Naboo, auf dem Lande - Schiff der Sklavenhändler - Kestrel, Brianna
Kestrel sagte, dass der Grund für ihre Landung sei, die Aura eines Jedi gespürt zu haben, und irgendwie war sie sich sicher, dass der oder die Jedi sie ebenfalls gespürt hätte. Brianna hinterfragte die Einschätzung ihrer Mentorin nicht, dafür verstand sie zu wenig von Machtdingen. Die Ritterin schien sich ziemlich sicher zu sein, und da das Fieber durch die Heilung nicht mehr so schlimm war, glaubte sie auch, dass es nicht nur eine Einbildung war. Kestrel wollte, dass sie in die Richtung zurückgehen sollten, aus der sie gekommen waren. Beide waren sich einig, dass es keinen Sinn machte, mit dem Schiff noch einmal zurückzufliegen, obwohl die Jedi die Präsenz offenbar nicht mehr spürte. Immerhin hatte die Weißhaarige das Schiff schnellstmöglich zur Landung gebracht, an dem erstbesten geeigneten Punkt, und angesichts des niedrigen Treibstoffstands war sich die junge Echani nicht sicher, ob sie noch ein Stück zurückfliegen sollten. Es war ihr zu riskant, und sie verstand auch zu wenig von Raumschiffen, um zu wissen, ob sie es sich erlauben konnten.
Den beiden Sklavenhändlern brachte sie noch zwei Mahlzeiten und Getränke in die Zelle. Eigentlich hätte Brianna sie freigelassen, doch sie wollte nicht, dass sie ihnen folgten oder sie gar mithilfe des Frachters aufs Korn nähmen. Am liebsten wäre es ihr gewesen, wenn sie gar nicht gewusst hätten, auf welchem Planeten Kestrel und sie waren, doch jetzt war es zu spät. Aus ihrem Ziel Naboo hatten sie ohnehin keinen Hehl gemacht. Es gab auch wirklich wichtigere Probleme als das, fand die weißhaarige Frau, sobald ihre Freundin versorgt war, konnte sie sich um die beiden kümmern. Abgesehen davon, in einer kleinen Zelle eingesperrt zu sein, ging es ihnen nicht so schlecht, besser als den beiden jungen Frauen im Moment, fand sie.
Ein weiteres und vermutlich letztes Mal schulterte die durchtrainierte Athletin ihre Mentorin und packte die Medikamente sowie einen Notvorrat an Getränken und Rationsriegeln in die Tasche mit ihren Sachen. Sie verließ das Schiff durch die Frachtrampe, und verschloss es mit einem geänderten Zugangscode. Danach marschierte sie mit ihrer Last einfach in Richtung der Nase des Schiffes los - schließlich war sie zum Schluss eine 180-Grad-Kehre geflogen. Kestrel hoffte, dass sie Brianna nicht zu schwer wurde. bat sie, zu pausieren, wann immer sie musste.
"Keine Sorge, ich werde sicher nicht laufen, bis ich zusammenbreche, aber ich werde auch nicht mehr Pausen einlegen, als unbedingt nötig. Je schneller du an einen Ort, wo du dich erholen und medizinisch versorgt werden kannst, desto besser. Zu schwer wirst du mir so schnell nicht - ich kann ganz andere Sachen tragen - aber leider ist es ziemlich weit. Vermutlich hat dein Jedi keinen Grund anzunehmen nach uns zu suchen und uns entgegenzukommen. Schade, dass du ihm oder ihr keine mentale Nachricht hast senden können."
Meinte sie. Es wäre natürlich das einfachste für sie gewesen, wenn sie einfach nur auf Hilfe hätten warten müssen, aber die junge Echani wusste nicht einmal, ob es eine gesunde Kestrel in dieser Zeit geschafft hätte. Insgeheim befürchtete sie, vergebens nach dem Jedi zu suchen, etwa weil dieser auch nur auf dem Weg von A nach B wäre. Oder weil ihre Freundin nicht mehr in der Lage wäre, die Macht zu benutzen und Brianna ihn schlicht und ergreifend nicht alleine finden würde. Sie fragte sich, ob sie noch den gesamten Weg gehen konnte, weil sie inzwischen wirklich hundemüde war, doch sie würde nicht pausieren, solange es irgendwie anders ging. Es war eminent wichtig, dass ihre Freundin ärztlich versorgt wurde, bevor die Wirkung der Heilung nachließ. Sie war skeptisch, ob sie noch die Kraft für einen weiteren Versuch haben würde, und fürchtete sich gleichzeitig vor dem, was passieren würde, wenn sie es nicht konnte. Sie hoffte nur, dass sich die Müdigkeit durch die Bewegung etwas besserte.
Die junge Frau bewegte sich in einem flotten Marsch über die Wiesen, Wälder und Felder von Naboo. Sie legte mit den langen Schritten ihrer langen Beine bestimmt zehn Kilometer in der Stunde zurück, sahen jedoch die ganze Zeit niemanden. Normalerweise hätte sie die Wanderung genossen, denn Naboo war tatsächlich so schön und in weiten Teilen so unberührt wie sie es sich vom Orbit ausgesehen hatte. Nun war Brianna allerdings ziemlich unglücklich darüber. Offenbar lebten auf dem Planeten allgemein nicht besonders viele Leute und sie waren wohl darüber hinaus auch noch in einem besonders einsamen Gebiet gelandet. Sie dachte nicht mehr viel über den Sinn des Vorhabens nach. Sie war so müde, dass ihr das Denken schwer fiel, doch sie lief unermüdlich weiter und immer weiter, und dachte an nichts mehr als an das nächste Stück Weg vor ihnen.
Irgendwann später, bei Sonnenuntergang meldete sich Kestrel, sie hätte eine Stadt gesehen. Im ersten Augenblick wollte die Echani es gerne glauben, denn die Jedi auf ihren Schultern wurde langsam immer schwerer und ihr Schritt hatte sich inzwischen auch auf durchschnittliches Fußgängertempo verlangsamt. Doch es gab keine Stadt, wohin sie auch blickte, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Jedi in ihrem Zustand etwas sah, was sie mit ihren guten Augen nicht ebenfalls sehen konnte.
"Da ist keine Stadt. Ich sehe nichts."
Erwiderte sie bekümmert. Kestrel widersprach zunächst, doch danach verflüchtigte sich die Halluzination, die sie anscheinend gehabt hatte. Brianna spürte, wie ihr Herz begann, lauter zu pochen. Wenn diese Einbildungen jetzt wieder anfingen, hieß es vermutlich, dass auch das Fieber wieder stieg! Wenn sie doch nur wüsste, was ihrer Freundin fehlte! Doch sie konnte einfach nicht mehr klar denken. Alles, wozu sie noch imstande war, war weiterzugehen, und immer weiter.
Doch viel weiter kam die Echani nicht mehr und sie musste einsehen, dass auch ihre enorme körperliche Leistungsfähigkeit Grenzen kannte. Als die Dämmerung hereinbrach, hatte sie das Gefühl, dass sie keinen Schritt mehr weitergehen konnte. Sie legte Kestrel also auf einem nahen umgestürzten Baumstamm ab, setzte sich selbst daneben auf den Boden und lehnte sich an. Sie würde sich ausruhen, nur ein bisschen, bis sie weitermarschieren konnte. Auf keinen Fall würde sie schlafen, denn sie befürchtete, dass es für ihre Freundin schon zu spät sein konnte, wenn sie aufwachte. Das Fieber war, wie eine Prüfung mit der Hand auf der Stirn ergab, schon wieder spürbar gestiegen. Die Weißhaarige trank vor Durst eine ganze Flasche Wasser aus und flößte auch ihrer schlafenden Freundin etwas ein. Darüberhinaus verzehrte sie zwei von den Riegeln, die der abgedruckten Ansicht irgendwelcher Leute zufolge jeweils eine vollständige Mahlzeit ersetzen sollten, doch irgendwie stimmte das nie bei ihr.
Brianna wusste, dass sie mental zu erschöpft war, um bei der Krankheit ihrer Mentorin noch irgendetwas ausrichten zu können, hoffte aber, ein wenig neue Kraft für sich selbst schöpfen zu können, wenn sie sich heilte. Dazu schloss sie die Augen, versuchte an nichts anderes zu denken und einen klaren Kopf zu bekommen. Doch so sehr sie sich bemühte, konnte sie sich nicht auf das konzentrieren, was sie vorhatte, und je länger sie sich geistig anstrengte, desto weniger hatte sie das Gefühl, überhaupt noch zu einer Heilung imstande zu sein. Irgendwann gab sie deprimiert auf; sie hatte einsehen müssen, dass es keinen Sinn mehr hatte, es noch länger zu versuchen. Die Echani entschied, sich eben ohne Machthilfe noch etwas auszuruhen, und ließ ihren Blick an den Bäumen vorbei streichen, ohne etwas zu tun, und streckte einfach nur ihre müden Beine von sich.
Nach einiger Zeit begann Kestrel sich zu rühren, als sprang Brianna schnell auf und sah nach ihr. In ihrem Blick konnte man ihre Besorgnis erkennen, als sie ängstlich versuchte zu erkennen, wie der Zustand ihrer Mentorin war. Die gute Nachricht war, dass sie wieder einigermaßen sprechen konnte, auch wenn der Weißhaarigen der Inhalt nicht sehr gefiel. Die Jedi glaubte, sich geirrt zu haben, dass hier kein Jedi sei, und das sicher alles irgendwie Raniks Absicht gewesen sei, obwohl sie nicht sagen könnte, wie. Die Erkenntnis traf Brianna wie ein Schlag. Natürlich! Ihre Freundin phantasierte schon die ganze Zeit, und wenn sie schon Bilder und Personen sahen, die nicht existierten, wieviel leichter konnte sie sich dann eine Machtwahrnehmung einbilden. Für die Padawan selbst lagen diese Dinge nur knapp diesseits der Schwelle der Einbildungen, selbst wenn sie vollkommen wahr waren. Wieviel leichter würde sich ihre fiebrige Mentorin irgendetwas einbilden, was sie gerne hätte? Die schlechte Nachricht war, dass das Fieber so wieder extrem hoch war, wie sie mit einem kurzen Griff feststellte.
Mit einem Schlag war die Hoffnung der weißhaarigen Frau dahin. Sie würden keinen oder keine Jedi finden, die ihnen helfen würde. Sie mussten versuchen, so irgendwie zurande zu kommen. Sie stützte ihre Ellenbogen auf die Knie und das Kinn auf die Hände, sich nach vorne beugend, und versuchte, nachzudenken. Obwohl es ein lichter Wald war, war es nicht gut, hierzubleiben. Hier würde sie niemand finden der nicht explizit nach ihnen suchte. Der Wald war kein Urwald, und die Felder waren keine wilden Wiesen, irgendwo mussten hier Leute leben. Laut dem Navcomputer des Raumschiffs waren die Naboo Menschen. Sicherlich würden sie irgendwo Hilfe bekommen, wenn sie sie nur finden würden.
Brianna richtete sich auf.
"Dann müssen wir es eben ohne die Hilfe der Jedi schaffen."
Sprach sie mit mehr Entschlossenheit und Überzeugung, als noch in ihr steckte.
"Diese Felder und Bäume mögen wie unberührte Natur aussehen, doch sie sind es nicht. Es sind Weiden, die Wälder werden bewirtschaftet, es muss hier irgendwo Menschen geben. Jetzt, wo es dunkel ist, können wir die Lichter jeder Ortschaft schon von weitem sehen. Wir müssen jemanden finden, irgendjemanden, und wir werden, aber nicht, solange wir nur hier sitzenbleiben."
Mit Anstrengung hob sie Kestrel und das Gepäck hoch. Sie war wirklich am Ende ihrer Kräfte und konnte nur hoffen, dass die kleine Pause ein bisschen was gebracht hatte. Voll Angst sah sie zu der Dunkelhaarigen auf ihrer Schulter. Wie lange würde sie noch durchhalten? Sie musste nun tatsächlich weitermachen bis zum Umfallen. Sie selbst würde auch überleben, keine Frage, doch bei ihrer Freundin war sie nicht überzeugt. Es war ihre Schuld, sie hätte der Jedi von Anfang an nicht glauben sollen. Sie hätte weiterfliegen sollen bis zur nächsten Stadt, irgendwohin, wo es einen Arzt gab, anstatt einer groben Ahnung folgend irgendwo weitab zu landen. Es war ihr Fehler und sie konnte nur noch versuchen, ihn auszubügeln, unsicher, ob es ihr gelang.
Es gab noch eine weitere Stunden hoffnungslosen, langsamen Marsches. Brianna biss inzwischen die Zähne zusammen und kämpfte sich Schritt für Schritt vorwärts. Sie schritt über ein weites Feld, und obwohl die Gegend weit einsehbar war, hatten sich bisher keine der erhofften Lichter gezeigt. Bis jetzt. Dann sah sie von hinten in der Ferne ein Licht heranrasen. Es war weit weg, und würde sie in großer Entfernung passieren, doch es ließ sie neue Hoffnung schöpfen, und diese Hoffnung gab ihr Kraft. Sie hielt inne, begann zu winken, und brüllte aus Leibeskräften.
"HILFE! HIIILFE!!!"
Und tatsächlich: obwohl die Entfernung eigentlich zu groß dafür war, drehte der Speeder bei und hielt direkt auf sie zu.
"Hilfe!"
Rief sie erneut, und beschleunigte ihre Schritte, eilte dem Gefährt entgegen. Es hielt ganz in ihrer Nähe.
Naboo, weit draußen auf dem Lande - ein Speeder - Kestrel, Brianna