig in Richtung ihrer Stimme lief.

Als er sie sah, stoppte er abrupt ab und merkte, wie sein Mund leicht trocken wurde. Sie trug vollkommen normale Sachen – zumindest nach seiner Beurteilung – doch ihre Lippen leuchteten in einem satten Rot, das er so noch nie an ihr gesehen hatte und sie perfekt zur Geltung brachte.

„Wow… hey“, entwich es ihm, bevor er sich einigermaßen unter Kontrolle hatte und ein strahlendes Lächeln aufsetzte. In kürzester Zeit war er direkt bei ihr.

„Du siehst atemberaubend aus.“

Natürlich tat sie das immer, doch er hoffte, dass sie dieses Kompliment auffasste, wie es gemeint war – sie hatte diesen Lippenstift schließlich nicht zufällig aufgetragen.

Er beugte sich zu ihr vor, um sie zur Begrüßung zu küssen, doch konnte es bei einem flüchtigen Kuss nicht belassen. Ihre Lippen schmeckten genau so spektakulär, wie sie aussahen. Die Lippen einer Göttin – der Königin seines Herzens.

„Wie war dein Tag?“, fragte er sie atemlos, als sein Mund wieder frei war, um zu sprechen. Ohne sie mit seinen Händen, die er bei der Begrüßung um sie gelegt hatte, loszulassen, beugte er sich wieder vor, um ihr ins Ohr zu flüstern.

„Ray ist über Nacht bei einer Freundin… du hast mich also ganz für dich alleine.“

Er lächelte spitzbübisch – zumindest hoffte er, dass sein Lächeln spitzbübisch rüberkam und nicht so aufgeregt, wie er sich fühlte – und ließ ein wenig von ihr ab.

„Möchtest du was trinken?“

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Noa, Cris
 
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- Lianna - City - Raumhafen - Empress - Mit Cris -

Ihr Rufen war laut genug gewesen, dass Cris sie gehört hatte. Noa ließ sich von ihm küssen, um einiges stürmischer als sie erwartet hatte. Wow, Britney hatte Recht gehabt. Zappeln lassen funktionierte. Wie einfach Männer doch gestrickt waren! Noas Handtasche rutschte an ihrem Arm herunter, als Cris sie näher an sich zog und sie ließ sie bereitwillig auf den Boden plumpsen. So geküsst wurde man nicht jeden Tag. Was er wohl mit ihr angestellt hätte, wenn sie ihn bis morgen hätte warten lassen? Zu dumm, dass sie es nicht heraus finden würde, aber vielleicht beim nächsten Mal.

"Du hast also sturmfrei?"

Noa ging ein sprichwörtliches Licht auf. Daher wehte also der Wind. Lorraine war aus dem Haus - äh, aus dem Schiff - und Cris tanzte auf dem Tisch. Oder wollte sich in den Betten wälzen, je nachdem ob Noa mitspielen würde oder nicht. Oh, sie würde.

"In dem Fall, ja, ich hätte gerne etwas zu trinken. Was hast du da?"

Sie bekam also noch einmal eine Schonfrist. Heute würde nicht der erste Abend sein, an dem sie bei Cris und Ray übernachtete. Papas neue Freundin. Noa hatte sich darauf eingestellt und sie wäre bereit dafür gewesen, doch sie konnte nicht sagen, dass sie traurig darüber war, heute noch mal davon gekommen zu sein. Aufgeschoben war ja nicht aufgehoben.

"Heyyy, was hälst du davon wenn wir uns betrinken?"

Sie folgte Cris in die Küche.

"Wir machen einen drauf, ohne Limit. Due Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder."

Grinsend lehnte sich Noa gegen einen der Küchenschränke. Sie wollte sich nicht bis zur Bewusstlosigkeit besaufen. Nein, nein, sie sollten schon noch aufrecht liegen können.

"Mein Tag war okay. Lang. Durchschnittlich."

Sie zuckte mit den Schultern. Da jegliche spannende Erlebnisse ausgeblieben waren, gab es kaum etwas zu erzählen. Dass sich Cris für Britneys Liebesleben interessierte hielt Noa jedenfalls für ziemlich unwahrscheinlich.

"Und deiner?"

Fragte sie zurück. Was machte Cris eigentlich den ganzen Tag, jetzt da er keinen aktiven Job mehr hatte? Das Bild eines in Jogginghosen herum lümmelnden Cris, der den ganzen Tag über Dejarik gegen einen Droiden spielte, erschien in Noas Kopf. Nicht mehr lange und er hatte einen Bierbauch und lief nur noch in Unterhosen herum. Urgh, wo war der Alkohol der ihr half sich die Realität schön zu trinken?

"Es ist jedenfalls ein gutes Zeichen, dass Lorraine schon Freunde gefunden hat. Das freut mich wirklich."

Das war viel besser als mit einem Droiden zu spielen - und diese Feststellung bezog sich nicht auf den (hoffentlich) fiktiven Jogging- bzw. Unterhosen-Cris, sondern auf die Tatsache, dass Noa bereits bei ihrer ersten Begegnung mit Lorraine gedacht hatte, dass das Mädchen nicht auf ein Raumschiff gehörte, sondern in die Stadt, wo sie mit Gleichaltrigen rum hängen konnte.

"Ist es ein Mädchen aus ihrer Klasse? Die Freundin bei der sie schläft."

Hakte Noa nach.

"Gar nicht so leicht, eine Freundin zu finden die noch keine andere beste Freundin hat. Mädels in dem Alter sind schwierig."

Sie verdrehte die Augen.

"Zicken."

Und oft wurde es bis zur Volljährigkeit nicht besser.

- Lianna - City - Raumhafen - Empress - Mit Cris -
 
[Lianna, Lola Curich, Jedibasis - Trainingsräume] mit Yuno Odan

Yuno hatte ein wenig Zeit, in der Basis und ihrem Zimmer anzukommrn, ehe Cethra mit ihr das Training beginnen wollte. Eine Stunde. Wenn es für Yuno ein ebenso großer Unterschied zu ihrem vorherigen Leven war, wie es für Cet selbst damals gewesen war, dürfte für Yuno diese Stunde ein paar Augenblicke nur dauern.

Lächelnd und mit einem ganz guten Gefühl begab sich Cet in die Trainingsräume. Der Raum, den sie Yuno genannt hatte, war zum Glück frei und nicht reserviert -etwas, das sie nächstes Mal besser vorher checkte. Sie wollte die Stunde selvst für ein paar Übungen nutzen. Einige einfache und die eine oder andere schwerere telekinetische Trainingseinheit schadeten nicht. Es gab Cet Gelegenheit noch einmal ihre Fähigkeiten nachzuschärfen, ehe sie das erste Mal versuchte, sie jemandem beizubringen. Ausserdem hatte es immer eine beruhigende Wirkung auf sie.

Sie legte ihren Mantel in eine Ecke des Raumes und holte sich aus dem Schrank einige Objekte, die für solche Übungen bereit lagen. Die verteilte sie um sich, nachdem sie sich in der Mitte des Raumes in lockerem Schneidersitz nieder gelassen hatte. Nacheinander durften die Objekte schweben, dann alle zusammen. Sie umkreisten Cethra eine Weile und zogen mit der Zeit immer weitere Bahnen durch den Raum. Einige ließ sie dann etwas kompliziertere Figuren fliegen, ein paar andere schoss sie mit größtmöglicher Geschwindigkeit auf eine Wand zu und versuchte sie so knapp wie möglich davor zu stoppen.

Als es schließlich an der Tür klopfte sammelte Cet ihre Objekte telekinetisch rasch ein und legte sie wieder auf dem Boden vor sich ab. Dann stand sie auf und ließ ihre Schülerin herein. Natürlich war es Yuno gewesen, sie hatte sie bereits durch die Tür hindurch erkannt.

"Yuno, komm rein." Sagte sie lächelnd. Sie selbst begab sich wieder in die Mitte des Raumes, setzte sich und bedeutete der Padawan sich ihr gegenüber zu setzen. Ihrer Padawan. Dieser Gedanke war aufregend. Sie konnte weitergeben, was sie selbst gelernt hatte.

"Ich möchte dir heute sogleich einige wichtige Grundlagen über die Macht beibringen. Die Macht kann sehr vielseitig sein, kann ein Werkzeug sein oder ein anleitender Gefährte, ein heilender Wind oder eine tödliche Waffe. Es kommt darauf an, wie man sie verwendet. Es klingt geschwollen, aber es ist so. Die Macht trägt diesen Namen nicht umsonst. Man kann viel gutes damit tun, aber auch viel schlechtes. Es liegt an uns. Wenn wir es wollen, können wir das Universum damit sicherer machen. Wenigstens ein Stück weit."

Lachend nahm sie eines der vielen Objekte, einen kleinen Würfel aus Pasteel, und legte ihn vor Yuno hin.

"Genug mit der Theorie, erstmal, und jetzt wirklich zur Praxis. Die Macht kennt dich schon, jetzt wirst du sie kennen lernen. Bewusst, meine ich. Dieser Würfel hier. Versuche ihn zu berühren und seine Beschaffenheit zu erfassen. Aber ohne deine Hände. Greife ihn durch die Macht. Und wenn du ihn fühlst, ihn wirklich spürst, dann versuch ihn zu bewegen."

Cethra rückte ein wenig zurück, gab Yuno Raum.

"Lass dir Zeit damit, wir haben keine Eile. Wenn es nicht jetzt klappt, dann klappt es später oder morgen. Falls es dir hilft: erinner dich an das Gefühl, als du im Raumhafen dem Schuss ausgewichen bist."

Damit schwieg Cet und wartete darauf, wie ihre Schülerin diese erste von vielen Übungen angehen würde.

[Lianna, Lola Curich, Jedibasis - Trainingsräume] mit Yuno Odan
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Noa, Cris

Mit einem Grinsen übernahm Cris die Führung in den Kochbereich der Empress, wo er auch die Flaschen Perlwein in der Kühleinheit aufbewahrt hatte. Er konnte nicht von sich behaupten, dass er sich jemals „ohne Limit“ betrunken hatte, doch wenn es eine Person in dieser Galaxis gab, mit der er sich das vorstellen konnte, dann war es Noa. Natürlich nur soweit, dass er weiterhin alle Sinne beisammen hatte, um ihre an sich bereits berauschende Nähe in vollen Zügen genießen zu können. Denn sie hatte Recht: die Gelegenheit kam vermutlich nicht so schnell wieder, denn es war eine glückliche Fügung, dass Ray sich dazu entschlossen hatte, bei einer Freundin zu übernachten.

Geschwind holte er eine der Flaschen und zwei Gläser hervor und goss ihnen ein, während Noa ihm mit knappen Worten berichtete, dass ihr Tag offenkundig wenig ereignisreich gewesen war und ihn dann nach seinem eigenen befragte. Kurz stockte Cris, ehe er mit dem Einschenken auch des zweiten Glases fortfuhr und sich zu Noa umdrehte. Sie sah wunderschön aus, wie sie da an einen der Schränke gelehnt stand, die Spur eines Grinsens auf den roten Lippen.

„Ich habe mir heute ein paar Gedanken gemacht…“, sagte er schließlich, doch er hatte nicht die Absicht, gerade jetzt mit ihr über seine finanzielle und berufliche Zukunft zu sprechen. Jetzt stand sie hier vor ihm, mit diesen unglaublich verführerischen Lippen, und niemand war da, der sie hätte stören können…

„Aber lass uns morgen darüber sprechen.“

Er ging auf sie zu, nahm ihre Hände und zog sie langsam nach oben, um sie sanft über ihrem Kopf gegen die Schrankwand zu pressen.

„Jetzt möchte ich den Abend genießen. Mit dir.“

Dann küsste er sie, noch länger und intensiver, als er es bereits am Eingang des Schiffes getan hatte, und es verstrichen einige Momente, bevor er mit einem Lächeln zurücktrat und nach den Gläsern griff, um ihr eines davon zu reichen.

Ihre Frage nach Ray ließ ihn indes nachdenklich werden – er war ganz automatisch davon ausgegangen, dass es sich bei ihrer Freundin um eine Schulfreundin handeln musste, da sie außer bei ihm und in der Schule nirgendwo Zeit verbracht hatte, doch es blieb der Fakt, dass er sie nicht gefragt hatte – er kannte nicht einmal den Namen dieser Freundin, geschweige denn eine Adresse oder sonstige Kontaktdaten, bei denen er sich erkundigen konnte, sollte sie nicht wie zugesagt am nächsten Morgen wieder auf der Empress auftauchen.

„Soweit ich weiß, sind es insgesamt vier Mädchen“, antwortete er, um Zeit zu gewinnen, und unterband seinen Impuls, mit Noa anzustoßen oder bereits einen Schluck des Weines zu nehmen.

„Sie wollen sich Filme ansehen. Mädelsabend nennt man das glaube ich, oder?“

Er versuchte sich an einem Lächeln, doch dieses Lächeln hatte nicht lange Bestand.

„Ich vermute, dass es Schulfreundinnen von ihr sind aber… tatsächlich habe ich sie nicht gefragt.“

Unbehaglich zuckte er mit den Achseln.

„Ich… hm… ich wollte wohl nicht zu aufdringlich und der Spießervater sein. Dabei wäre es vermutlich recht angebracht, wenn ich wüsste, wo sie heute Abend ist…“

Schnell griff er nach seinem Comlink, das immer noch dort lag, wo er es abgelegt hatte, als Noa aufgetaucht war, und tippte eine rasche Nachricht an Lorraine ein, in der er sie bat, ihm Namen und Adresse ihrer Freundin mitzuteilen. Der schlimmste Fall war nun dennoch eingetreten – Ray empfand diese Nachfrage vermutlich als nervend, sah die Nachricht womöglich nicht einmal rechtzeitig, sodass er im Dunklen bleiben würde, und Noa war Zeugin geworden, wie er als Vater einmal mehr sträflich versagt hatte.

„Ich muss wohl noch einiges lernen. Unter anderem, das man als Vater nicht immer der lässige Kumpel sein kann, der die Dinge nicht so eng sieht…“

Und jetzt sprachen sie also über seine Vaterqualitäten, bestimmt kein Thema, das Noa sonderlich in Stimmung für einen zweisamen Abend brachte, vollkommen unabhängig davon, wie viel Alkohol wohl im Spiel war. Offenbar war er weder ein guter Vater, noch ein guter Liebhaber.

Immerhin leuchtete in diesem Moment das Display seines Comlinks auf – Ray hatte die Nachricht tatsächlich gelesen und ihm mit einem Namen und einer Adresse geantwortet, eine Adresse noch dazu, die in einem der besseren Viertel der Stadt lag (was wenig verwunderlich war, da es sich bei dem Vater oder der Mutter ihrer Freundin um einen Bediensteten oder eine Bedienstete der Republik handelte).

„Ihre Freundin wohnt in einem der Appartementblocks, die die Republik für ihre Angestellten vorhält…“

Er sah Noa an und versuchte in ihren atemberaubenden Augen zu lesen, was sie wohl in diesem Moment denken mochte.

„Eine solide Gegend. Ich glaube nicht, dass ich mir Sorgen um sie machen muss – alle Kinder an ihrer Schule gehören zu republikanischen Beamten oder ähnlichen Leuten, das spricht für einen geordneten Lebenswandel.“

Ein schwaches Lächeln huschte über seine Züge.

„Wollen wir so tun, als hätte ich diese Antwort sofort parat gehabt, als du gefragt hast, und da weitermachen, wo wir aufgehört haben?“

Hoffnungsvoll hob er sein Glas. Wenn Noa ihm die Leviten lesen oder gute Ratschläge erteilen wollte, dann konnte sie das doch vielleicht am nächsten Morgen machen, wenn er sowieso mit ihr ein paar Zukunftsfragen besprechen wollte. Wer wusste schon, wann er sonst das nächste Mal die Gelegenheit fand, über einen Zeitraum von mehr als ein paar Minuten ungestört mit ihr alleine zu sein…

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Noa, Cris
 
- Lianna - City - Raumhafen - Empress - Mit Cris -

Manchmal schaffte es Cris, sie zu überraschen, an diesem Abend sogar zweimal. Das erste Mal war, als er Noa ungewohnt forsch gegen die Wand hinter ihr drückte um die Art Beschäftigung einzuleiten, die er sich für den Abend vorstellte. Er hatte ihre Hände gepackt, ihr scheinbar jede Möglichkeit des Widerspruchs genommen. Das war spannend und Noa war angetan. Normalerweise tendierte Cris zu einem deutlich unterwürfigerem Verhalten. Das zweite Mal, das sie über ihm staunen musste, schien noch weiter von seiner normalerweise besonnenen Art entfernt zu sein. Diesmal ging es um Lorraine und Noa klappte der Mund zumindest sprichwörtlich auf, als sie hörte um im Verlauf von Cris' Erklärungen zu verstehen glaubte, dass er seiner Tochter zwar erlaubt hatte ausser Haus zu nächtigen, im Grunde jedoch keinen Schimmer hatte wo sie war. Er hatte nichts, keinen Namen, keine Adresse. Und seine Tochter war zwölf.

"Du machst Witze, oder?"

Cris hatte schnell reagiert, nachdem er seinen Fehler selbst erkannt hatte und sich Mühe gegeben ihn zu korrigieren indem er eine Nachricht an Lorraine geschickt und sie nach ihrem Aufenthaltsort gefragt hatte. Er hatte Glück, dass das Mädchen so verlässlich war und sofort geantwortet hatte. Geklärt war damit in Noas Augen jedoch noch gar nichts. Irritiert über seine noch immer andauernde Sorglosigkeit stellte sie ihr Weinglas, aus dem sie noch keinen Schluck getrunken hatte, auf die Arbeitsplatte zurück. Cris wollte natürlich sofort weiter knutschen, typisch Mann. Das konnte er vergessen.

"Ich verstehe nicht, wie du so ruhig bleiben kannst. Machst du dir gar keine Sorgen?"

Noa schob sich von ihm weg.

"Du hast nicht mal mit ihren Eltern gesprochen. Was sind das für Leute, sind sie einverstanden mit der Party? Sind sie überhaupt Zuhause?"

Ungeduldig über Cris' schiere Ungetrübtheit griff sie nach seinem Komlink um Lorraines Nachricht einmal selbst zu lesen - als könnte eine bloße Adresse noch weiteren Aufschluss über ihre Freundin oder deren Eltern geben. Solide Gegend, hatte Cris gesagt. Geordneter Lebenswandel. Als ob ein Straßenname und eine Hausnummer ausreichten, um eine solche Feststellung zu treffen. Es gab tausende Familien, die in hübschen Häusern lebten und eine saubere Fassade nach aussen zeigten. Das sagte nichts darüber was in ihren vier Wänden vor sich ging.

"Nicht, dass ich dir Angst machen will, aber was, wenn es keine solide Familie ist?"

Noa hob die Schultern.

"Der Vater könnte ein Säufer sein, Beamtenstatus hin oder her. Vielleicht schlägt er seine Frau. Oder Lorraines Freundin hat einen großen Bruder der im Zimmer nebenan sitzt und Pornos guckt. Ahhh, wollten sie sich nicht ein paar Holofilme ansehen? Der Bruder hat bestimmt ne' tolle Sammlung!"

Sie reichte ihm sein Komlink zurück. Cris war so naiv. Warum nur? Einen Grund hatte er Noa geliefert, er hatte gesagt er wolle kein Spießervater sein und wenn er das so sagte, dann verstand sie das absolut. Es konnte nicht einfach sein aus dem Nichts eine elterliche Beziehung zu einem Kind aufzubauen von dessen Existenz man zwölf Jahre lang nichts geahnt hatte und natürlich wollte er auch, dass Lorraine ihn mochte. Aber fürsorglich und aufmerksam waren eben keine Synonyme für spießig. Noa zog sich ihre Jacke wieder über.

"Zieh dir was an."

Sagte sie bestimmend.

"Wir fahren da hin."

- Lianna - City - Raumhafen - Empress - Mit Cris -
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Raumhafen, Landebucht, Empress of Blades]- Noa, Cris

Umd so schnell war der Abend dann gelaufen. Cris hatte das Glas wieder sinken lassen und starrte zu Boden, wobei er spürte, wie die pure Scham auf seinen Wangen brannte. ausgelöst davon, dass Noa ihm gnadenlos die ihm durchaus bewussten Mängel seiner letzten Entscheidungen bezüglich Lorraine aufzählte. Ein wenig war er vielleicht überrascht ob der Heftigkeit ihrer Reaktion, doch womöglich hing diese damit zusammen, dass sie selbst sich noch sehr gut daran erinnern konnte, ebenfalls ein zwölfjähriges Mädchen gewesen zu sein (anders als er, der er sich nicht daran erinnern konnte, wie es war, ein zwölfjähriger Junge zu sein). Mit einer positiven Lesart hätte er sogar erfreut feststellen können, dass Noa offenbar bereits eine Bande zu Ray entwickelt hatte und ihm ihr Wohlergehen besorgt war. Allerdings stand im der Sinn in diesem Moment nicht nach einer positiven Lesart, nicht nach der totalen Demütigung, die er soeben erfahren hatte. Langsam stellte er das Glas auf dem Tresen hinter ihm ab.

„Okay“, war alles, was er als Reaktion auf Noas Vorschlag – nein, ihre fast im Kasernenhofton vorgebrachte Anweisung – leise von sich gab, ehe er sich, noch immer ohne Noa anzusehen, umdrehte und mechanisch eine Jacke und die Codekarte des vor der Empress wartenden Gleiters zusammensuchte. Den ihm in Fleisch und Blut steckenden Impuls, sich zu bewaffnen, unterdrückte er sofort wieder – das wäre vermutlich die absurdeste Entscheidung, die er in diesem Moment würde treffen können.

Er hinterfragte nicht, dass Noa sich mit dem „Wir“ darin eingeschlossen hatte, zu der Adresse der Eltern von Rays Freundin aufzubrechen (vermutlich traute sie ihm nicht zu, alleine dort das richtige zu tun), sondern verließ in der Erwartung, dass sie ihm schon folgen würde, die Yacht.

„Pass auf das Schiff auf, R6“, instruierte er den in der Landebucht offenbar in irgendeine Art von Arbeit vertieften Astromech, ehe die Tür der Fahrerkabine öffnete und die Aggregate hochfuhr, nachdem auch Noa – auf dem Beifahrersitz – platzgenommen hatte. Die Feststellung, dass die Stimmung das letzte Mal, als sie in diesem Fahrzeug gesessen hatten, bedeutend besser gewesen war, war wohl die Untertreibung des Jahrhunderts.

Immer noch schweigend programmierte Cris die Adresse, die Ray ihm geschickt hatte, in das Navigationsprogramm des Gleiters ein und beschleunigte dann auf eine Art, die die Abwesenheit eines Verkehrspolizisten der Behörden von Lianna City als reinen Glücksfall erscheinen ließen, in den abendlichen Stadtverkehr, den Blick stur auf die Straße vor sich gerichtet.

Innerlich zerbrach er sich den Kopf darüber, was er wohl zu tun hatte, wenn sie an der Adresse angekommen waren – oder besser: was Noa von ihm erwartete. Es gab wohl kaum eine gesellschaftlich akzeptierte Variante, die Horrorszenarien, die Noa an die Wand gemalt hatte, zu überprüfen. Sollte er den Computer eines etwaigen großen Bruders durchsuchen? Den Blutalkoholspiegel des Vaters testen oder seine Frau auf äußere Verletzungen? Und wie sollte er überhaupt erklären, dass er aus heiterem Himmel vor ihrer Tür stand, sowohl den Eltern, als auch Lorraine? Schlimmer noch, tatsächlich würden Fragen in seine Richtung ergeben, dass er es war, der vielleicht nicht der beste Umgang für die Kinder der anderen Eltern war – er lebte schließlich auf einem Raumschiff und tauchte mit einer Frau an seiner Seite auf, die weder mit ihm verheiratet, noch Rays Mutter war, und mit der er sich vor wenigen Minuten noch auf anzüglichste Weise hatte vergnügen wollen, unter anderem ,weil ihm ihr roter Lippenstift gefiel, den Noa natürlich immer noch trug.

Cris bemerkte, wie die Knöchel seiner Hände weiß hervortraten, weil er das Steuer des Gleiters um einiges fester umklammerte, als es nötig gewesen war, und er spürte, wie neben der Scham der Ärger in ihm brodelte. Ärger darüber, dass er nicht in der Lage gewesen war, Noa Paroli zu bieten und ihr die Idee auszureden, die sie auf diesen Weg gesetzt hatte, und noch viel mehr Ärger, weil er ganz genau wusste, dass das alles nicht passiert wäre, wenn er wie ein richtiger Vater von Anfang die korrekten Fragen gestellt hätte. Er hoffte, dass Noa das Knirschen seiner Zähne nicht hören konnte, denn sie war definitiv nicht diejenige, die irgendeine Art von Verantwortung für diese Situation trug.

Abgelenkt wie er war, bemerkte Cris erst in letzter Sekunde, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, und musste den Gleiter fast mit einer Vollbremsung zum Stehen bringen, sodass Noa und er in ihren Sitzen reichlich Fliehkraft ausgesetzt wurden. Langsam nahm er die Hände vom Steuer und bemühte sich, mehrmals tief durchzuatmen. Er hatte immer noch keine Ahnung, was er jetzt tun sollte, doch war irrationalerweise für den Moment auch zu stolz, Noa um ihren Rat zu bitten, nach dem sie mit diesem zuvor bereits ungefragt und in Form klarer Ansagen nicht sparsam gewesen war. Zu allem Überfluss begann er jetzt auch noch damit, sich vorzustellen, was war, wenn Noa mit ihren düstersten Prognosen Recht behielt, und die Sorge um seine Tochter begann zusätzlich an ihm zu nagen. Nicht die besten Voraussetzungen für eine zivilisierte Unterhaltung.

Er stieg aus dem Gleiter und warf einen Blick auf das Gebäude, an dem sie angekommen war. Der Appartementkomplex wirkte ruhig und ähnelte dem Gebäude, in dem er mit Ray gewohnt hatte, bevor seine Karriere beim Geheimdienst beendet worden war. Eine kleine Portierslounge wurde von einem Verwaltungsdroiden besetz und mit einer Holokamera überwacht – Cris‘ geübtes Auge erkannte diese nicht sonderlich versteckte Apparatur sofort – die jeder Besucher passieren musste. Die Fotorezeptoren des Droiden richteten sich auf Cris, als dieser sich dem Gebäude näherte.

„Ich grüße Sie, Bürger. Was kann ich für Sie tun?“

„Ich möchte zu den…“

Cris warf einen kurzen Blick auf sein Comlink und auf die Nachricht, die Ray im geschickt hatte.

„… zu den Ersos.“

„Bitte identifizieren Sie sich.“

Kurz hielt Cris seine ID-Karte in den Lesebereich des Scanners neben dem Droiden.

„Cris Sheldon.“

„Die Dame gehört zu Ihnen?“

Der Droide musterte Noa kurz und erntete von Cris ein knappes Nicken.

„Sehr wohl. Familie Erso bewohnt Appartement 517, fünftes Obergeschoss. Den zentralen Turbolift finden Sie am Ende des Hauptganges.“

„Danke.“

Die Tür des Komplexes öffnete sich zischend und gestattete Noa und Cris den Eintritt. Letzter verschwendete keine Zeit damit, schnellen Schrittes in Richtung des Turbolifts vorzustoßen, dessen Kabine bereits wartete. Sie traten ein und die Türen schlossen sich hinter ihnen, nachdem Cris etwas zu nachdrücklich die mit einer „5“ gekennzeichnete Taste betätigt hatte.

Über dem Summen des Lifts war das einzige Geräusch, das erst einmal zu hören war, die ihm entweichende Luft, als er kapitulierend aufseufzte und Noa das erste Mal seit sie aufgebrochen waren wieder ansah, sich ein wenig albern fühlend, dass er es bis hierher nicht gemacht hatte.

„Und jetzt?“, fragte er sie unsicher. Jeder Ärger war aus ihm verschwunden – jetzt waren da nur noch die schneidende Scham und die nagende Sorge um Ray.

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Appartmentkomplex, Turbolift]- Noa, Cris
 
- Lianna – City – Wohngegend – Appartmentkomplex – Turbolift –

Die ganze Fahrt über sprach er kein einziges Wort mit ihr. Er sah sie nicht an. Cris tat so, als gäbe es Noa gar nicht. In Wahrheit war ihm ihre Anwesenheit vermutlich überdeutlich bewusst. Er war sauer auf sie, aufgrund ihrer Einmischung, wegen ihres Tonfalls und weil sie glaubte alles besser zu wissen. Seine Gedanken in dieser Richtung sprangen sie förmlich an. Und trotzdem sagte er nichts. Das wiederum ärgerte Noa.

Sie sah nicht ein, dass sie irgendetwas falsch gemacht hatte. Sie hatte ihn besucht, hatte nach seiner Tochter gefragt und erfahren, dass diese sich mit Cris unbekannten Personen an einem ihm unbekannten Ort aufhielt. Er hatte es ihr erlaubt, aber er hatte keine Ahnung gehabt wen er kontaktieren sollte falls etwas passierte, wo er nach ihr suchen sollte und ob sie überhaupt unter der Aufsicht einer volljährigen Person stand. Auf diese Mängel in seinem Verhalten hatte Noa ihn hingewiesen, etwas zu harsch für seinen Geschmack möglicherweise, doch für ihre Verhältnisse eigentlich doch recht gesittet. Er kannte sie jetzt lange genug, dachte sie. Er musste wissen, dass sie andere Leute nicht unnötig in Watte packte. Wenn sie ihm etwas zu sagen hatte, dann sagte sie es und zwar so wie es war. Natürlich übertrieb sie auch manchmal. Vermutlich waren die Eltern von Lorraines Freundin ganz normale Leute, unter den Mädels lief alles prima und sie hatten einen tollen Abend. Wenn das so war, dann war Noa mit allem zufrieden. Sie fuhr schließlich nicht in der Hoffnung mit Cris zu der Adresse, dass sich ihr schlimmer Verdacht bestätigen würde und sie Ray aus den Fängen eines religiösen Kults befreien mussten, der gerade dabei gewesen war sie lebendig an einen Kinder fressenden Dämon zu opfern. Obwohl es natürlich schon recht lustig wäre, wenn Noa mit ihren düsteren Prophezeiungen am Ende auch noch Recht behalten würde. Nein, natürlich wäre es das nicht! Außerdem hatte sie nichts über religiöse Fanatiker in dunkelroten Kutten aus Samt zu Cris gesagt, oder? Zum Glück, das war nur in ihrem Kopf gewesen. Da Cris es nicht für nötig befand, mit ihr zu sprechen, schwieg also auch Noa. Sie sah es gar nicht ein, einen Schritt auf ihn zu zu machen. Erst als sie längst den Gleiter geparkt hatten und mit dem Turbolift zu dem Appartement der Familie Erso unterwegs waren, schaffte er es, wieder die Zähne auseinander zu bekommen.


“Jetzt gucken wir ob jemand Zuhause ist und stellen uns vor.“

Der Turbolift hielt, die Türen öffneten sich und alles was sie noch tun mussten war den nummerierten Türen zu folgen, bis hin zur Nummer 517. Dort betätigte Noa den Türsummer. Cris sah aus, als hätte er einen Mynock verschluckt. Als sich die Tür öffnete lächelte ihnen eine humanoide Frau fragend entgegen – blassgelbe Haut, dunkle Haare, eine Reihe hübscher Tattoos auf Stirn und Wangen. Sie trug ein gräuliches Gewand und eine gemusterte Schürze darüber. Offenbar hatten sie sie gerade Hausarbeit erledigt, oder sie war Künstlerin, die kreative Arbeiten erledigte. Nun, es war Abend und sie war vermutlich gerade dabei zu kochen oder machte den Abwasch. Glücklicherweise sah sie nicht so aus als verspeiste sie gerne kleine Kinder zum Abendessen.

„Ja, bitte?“

Ihr fragender Blick scannte einmal kurz Noa und dann Cris.

“Guten Abend – Ms. Erso? Entschuldigungen Sie die späte Störung.“

Wie selbstverständlich übernahm Noa das Ruder, was Cris wahrscheinlich auch von ihr erwartete. Das war alles ihre Idee gewesen, würde er argumentieren. Falsch war das nicht.

“Noa Cortina, freut mich sehr.

Sie deutete auf Cris.

“Und Cris Sheldon, Lorraines – Rays - Vater. Wir kommen, um uns vorzustellen, etwas verspätet und unangemeldet, aber besser spät als nie. Ray ist doch hier, nicht wahr? Sie sagte, sie wäre hier.“

Bei der Erwähnung von Lorraines Namen hatte sich im Gesicht der Mirialanerin etwas bewegt. Jetzt nickte sie bestätigend.

„Sicher, die Mädchen sind hier. Möchten Sie kurz herein kommen?“

Sie trat einen Schritt zur Seite und Noa zeigte keine falsche Höflichkeit. Die Wohnung war aufgeräumt, stellte sie fest. An den Wänden hingen bunte Aquarelle, auf einem Endtisch stand eine Vase mit Kunstblumen und aus einem der Zimmer konnten sie durch die verschlossene Tür lautes Gekicher hören.

“Klingt als hätten sie Spaß.“

Stellte Noa mit Blick in die Richtung fest, aus der die Mädchenstimmen kamen. Mrs. Erso lud sie ein, ihr in den Wohnraum zu folgen.

„Das geht schon so seit sie hier sind.“

Antwortete sie trocken.

„Aber ich erlaube Darya zwei Übernachtungsparties pro Jahr. Ich erinnere mich selbst in dem Alter. Ich habe es geliebt bei meinen Freundinnen zu übernachten.“

“Holofilme schauen und bis spät nach Mitternacht flüstern."

Noa grinste. Über Jungs reden gehörte auch noch dazu, aber sie war nicht sicher ob Daryas Mutter das hören wollte.

"Ich hatte eine Freundin deren Mutter süßen Tee selbst gemacht hat. Wir haben Becher weise davon getrunken. Kann ich Ihnen etwas anbieten?"

Noa sah hinüber zu Cris. Sie hatten nicht vor gehabt sich selbst einzuladen.

"Wir wollen uns nicht aufdrängen."

Lehnte sie ab.

"Oh, aber könnten wir Kom-Nummern austauschen? Falls was mit Lorraine ist."

"Natürlich, einen Moment."

Die Mirialanerin verschwand. Die Einrichtung war nicht ihr Geschmack, entschied Noa. Auf dem Sofa lagen bestickte Kissen, auf den Tischen kleine gehäkelte Decken. Es war ein gemütliches Heim, nett und ordentlich, aber... spießig. Genau das, was Cris nicht sein wollte. Sie vermied es ihn anzusehen. Er war derjenige der beleidigt war, sie spielte bloß mit, und da er beschlossen hatte nicht mehr mit ihr zu sprechen würde sie es auch nicht tun, so lange bis er eingesehen hatte, dass er ein Blödmann war.

- Lianna – City – Wohngegend – Appartmentkomplex – Appartement 517- Mit Cris –
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Appartementkomplex, Turbolift]- Noa, Cris

Cris hatte versucht, sich auf dem Weg in Richtung Appartement 517 die Worte zurechtzulegen, die er an die Eltern des Mädchens, bei dem Ray übernachtete, richten wollte und meinte sogar, einen einigermaßen zusammenhängenden und nicht gänzlich blamablen Begrüßungssatz zusammenbekommen zu haben, doch als dich die Tür vor Noa und ihm öffnete und eine Mirialanerin ihnen gegenüber stand, war er sprachlos. Er, der er zahlreiche Planeten der Galaxis bereist und verschiedenste Spezies kennen gelernt, mit ihnen und gegen sie gekämpft hatte, war vollkommen überrumpelt, weil er das offensichtliche nicht einkalkuliert hatte: dass es auch auf Lianna Nichtmenschen gab und die Chance sehr hoch stand, dass zahlreiche Klassenkameradinnen Lorraines keine Menschen waren.

Vollkommen mühelos – so als war das genau das, was hätte passieren sollen – ergriff Noa das Wort und begrüßte Miss Erso und stellte im selben Atemzug auch gleich Cris vor, der nach wie vor kein Wort herausbrachte und sich nur zu einem Lächeln versuchte durchzuringen, das ihm eher misslang. Wenn die Mirialanerin es seltsam fand, dass die Frau, die mit ihr redete, nicht den gleichen Nachnamen hatte wie Cris und dieser, obwohl er es war, der als Lorraines Vater ein Anliegen ihr gegenüber hatte, kein Wort über die Lippen brachte, so zeigte sie es nicht, sondern bat die beiden stattdessen ungeachtet der späten Stunde freundlich herein. Und jetzt stand er inmitten einer Wohnstube, die eingerichtet war, als stammte sie aus einer der zahlreichen Vorabendholoserien, die man sich ansah, um die Hoffnung zu behalten, dass das Leben auch ruhig, vorhersehbar und gemächlich sein konnte – also genau das Gegenteil von dem, was hinter Noa und ihm lag.

Natürlich änderte das nichts. Es hätte genauso gut sein können, dass sie eine gänzlich andere Situation hätten vorgefunden hätten. Er hätte es unmöglich vorhersehen können – und es hatte erst Noas beherztes Eingreifen gebraucht, um ihm das klar zu machen. Betreten starrte Cris zu Boden. Am liebsten wäre er im Boden versunken – immerhin hatte ihre Gastgeberin für einen kurzen Moment den Raum verlassen, wohl, um ihnen die Comnummer zu geben, um die Noa sie gebeten hatte. Aus dem Nachbarzimmer drangen immer noch die fröhlichen Geräusche der Mädchen – Cris hoffte, dass das Klingeln an der Tür niemanden dort neugierig gemacht hatte. Jetzt, da er recht sicher sein konnte, dass es ihr gut ging, wollte er Ray nicht blamieren. Oder war auch das falsch? Musste er sie jetzt noch mit seinen eigenen Augen sehen, bevor er sich sicher sein konnte – sich sicher sein durfte?

Klammheimlich wanderte sein Blick in Richtung der neben ihm stehenden Noa und zaghaft streckte er eine Hand nach der ihren aus, um sie schließlich zu ergreifen und sanft zu drücken.

„Es tut mir Leid…“, sagte er leise.

„Du hattest Recht und ich Unrecht.“

Streng genommen war er einfach nur gedankenlos gewesen und hatte kein Unrecht gehabt, doch solche Spitzfindigkeiten änderten nichts daran, dass Noa eine Entschuldigung verdient hatte. Und Dank.

Er verstärkte den Druck ein wenig.

„Danke.“

Als Miss Erso wieder im Wohnzimmer auftauchte, ließ er seine Hand rasch sinken. Er konnte sich recht gut vorstellen, dass die andere Frau es vermutlich höchst unangemessen finden würde, wenn die beiden wildfremden Menschen, die in ihrer Wohnung aufgetaucht waren, miteinander auf Tuchfühlung gingen, erst recht, wenn dies auf einer einseitigen Aktion seinerseits beruhte.

Er räusperte sich.

„Vielen Dank, Miss Erso.“

Es war höchste Zeit, dass er den Mund aufbekam. Mit einem Knopfdruck übertrug er seine Nummer auch auf das Comlink der Mirialanerin.

„Tut mir Leid, dass wir Ihnen diese Umstände machen. Ich… ich habe wohl etwas langsam geschaltet.“

„Keine Ursache, Mister Sheldon.“

Bildete er sich das ein, oder musterte die andere Frau ihn fast schon belustigt, mit einem kurzen Seitenblick zu Noa…?

„Dad?“

Lorraines Stimme ließ ihn fast mit einem Stoßseufzer die Augen schließen. Die Tür zum Nachbarzimmer hatte sich geöffnet und in ihrem Rahmen standen Ray, ein junges Mirialanermädchen, bei dem es sich wohl um Darya handeln musste, eine blauhäutige Twi’lek in demselben Alter und ein rothaariges Menschenmädchen. Der Blick seiner Tochter wirkte misstrauisch, bis er auf Noa fiel und sie zu strahlen begann.

„Hi Noa!“

Das Misstrauen kehrte jedoch schnell wieder zurück, als sie Cris wieder ansah.

„Was ist denn los?“

„Gar nichts!“, erwiderte Cris schnell.

„Nur langweiliges Erwachsenenzeug. Wir sind auch gleich wieder weg. Lasst euch nicht stören.“

„Okay…“

Ray runzelte die Stirn, doch die vier Mädchen zogen sich wieder in das Nebenzimmer zurück, nicht ohne dass seine Tochter Noa noch ein kurzes Lächeln zugeworfen hatte. Während sich die Tür schloss, schnappte Cris noch einen Satz auf:

„Noa ist die Freundin von meinem Dad – sie ist voll cool!“

Fast hätte Cris geschmunzelt. Ob Noa den Satz ebenfalls noch mitgehört hatte…?

Schlagartig wurde er sich gewahr, dass Daryas Mutter ihn immer noch leicht erwartungsvoll ansah.

„Oh… nun, Miss Erso, ich glaube, dass wir Ihre Zeit genug in Anspruch genommen haben. Vielen Dank noch einmal für Ihr Verständnis.“

Ein wenig hilfesuchend sah er sich nach Noa um. Falls seine Entschuldigung zwischen Tür und Angel ihr nicht ausreichte – er beabsichtigte durchaus, sich noch formvollendeter zu entschuldigen – lag es durchaus in ihrer Hand, ihn vollends auflaufen zu lassen.

„Wollen wir…?“


[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Appartementkomplex, Appartement 517]- Noa, Cris, Miss Erso
 
- Lianna – City – Wohngegend – Appartmentkomplex – Lift – Mit Cris –

So schwer war es doch gar nicht gewesen. Und schnell war es auch noch gegangen. Noa wusste nicht, ob Cris letzten Endes froh war, dass sie den Besuch getätigt hatten, oder ob er einfach nur erleichtert war, dass er vorüber war. Vermutlich beides. Zum zweiten Mal an diesem Abend standen sie, nachdem sie die Wohnung der Ersos wieder verlassen hatten, nebeneinander in der Kabine des Turbolifts. Schweigend. Auch das war nichts Neues. Noa ritt noch auf ihrer Welle der Genugtuung. Noch bevor sie sich verabschiedet hatten, hatte Cris ihr zugestanden, dass sie im Recht gewesen war. Natürlich war sie das gewesen, das hatte sie schon vorher gewusst. Aber es hatte sich trotzdem gut angefühlt, es von ihm zu hören. Ebenfalls runter wie Öl gegangen war Lorraines Beschreibung von ihr: voll cool. Hey, wer war das nicht gerne? Natürlich konnte man darüber diskutieren, ob es eine besondere Auszeichnung war, von albernen Teenagermädchen als cool bezeichnet zu werden, aber Noa hatte für sich ganz klar entschieden, dass das zumindest nicht unwichtig war. Sie war auch mal zwölf gewesen und hatte schon damals einen ausgesprochen guten Geschmack gehabt. Meistens jedenfalls. So weit sie sich erinnern konnte. Ihre Fehltritte neigte sie dazu auszublenden.

“Hast du ihr Gesicht gesehen?“

Der Ausdruck, mit dem Ray Cris angeguckt hatte, war urkomisch gewesen und Noa konnte nicht anders, als ihre über allem erhabene Haltung aufzugeben und zu lachen.

“Sie sah aus, als rechnete sie mit dem Schlimmsten.“

Dass der Abend für sie gelaufen war, dass ihr Vater gekommen war um sie abzuholen.

“Und dann deine Antwort: Erwachsenenkram!“

Je länger sie darüber nachdachte, desto lustiger wurde es.

“Das Beste daran ist, dass sie das völlig ohne zu hinterfragen hingenommen hat. Als wäre es eine total legitime Antwort, die alles erklärt!“

Der Lift hielt auf seiner natürlichen Ebene und Cris und Noa verließen den Zugang zu den Appartementblocks, um zurück zum Gleiter zu gehen. Sie wusste nicht wie Cris sich fühlte, aber ihr ging es jetzt bedeutend besser. Ray war für den Abend gut aufgehoben, das hatten sie nicht wissen können ohne sich selbst davon zu überzeugen. Aus diesem Grund war es richtig gewesen, hierher zu kommen. Es war nicht immer möglich, Kinder zu kontrollieren und es war auch nicht immer sinnvoll. Manchmal musste man ihnen auch Vertrauen schenken. Aber noch war Ray jung und Cris wusste nichts über ihr Umfeld, so jedenfalls wirkte es auf Noa. Sie und ihre Geschwister hatten immer eine Menge Freiraum gehabt. Besonders ihre Mutter hatte ihnen vieles erlaubt, aber sie hatte auch immer dafür gesorgt – im Rahmen ihrer Möglichkeiten und bis zu einer gewissen Altersgrenze – dass sie wusste, wo sich ihre Kinder aufhielten. Und wenn sie es einmal nicht gewusst hatte, dann war das nicht ihre Schuld gewesen. Früher oder später flunkerten alle Jugendlichen mal, manche mehr und manche weniger.

“Jetzt hab‘ ich Hunger.“

Stellte Noa fest, als sie den Gleiter erreicht hatten. Bei den Ersos hatte es nach Essen gerochen. Mist, sie hätten sich doch selbst einladen sollen.

- Lianna – City – Wohngegend – Appartmentkomplex – Mit Cris –
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Appartementkomplex, Turbolift]- Noa, Cris

Noas Belustigung über Rays Reaktion auf sein unvermitteltes Auftauchen zwang schließlich auch Cris ein Schmunzeln auf die Lippen, als sie den Turbolift verließen und auf den Ausgang des Gebäudes zusteuerten. Sie hatte tatsächlich so ausgesehen, als befürchtete sie das Schlimmste – bis, wie er ebenfalls feststellen musste, ihr Blick auf Noa gefallen war. Schließlich hatte sie ja nicht wissen können, dass es deren Nachdruck zu verdanken war, dass er sich entschlossen hatte, zum Appartement der Ersos aufzubrechen. Somit blieb Noa „voll cool“ und Cris war vermutlich im Gespräch der Mädchen untereinander „voll peinlich“ – doch das störte ihn nicht.

„Es fühlt sich gut an, zu wissen, dass es ihr gut geht und sie ihren Spaß hat“, gab er schließlich zu, als sie kurz davor waren, in den Gleiter zu steigen, den Cris in seiner Eile etwas unkonventionell abgestellt hatte.

„Und dass sie Freunde hat.“

Hoffentlich erwies sich nicht auch eine weitere Feststellung von Noa als zu zutreffend – nämlich dass Mädchen in diesem Alter auch sehr schwierig zueinander sein konnten. Ray dann zu trösten würde Cris in diesem Fall vermutlich heillos überfordern.

Mit bedeutend ruhigeren Handbewegungen als noch in der Landebucht startete Cris den Gleiter. Ihm war nicht entgangen, dass Noa von ihrem Hunger gesprochen hatte – auch sein eigener Magen schien sich nach ein wenig Nahrung zu sehnen.

„Ich schätze, ich schulde dir ein Essen…“

Vielleicht war das ein wenig, den Abend doch noch ein Stück weit zu retten, während die beiden Gläser Perlwein auf der Empress herumstanden und ihr Inhalt warm und schal wurde.

„Und keine Widerrede!“

Bevor Noa derlei Widerworte hätte formulieren können, hatte Cris den Gleiter bereits wieder vor einer Lokalität zum Stehen gebracht, die Selby ihm ans Herz gelegt hatte – dessen Kenntnisse ums Kulinarische kaum von der Hand zu weisen waren, auch wenn er Noa vermutlich besser nicht sagte, dass es der ehemalige Pilot der Empress gewesen war, der die Empfehlung ausgesprochen hatte.

Das „Corelliana“ – das ungeachtet seines Namens nicht nur corellianische Küche servierte, wenngleich es wohl einmal von einem Corellianer gegründet worden war, der sein Glück auf Lianna hatte machen wollen – wirkte äußerst gut besucht und war in seiner Einrichtung sowohl modern, als auch gemütlich eingerichtet – sanfte Blautöne dominierten das Interieur und mehrere Aquarien gefüllt mit farbenfrohen Fischen fungierten als Blickfänge. Ironischer- oder aber konsequenterweise fand sich jedoch kein einziges Fischgericht auf der Speisekarte.

Im Eingangsbereich des Restaurants war ein livrierter Kellner stationiert, der die Gäste ihren Tischen zuwies und Reservierungen gegenprüfte. Eine der Eigenschaften des Corelliana, mit dem dieses sich brüstete, war, dass sämtliche Bedienstete aus Fleisch und Blut waren – wobei Cris vermutete, dass zumindest in der Küche für die Schmutzarbeit Droiden eingesetzt wurden.

„Haben Sie noch einen Tisch für zwei?“, fragte Cris den Kellner, als dieser ihm seine Aufmerksamkeit widmete.

„Ein wenig privat, wenn es geht.“

„Sie haben Glück, Sir“, kam die erleichternde Antwort.

„Gerade ist etwas frei geworden.“

Er winkte einen weiteren, etwas jüngeren Kellner herbei, der Noa und Cris vorbei an einem der Aquarien vorbei zu einer von mehreren Nischen führte, die so wirkten, als wären sie primär mit der Benutzung durch Pärchen konzipiert worden – für zwei Personen und leicht sichtgeschützt. Kaum hatten die beiden sich gesetzt, erschien zwischen ihnen eine holographische Speisekarte. Vielleicht würde dieser Aufenthalt in einem Restaurant ja nicht so enden, wie der letzte.

„Such dir aus, was du willst“, forderte Cris Noa auf.

„Ich möchte, dass du den Rest des Abends genießt.“

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Restaurant „Corelliana“]- Noa, Cris
 
– Lianna - Lianna City - Restaurant „Corelliana“- Mit Cris –

Die Speisekarte erschien zwischen ihnen, ohne dass sie sie händisch hätten aufrufen müssen. Noa vermutete einen im Tisch eingebauten Sensor, oder eine manuelle Steuerung durch aufmerksames Personal, möglicherweise direkt durch den Platzanweiser. Die Nische, in der dieser sie gesetzt hatte, war abgeschirmt vom Rest des Restaurants – einem Laden, der im Grunde weder zu ihr noch zu Cris zu passen schien. Als er gemeint hatte, ihr ein Essen zu schulden war sie ganz seiner Meinung gewesen, hatte aber nicht gedacht, dass er dabei ein vornehmes Restaurant mit livriertem Personal im Sinn gehabt hatte. Sie studierte die holographische Karte vor ihr. Die Hälfte der genannten Speisen kannte sie nicht, vermutlich war sie zu ungebildet.

“Burger gibt’s hier nicht, nehme ich an?“

Fragte sie Cris, von dem sie nur annehmen konnte, dass er schon mal hier gewesen war, so zielsicher wie er die Adresse angesteuert hatte. Sie würde einfach irgendwas wählen, blind auf etwas tippen und sich überraschen lassen. Über vornehme Läden sagte man ja oft, dass sie nur kleine Portionen servierten, die dafür überteuert waren. Ob sie also zwei Hauptgänge bestellen sollte? Cris würde schließlich bezahlen. „Keine Widerrede“ hatte er gesagt. Wenn er das so wollte…

“Das wäre ein Laden für meine Schwester.“

Noa lehnte sich zurück, sah sich um. Sie hatte zwei Hauptgerichte gewählt. Vorspeisen fand sie albern.

“Auf Corusant gibt es ein Restaurant von einem Koch aus dem Holo-TV. Der hat seine eigene Sendung und alles. Cloé liebt ihn. Wir haben einmal drei Abende hintereinander dort gegessen, weil sie ihn unbedingt persönlich treffen wollte, aber wir haben ihn nicht ein einziges Mal gesehen. Entweder er war wirklich seeeehr in der Küche beschäftigt, oder überhaupt nicht da. Nach dem dritten Besuch haben wir dann aufgegeben weil Jesper allmählich eifersüchtig wurde.“

Lachend schüttelte sie den Kopf. Jesper war mit Abstand der letzte Mensch, der sich Sorgen darüber machen musste, dass seine Frau ihm weglaufen könnte. Cloé würde alles für ihn tun.

“Bist du mit ihr in solchen Restaurants gewesen?“

Fragte Noa unvermittelt.

“Mit deiner reichen Filmstar-Ex?“

Der Gedanke kam ihr ganz plötzlich. Sie hatten nie wirklich darüber gesprochen, dass Cris mit einer Berühmtheit zusammen gewesen war. Wollte Noa das aufarbeiten? Nicht wirklich. War sie neugierig? Ein bisschen.

“Muss eine ganz andere Art von Leben gewesen sein mit ihr.“

Dachte sie laut. Sie stellte sich Cris vor mit Akemi Akanato, dieser perfekten Porzellanpuppe mit ihrer milchweißen, makellosen Haut. Noa war ihr ein einziges Mal begegnet und hätte sich nicht gewundert, wenn sie einen Heiligenschein getragen hätte. So ganz verstand sie nicht, wie Cris überhaupt in ihre Welt gepasst hatte, wie sie sich überhaupt kennen gelernt hatten. Aber vielleicht erleuchtete er sie ja.

– Lianna - Lianna City - Restaurant „Corelliana“- Mit Cris –
 
[Lianna / City / Raumhafen / Landebucht] Eriu und verschiedene Reisende



Eriu trat aus dem Shuttle. Bereits im Anflug hatte er zuerst interessiert, dann schockiert, den Planeten betrachtet. Die Menschen auf Lianna, wie in so vielen Systemen, hatten die Natur fast völlig aus ihren Städten vertrieben. Durastahl, Duraplast und andere Materialien in verschiedenen Farben zierten das Bild der Stadt in der er sich befand. Er hatte von Nar Shaddaa und Coruscant gelesen, den Stadtplaneten -bzw. Monden. Aber so? Dort musste es noch schlimmer sein. Wie hielt man es nur dauerhaft hier aus?
Er atmete tief durch. Aber sein Exil war beschlossene Sache.
Auf dem Weg hatte er einige Holos über den Jediorden durchgesehen. Er war gespannt wie sich der Orden heute gab. Wahrer des Friedens, vielleicht....

Nachdem er sein Gepäck, mehr als einen Koffer benötigte er nicht, abgeholt hatte, ging er aufmerksam durch die halle und sah sich um. Verschiedenste Spezies, die meisten sagten ihm nichts, redeten wild durcheinander und das Geräusch erinnerte ihn an einen Bienenschwarm, nur... unruhiger. Als dann auch noch ein Mensch in einem orange-schwarzen Outfit auftauchte, konnte er ein Lächeln nicht mehr unterdrücken.
Er selbst trug eine weite verzierte Robe aus einem seide-artigen Stoff in Weiß- und Silbertönen. Nichts besonderes auf seiner Welt, aber hier viel er auf, genauso wie mit seinem makellosen Gesicht, denn wie alle Sephie lag er über dem menschlichen Durchschnitt, was Schönheit betraf.

Nachdem er die Halle verlassen hatte, wandte er sich an den erstbesten Passanten.


"Verzeihen Sie guter Mann, können sie mir vielleicht den Weg zu den Jedi weisen?"

Der Mann, ein Zabrak, aber das wusste Eriu nicht, sah ihn etwas verduzt an und antwortete dann schroff.

"Klar, da drüben der Kasten gegenüber."

Eriu bedankte sich und überquerte die Straße. Weit war der Weg nun wirklich nicht gewesen. Auch der Eingang war durchaus schnell gefunden und der Sephie betrat, mit einem flauen Gefühl im Magen das Gebäude. Was würde ihn hier erwarten? Was, wenn sein Vater falsch lag, wohin sollte er gehen? Lange hatte Eriu über die letzten Worte seines Vaters nachgedacht. Sie hatten sich in den letzten Jahren so weit auseinander gelebt, dass es einfach nicht mehr einfach war zwischen ihnen und er wusste, das sein Vater am Ende nur das Beste für ihn wollte, nicht mehr und nicht weniger.



[Lianna / City / Jeditempel / Eingang] Eriu
 
[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Restaurant „Corelliana“]- Noa, Cris

Spätestens als Noa zu Protokoll gab, dass das Corelliana wohl hervorragend zu ihrer Schwester Cloé passen würde, drängte Cris sich der Verdacht auf, dass es ihr hier nicht gefiel. So ähnlich sie ihrer Schwester auch sehen mochte – auch wenn Cris sich sehr sicher war, dass er selbst niemals in die Verlegenheit kommen würde, die beiden zu verwechseln, zu vernarrt war er in jedes liebenswürdige Detail an Noa – so verschieden waren die beiden, wenngleich sie das offenbar nicht davon abhielt, meistens wie Pech und Schwefel zusammenzuhalten. Doch hier ging es gerade nicht um Cloé – auch nicht um Jesper, ihren Lebensgefährten, also einen männlichen Leidensgenossen, den das Schicksal ereilt hatte, sich in eine der Cortina-Schwestern zu verlieben. Nein, hier ging es um Cris und darum, dass er offenbar wieder einmal etwas falsch gemacht, in diesem Fall das falsche Restaurant ausgewählt hatte.

Mit einem Seufzen orderte er sich selbst ein extra großes Nerfsteak – Burger mochte es zwar nicht geben, doch auch hungrige Mäuler kamen im Corelliana auf ihre Kosten (den Preis zwang er sich zu ignorieren) – und einen Coronet Comet Cocktail in der Pilotenfassung, also ohne Alkohol. Vielleicht war er Noa gerade auch etwas unfair gegenüber. Sie hatte mit keiner Silbe gesagt, dass ihr das Restaurant nicht gefiel, und meistens artikulierte sie recht deutlich – manche würden sagen überdeutlich – wenn ihr etwas nicht gefiel. Vermutlich hatte sie einfach nur eine Anekdote aus ihrem Leben mit ihm teilen wollen. Das machte man schließlich so, wenn man ein Paar war, oder nicht?

Bevor er ihr jedoch ein Lächeln zuwerfen konnte, erwischte ihre nächste Frage ihn so eiskalt, dass er wohl sein Getränk ausgespuckt oder an seinem Essen fast erstickt wäre, hätte er eines von beiden bereits bei sich gehabt. So konnte er sie nur wie betäubt anstarren. Die Verwirrung, wer mit „sie“ gemeint sein konnte, hatte nur kurz angedauert, denn schnell war es glasklar geworden, wer gemeint gewesen war: Akemi.

Cris hatte das Gefühl, sich am Tisch abstützen zu müssen, obwohl er gemütlich saß und nicht stand. Warum zauberte Noa plötzlich Akemi aus dem Hut, nachdem sie sich fast wegen seiner väterlichen Inkompetenz gestritten hatten? Steuerte sie sie beide absichtlich auf die nächste Kleinkrise zu und lag dies womöglich sehr wohl daran, dass ihr das Restaurant nicht gefiel? Ihr Tonfall hatte neutral geklungen, vielleicht etwas neugierig, und auch das gefährliche Funkeln war noch nicht in ihren Augen zu erkennen, doch Cris war nichtsdestotrotz mehr als misstrauisch und hatte die ungute Vorahnung, dass er im Grunde nur etwas Falsches antworten konnte. Was aber auch bedeutete, dass er es schlicht und ergreifend mit der Wahrheit versuchen konnte. Vor seinem inneren Auge erschien plötzlich das Bild Akemis, die ihn anlächelte, heraufbeschworen von Noas Frage, doch alles, was er empfand, wenn er an sie dachte, war freundschaftliche Zuneigung. Einst war sie es gewesen, die sein Herz bewohnt hatte. Doch jetzt teilten es sich Noa und Ray.

„Es war eine ganz andere Art von Leben“, bestätigte er schließlich Noas Vermutung.

„Und zwar nicht meine Art.“

Er klang nicht traurig, als er diese Worte aussprach – warum sollte er auch? Er wusste spätestens seit dem Siegesball, dass Akemi ohne ihn ihr Glück gefunden hatte, und auch er selbst hatte eingesehen, dass er das seine ohne sie würde finden müssen. Für eine kurze Zeit waren sie füreinander bestimmt gewesen – aber mittlerweile glaubte er, dass manche dieser Verbindungen nicht für die Ewigkeit gemacht waren.

„Natürlich waren wir manchmal in teuren Restaurants… Luxushotels… das war eine Welt, in die ich nie wirklich reingepasst habe. Sie am Anfang auch nicht, glaube ich.“

Cris zuckte mit den Achseln.

„Doch sie ist da reingewachsen – und ich nicht. Und wir haben wohl beide erkannt, dass wir weitersuchen mussten. Und ich glaube, dass wir am Ende beide an anderen Orten fündig geworden sind.“

Er sah Noa fest in die Augen und lächelte.

„Ich an jenem Tag auf Coruscant, als eine heißblütige Widerstandskämpferin fest entschlossen war, die Galaxis von einem weiteren imperialen Spitzel zu befreien.“

Sein eigenes pochte plötzlich überdeutlich, während er einfach nur dasaß und Noa ansah. Seine Stimme war zu einem Beinahe-Flüstern geworden.

„Jetzt weiß ich, dass meine Art von Leben, egal ob in den Unteren Ebenen Coruscants oder in einem Restaurant wie diesem hier, das Leben ist, das ich mit dir verbringen darf.“

[Lianna-System, Lianna, Lianna City, Restaurant „Corelliana“]- Noa, Cris
 

[Lianna - City - Blumenladen] Shalla

Shalla hatte großes Glück, dass sie all jene Pflanzen, die sie gesucht hatte, nun in ihren Armen trug. Die Basis besaß viel zu wenig grün, und da war es eine Notwendigkeit, zumindest ihr Quartier etwas angenehmer zu gestalten. Selbstverständlich waren Besitztümer nichts, nach dem Jedi streben sollten, doch eine natürliche Umgebung, in der man sich wohl fühlte, trug unermesslich viel dazu bei, konzentriert an die Arbeit zu gehen. Alles natürliche half den Sinnen und daher war es wichtig, ein wenig mehr Heimatgefühl in ihr Quartier ziehen zu lassen. Schließlich und schlussendlich waren Sümpfe Shallas Zuhause gewesen. Ein einfaches Gerät sorgte dafür, dass auch das Klima in ihrem Quartier angepasst war. Für die freie Entfaltung des Geistes war dies einfach wichtig. Wie sonst sollte man sich philosophischen Themen zuwenden? Ein Beweis dafür, dass auch Technik ihre Daseinsberechtigung hatte. Immerhin war es durch diese möglich, bestimmte klimatische Bedingungen herzustellen.

Zwei üppige Gewächse in den Armen tragend begab sich die junge Ritterin also zurück in den Jedi Orden und kaum, dass sie den Eingang erreicht hatte, fiel ihr etwas ungewöhnliches auf. Ein Wesen (Eriu) mit langen Haaren und einer außergewöhnlich schönen Robe stand ebenfalls vor dem Eingang. Shalla selbst trug keine Kleidung, bis auf einen Gürtel mit langen Fransen, doch die Kleidung dieses Wesens schien äußerst schön, selbst für pa'lowkische Verhältnisse. Ob diese Robe eine Bedeutung hatte? Ob sie eine Geschichte in sich trug? Oh, sicherlich, sicherlich musste sie etwas bedeuten, allein schon durch die Farbgebung! Shalla konnte nicht sicher sagen, ob es sich bei diesem Wesen um einen Menschen hielt, auch das Geschlecht ihres Gegenübers konnte sie nicht bestimmen. Im laufe der Zeit hatte sie gelernt, dass der Haarwuchs nicht zwangsläufig etwas zu bedeuten hatte, es sei denn, er befand sich direkt im Gesicht.


Sie musste den Fremdling ansprechen, so viel stand fest. Sicher war er eine interessante Persönlichkeit, zumindest wenn sie von der Kleidung ausging.
"Hallo", begrüßte sie also den Fremdling und lugte zwischen den beiden Pflanzen hindurch, um ihn noch einmal eingehender betrachten zu können. "Eine sehr ästhetische Robe tragt ihr da. Ob eine Geschichte mir ihr verwoben ist?"



[Lianna / City / Jeditempel / Eingang] Eriu & Shalla
 
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