- Naboo - Theed - Akemis Appartment -
Draußen war es bereits dunkel, doch in Akemis Wohnung brannte in jedem Zimmer gedämpft eine Lampe. Im Wohnzimmer hatte sie Duftkerzen aufgestellt, die den Raum mit angenehmen Gerüchen füllten. Die Flammen der Kerzen flackerten unruhig und warfen sich bewegende Schatten an die Wände. Akemi saß auf dem Sofa, die Beine hatte sie angezogen, und starrte vertieft auf das Skript in ihren Händen. Es war das Drehbuch zu einem neuen Film, für den sie vor ein paar Wochen ihre Zusage gegeben hatte. Sie würden auf Coruscant drehen und Akemi würde parallel zu den Dreharbeiten Nathaniel besuchen. Sie freute sich bereits darauf. Ihr Gepäck hatten sie vor ein paar Tagen aufgegeben, es würde noch vor ihrer eigenen Ankunft auf Coruscant zugestellt werden und Nathaniel kümmerte sich darum es aufzunehmen und in seine Wohnung zu bringen. Sie hatte darauf verzichtet ein Hotel zu mieten, sondern würde in einem seiner Gästezimmer untergebracht werden. Dies hatten sie in etlichen Nachrichten, die sie in den letzten Wochen miteinander ausgetauscht hatten, vereinbart. Nach Cris' Verschwinden hatte Akemi einen guten Zuhörer in Nathaniel gefunden. Sie hatte ihm oft geschrieben und auch die Holoverbindungen genutzt um mit ihm zu sprechen. Bei ihren Eltern hatte sie sich schwer getan, sich ihnen anzuvertrauen. Zwar wussten sie, was geschehen war, doch Akemi fühlte sich nicht wohl dabei mit ihnen über ihre Gefühle für Cris zu reden. Vermutlich war dies ganz normal. Intime Gespräche mit ihren Eltern hatte es noch nie in besonderem Ausmaß gegeben. Bei Masao hatte sie schon weniger Hemmungen gehabt, doch war sie sich, wenn sie mit ihm sprach, nie so ganz sicher, ob er sie wirklich verstand. Im Gegenteil, manchmal schien er sogar erleichtert darüber, wie sich die Dinge verändert hatten. Nathaniel allerdings verstand sie wirklich. Sie hatte das Gefühl, in ihm einen echten und aufrichtigen Freund gefunden zu haben. Dass sie sich damals auf Bespin kurzzeitig näher gewesen waren als bloße Freunde, spielte heute keine Rolle mehr zwischen ihnen. Dieses Thema hatten sie längst zu den Akten gelegt und Nathaniel selbst hatte zwei kurze Beziehungen in der Zwischenzeit gehabt, das hatte er Akemi erzählt. Bis heute war Akemi sich nicht sicher, was sie jetzt noch für Cris empfand. Wenn sie an ihn dachte - obwohl sie versuchte es nicht zu tun - fühlte sie, wie innerlich etwas in ihr zerbrochen war. Sie war traurig und von Schmerzen erfüllt über den Verlust des Mannes, den sie geliebt hatte. Gleichzeitig jedoch übermannte sie Wut, weil er sie einfach verlassen hatte. Dieses Gefühl des Zorns schien alles zu zerstören, was zwischen ihnen gewesen war. Sie konnte es einfach nicht begreifen, konnte nicht begreifen, warum er einfach gegangen war. Glaubte er nicht, dass sie sich zumindest ein klärendes Gespräch schuldig waren? Oder war er wieder einmal der Meinung gewesen, sie sei zu jung und es wäre nicht richtig sie mit seinen Sorgen, Problemen und Gedanken zu belasten? Akemi legte das Datapad mit dem abgespeicherten Drehbuch zur Seite, stand auf und wanderte rastlos im Raum auf und ab. Sie wollte nicht an ihn denken, nicht jetzt. Sie eilte zum Fenster und schaute hinaus in die Nacht. Theed hatte ihr schon immer im Dunkeln gefallen, zumindest, wenn sie sich selbst in einem beleuchteten Raum befand. Die Hauptstadt Naboos war ein einziger Ausdruck von Romantik. Morgen jedoch würde Akemi schon nicht mehr hier sein. Ihr Flug ging morgen Mittag, Masao würde sie zum Raumhafen bringen. Selby war derzeit mit der Queen of Blades unterwegs. Er hatte sich zwar angeboten nach Naboo zurück zu kommen und Akemi sicher an Bord der Luxusjacht nach Coruscant zu bringen, doch sie hatte abgelehnt, weil sie ihm keine Umstände machen wollte. Es machte ihr nichts aus mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu reisen. Im Grunde war sie sehr froh, dass sie Naboo verlassen konnte. Es tat ihr zwar leid, sich wieder für eine Weile von ihrer Familie trennen zu müssen, doch überall hier begegnete sie zu vielen Erinnerungen an Cris. Hier hatten sie sich kennen gelernt, hier hatte er sie zum ersten Mal geküsst, hier hatte sie eine Menge schöner Dinge erlebt und eine angenehme Zeit verbracht... und schlussendlich hatten sie sich auch hier voneinander getrennt. Er hatte sich von ihr getrennt. Er hatte sie verlassen, allein gelassen, zurück gelassen. Wie lange würde es dauern, bis sie an ihn denken konnte ohne sich leer zu fühlen?
Das Läuten der Haustüre lenkte sie von ihren Gedanken ab. Sie erwartete niemanden und es war schon spät, trotzdem aktivierte sie die Gegensprechanlage und fragte, wer dort sei. Farlones Stimme schallte ihr aus dem Lautsprecher entgegen, ein lautes, freudiges Rufen:
?Hey Süße, ich bin?s! Hab? dir was mitgebracht!?
?Ich mach dir auf.?
Akemi öffnete die untere Haustür per Knopfdruck, sodass Farlone den Hausflur betreten und mit dem Lift nach oben fahren konnte. Wenig später stand sie vor der Wohnungstür und fiel Akemi in die Arme.
?Hier, schau!?
Sie schwenkte eine Flasche Sekt in der Luft, stellte sie auf einer Anrichte ab und taumelte hinüber zur Couch, auf die sie sich sogleich warf.
?Ah, tut das gut! Du wolltest doch nicht nach Coruscant fliegen, ohne dich von mir zu verabschieden??
Farlone streckte sich und gähnte. Sie war drei Jahre älter als Akemi und die Tochter von Gazz Court, einem berühmtem, wenn auch mittlerweile in die Jahre gekommenem Musiker. Sie hatte pechschwarze kure Haare, in deren Spitzen sie Glitzergel einmassiert hatte. Der rechte Träger ihres kurzes Paillettenkleides drohte immer wieder von ihrer Schulter zu rutschen und ihre Strumpfhose hatte eine Laufmasche.
?Blöder Mist. Die Dinger halten für keine fünf Credits.?
Ärgerte sich Farlone und schlug ihre Beine übereinander.
?Ich war auf Joshs Party? er hat nach dir gefragt.?
Sie zwinkerte Akemi zu. Akemi zuckte mit den Schultern.
?Und wenn schon? er ist nicht mein Typ.?
Farlones Lachen schallte durch die ganze Wohnung.
?Süße, der Typ ist heiß! Ich würd? ihn mir schnappen, wenn ich du wär. Vor allem, nachdem dieser andere dich so übel hat sitzen lassen.?
Sie machte eine abfällige Geste. Akemis Herz schlug heftig. Schnell drehte sie sich zur Seite und gab vor etwas in einer Schublade zu suchen. Sie wollte ganz gewiss jetzt nicht über Cris sprechen. Jetzt nicht und auch sonst nichts. Farlone wusste so gut wie nichts über Cris, nur, dass es jemanden gegeben hatte und dass er Akemi verlassen hatte. Doch Farlone glaubte jetzt, Akemi müsse sich so schnell wie möglich mit einem anderen trösten. Im Gründe meinte sie es nur gut, doch das war nicht Akemis Art.
?Lust auf ein Schlückchen Sekt??
Farlone sprang auf, griff nach der Flasche und öffnete sie geschickt.
?Lass uns einen drauf machen, Akemi! Das ist der letzte Abend, bevor du nach Coruscant fliegst! Coruscant! Man, ich würd? gern mitkommen. Überleg mal, all die leckeren Typen da??
Sie lachte und trank direkt aus der Flasche. Kopfschüttelnd musste Akemi mitlachen.
?Du bist verrückt.?
Kommentierte sie amüsiert.
?Es geht nicht immer nur um Männer.?
?Worum dann??
Farlone hob die Augenbrauen und hielt Akemi die Flasche hin. Eigentlich trank Akemi so gut wie nichts. Sie mochte den Geschmack von Alkohol nicht besonders. Doch warum eigentlich nicht? Farlone war bereits ordentlich beschwippst und sie hatte Spaß. Außer vor der Kamera hatte Akemi in der letzten Zeit nicht viel gelacht. Kurzum nahm sie die Flasche und trank einen kräftigen Schluck. Der Sekt schmeckte süßlich. Farlone machte Musik an und begann zu tanzen.
?Wenn du nichts dagegen hast, angle ich mir Josh.?
Verkündete sie feierlich. Akemi trank noch einen Schluck und reichte die Flasche dann wieder an Farlone zurück.
?Kein Einspruch. Mach nur. Ich schau mich dann auf Coruscant um!?
Sie teilten das gemeinsame Lachen, tanzten und leerten die Sektflasche. Sie fanden sogar noch eine weitere, als sie in Akemis Vorratskammer nachsahen und tranken auch diese. Es war ein lauter, lustiger Abend, erfüllt mit Gelächter und Gesang. Das Datapad mit dem Drehbuch lag vergessen auf dem Wohnzimmertisch, Akemis Gedanken um Cris waren wie fortgewischt. Die Sekunde zählte und sie hatte Spaß. Irgendwann verabschiedete Farlone sich und torkelte auf ihren hohen Absätzen davon. Ihr Fahrer wartete noch immer draußen im Gleiter und fuhr sie nach Hause. Akemi war wieder alleine. Sie schaltete die Musik ab und das Gefühl der Ungetrübtheit verblasste. Ihr Blick fiel in den runden Spiegel an der Wand. Ihre Augen wirkten gläsern und müde. Die Freude der letzten Stunde war nicht ehrlich gewesen, sondern vom Alkohol inszeniert. Bleiern strich sich Akemi eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie trug ihre Haare wieder wie früher, sehr viel dunkler zwar, aber rot. Ihr Vater hatte sich sehr darüber gefreut, ihm hatte ihre bräunlich schwarze Mähne nie gefallen und auch sie selbst war froh über die Veränderung. Sie hatte ihre Haare schwarz gefärbt, als ihr klar geworden war, was sie für Cris empfand? doch dies war nun zu Ende. Akemi schloss die Augen. Irgendwo, tief in ihr drin, keimte bis heute die Hoffnung, dass er doch noch einmal zurückkommen würde. Doch das war eine Illusion. Es war vorbei, endgültig.
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