Naboo

[Naboo, Theed, Park]- Cris

Cris konnte nicht sagen, wie er schließlich wieder zur Vernunft gekommen war, oder ob es überhaupt Vernunft war, die ihn plötzlich angewidert auf die zu einem Drittel geleerte Flasche in seiner Hand starren ließ. Langsam verschloss er das durchsichtige Gefäß wieder und stellte es in einer zeitlupenhaften Bewegung zu seinen Füßen ab, bevor er blind nach der zweiten Flasche tastete, die unbeachtet davongerollt war. Wasser. Er brauchte Wasser.

Gierig setzte er sie schließlich an, als er sie gefunden hatte, und ließ die zweite Flüssigkeit ähnlich unbeherrscht in seine Kehle rinnen, bevor es dieses Mal der zwangsläufig einsetzende Würgereiz war, der ihn zu einer Pause zwang. Verzweifelt vergrub der ehemalige Sturmtruppler sein Gesicht in seinen Händen. Was tat er hier eigentlich? Es war weder nüchterner Menschenverstand, noch waren es seine Gefühle, denen er in diesem Moment folgte… es geschah alles vollkommen wahllos, selbstzerstörerisch, gefährlich. Wollte er so Noas gedenken? Dadurch, dass er sich selbst auf eine der erbärmlichsten Weisen selbst zugrunde richtete?

Schwer atmend lehnte Cris sich zurück und zwang sich, kurze, kontrollierte Schlucke aus der Wasserflasche zu nehmen. Er musste einen klaren Kopf bewahren – und sich entscheiden, welchem Pfad er zu folgen hatte. Seine Gefühle schieden aus – zu groß war der Schmerz, den Noas Verlust und jede noch so kleine Erinnerung ihm jetzt zufügen würde. Zu leicht konnte er sich in den Bildern verlieren, ihr Lächeln, ihre herausfordernd und ab und an wütend funkelnden Augen, der Geruch ihres Haares in den Momenten, in den sie ihn an sich heran gelassen und gestattet hatte, dass er seine Arme um sie legte, seine Hingabe akzeptierte…

Nein. Verstand. Rationalität. Er wusste, wie die Dinge abzulaufen hatten – auch auf Naboo. Unabhängig davon, was Julian Agathon gesagt hatte – und was Cris niemals an das TPD hatte weiterleiten können, da er unmittelbar nach dem Tod des Serienmörders von der NRSF in Gewahrsam genommen worden war – würde die örtliche Polizei Noas Leichnam identifizieren müssen, bevor sie weitere Schritte einleiten konnte. Wer wusste schon, was Agathon mit ihr angestellt hatte? Es konnte Tage, vielleicht Wochen dauern, bis man im TPD dazu gekommen war, und noch länger, bis man die darauf folgenden Schritte initiierte… Denn irgendjemand musste ihrer Familie berichten, dass Noa Chanelle Cortina auf Naboo einem wahnsinnigen Mörder zum Opfer gefallen war. Mitten in der Republik, deren Werte und Freiheiten sie nicht hatten beschützen können, die sie imperiale Unterdrückung und Terrorherrschaft Jahr um Jahr überstanden hatte.

Von plötzlicher Entschlossenheit erfasst erhob Cris sich von seiner Bank. Er kannte jetzt seine Aufgabe. Er war Noas Verbindung in die Republik gewesen – er konnte nicht abstreiten, dass ihre Anwesenheit auf Naboo über Umwege auch seine Verantwortung gewesen war. Jetzt war er es, der dafür sorgen musste, dass sie rasch identifiziert wurde… er musste ihre Familie benachrichtigen… und er musste sie nach Coruscant bringen, damit sie auf dem Planeten, für dessen Freiheit sie alles gegeben hatte, zur letzten Ruhe gebettet werden konnte. Was danach mit ihm geschah spielte keine Rolle mehr.

Er zwang den lodernden Schmerz in eine dunkle Ecke seines Bewusstseins, in dem all die Dinge lauerten, die ihn jede Nacht aufs Neue quälten, leerte die Wasserflasche und überantwortete sie mit dem Rest des teuflischen Alkohols dem nächsten Müllschlucker, bevor er in den Park und die Schatten der Vergangenheit, die über ihm ruhten, mit zielstrebigen und kräftiger werdenden Schritten hinter sich ließ.

Es half, sich auf ein konkretes Ziel zu fixieren, und ein wenig gelang es ihm sogar, sich selbst vorzugaukeln, dass es irgendeine Leiche war, die er für die Ordnungskräfte identifizieren und in ihre Heimat begleiten musste, nicht der kalte Körper der Frau, die das Feuer und die Leidenschaft in sein Leben zurückgebracht hatte. Natürlich wusste er tief in den Wirrungen seiner Seele, dass die wahre Prüfung noch vor ihm lag – Noas leblose Hülle vor sich liegen zu sehen, die sich zuvor durch Aktivität und Leben ausgezeichnet hatte, aus der Kampf und Widerstand verschwunden waren. Doch waren diese wirklich verloren? Wenn es stimmte, dass Lebewesen mit dem Ende ihres weltlichen Körpers eins mit der Macht wurden, traf dies nicht im Besonderen auf einen so starken Geist wie Noas zu? Cris hatte sich nie mit derlei Gedanken beschäftigt, doch jetzt, als er an einem Fußgängerüberweg eine Straße weiter in Richtung Zentrum überquerte und so einen schnittigen Gleiter zum Abbremsen veranlasste, fand er Trost in der Vorstellung, dass Noa die Qualen ihrer Behandlung durch Agathon endlich gegen die unendliche Freiheit eines nicht mehr an die materielle Welt gebundenen Geistes hatte austauschen können…

[Naboo, Theed, Straße]- Cris
 
- Naboo - Theed - Gleiter - Mit Bone, Darren, Venecia -

Die Verbindung war wackelig, aus welchem Grund auch immer, und Gynts bläulich gefärbtes Abbild flackerte über dem Holoprojektor, als der schwarz lackierte Gleiter in einem Tempo durch Theed rauschte, das nur bedeuten konnte, dass der Pilot entweder lebensmüde war oder es verdammt eilig hatte. Letzteres war der Fall. Akemi kam gerade aus den City Hall Filmstudios, wo sie ihren Auftritt in einer Talkshow aufgezeichnet hatte, und hatte ihren nächsten Termin schon in zehn Minuten - ein Interview mit einem Lifestyle Magazine in der Hotellounge des "Green Emporio". Venecia hatte die Termine eng gelegt, etwas zu eng für Akemis Geschmack, aber anders war es nicht möglich gewesen, und jetzt diskutierte auch noch mit Gynt per Holoverbindung mit ihr, weil er sie kurzfristig morgen auf ein Event schicken wollte. Einziges Problem aus Akemis Sicht war, dass sie noch heute Abend nach Kadaara fahren wollte um Richard zu sehen. Sie hatte drei freie Tage eingeplant, bevor das Senior Route Film Festival starten würde, zu dem sie dieses Jahr als Mitglied der Jury geladen war, und benötigte vorher dringend die kurze Auszeit um ihre Akkus wieder aufzuladen.

"Gynt, ich kann morgen nicht. Wirklich nicht."

Sagte Akemi zum wiederholten Mal. Sie wusste nicht, wie oft sie diesen Satz in den letzten fünf Minuten gesprochen hätte. Hätte sie Venecia gefragt, die hätte es bestimmt gewusst. Es war nicht auszuschließen, dass sie heimlich mitgezählt hatte.

"Und aus welchem Grund noch mal? Ach ja, weil du frei machen willst."

Gynt Stales, ihr Manager der früher einmal ein geldhungriger Reporter gewesen war, klang bissig. Seine Tage als Paparazzo lagen hinter ihm. Heute war er ein geldhungriger Geschäftsmann. Akemi mochte ihn, eigentlich. Wenn er aber versuchte, mehr Leistung aus ihr heraus zu kitzeln als sie bereit war ihm zu geben, nur damit er einen weiteren Gewinnsatz einstreichen konnte, wollte sie ihn am liebsten feuern. In solchen Situationen wünschte sie sich Masao zurück. Ihr Bruder hatte sie für eine Zeit lang gemanagt, doch was Gynt an Fürsorge fehlte, hatte er zu viel gehabt.

"Darling, du kennst das Showbusiness. Das ist Arbeit. Edie Voll hat ihre Teilnahme abgesagt und sie benötigen dringend Ersatz."

"Und du glaubst, es wäre so geschickt, wenn ich mich drei Tage vor Senior Route noch auf einem weiteren roten Teppich zeige? Ich finde es viel besser, die Spannung bis zum Filmfestival aufrecht zu erhalten."

Akemi suchte Venecias Blick. Die Theelin war üblicherweise auf ihrer Seite und jetzt war der Zeitpunkt, an dem sie das ruhig demonstrieren konnte. Akemi machte eine auffordernde Geste. Sie brauchte Unterstützung.

"Ohne mich einmischen zu wollen, aber ich sehe das ähnlich. Der Termin morgen ist zu kurzfristig. Akemi braucht ihre Erholung für das Festival und sie hätte ausserdem nichts für morgen anzuziehen."

Die Projektion des Managers verschwand und erschien wieder. Eine Störung im Ton ließ Akemi seinen gemurmelten Fluch nur zur Hälfte verstehen.

"Nichts anzuziehen! Es geht hier um Connections. Mike Mytam wird..."

"Die Antwort ist Nein, Gynt."

Und sie würde auch Nein bleiben. Akemi langte es gewaltig.

"Du kannst ihm mein Bedauern ausrichten. Leider bin ich bereits anderweitig eingespannt. Danke."

Sie beendete die Verbindung, bevor er ein weiteres Wort sagen konnte. Venecia war erstaunt. So hatte Akemi ihrem Manager noch nie das Wort abgeschnitten.

"Das hat er nicht anders verdient."

Rechtfertigte sich Akemi, als sie den Blick ihrer Assistentin sah. Obwohl sie es (noch) nicht bereute, hatte sie schon sogleich ein schlechtes Gewissen. Venecia lachte.

"Hat er auch nicht. Du hast alles richtig gemacht. Er arbeitet für dich, nicht umgekehrt."

Halbwegs beruhigt lehnte sich Akemi zurück. Manchmal war es hart, um ein paar wenige Tage Freizeit kämpfen zu müssen. Diesmal war es ihr sehr wichtig gewesen, nicht nur weil sie zum Beginn des Festivals möglichst ausgeruht sein wollte, sondern auch weil sie Zeit mit Richard verbringen wollte. Sie waren morgen zum Möbel Shoppen verabredet, etwas auf das Akemi sich schon lange gefreut hatte. Ziemlich abrupt hielt der Gleiter an einem Fußgängerüberweg. Darren hatte noch immer ein ordentliches Tempo drauf, obwohl sie sicher sowieso schon zu spät waren. Hinter den dunkel getönten Scheiben schaute Akemi zum Fenster hinaus auf die Straße. Die Triebwerke röhrten wieder auf, Darren beschleunigte und in diesem Moment war Akemi, als sähe sie einen Geist, ein Phantom vielleicht, oder einen Schatten aus einem früheren Leben.

"Darren, halt an!"

Rief sie. Verwirrte Gesichter.

"Was?"

"Halt an!!"

Der Gleiter stoppte, kam zum Stehen und Akemi riss die Tür auf. Wenn ihre Augen - oder ihre Fantasie, in dem Fall - ihr einen Streich gespielt hatten, würde sie wie der letzte Idiot mitten auf der Straße stehen. Sie konnte jedoch nicht einfach weiter fahren, ohne sicher zu sein. Sie lief die paar Meter zum Fußgängerübergang zurück. Sie dachte, sie hätte Cris gesehen, hier auf Naboo. Hinter ihr hörte sie das Geräusch einer sich öffnenden und schließenden Tür, dann die Schritte ihres Bodyguards. Der Kel'Dor war nie weit entfernt. Vor ihr aber ging der Mann, der von hinten aussah wie Cris. Er bewegte sich wie er. Akemi blieb stehen. Sie war sich plötzlich sicher. Er brauchte sich nicht einmal zu ihr umzudrehen. Wider Erwarten musste sie lächeln. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie sich gewünscht ihn nie wieder zu sehen. Gebrochene Herzen schlugen ihren eigenen Takt.

"Cris Sheldon, bleib stehen!"

Rief sie schließlich.

"Was glaubst du, wer du bist, dich in Theed herum zu treiben und nicht bei mir vorbei zu kommen um mir Guten Tag zu sagen?"

Sie trug noch das Outfit von ihrem Auftritt in der Fernsehshow und fühlte sich auf einmal sehr weiblich: ein Minidress in zartem Blau, mit einer großen aufgestickten Rose über der Brust
und einer Reihe runder Knöpfe an der gesamten Rückseite entlang, dazu zweifarbige Highheels im angesagten Farbverlauf, vorne hell, hinten dunkel. Zuletzt hatten sie sich auf Mon Calamari gesehen. Auch das war eine Zufallsbegegnung gewesen, fast als wolle das Schicksal ihnen etwas mitteilen.


- Naboo - Theed - Straße - Mit Cris -
 
[Naboo, Theed, Straße]- Cris

Das Dröhnen der Repulsoraggregate hinter Cris verschluckte für einen Moment alle anderen Hintergrundgeräusche, als er die Straße passiert und dem abstoppenden Gleiter somit wieder freie Fahrt gewährt hatte, und der ehemalige Sturmtruppler beeilte sich, weitere Distanz zum Hauptverkehrsweg zu gewinnen. Jetzt, da er ein Ziel vor Augen hatte, in seinem leicht angeschlagenen Zustand von einem ungeduldigen Gleiterfahren zu werden, wäre wohl wirklich der Gipfel der Ironie.

Dass das Fahrzeug dann der Geräuschkulisse nach zu urteilen wieder langsamer wurde ignorierte er bereits wieder – was er nicht ignorieren konnte, war indes die Stimme, die lautstark seinen Namen rief und ihn an Ort und Stelle stehen blieben ließ, ohne dass er dazu eine bewusste Entscheidung getroffen hätte. Er kannte diese Stimme.

Langsam drehte er sich um und die Erkenntnis schloss sich einer eisernen Faust gleich um sein Herz. Dort, wohl tatsächlich aus dem Gleiter ausgestiegen, stand Akemi. Sie trug ein hellblaues, mit der kunstvollen Stickerei einer Blume verziertes Kleid, dass nicht wenig Ausblick auf ihre Beine gewährte und so für einen Moment die Tatsache vergessen ließ, dass sie im Grunde deutlich kleiner war als Cris. Sie wirkte, als habe sie vor wenigen Augenblicken noch vor einer Holokamera zur galaktischen Öffentlichkeit gesprochen und sofort fühlte er sich an ihr Wiedersehen auf Mon Calamari erinnert. Den Zeitpunkt, zu dem auch Noa zum ersten Mal Akemi getroffen und gelernt hatte, dass Cris Sheldon und einer der gefragtesten Holostars der Republik einst eine Beziehung miteinander gehabt hatten. Ihr Blick, als er ihr verschämt davon erzählt hatte, stets dem wachsamen Blick von Richard Cohn – des Mannes, der sich den Platz an Akemis Seite erkämpft hatte – ausgesetzt, hätte ihn wohl mühelos vaporisieren können. Hastig schlug Cris die Augen nieder, damit Akemi die Tränen nicht erkennen konnte, die sich bei diesen Gedanken darin bildeten. Er hatte Noa zu diesem Zeitpunkt außerdem vollkommen überhastet seine Liebe gestanden und sie hatte reagiert, wie Noa eben reagierte, wenn er wieder einmal überemotionales Zeug faselte. Er vermisste sie so sehr. Wie er Akemi vermisst hatte, als es mit ihnen zu Ende gegangen war – und schlimmer. Akemi stand jetzt hier, vor ihm. Noa würde nie wieder vor ihm stehen, ihn nie wieder anfunkeln als würde sie am liebsten ein halbvolles Bierglas auf seinem Hinterkopf zertrümmern.

Akemi…“

Immer noch sah er die junge Schauspielerin nicht direkt an, um die Erinnerungen an den Siegesball nicht heraufzubeschwören, aber auch, um ihr den Blick auf sein Gesicht zu verwehren. Er musste furchtbar aussehen. Ausgelaugt von den Verhören der NRSF, mit roten Augen, Spuren der Tränen, die er Noas wegen vergossen hatte, dunkle Schatten aufgrund des Mangels an erholsamem Schlaf…

„Ich… ich hatte dienstlich in Theed zu tun…“, sagte er schließlich, in dem Bewusstsein, dass er ihr irgendeine Antwort schuldete. Sie verdiente nicht, einfach von ihm stehen gelassen zu werden, auch wenn es das war, was er am liebsten tun würde. Er wollte nicht, dass Akemi ihn so sah. Und sich womöglich seinetwegen Sorgen machte, falls sie sich überhaupt noch dafür interessierte, was mit ihm geschah. Doch sie hatte seinetwegen angehalten, oder nicht?

„Ich konnte mit niemandem darüber reden. Du weißt, wie das ist…“

Entschuldigend zuckte er mit den Achseln und fragte sich, wie gut sie ihn wohl immer noch durchschauen konnte. Der erste Teil seiner Aussage war natürlich die Wahrheit gewesen, doch nichts hatte ihn daran gehindert, mit Akemi in Kontakt zu treten. Tatsächlich war es ihm gar nicht in den Sinn gekommen – nicht, weil er nicht wusste, dass sie sich derzeit in Theed aufhielt, sondern, weil seine Gedanken anderen Dingen gegolten hatten: erst der Aufspürung des Mörders. Und dann der Rettung Noas.

„Hör mal…“

Jetzt sah er sie zum ersten Mal richtig an, wobei sein Blick auch kurz auf den stämmigen Kel’Dor fiel, der sich wachsam – doch in diskretem Abstand – hinter ihr positioniert hatte. Zweifelsohne ein Leibwächter. Üblicherweise würde Cris sich deswegen keine Sorgen machen, doch in seiner jetzigen Verfassung war er wohl keine Herausforderung für den Nichtmenschen, sollte Akemi mit seinen Antworten nicht zufrieden sein und die Lage vollkommen eskalieren.

„Es… es sind Dinge passiert, die ich dringend wieder in Ordnung bringen muss. Ich würde mich wirklich gerne mit dir unterhalten, aber… aber…“

Wieder starrte er auf die Durabetonplatte zu Akemis Füßen. Sie sah in ihrem Kleid so unwirklich aus, wie ein Bote aus einer anderen Welt. Eine Welt, in der Julian Agathon nie zum Mörder geworden war. In der Noa nie gestorben war und sich nur auf den Flug zurück nach Lianna vorbereitete, wo sie beide zu seiner Tochter zurückkehren würden… nachdem er noch einen kurzen Plausch mit Akemi Akanato hielt, seiner guten Freundin aus alter Zeit.

„Ich kann nicht.“

Langsam schüttelte er den Kopf und begegnete ihrem Blick, in der Hoffnung, dass sie zumindest die Dringlichkeit in seinen Augen erkannte und den Rest ignorierte. Ein schwaches Lächeln huschte über seine Züge.

„Du siehst gut aus…“, sagte er dann noch, als könnte er sie mit einer solchen – auch wenn ernst gemeinten – Plattitüde besänftigen oder ablenken.

[Naboo, Theed, Straße]- Akemi, Cris
 
- Naboo - Theed - Straße - Mit Cris -

Sie hatte Cris schon in schlechtem Zustand gesehen, früher, doch das war lange her und jetzt gerade hatte Akemi das Gefühl, dass sein Auftreten in diesem Moment alles toppte. Seine Stimme klang wie das schwerfällige, langgezogene Stöhnen eines alten Triebwerkes, das kurz davor war sich selbst abzuschalten und das Schiff das es trug, mitsamt allen Passagieren an Bord abstürzen zu lassen. Seine Schultern sanken nach unten, schwach, traurig, als lastete alles Leid der Galaxis auf ihnen. Vielleicht war es sogar so. Im Dienst der Republik übernahm Cris wichtige Aufgaben. Er war ein Mann des Geheimdienstes. Mit dem was er tat beschützte er Leute wie Akemi, ganz Theed, ganz Naboo und vielleicht sogar die ganze Republik. Das Traurigste an ihm waren jedoch seine Augen. Sie starrten Akemi an wie zwei tiefe dunkle Seen, in denen er selbst ertrinken wollte. Was war nur mit ihm passiert? Als er sagte, dass er dienstlich auf Naboo unterwegs gewesen war, nickte sie. Damals, als sie sich kennen gelernt hatten, war es genau so gewesen, nur war es ihm damals viel besser gegangen und Akemi war sehr viel jünger gewesen. Sie fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war anzuhalten, auszusteigen und ihm hinterher zu rennen. Obwohl das Wesen des freundlichen, sanften Cris Sheldon für eine Sekunde durchdrang, als er ihr ein Kompliment zu ihrem Aussehen machte, blieb die Aura der undurchdringlichen Schwere um ihn herum bestehen. Er konnte nicht mit ihr sprechen, sagte er, weil er einiges zu erledigen hatte.

"Oh... na gut. Das verstehe ich natürlich."

Höflich versicherte sie ihm Verständnis. In Wahrheit verstand sie nichts. Wie konnte sie auch? Doch im Grunde hatte Cris ihr die Erklärung bereits geliefert. Er konnte und er durfte nicht mit ihr darüber reden. Die Dinge die er tat, waren streng vertraulich. Trotzdem hätte sich Akemi gewünscht, dass es etwas gegeben hätte das sie tun konnte. Sie konnte ihn doch so nicht einfach auf der Straße stehen lassen, sich wieder umdrehen und weg fahren. Er schien ja nicht mal etwas bei sich zu haben ausser einem halb gefüllten Plastikbeutel. Ihr eigener Gedanke erschrak sie, doch hätte sie es nicht besser gewusst, sie hätte ihn wohl für einen Obdachlosen gehalten.

"Akemi!"

In gedämpftem Tonfall, wohl um keine unnötige Aufmerksamkeit um sie herum zu erregen, erklang Venecias zwar leises aber nicht minder dringliches Rufen hinter ihr.

"Wir müssen weiter!"

Akemi drehte sich zu ihr um.

"Ich komme."

Antwortete sie. Zu spät war sie sowieso schon längst. Sollten sie vom Lifestyle Magazin doch denken, sie wäre eine Diva. Eigentlich achtete Akemi immer sehr darauf, nicht so zu wirken, doch gerade war es ihr herzlich egal. Freunde waren wichtiger. Ob Cris ein solcher von ihr war? Sie wusste es nicht. Er war ihr einmal sehr wichtig gewesen. Das musste reichen. Sie schüttelte den Kopf.

"Okay, du kannst nicht mit mir reden. Musst du auch nicht. Aber vielleicht kann ich dich irgendwohin fahren? Dich ein Stück mitnehmen? Es sei denn, du hast in der Nähe einen Gleiter geparkt...?"

Fragend sah sie ihn an. Viel mehr gab es nicht, das sie tun konnte. Sollte er ihre Hilfe nicht wollen, musste sie das akzeptieren, aber dann hatte sie sie ihm wenigstens angeboten.

- Naboo - Theed - Straße - Mit Cris -
 
- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Schlafzimmer - mit Noa -

Er kannte Nicky seit so vielen Jahren, hatte aber nur zwei mal mit ihr geschlafen. Das war vielleicht der Grund, warum es ihn überraschte, wie ruppig sie plötzlich wurde. Noch mehr als das, überraschte es ihn, wie gut es ihm gefiel, das sie ihre Fingernägel in seine Haut trieb. Was für ein süßer, kleiner scharfer Schmerz das war. Der Werftarbeiter zog seine Unterlippe zwischen ihren Zähnen hervor, und schmunzelte, bevor er den Tornado auf seinem Schoß mit bestimmtem Griff beider Hände noch fester auf seinen Schoß drückte. Er hatte sich so sehr danach gesehnt, wieder ganz nahe bei ihr zu sein. Eigentlich schon seit dem Moment, in dem sie ihn an diesem veregneten Morgen angeschrien hatte, ihm gesagt hatte, das sie keine Geschenke von ihm wollte, und das er seine dreckigen Hände von ihr nehmen sollte. Dreckige Hände, sie hatte ihn sehr verletzt damit, und er war nicht klüger gewesen, und hatte zum entsetzlichen Gegenschlag ausgeholt. „Du bist nicht liebenswert“, hatte er ihr gesagt. So ein dummer, dummer Blödsinn. Sekunden später hatte er es bereut, und war ihr nachgelaufen. Angebettelt hatte er sie, ihn doch zu wollen, es mit ihm zu wagen, sie hatte ihn einen Klotz, und Verrückt genannt. Sie hatte ein bisschen Recht gehabt, man verliebte sich nicht in Frauen, mit denen man aus einer Laune heraus ins Bett gestiegen war. Ihm war es egal, das Herz wollte, was es wollte. Außerdem war sie jetzt hier bei ihm, und wollte ihn, und er wollte sie, und alles was sie von einander trennte, waren zwei lächerlich dünne Lagen Stoff.
Haut in der falschen Farbe, blitzte ihm entgegen, nachdem er die Träger von Nickys Unterhemd herunter gezerrt, und aus Reflex einen Blick risikiert hatte. Aldridge Schloss die Augen rasch wieder, und als er seinen Kopf, an diese herrlich weiche, seidige Hautpartie presste, und aufpassen musste sie nicht in seiner Hast mit den Zähnen zu verletzen. Nickys Haut
war so hell, die eben... Aldridge reckte seinen Kopf wieder und küsste ihre weichen Lippen. Das war nicht...doch doch es war Nicky.

Es reichte jetzt, Aldridge wollte nicht mehr warten, und die Hitze, die sich von seinem Schoß, über seinen Körper ausbreitete, die musste jetzt abgelassen werden, sonnst würde er noch verbrennen. Als er Nicky fest beim Gesäß packte, und mit ihr zusammen von der Bettkannte aufstand, fühlte sich ihr Gewicht sehr vertraut an. Und seine Muskeln, die sich an die Belastung erinnerten, trugen sie, als wäre sie nicht mehr als eine Stoffpuppe. Das war ja auch kein Wunder, er hatte sie in den letzten Tagen oft getragen, zuletzt noch in Donnies Gleiter. Aldridge erschrak, vergaß zu atmen, und aus Trotz küsste er sie noch wilder, um zu vergessen was er da eben gedacht hatte. Das war Nicky, Nicky, Nicky, und alles war gut. Wie hatte sie ihn genannt? Waschlappen? Er war keiner! Die Matratze gab unter seinen Knien nach, als er sich mit ihr auf das Bett sinken lies. Und obwohl es unnötig war, schob er eine Hand in ihren Rücken, um sie nicht ungebremmst in die Laken fallen zu lassen. Aldridge fühlte..Verbände? Nein dar war gar nichts! Da.... Der bullige Naboo zuckte physisch zusammen, als ein gellender Schrei in seinem Kopf wiederhallte. Er stand neben Jules, und blickte entsetzt auf Noas Rücken, Blut rann ihren Rücken herunter, als sie schon der nächste brutale Schlag traf. Aldridge öffnete die Augen, als die Hitze in seinem Körper Eis wich, das schmerzhaft durch seine Adern jagte. Noa lag unter ihm, und seine Hand ruhte auf ihrer Brust. Aldridge zog sie zurück, und zog die andere zwischen Matratze und ihrem verletzten Rücken hervor.


„Ich..“

Sie waren drei Männer gewesen, da mit ihr im Schlafzimmer seiner Eltern. Noa war entblöst, und auf die Knie gezwungen worden. Jules hatte sie angefasst, Donnie hatte sie angefasst, als sie bewusstlos gewesen war. Und Aldridge? Er hatte es jetzt auch getan. Er gehörte zur Riege der Schweine. Der Naboo sprang regelrecht vom Bett, und brachte noch ein paar Schritte Abstand zwischen sich und sie. Sein Atem ging schwer, und er musste sich dazu zwingen im Raum zu bleiben. Noa hatte sich eben für ihn aufgeben wollen, ihr traumatisiertes, verletztes Selbst ganz in seine Hände gegeben. Und er hatte nichts besseres getan, und sich in einen potentiellen nächsten Peitschenhieb für sie verwandelt. Dabei wollte er doch Balsam sein. Schluss damit!

„Ich kann das nicht.“

Als sie zusammen, gefesselt in der Dunkelheit gesessen hatten, hatte Aldridge sie gefragt, wo sie in dem Moment, am liebsten gewesen wäre. Noa hatte sich Mon Calamari gewählt, wo sie mit Cris, dem Mann der jetzt hier bei ihr sein sollte, zusammen glücklich gewesen war.

„Wir dürfen das nicht tun.“


Aldridge lies sich gegen die Wand sinken, und setzte sich auf den Boden, damit seine Beine nicht noch auf die Idee kamen, ihn aus dem Raum zu tragen. Das war Noa, und nicht Nicky, und er hatte ihr heimlich etwas versprochen. Er würde es nicht brechen.


- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Schlafzimmer - mit Noa -
 
[Naboo, Theed, Straße]- Akemi, Cris

Mehr als alles andere wünschte Cris sich in diesem Moment an einen anderen Ort. Akemis Freundlichkeit schnitt tief und obwohl sie seine Ausrede zu akzeptieren schien, machte es ihr Angebot, ihm zu helfen, nur noch schwieriger, aus dieser Situation zu entkommen. Er konnte sie nicht einfach hier stehen lassen – das hatte sie nicht verdient. Aber er wusste ebenso wenig, was er tun sollte, wenn er auf ihr großzügiges Angebot einging – und die Zeit drängte, das wurde anhand des Rufes aus Richtung des Gleiters offensichtlich.

Unschlüssig stand er da, den Plastikbeutel, in dem die NRSF seine Habseligkeiten verstaut hatte, in einer verkrampften Hand, und wusste nicht, was er sagen sollte.

„Nein… ich habe keinen Gleiter in der Nähe…“

Vermutlich hätte er sich schlicht und ergreifend ein Robotaxi nehmen können, doch er hatte den Entschluss, seinen Weg zu Fuß zu bestreiten, vollkommen bewusst getroffen, in der vergeblichen Hoffnung, so einen klaren, freien Kopf zu bekommen. Diese Option schied nun allerdings aus… wenn Akemi ihm eine Fahrt in ihrem Gleiter angeboten hatte, konnte er dies wohl kaum ausschlagen und gleichzeitig ein Taxi rufen. Hilflos zuckte er mit den Achseln.

„Ich muss zur Zentrale der Gerichtsmedizin“, gab er schließlich sein wahrheitsgemäßes Ziel an. Dorthin würde man Noas Leichnam gebracht haben, wenn man ihn im Ferienhaus der Trineers gefunden hatte.

„Aber… das ist bestimmt nicht auf dem Weg…“

Doch es war zu spät. Akemi hatte ihm bereits bedeutet, einzusteigen, und um es nicht noch schlimmer zu machen, fügte der ehemalige Sturmtruppler sich.

Im Gleiter selbst sah er dann auch die Quelle des drängenden Rufes, eine Nichtmenschenfrau, deren Spezies Cris nicht einwandfrei zuordnen konnte und die angesichts seiner Gegenwart nicht sonderlich begeistert zu sein schien, auch wenn sie dies nur sehr subtil zeigte. Zweifelsohne eine von Akemis Mitarbeiterinnen – Holostars hatten davon ja ganze Armeen – die sich in diesem Moment wohl fragte, warum ihre Arbeitgeberin sich dazu entschlossen hatte, einen Passanten aufzulesen, der noch dazu in einem sehr desolaten Zustand war. Plötzlich war Cris der NRSF dankbar dafür, dass diese ihm die Benutzung der Duschanlagen erlaubt hatte und er somit nicht zu allem Überfluss unangenehmen Geruch verströmte und fettiges Haar hatte. Vermutlich wirkte er in seiner schlichten Kleidung und mit dem Plastikbeutel bereits seltsam genug.

Der Kel’Dor hatte vorne, neben dem Fahrer, Platz genommen und kurz darauf hatte der Gleiter wieder beschleunigt. Cris starrte auf seine eigenen Hände, für den Moment unfähig, Akemi in ihr wunderschönes Gesicht zu sehen und sich dadurch mit noch mehr Erinnerungsfetzen aus der Vergangenheit zu verwirren. Nicht unbedingt die Reaktion darauf, mit einem gefeierten Superstar in einem Gleiter zu sitzen. Aber dann war Akemi auch mehr für ihn gewesen als nur ein hübsches Gesicht in den Holofilmen… sein Schützling, seine Freundin… seine Geliebte. Und jetzt? War sie jetzt, da der Tod sich Noa geholt hatte, nicht der Mensch in dieser Galaxis, der ihm am nahesten stand? Wem, wenn nicht ihr, konnte er überhaupt von den Dingen erzählen, die ihn quälten?

„Ich… ich war nicht ganz ehrlich zu dir“, sagte er schließlich, nachdem das Schweigen schier unerträglich geworden war. Dass ihre Mitarbeiterin geradezu zwangsläufig seine Worte mithören konnte, verdrängte er.

„Ich bin dienstlich in Theed, aber… ich glaube nicht, dass es länger eine Grund gibt, die Umstände geheim zu halten…“

Vermutlich nicht. Der Geheimdienst war vor der NRSF bloßgestellt, der Mörder tot und die Story vermutlich in allen Medien des Planeten. Er konnte sich vorstellen, dass auch Akemi schon von der Mordserie gehört hatte.

„Du hast vermutlich von dem Serienmörder gehört?“, fragte er mit leiser Stimme.

„Ich war seinetwegen hier. Eines der Opfer… Yacob Astor… war ein ehemaliger Senator und der Geheimdienst sah sich in der Pflicht, zu ergründen, ob das Imperium mit diesen Morden in Verbindung steht. Da die Jedi ebenfalls eigene Untersuchungen anstellten, wurde ich nach Theed geschickt.“

Langsam schüttelte mit dem Kopf und kämpfte gegen den Kloß, der sich in seiner Kehle bildete.

„Das Imperium hatte nichts mit der Sache zu tun. Es war… ein Beamter des TPD, der seinen irrationalen Hass auf die Jedi dadurch ausleben musste, dass er Leute abschlachtete und es teilweise wie das Werk eines Lichtschwerts aussehen ließ…“

Das war alles! Julian Agathon hatte den Tod seines Sohnes nicht verkraften können, diesen Verlust irrational auf die Jedi projiziert, weil sie ihn nicht gerettet hatten – und Noa hatte qualvoll sterben müssen! Einfach so!

„Er war uns stets zwei Schritte voraus… er war sogar Teil der Ermittlungen und konnte dank seines Komplizen – sein Sohn – jeglichen Anfangsverdacht gegen sich selbst im Keim ersticken. Doch irgendwann war ihm das nicht mehr genug… er entführte die leitende Ermittlerin, ihren Sohn… und Noa.“

Cris schluckte schwer.

„Sie war einfach nur zufällig da. Wollte eine Geschichte über die Jedi schreiben, die sie begleitete, glaube ich. Und dann… dann stand sie ihm einfach im Weg. Wir… es war nicht so gut zwischen uns gelaufen, deswegen war ich nicht bei ihr… dass sie ebenfalls in Theed war habe ich nur kurzfristig erfahren.“

Mühsam blinzelte er eine einzelne Träne weg, die ihm seine Wange herunterlief. Der Schmerz in seiner Hand, die den Plastikbeutel jetzt mit eisernem Griff umklammerte, fiel ihm nicht einmal auf.

„Dann fischten sie den Körper der Polizistin aus dem Solleu… halbtot. Im Krankenhaus erfuhr ich dann durch einen Zufall, dass der Täter ebenfalls dort war… er muss sich im Kampf mit ihr verletzt haben und wog sich in absoluter Sicherheit, doch mittlerweile hatten die Jedi und ich doch Hinweise auf ihn finden können. Also suchte ich ihn… und stellte ihn. Dann sagte er es mir.“

Er schloss beide Augen und bemühte sich, nicht angesichts der Nadeln, die sich alleine bei der Erinnerung an die Szene mit Agathon in sein Herz bohrten, unkontrolliert zu zittern.

„Er hat sie umgebracht, Akemi. Er hat sie gequält, wie seine anderen Opfer, und dann hat er sie umgebracht. Es müssen die schlimmsten Stunden ihres Lebens gewesen sein und ich… ich…“

Verzweifelt vergrub Cris sein Gesicht in seinen Händen, der Plastikbeutel plumpste vergessen zu Boden.

„Ich konnte nichts tun… irgendwo in einem Ferienhaus im Wald hat sie um ihr Leben geschrien und ich hatte nichts Besseres zu tun, als den Brotkrumen hinterherzulaufen, die dieser Wahnsinnige uns einfältigen Ermittlern hingeworfen hat…“

Langsam, als würde ihm jede Bewegung Schmerzen bereiten, ließ Cris seine Hände wieder sinken und zwang sich, Akemi anzusehen. Plötzlich tat es ihm unendlich leid, die mit all dem belastet zu haben… es war einfach so aus ihm herausgeschossen, wie aus einem Überdruckventil. Er hatte es nicht mehr ertragen, seinen Kummer alleine in sich hineinzufressen.

„Du hast sie auf Mon Calamari glaube ich nicht richtig kennen gelernt… sie war… schwierig… weil ich mich wieder einmal wie ein Idiot verhalten habe…“

Diese Erinnerung schaffte es, ein gequältes Lächeln auf seine Lippen zu zaubern. Noa in ihrem Kleid, in dem sie so wundervoll ausgesehen, das sie aber gehasst hatte… und ihr mörderischer Blick, als er vergeblich versucht hatte, sie über seine Beziehung mit Akemi aufzuklären ohne eine von beiden zu verletzen.

„Sie war der tapferste Mensch, der mir je begegnet ist…“, fuhr er leise fort.

„Ihr größter Traum war es, Coruscant vom Imperium zu befreien. Mit all ihrem Besitz, ihrem Leben hat sie dafür gekämpft.“

Kraftlos lehnte Cris sich in das komfortable Polster des Gleiters, ohne dessen Annehmlichkeiten auch nur zu bemerken.

„Jetzt ist Coruscant frei… und Noa ist tot…“

[Naboo, Theed, Gleiter]- Akemi, Cris, Venecia, Bone, Darren
 
Zuletzt bearbeitet:
- Naboo - Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Al's Zimmer - Mit Al -

Noa lag auf dem Rücken, als Aldridge Abstand zwischen sich und sie brachte. Sie hatte keine Schmerzen, weil sie die Mittel genommen hatte, die man ihr im Krankenhaus mitgegeben hatte. Das war ein Grund, warum sie den Whiskey, den Aldridge ihr vorhin angeboten hatte, abgelehnt hatte. Und jetzt lehnte er sie ab. Er "konnte" es nicht, sagte er. Mittendrin zog er den Schwanz ein und Noa lag auf seinem Bett wie bestellt und nicht abgeholt, als wäre er ein Kunde, der es sich kurz vor Auslieferung anders überlegt hatte. Das Produkt gefiel ihm nicht mehr, er hatte etwas besseres gefunden. Vielleicht war auch die Farbe falsch, oder die Größe. So lange man nicht bezahlt hatte waren Stornierungen einfach. Noa richtete sich auf. Einen Korb zu bekommen wenn man versuchte jemanden kennen zu lernen war schwierig genug. Jeder kannte das. Abserviert zu werden, im Bett, nach einer Runde ausgiebigen Knutschens und Grabschens, war jedoch tausendmal schlimmer. Es war demütigend. Sie schob die Träger ihres Hemds an Ort und Stelle. Aldridges Shirt lag noch neben ihr auf dem Bett. Gewollt lieblos warf Noa es gegen seine Brust.

"Ich wollte sowieso nicht mit dir schlafen!"

Ätzte sie beleidigt, fühlte sich dabei wie ein kleines Mädchen und klang auch genau so. Wie ein reumütiger Hund saß Aldridge in sei er Ecke auf dem Boden. Reumütig natürlich nicht, weil er Noa behandelt hatte wie Austauschware, sondern weil er fast seine geliebte Nicky betrogen hatte - die sowieso nichts mehr von ihm wissen wollte. Wie seine Story ausging war Noa egal. Glaubte er, sie vermisste Cris nicht? Verstand er nicht, dass das hier gar nichts mit ihnen beiden zu tun hatte? Oder verstand er es zu gut? Beleidigt würdigte Noa ihn keines Blickes mehr. Gegenwarts-Aldridge verschwand aus ihrem Blickfeld. Stattdessen war da wieder der Aldridge von damals, der mit dem Kinnbart und dem schlammigen Trikot, der jetzt auf dem Holobild einen stummen Schrei in Richtung seines Gegners ausstieß, quer über das ganze Spielfeld hinweg.

"Tsss, machst du das eigentlich immer, wenn du mit jemandem rum machst? Im Hintergrund Aufnahmen von dir selbst laufen zu lassen?"

Abwertend rümpfte Noa die Nase.

"Wahrscheinlich macht dich das auch noch an. Ist ja ekelhaft."

Sie sah Aldridge nicht an. Natürlich war sie unfair, ein Teil von ihr wusste das, doch der andere Teil in ihr musste ihre verletzten Gefühle rächen. Einen Ausgleich schaffen. Angriff war die beste Verteidigung.

- Naboo - Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Al's Zimmer - Mit Al -
 
- Naboo - Theed - Gleiter - Mit Cris, Venecia, Darren, Bone -

Während Cris sprach hatte Akemi das Gefühl, in ein früheres Leben zurück geworfen zu werden. Er brachte Schatten einer Vergangenheit mit, die sie nicht häufig besuchte und sogar bewusst mied. Gespräche über Jedi, das Imperium, den Geheimdienst oder selbst das TPD gehörten nicht hier her, in den Luxusgleiter Akemis. Sie war Akemi Akanato, die Schauspielerin, der Holo-Star, eine Prominente. Sie war nicht mehr Akemi, die Agentin, schon lange nicht mehr, doch Cris brachte zumindest einen Teil von ihr zurück. Was einmal gesät war ließ sich so leicht nicht mehr entfernen. Erinnerungen wucherten wie Unkraut, das seine Wurzeln tiefer trieb als man im Stande war zu sehen. Selbst wenn man dachte, man hätte es geschafft sie zu vernichten, kamen sie irgendwann zurück. Es war ein Kampf, den man nicht gewinnen konnte.

Seiner Geschichte zu folgen erwies sich als nicht ganz einfach. Akemi hatte die Nachrichten gesehen und Kim hatte ihr erst gestern vorgelesen, dass der Mörder gefasst worden und dann selbst umgekommen war, doch Cris hatte auf einmal von so vielen zu reden begonnen, dass Akemi Schwierigkeiten hatte, alles das er sagte richtig zu verstehen. Als sie ihm angeboten hatte, ihn mitzunehmen wo immer er hin wollte, hatte sie zuerst gedacht er würde ablehnen und vermutlich hatte er das sogar ernsthaft vor gehabt. Er hatte so ausgesehen. Jetzt aber redete er ohne Luft zu holen, als hätten sich alle diese Worte in seiner Brust angestaut und nur darauf gewartet hinaus gespült zu werden. Akemi sah ihn an, sprachlos, als er schließlich fertig war. Was in seinen Augen tiefe Traurigkeit war, musste Schrecken in den ihren sein. Sie hatte sich eine Hand vor den Mund gehalten, wie man es tat wenn man entsetzt über etwas war, und wusste nicht wie sie reagieren sollte. Cris hatte ihr erzählt, dass die Frau, mit der er zusammen gewesen war (oder auch nicht, irgendwie...) und die Akemi auf Mon Calamari kennen gelernt hatte, von einem Serienkiller hier in Theed ermordet worden war. Es war das wohl Schlimmste, das er ihr hatte erzählen können.


"Es tut mir so Leid."

War das erste, das Akemi sagen konnte. Neben ihr schaute Venecia mindestens genau so schockiert drein wie ihr selbst. Hatten sie nicht alle über die Mordserie gehört und gelesen und sie, trotz dass sich alles in ihrer Stadt abgespielt hatte, für so weit weg von ihnen empfunden? Jeder von ihnen hatte sich in Sicherheit gewiegt, niemand sich wirklich gefährdet gefühlt und hier saß Cris und war direkt betroffen. Akemis Augen waren kurz davor, sich mit Tränen zu füllen. Sie erinnerte sich kaum noch an Noa. Natürlich hatte sie mit ihr gesprochen und sie wusste noch, dass sie ihr nicht gerade sympathisch gewesen war, doch nach Mon Calamari hatte sie nie weiter über sie nachgedacht. Warum auch? Akemi wusste nicht einmal mehr richtig, wie Noa ausgesehen hatte. Sie traf so häufig so viele neue Leute, dass die Gesichter von flüchtigen Bekannten oft miteinander verschwammen. So liebevoll wie Cris von ihr sprach, musste sie ihm wirklich viel bedeutet haben.

"Es war nicht so, dass ich dachte sie wäre..."

Setzte Akemi zu einer Entschuldigung an, brach jedoch ab, als sie begriff, dass es darum nicht ging. Sie faltete ihre Hände in ihrem Schoß.

"Noa war bestimmt ein wundervoller Mensch, Cris. Es tut mir wirklich, wirklich Leid."

Was konnte sie tun, in diesem Moment? Sie sah zu Venecia.

"Lässt du uns allein?"

Die Theelin nickte.

"Dein Interview..."

"Sag es ab. Wenn sie den Termin auf später heute Abend verlegen können, ist mir das Recht. Dann fahre ich eben heute Nacht nach Kaadara."

"Okay."

Per Knopfdruck öffnete Venecia den Durchgang zum Fahrerraum und verschwand durch die schmale Luke. Akemi und Cris waren allein. Hätte Akemi gewusst, was er ihr erzählen würde, hätte sie Venecia schon früher um Privatsphäre gebeten. Wie sich das anfühlen mochte, jemanden zu verlieren dem man so nahe stand? Es war etwas, das wohl niemand erfahren mochte.

"Was... was hast du jetzt vor?"

Fragte Akemi vorsichtig. Ob sie seine konkreten aktuellen Pläne meinte, oder seine weitere Zukunft ansprach, wusste sie selbst nicht. Er hatte gesagt, er müsse zur Zentrale der Gerichtsmedizin - um sich um die Formalien zu kümmern. In seinem Zustand war er aber kaum in der Lage dazu. Dass er die ganze Geschichte, wenn sehr wahrscheinlich auch in stark gekürzter Fassung, vor Akemi ausgerollt hatte, sprach Bände. Er brauchte jemandem mit dem er reden konnte und der für ihn da war. Akemi kannte Cris, oder hatte ihn einmal gekannt. Wenn sich nicht zu viel in seinem Leben verändert hatte, dann kannte er niemanden auf Naboo ausser ihr.

"Darren?"

Akemi hielt die Sprechtaste zum Fahrerraum gedrückt.

"Bring uns bitte zu meinem Appartement."

Entschied sie, ohne Cris zu konsultieren. Seine Reaktion war ohnehin vorhersehbar, er würde es nicht wollen. Diesmal ließ sie ihm jedoch keine Wahl.

"Vertrau mir einfach."

Bat sie ihn.

"Auch wenn du es für sie tun willst, der Papierkram kann warten. Du musst dich jetzt um dich kümmern."

Akemi wusste nicht, was sie und Cris heute noch waren, doch wenn das was sie hatten auf irgendeine Weise in Richtung Freundschaft gehen sollte, würde sie ihn nicht sich selbst überlassen. Ausserdem war da etwas, das sie nachdenklich machte. Wenn Noa und der Sohn der Ermittlerin, wie Cris sagte, in dieses Ferienhaus entführt worden und dort getötet worden waren, wer waren dann die beiden Geiseln, die die Polizei lebend hatte befreien können?

- Naboo - Theed - Gleiter - Mit Cris, Venecia, Darren, Bone -
 
- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Schlafzimmer - mit Noa -

Aldridge legte seine Hände auf die angewinkelten Knie, und konnte nicht umher, als sie anzustarren. Noa hatte ihn, nachdem er sie beide vor einer wirklich gewaltigen Dummheit gerettet hatte, einfach nur ekelhaft behandelt. Aldridge war wütend auf sie. Und scheiterte fast an der Aufgabe, diesem Gefühl nicht nachzugehen. „Es geht ihr nicht gut. Es geht ihr nicht gut. Es geht ihr nicht gut.“ schallte das immer gleiche Mantra durch seinen Kopf, und er blieb trotzdem wütend.


Die Aufnahmen lasse ich nur bei den Frauen laufen, die ganz besonders verrückt nach mir sind - gleich die doppelte Portion Freude.“

Aldridge raffte sich auf, und suchte ein letztes mal nach Antworten in ihrem Gesicht, und fand sie einfach nicht. Sie starrte lieber auf den dummen Holoprojektor, und suchte vermutlich gerade fieberhaft, nach noch mehr Beschimpfungen. Hätte Aldridge es nicht besser gewusst, hätte er darauf geschworen, das da ein zorniger Teenager auf seinem Bett saß, jeder Zeit bereit, irgendetwas nach ihm zu werfen.


Weist du was? Komm Noa! “

Aldridge las sein Shirt von seinem Schoß auf, und warf es ihr vor die Füße. Sie tat ihm natürlich nicht den Gefallen, die erhoffte Aufmerksamkeit bekam er von ihr nicht. Was trieb sie gerade an?

Du und ich machen weiter, wo wir aufgehört haben. Ich besorg es dir jetzt richtig schön ja?“

Aldridge raffte sich auf, und er gab sich der Energie hin, die plötzlich durch ihn strömte. Sie war doch nur so bissig, weil ihr maltretiertes Hirn gerade gar nichts anderes konnte, als in Extremen zu denken. Sein Verstand hatte es jetzt kapiert, und suchte dringend nach Wegen, um ihr das Herz zu erleichtern. Der Zorn wich aus seiner Stimme, als sein Herz seinem Hirn endlich folgte, und sie wurde weniger kratzig als gerade eben noch. Trotzdem, sie musste verstehen, warum er getan hatte, was er eben getan hatte.


Und dann? Was passiert dann hm? Ich kann es dir sagen! DIR geht es noch viel schlechter als jetzt schon!“

In seinem Kopf knallte der Gürtel schon wieder......und er konnte es nicht abschütteln. Aldridge stand vor dem Bett, und blickte zwangsläufig auf Noa herab, und sie wirkte trotzdem so viel größer als er. Sie war viel größer als er, allein durch die Presenz ihres starken Geistes. Und dennoch, kriegte sie gerade einiges nicht auf die Kette.

Du wolltest eh nicht mit mir schlafen? Genau das ist der Punkt!“

Der Wertfarbeiter verschränkte die Arme, und fixierte ihren Blick, den er endlich erhascht hatte.

„Natürlich wolltest du das nicht! Mon Calamari, schon vergessen? Du vermisst deinen Cris, und das ist so verdammt nachvollziehbar. Aber anstatt an der richtigen Stelle Mum zu haben, und einfach zu zu geben, das es dir DRECKIG geht, willst du dir lieber an mir weh tun.“

Er wollte so unbedingt, das es ihr gut ging. Sie hatte ihn gerettet, er lebte nur, weil sie so stark war. Sie durfte sich nicht an ihm verletzten, das erlaubte er nicht.

Und das lasse ich auf gar keinen Fall zu. “

Noa Chanelle Cortina wusste es ja noch gar nicht. Aldridge war jetzt ihr Freund, dummerweise einer von der ganz treuen Sorte. Und schon wieder holte Jules aus, mit seinem Gürtel, doch diesesmal schaffte Aldridge es, sein Handgelenk zu packen. Noa traf kein Schlag.

- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Schlafzimmer - mit Noa -
 
[Naboo, Theed, Gleiter]- Akemi, Cris, Venecia, Bone, Darren

Wie durch einen Schleier registrierte Cris, wie Akemi ihre Mitarbeiterin aus dem Passagierabteil des Gleiters lotste und irgendetwas von einem Interview sagte, dass verschoben werden musste. Wer wollte eingreifen, ihr sagen, dass sie sich seinetwegen keine Umstände machen musste, doch er konnte es nicht – dass er die Geschichte erzählt hatte, ließ ihn jede Szene ein weiteres Mal durchleben. Agathons perfides Grinsen, der schlafende Baby-Gungan, der Polizist des TPD, der um ein Haar erhängt worden wäre… und dann Cris‘ Hände, die sich um Agathons Kragen schlossen… seinen Hinterkopf gegen die Wand hämmerten. Wieder und wieder. Er war ein Mörder. Cris Sheldon war ein Mörder. Und dieser Mörder saß direkt neben einer der wohl berühmtesten Frauen Naboos in ihrem Gleiter, als wäre er einfach nur ein harmloser jemand.

Vorsichtig fragte Akemi ihn, was er nun vorhatte. Als er sie ansah, bemerkte er zum ersten Mal die Tränen, die in ihren Augen glitzerten. Seine Worte hatten sie mitgenommen… mehr, als er beabsichtigt hatte. Welches Recht hatte er, einfach mit seinen Problemen in ihr Leben reinzuplatzen und sie wieder in seinen Sumpf zu ziehen, aus dem sie so mühsam entkommen war?

„Ich… ich muss sie identifizieren…“, murmelte er wie im Trance.

„Nach Coruscant bringen. Zu ihrer Familie.“

Es kostete Mühe, diese Worte auszusprechen, einmal mehr zu bestätigen, dass Noa tot war.

„Sie… sie hätte gewollt, dass sie dort ihre letzte Ruhe findet…“

Seine Augen weiteten sich, als Akemi ihren Chauffeur anwies, zu ihrem Appartement zu fahren und Cris voller Überzeugung darlegte, dass er sich jetzt um sich selbst kümmern musste, bevor er sich um den Rest sorgte. Um Vertrauen bat sie ihn und wäre er nicht so verzweifelt, hätte er vermutlich laut aufgelacht. Natürlich vertraute er ihr. Wenn es eine Sache gab, derer er sich trotz all der Dinge, die geschehen waren, absolut sicher war, dann, dass Akemi Akanato ihm niemals bewusst Schaden zufügen würde. Doch er… er hatte schon so viel getan, sie in Gefahr gebracht, um ein Haar ihr Leben ruiniert… und jetzt war es wieder so weit.

„Nein, Akemi, bitte!“

Seine Worte klangen wie das Flehen eines Todeskandidaten, der seinen Henker um eine letzte Stunde im Sonnenschein bat.

„Du verstehst das nicht…“

Schmerzerfüllt schloss der ehemalige Sturmtruppler seine Augen. Er konnte sie sehen, Agathons leblose Augen, die ihn zu verspotten schienen, kurz bevor das taktische Team der NRSF den Kellerraum stürmte und alles vorbei war. Es mochte Cris gewesen sein, der Agathon getötet hatte – doch Agathon hatte über Cris triumphiert. Er hatte ihm fast alles genommen und es wahrscheinlich noch nicht einmal gewusst.

„Ich habe ihn getötet…“, flüsterte er.

„Den Mörder. Nachdem er mir erzählt hatte, was er ihr angetan hat… ich wollte, dass er zugibt, dass das alles eine Lüge war… dass sie lebt und er mir sagt, wo sie ist… und dann… dann war er tot…“

Es war eine sonderbare Szene. Cris hatte bereits Dutzende Lebewesen umgebracht, möglicherweise hunderte… tausende. Sein Lebtag war er Soldat gewesen, jemand, der sich aufs Töten spezialisierte. Für eine abstrakte Sache, für die Macht anderer, ums Überleben. Doch Agathon war etwas anderes. Nie hatte er solchen furchterregenden Hass verspürt. Nie hatte er sich den Tod eines Menschen so sehr gewünscht – und gewünscht hatte er ihn sich, egal, was er sich nun im Nachhinein einreden mochte.

„Sie wollten mich vor Gericht stellen“, fuhr Cris tonlos fort.

„Doch der Geheimdienst hat das anscheinend nicht erlaubt… offiziell war nie ein Agent in dieser Angelegenheit auf Naboo, ein Verfahren könnte… peinlich ausgehen. Sie werden mich auf ihre Art bestrafen… wenn ich wieder auf Lianna bin.“

Cris‘ Blick richtete sich auf Akemi. Sie wirkte so unschuldig in ihrem hübschen Kleid, mit ihrem so dezenten wie wirkungsvollen Make-up und ihren mandelförmigen Augen, die ihn einst so voller Zuneigung angesehen hatten. Doch auch sie hatte getötet. Seinetwegen. Und er wusste, was es in ihr angerichtet hatte.

Nie wieder.

„Du solltest dich von mir fernhalten… ich will nicht auch noch dein Leben ruinieren…“

Schwer schluckend senkte er seinen Blick.

„Ich habe dir in diesem Leben schon mehr als genug angetan…“

Tief in seinem Inneren wusste er, dass seine Worte sie nicht dazu bewegen würden, ihn von sich zu stoßen und an Ort und Stelle liegen zu lassen. Akemi war ein besserer Mensch als er. Voller Barmherzigkeit, die auch die Jahre an seiner Seite ihr nicht hatten austreiben können.

[Naboo, Theed, Gleiter]- Akemi, Cris, Venecia, Bone, Darren
 
- Naboo – Theed – Haus der Trineers – Als Zimmer – Mit Al –

Ihr Gesicht nahm Farbe an, als ihr alles Blut in den Kopf stieg – vor Ärger und vor Scham. Sich belehren zu lassen, von wem auch immer, war etwas, das Noa überhaupt nicht leiden konnte. Das hatte sie schon als Kind nicht gemocht, weder in der Schule noch von ihren Eltern, und das hatte sich auch nicht geändert, als sie älter geworden war. Cloé nannte es „Ratschläge“ geben. Seine dämlichen Ratschläge konnte Aldridge Trineer für sich behalten. Hatte er noch nie gehört, dass man sich nicht in Dinge einmischte, die einen nichts angingen? Schön, vielleicht ging es ihn etwas an, wenn er knutschend mit Noa auf seinem Bett gesessen hatte, doch das gab ihm noch immer keinen Freifahrtschein dafür, sich in Noas Seelenleben einzumischen! Was glaubte er, wer er war, Mr. Psychotherapeut?! Wütend sprang Noa auf. Das Shirt, das er ihr wieder vor die Füße geworfen hatte (warum auch immer) kickte sie zur Seite.

“Wage es nicht, mir zu sagen, wie es mir geht!“

Schrie sie ihn an.

“Und tu nicht so, als würdest du mich kennen!“

Sie hatte bereits ausgeholt, ehe sie sich bremsen oder es sich anders überlegen konnte. Und selbst wenn, Noa hätte es nicht getan. Aldridges Kopf rutschte zur Seite, als ihre Hand ihn im Gesicht traf. Es tat weh, auch Noa, doch ihr Körper pumpte zu viel Adrenalin als dass sie den Schmerz wahr genommen hätte. Außerdem, sie hatte schlimmeres überstanden. Sie fing nicht an zu heulen, nur weil ihre Hand pulsierte. Sie starrte Aldridge an. Es fühlte sich an, als wäre alles seine Schuld gewesen und das war es auch. Er hatte sie provoziert, er hatte sie dazu getrieben. Er hatte sich unnötig aufgespielt und so getan, als wäre ausgerechnet er der Vernünftige von ihnen beiden. Mit welchem Recht? Und dann hatte er sich auch noch heraus genommen, Cris mit hinein zu ziehen in seine ungebetene Moralpredigt und ihr vorzuwerfen, sie habe keinen Mut. Mut wozu? Noa wartete und atmete schwer. Sie wartete darauf, dass etwas passierte, dass Aldridge sie zurück schlug, dass er sauer wurde und sie anbrüllte, oder dass er mit der Faust die Tür seines Kleiderschranks zertrümmerte. Sie wartete darauf, dass er sie rückwärts stieß und sie fiel, dass er sie packte und stürmisch küsste und sie dort weiter machten wo sie aufgehört hatten, oder dass er die leere Flasche nach ihr warf, denn er hatte eigentlich sowieso genug getrunken. Nichts von alldem geschah. Aldridge stand nur da und schwieg und sein Schweigen widersprach allen Gesetzen einer Beziehung, die Noa kannte. „Beweg dich! Tu was!“, wollte sie ihm zurufen, doch auch sie konnte ihn nur anschauen und je länger sie das tat, umso bewusster wurde ihr, wie erleichtert sie eigentlich war, dass Aldridge ihrer Attacke eben nicht so antwortete, wie Jérome es getan hätte, oder Dragan. Das Schlimmste war, Aldridge hatte Recht. Es ging ihr nicht gut und sie grämte sich davor, es zuzugeben, dabei hatte gerade er sie in ihrem schlimmsten Moment gesehen. Was wollte sie vor ihm noch verheimlichen? Und trotzdem konnte sie es nicht aussprechen. Sie wollte dieses Bild einer schwachen Frau nicht darstellen, nicht vor ihm und nicht vor sich. Und ja, sie vermisste Cris. Mehr als alles andere wollte sie wieder mit ihm zusammen sein. Das war etwas, das ihr während der Gefangenschaft klar geworden war. Hätte sie es im Nachhinein bereut, mit Aldridge zu schlafen? Ja. Wäre es fair ihm gegenüber gewesen, ihn dazu zu benutzen, ihren eigenen Schmerz für ein paar Sekunden zu lindern, ohne dass er irgendetwas bedeutete? Nein. Sie hätte ihn verletzt, genau so wie Cris, genau so für sich selbst. Verdammt, er war der Vernünftigere von ihnen beiden gewesen.

Es fiel ihr nicht leicht, sich zu sammeln. Die leise Stimme in ihrem Kopf, die ihr vorschlug, sich zu entschuldigen, ignorierte sie gekonnt. Äußerst fürstlich straffte Noa die Schultern. Sie spitzte die Lippen, verschränkte die Arme vor ihrer Brust und fixierte einen toten Punkt an der Wand. Von ihrem Unterarm entfernte sie einen nicht vorhandenen Fussel. Das wirkte zumindest cool.


“Okay.“

Ihre Stimme klang gefasst und nur um deutlich zu machen, dass sie ihren Stolz noch nicht verloren hatte, trug Noa ihr Kinn noch ein Stückchen höher.

“Vielen Dank für die Erklärung.“

Ihr Blick streifte Aldridge flüchtig. Das war alles. Mehr konnte er unmöglich von ihr erwarten.

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Sie starrte auf die Hände in ihrem Schoß. Cris' Worte klangen wie aus einem dunklen Roman. Akemi wünschte sich, dass er endlich aufhörte zu reden, dass er ihr nicht diese Einzelheiten anvertraute und sich nicht selbst weiter folterte. Er hatte Schuldgefühle gegenüber Noa, weil er sie nicht hatte retten können, und selbst gegenüber Akemi wegen Dingen, die Jahre zurück lagen. So war er schon immer gewesen. Cris hatte für alles die Verantwortung übernommen. Sich selbst zu vergeben war ihm immer am schwersten gefallen.

"Sag diese Sachen nicht."

Bat Akemi. Ihre Stimme war so leise wie seine. Sie waren alleine in der Kabine und niemand aus dem Fahrerraum würde sie hören können, doch das bedeutete nicht, dass sich Akemi wohl dabei fühlte, in unmittelbarer Nähe zu ihrem Team über Mord und Totschlag zu sprechen. Wenn sich vermeiden ließ, wollte sie am liebsten gar nicht darüber sprechen. Sie wollte nicht hören, dass Cris jemanden umgebracht hatte, auch wenn ihr schon vor diesem Tag klar gewesen war, dass das zu seinem Beruf gehörte. Sie wusste es, aber sie dachte darüber nicht nach. Das war sein Leben, nicht ihres. Akemi war jetzt eine andere.

"Ich kann mir vorstellen, dass es viel zu tun gibt."

Beteuerte sie.

"Dinge, um die du dich kümmern musst. Aber muss das sofort sein? Hast du überhaupt geschlafen?"

Sie fragte sich, was Richard dazu sagen würde, wenn er wüsste, dass sie mit Cris zusammen säße. Er hätte nichts dagegen, dass Akemi Kontakt zu ihm hatte, doch nach diesem Gespräch würde er Cris in dem Punkt zustimmen, dass sie gut daran täte, sich von ihm fern zu halten. Nicht, weil er eifersüchtig wäre, sondern weil er sie schützen wollte. Sie sah Cris an und sein Kummer tat ihr in der Seele weh. Sie hatte ihn geliebt, damals, und es hatte eine Zeit gegeben, in der sie gedacht - und gehofft! - hatte, dass sie ewig zusammen sein würden. Stattdessen saß er heute neben ihr, weinte um den Verlust einer anderen Frau und es gab nichts, das Akemi für ihn tun konnte. Sie fühlte sich machtlos. Er hatte ihr Hilfsangebot abgelehnt, zum zweiten Mal schon, und sie wusste sie konnte ihn zu nichts zwingen, wollte es auch gar nicht. Nach ihrer Trennung, als Akemi geglaubt hatte den Boden unter ihren Füßen zu verlieren, hatte sie ihren Weg gefunden. Vielleicht musste Cris seinen Weg ebenfalls alleine finden? Sie sah ihr Wohngebiet vor den Fenstern des Gleiters. Als sie Cris von der Straße aufgelesen hatten, waren sie nicht weit von ihrem Appartement entfernt gewesen. Und dort kam auch schon ihr Häuserblock in Sichtweite. Ob Cris sich an die Gegend erinnerte? Es war eine Ewigkeit her, dass er mit ihr hier gewesen war.

"Du hast Recht, vielleicht verstehe das alles nicht."

Sprach sie schließlich.

"Wir sind verschiedener denn je."

Der Gleiter hielt. Sie waren da.

"Tu was du tun musst, Cris. Mein Fahrer fährt dich, wohin du musst. Denk dran, wenn du Hilfe brauchst, weisst du wie du mich erreichen kannst."

Sie zuckte mit den Schultern. Ihm zu helfen hatte heute nicht gut funktioniert. Wie gerne hätte sie mehr getan. Von der anderen Seite öffnete Bone die Gleitertür. Ihr Leibwächter schirmte sie ab von den beiden einzigen Paparazzi, die heute vor dem Gebäude warteten. Akemi stieg aus.

"Und noch mal... es tut mir wirklich Leid wegen Noa. Ich hatte gedacht..."

Akemi schüttelte den Kopf.

"Ich habe nicht all zu viel mitbekommen aus den Medien. Das letzte, das ich gehört hatte war, dass der Mörder bei einer körperlichen Auseinandersetzung von der Polizei erschossen worden war und man die letzten beiden seiner Geiseln lebend aus diesem Ferienhaus hatte retten können. Ich hatte angenommen, damit wäre alles halbwegs gut geendet... aber vielleicht war das naiv."

Sie sah ihn ein letztes Mal an...

"Auf Wiedersehen."

...und fragte sich, ob es das dieses Mal wohl geben würde.

- Naboo - Theed - Mit Cris, Venecia, Darren, Bone -[/I]
 
- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Schlafzimmer - mit Noa -
Ohrfeigen von Frauen, taten irgendwie sehr viel mehr weh, als der härteste Punch beim Boxen. Und warum ? Weil Frauen einen nur schlugen, um einen auch innerlich zu treffen. Und sie hatte getroffen, und Aldridge war nur noch müde. Auf ihre Entgegnung hatte er nur noch Nicken zu bieten. Noa war eine Wand, gegen die er jetzt zu oft gerasselt war. Da er nicht mehr in ihre Nähe wollte, riss er sich beim verlassen des Raumes noch ein T-Shirt aus seinem Kleiderschrank. Die altmodische Holztür krachte, als er sie hinter sich ins Schloss warf. Diese Frau, war einfach nicht einzuschätzen, man konnte ihr sagen was man wollte, und bekam für Freundlichkeit nur Tritte. Er gab es auf. Als nackte Füße machten tapsende Geräusche, als er nach schnellen Schritten durch den Flur über die Bodenfliesen der offenen Küche ging. Was er hier wollte wusste er auch nicht genau, den ganzen Liter blaue Milch, nahm er sich trotzdem aus dem Kühlschrank, und leerte ihn auf Ex. Er hatte vergessen, das Licht ein zuschalten, weswegen der eigentlich so freundliche und offene Raum nur durch das Flurlicht erhellt wurde und nicht mehr als ein dunkles Irgendwas war. Der Naboo verschmolz mit dem Mobiliar zu einer Einheit, als er seufzend aus und ein atmete, und dann nur noch erstarrte.

Hätte er doch mit ihr schlafen sollen? Hatte er die falsche Entscheidung getroffen? Nein ganz sicher nicht. Und trotzdem, es war falsch, das er gerade allein war. Er wollte nicht allein sein. Er sehnte sich nach seiner Schwester. Miranda wäre jetzt gut gewesen. Mit ihr musste man nie nervenaufreibende Gespräche führen, sie verstanden sich blind und ohne Worte. Wenn man mit Frauen Blutsverwandt war, und keine sexuelle Komponente in Sicht war, waren sie so herrlich unkompliziert. Aldridge rieb sich die immer noch gut durchblutete Wange, als er beschloss sich einfach aufs Sofa zu hauen. Doch den Plan gab er direkt wieder auf, denn ihm viel es brühendheiß wieder ein. Diese kleine Hand, die ihm mit erstaunlich viel Kraft, zu besserer Durchblutung verholfen hatte, die war vor ein paar Tagen noch eiskalt und ohne Leben gewesen. Es war so knapp gewesen, und der Kampf um ihr Leben zu hart.. Aldridge hatte trotzdem keine Energie mehr, sich einem weiteren Kampf mit ihr zu stellen. Aber er wollte unbedingt, nein er musste die Situation irgendwie retten. Noa Chanelle Cortina, wäre niemand gewesen, der ihm in seinem normalen Leben begegnet wäre. Sie hätten sich nicht kennen gelernt, sie hätten keine Zeit miteinander verbracht, wären für immer voneinander unbelastete Fremde gewesen. Jules Agathon hatte sie zusammen gebracht, und nur durch Schmerz und Agonie verbunden. Aldridge wollte dieses Band zereissen, und sich und Noa wenigstens die Chance bieten, sich eine eigene Verbindung zu schaffen. Der Naboo warf ein letztes mal für den Abend, seinen Denkapparat an, der durch die Erschöpfung und den Alkohol träger war, denn je. Und ihm viel nichts ein, ausser das er Hunger hatte... Eine fantastische Idee. Aldridge schaltete das Licht ein, riss das kleine Kühlfach des Kühlschrankes auf, und zog zwei Becher Schokoladeneis daraus hervor. Den einen Becher schob er beiseite, für den anderen gab es eine Sonderbehandlung.


„ Hey Punching Prinzessin.

Nein, ich kenne dich nicht, da hast du recht. Aber auf Eis stehen alle Frauen! Es gibt jetzt übrigens zwei Möglichkeiten für dich.
  • Du genießt dein Eis allein in meinem Zimmer, und ergötzt dich ganz heimlich an dem sexy jungen Sportler im Holo TV. Wenn du da schlafen möchtest, ist das okay für mich, ich komme nicht mehr rein, wenn du nicht raus kommst.
  • Du kommst zu mir in die Küche, und leistest mir Gesellschaft. Du musst auch nicht mit mir reden, wenn du nicht willst. Ich würde kommen, denn da findet gleich das feinste Fressgelage statt, das Theed je gesehen hat.
In jedem Fall entschuldige ich mich für mein Benehmen. Ich wollte dir nicht zu Nahe treten. Es steht mir gar nicht zu, Urteile über dich zu fällen.

Hochachtungsvoll,

der Klotzkopf aus der Küche“

Aldridge befestigte den handgeschriebenen Flimsiplast Zettel mit Klebeband an dem mit Frost beschlagenen Eisbecher, fixierte noch einen Löffel an dem kleinen Paket, und stapfte in Richtung seines Zimmers.

„Ich trainiere nicht nur in meiner Freizeit, ich koche und backe für mein Leben gern!“

Aldridges Stimme durchbrach die Stille nur kurz, als er ohne sie anzusehen, seine Botschaft punktgenau neben ihr Bein aufs Bett warf. Zu weit weg, um ihre Haut zu berühren, aber nahe genug, das es nicht in den Laken verschwand. Sein Blick viel kurz auf den Holoprojektor, tja eines hatte er noch mit dem Burschen da, gemeinsam. Er konnte immernoch verdammt gut werfen. Aldridge sah sie nicht an, und zog die Tür wieder zu.

- Naboo - Theed - Norden - Haus der Trineers - Schlafzimmer - mit Noa -
 
[Naboo, Theed, Gleiter]- Akemi, Cris, Venecia, Bone, Darren

Cris lehnte in der weichen Polsterung des Gleiters und fühlte sich, als hätte Akemi ihm eine schallende Ohrfeige verpasst, bevor sie aus dem Gleiter ausgestiegen war.

„Wir sind verschiedener denn je“ hatte sie gesagt. Doch wie war das gemeint? Als einfache Feststellung, dass sie, als interstellar gefeierter Medienstar, als Aushängeschild der Republik, längst in einer ganz anderen Welt lebte als er? Oder war es eine Anspielung darauf, wie tief unter ihr Niveau er mittlerweile gesunken war, bis hin zu jemandem, mit dem eine Person ihres Standes sich nicht mehr abgeben konnte und wollte? Diese Interpretation ihrer Worte tat fast so sehr weh wie das Wissen um Noas Tod, doch es gab nichts, was er darauf hätte erwidern können. Er hatte ihr schließlich gerade erst gestanden, dass er im Zorn einen Menschen getötet hatte. Nicht, weil er damit andere Leben hatte retten wollen, oder sein eigenes, oder auch nur weil es ihm befohlen worden war – lediglich sein eigener Hass hatte ihn zu dieser Tat beflügelt. Vielleicht war es das, was Akemi mit ihren Worten gemeint hatte. Und der Grund, aus dem sie sich so rasch vor ihm zurückzog, auch wenn sie andeutete, dass er ihren Gleiter benutzen durfte. Und doch… hatte sie ihm trotzdem wieder ihre Hilfe angeboten. Wenn er sie brauchte. Wann, wenn nicht zu dieser Stunde, hatte er jemals Hilfe gebraucht?

Akemi…“

Halb hatte er bereits seine rechte Hand nach ihr ausgestreckt, um sie aufzuhalten, doch ihre nächsten Worte ließen ihn erstarren. Sie sprach von den Dingen, die in die Medien durchgesickert waren, die natürlich über den Fall berichtet hatten. Dass davon die Rede war, dass Agathon von der Polizei erschossen worden war, machte Sinn – es klang in der offiziellen Variante eindeutig besser, als anzugeben, dass ein vermeintlicher NRSF-Agent ihm den Schädel zertrümmert hatte. Doch das Ferienhaus… zwei Überlebende? Das konnte nicht sein! Die einzigen Geiseln, von denen Cheetah und Cris erfahren hatten, waren Deanna Trineer, ihr Sohn Aldridge… und Noa. Deanna war bereits früher gefunden worden, sie konnte nicht gemeint sein. Wer waren also die Überlebenden? Und warum hatte Agathon behauptet…?

Panik stieg in Cris auf. Hatte der ehemalige Polizist ihn so perfekt manipuliert? Oder war die Polizei einfach darauf bedacht, keine weiteren Hiobsbotschaften zu verkünden, sodass sie Noas qualvolles Ableben verschwiegen? Sie war nicht einmal eine Bürgerin Naboos, niemandem – nur ihm und der Jedi – würde ihr Fehlen auffallen, also… Cris‘ Herz raste, während er um Perspektive rang und er gleichzeitig beobachtete, wie Akemis Leibwächter sich anschickte, die Tür des Gleiters wieder zu schließen. Er musste sich entscheiden. Jetzt.

Akemi, warte!“

Hastig stürzte er aus der noch geöffneten Tür, sehr zur Überraschung des Kel’Dor, der ihn allerdings passieren ließ, und riss sich hastig die Plastiktasche vors Gesicht, um den anwesenden Klatschjournalisten kein willkommenes Bild von einem unbekannten Mann zu bieten, der die berühmte Schauspielerin Akemi Akanto besuchte (oder ihnen zumindest nicht seine Identität preiszugeben). Schmerzlich bewusst wurde ihm auch das Gewicht des Peilsenders an seinem Knöchel. Die NRSF wusste genau, wo er sich aufhielt… wen er besuchte. Doch das ließ sich nicht vermeiden.

Etwas außer Atem erreichte Cris den schützenden Häusereingang direkt hinter ihr.

Akemi, es tut mir Leid… ich wollte nicht sagen, dass du es nicht verstehst… nur, dass du nicht alle Details kennst… und ich mir nicht sicher bin, ob ich dich mit ihnen belasten darf…“

Etwas hilflos zuckte er mit den Achseln.

„Aber so wie es aussieht kenne auch ich nicht alle Fakten.“

Reumütig sah er ihr in ihr gütiges Gesicht. Sie war bereit gewesen, ihm zu helfen – und er hatte es nicht einmal wirklich gemerkt, zu beschäftigt mit seinem eigenen Kummer.

„Darf… darf ich mit reinkommen?“

[Naboo, Theed]- Akemi, Cris, Venecia, Bone, Darren
 
- Naboo - Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Al's Zimmer - Mit Al -

Vielleicht hätte Noa in diesem Moment gehen sollen. Der Gedanke kam ihr durchaus: einfach ihre Sachen packen, sich eine Jacke überwerfen und hinaus in die Nacht. Doch wohin? Hotels gab es auch in Theed und sie konnte sich ein Taxi rufen um nicht laufen zu müssen. Ein Problem war das alles nicht. Nur eine Sache, die hätte ihr gefehlt: Gesellschaft. Noa wollte nicht in einer Bar unter Fremden sitzen, dem Barkeeper ihr Leid klagen oder darauf hoffen, mit irgendwem einen Quickie im Hinterzimmer zu schieben. Es hatte Abende gegeben, an denen sie ihre Wohnung für genau diese Ablenkungen verlassen hatte, doch nicht heute. Nicht nach Jules, nicht nach Aldridge. Also blieb sie sitzen und beschloss, Aldridge, wenn er wieder kam zu sagen, dass sie es nicht so gemeint hatte. Dass er sich nicht in ihre Angelegenheiten einmischen sollte war ihr ernst gewesen, doch, doch. Aber dass er sich an seinem eigenen jüngeren Ich im Fernsehen aufgeilte... na ja, das war nicht ganz ernst gewesen. Höchstens ein bisschen. Es war ja auch etwas absurd. Wer machte schon so was? Ausserdem hatte er gar nicht damit rechnen können, dass Noa in sein Zimmer kommen und ihn küssen würde, es sei denn, er hielt sich für so unwiderstehlich, dass er sie bereits als sichere Trophäe in der Tasche geglaubt hatte. Nur dann hätte es Sinn gemacht, die alten Aufnahmen von sich rechtzeitig anzuwerfen und auf sie zu warten. Aber nein, das war dann doch etwas weit her geholt, selbst für Noas Geschmack.

Sie hatte die Beine ran gezogen und ihr Kinn darauf gestützt. War es jetzt an der Zeit, sich doch noch mal auf den Joint einzulassen, der noch immer fast unberührt in ihrem Zimmer lag? Eigentlich war es viel eher an der Zeit zu schlafen. Das jedenfalls sagte die Uhr. Noa aber fürchtete sich davor, was passieren würde, wenn sie die Augen schloss. Wenn sie müde genug war, direkt einzuschlafen sobald sie sich hin legte, dann würde sie ins Bett gehen. Hauptsache, ihr Gehirn war nicht mehr in der Lage nachzudenken. Das machte es jetzt nämlich schon wieder und Noa wünschte sich, sie könnte es einfach anhalten wie eine Uhr, oder abschalten wie einen Droiden, der einem auf den Wecker ging. Ihre Gedanken hatten bei Aldridge gestartet, gingen über zu Cris, wieder zurück zu Aldridge, zu ihrem Streit, zu ihren Verletzungen, weiter zu Deanna und über sie sie zu Jules Agathon, was am Ende wohl unvermeidlich war. Es war einfach... anstrengend und sie wollte, dass es aufhörte. Sie wollte einfach nur sitzen und auf Aldridge warten und sich dabei vielleicht dieses doofe Spiel zu Ende ansehen. Doch kam sie dazu? Nein, denn als Aldridge tatsächlich zurück kam, war ihr einzelner guter Vorsatz vergessen. Positiv ausgedrückt kam sie schlicht nicht dazu, ihm zu sagen was sie sich vorgenommen hatte, weil er ihr keine Gelegenheit ließ. Er kochte und backte in seiner Freizeit, sagte er, und diese Information war so völlig aus dem Zusammenhang gerissen, dass Noa sich, kaum dass er wieder zur Tür hinaus war, fragte, ob sie sich das alles nur eingebildet hatte. Der Eisbecher, der neben ihr auf dem Bett lag, widerlegte diese Vermutung allerdings.


"Schokoeis."

Stellte Noa fest und löste den Zettel von der Packung, den Aldridge angeklebt hatte. Er überraschte sie, das musste sie ihn lassen, und irgendwie war er süß, auf eine alberne, verschrobene Art und Weise. Er nannte sich selbst Klotzkopf? Damit lag er nicht daneben. Noa legte den Zettel bei Seite und öffnete die Schachtel mit dem Eis. Er hatte sogar an einen Löffel mitgebracht. Wider Willen musste sie schmunzeln.

Auf dem Tresen in der Küche stapelten sich Unmengen von Lebensmitteln. Auf den ersten Blick sah es aus, als führte Aldridge eine Inventur von allem, was sich an Essbarem im Haus befand. Mit ihrem Schokoeis in der Hand kam Noa langsam die Treppe hinunter. Genüsslich leckte sie den Löffel ab - es schmeckte göttlich. Sie hatte sich Deannas Decke, hässlich wie sie war, wieder um die Schultern geworfen. Es war ein schräger Gedanke, doch Noa empfand die selbstgemachte Decke als tröstlich, als legte Deanna noch jetzt beide Arme um sie.

"Wow, du hast nicht übertrieben. Du planst wirklich ein Fressgelage."

Noa näherte sich langsam.

"Hey... Klotzkopf."

Sie lächelte vorsichtig. Zum ersten Mal seit sie ihn kannte, fühlte sie sich leicht verunsichert. Woran lag das? Wage erinnerte sie sich, dass sie etwas zu ihm hatte sagen wollen. Was war das noch gleich gewesen, eine Art Entschuldigung? Hmm, nein, nein. Bestimmt nicht. Da musste sie sich irren.

"Ich, ähm... würde auch etwas essen, wenn du etwas für mich übrig hast."

Sie lehnte sich gegen den Tresen, lässig.

"Ich wollte eigentlich zurück auf mein Zimmer gehen, aber... ich schaffe das ganze Eis nicht und hätte es sowieso zurück in die Kühlung bringen müssen. Deswegen bin ich runter gekommen."

Gewichtig sah Noa ihn an. Ach, zum Kuckuck!

"Okay, das war gelogen. Ich bin hier weil dein dämlicher Zettel ziemlich lustig war und ich nicht allein sein will und weil ich ausserdem wirklich Hunger habe!"

Wie aus Protest versenkte sie den Löffel in ihrem Schokoladeneis und steckte ihn sich voll beladen in den Mund. Sie hätte das Päckchen Eis nicht alleine geschafft? Ja, das war eine ziemlich dämliche Ausrede gewesen.

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- Naboo - Theed - Mit Cris, Venecia, Darren, Bone -

Sie hatte nicht mehr damit gerechnet, dass Cris ihr doch noch folgen würde, zu eindringlich hatte er betont, dass er nicht bleiben konnte, ob aus dem Grund dass er sich um andere Dinge kümmern musste, oder weil er Akemi nicht belästigen oder sie in Gefahr bringen wollte. Doch dann überlegte er es sich doch anders und als er fragte, ob er mit hinein kommen dürfte, nickte Akemi ihm bestätigend zu. Natürlich durfte er. Sie ignorierte die beiden Fotografen, als sie den kurzen Weg vom Gleiter zur Haustür zurück legte, Bone direkt auf ihren Fersen, dahinter Cris und danach Venecia. Der Portier hatte ihre Ankunft bereits über Kameraüberwachung verfolgt und die Öffnung der Tür frei gegeben. Sobald sie sich ihr näherten, glitten ihre Flügel automatisch auseinander.

"Guten Abend, Miss Akanato."

"Guten Abend, Gibbson, was macht Ihre Hand?"

"Viel besser, Miss, noch ein paar Tage und sie ist so gut wie neu."

"Das freut mich. Achten Sie auf sich."

Akemi stieg als erste in den Turbolift, gefolgt von den anderen.

"Gibbson arbeitet erst seit ein paar Monaten hier."

Erklärte sie Cris. Noch war es nicht passend, ihr Gespräch von vorhin wieder aufzunehmen. Sie wollte warten, bis sie ungestört in ihren eigenen vier Wänden waren.

"Vor ein paar Tagen hat er sich die Hand beim Grav-Ball mit seinem Sohn verletzt."

Sie erreichten Akemis Etage. Auf einem Panel an der Wand bestätigte sie den Zugangscode, doch erst als sich die Tür öffnete, fragte sie sich plötzlich, mit welchen Augen Cris ihre Wohnung wahr nehmen würde. Er war früher hier gewesen, doch die Einrichtung von damals existierte inzwischen längst nicht mehr. In der Zeit, als Akemi mit Richard hier gewohnt hatte,
und auch als Masao als eine Art Überbrückung
Hier gelebt hatte, war der Großteil des Mobiliars ausgetauscht worden. Aus der mädchenhaften Wohnung mit dem verspielten Charme war eine erwachsene, moderne Wohnung mit zeitlosem Charakter entstanden. Selbst davon war allerdings heute nicht viel zu sehen und das lag daran, dass das Appartement kurzfristig in ein Atelier verwandelt worden war. Mehrere Kleiderständer standen im Wohnraum, zum Bersten beladen mit Cocktail- und Abendkleidern. Mitten im Zimmer befanden sich drei Ankleidepuppen von Akemis Größe, jede von ihnen trug eine fantastische Robe, eine schöner als die andere - Kleider, die Akemi schon in wenigen Tagen auf dem Filmfestival in Kaadara tragen würde - und an jeder von ihnen arbeitete eine Frau. Eine davon war Kim. Die Haare streng zurück gebunden, ein Maßband um den Hals, schaute sie überrascht auf, als Akemi und ihr Anhang zur Tür herein kamen. Mit dieser Unterbrechung konnte sie gar nicht gerechnet haben. Akemis Terminplan hatte vorgesehen, dass sie nach ihrem Interview direkt nach Kaadara fuhr.


"Venecia, ich brauche die Wohnung."

Akemi hatte sich zu ihrer Assistentin herum gedreht und leise gesprochen. Die Theelin nickte und nahm die Dinge in die Hand. Akemi hatte total vergessen, dass sie Kim und ihren Helferinnen ihre Wohnung zur Verfügung gestellt hatte. Bis zum Filmfestival mussten noch einige Änderungen an ihren Kleidern durchgeführt werden. Für einen Außenstehenden mochte es albern erscheinen, so einen Aufwand wegen ein paar Kleidern zu betreiben, doch es war mehr als das. In diesem Business ging es um Marketing - um das des Filmstars und um das des Designers.

"Entschuldige. Gib mir drei Minuten."

Wandte sich Akemi an Cris. Sie wusste, dass er weder in der Stimmung noch in der Verfassung für Gesellschaft war und das musste er auch nicht sein. Venecia war bereits dabei, Ordnung ins Chaos zu bringen.

"Es gibt eine Planänderung. Packt eure Sachen zusammen. Bone, die Kleiderständer müssen raus. Darren soll dir helfen. Kim - nein, das ist mir egal, dann müsst ihr eben von vorne anfangen. Ich bestelle den Lastgleiter für den Transport. Und Vorsicht mit den Puppen!"

Das Chaos erreichte seinen Höhepunkt. Statt ruhiger wurde es immer lauter, als die Kleiderständer nach draussen geschoben wurden, Kisten hinaus getragen und Befehle erteilt wurden. Akemi war nach links in die halb offene Küche abgebogen, scheinbar die Ruhe selbst, und schenkte für sich und Cris zwei Gläser Wasser aus. Er hatte im Gleiter ein wenig nach Alkohol gerochen, daher nahm sie an, dass Wasser im Augenblick das Beste für ihn war. Als sie zu ihm zurück kam und ihm das Glas in die Hand drückte, trugen Darren und Bone gerade die letzte der drei Puppen nach draussen und Kim raffte ihre letzten Sachen und folgte ihnen. Sie würde beide Augen darauf haben, dass den Kleidern auch bloß nichts passierte. Die meisten Stücke waren Leihgaben und mussten nach dem Festival unversehrt zurück gegeben werden. Das Appartement sah jetzt wieder aus wie es aussehen sollte. Es zu räumen hatte tatsächlich weniger als fünf Minuten gedauert.

"Akemi? Noch ein paar Punkte?"

Venecia hatte ein Datapad in der Hand und sah sie fragend an. Unwohl warf Akemi einen Blick auf Cris. Sie wollte ihn nicht noch länger warten lassen.

"Ganz kurz."

Erwiderte sie.

"Okay."

Die Theelin holte Luft.

"Deine Innenarchitektin hat angerufen. Sie wird euch morgen nach dem Mittagessen abholen. Ich habe dir die Uhrzeit in deinen Kalender eingetragen. Meera Lys lässt anfragen, ob du das Drehbuch gelesen hast, das sie dir geschickt hat."

"Nein, schreib ihr, ich komme erst nach dem Festival dazu."

"Okay. Was ist mit den Anfragen vom Star Reporter? Soll ich sie an Gynt weiterleiten?"

Akemi nickte. Deals auszuhandeln - oder abzulehnen, wie er es in diesem Fall tun würde - war Aufgabe ihres Managers.

"Gut, mache ich. Was noch? Wir haben noch nicht auf die Einladung zur Eröffnungsfeier des neuen Flügels des Theed-Kinder-Hospiz geantwortet. Die Frist verstreicht in zwei Tagen. Soll ich dich alleine eintragen oder mit Gast?"

Akemi fuhr sich durch die Haare.

"Ich weiss nicht, ob Richard Zeit hat. Ich habe ihn noch nicht gefragt."

"Soll ich den Termin mit ihm abstimmen?"

"Ja, bitte. Wenn er nicht kann, gehe ich alleine. War sonst noch was?"

"Ja, noch eine letzte Sache: wir haben die Speisepläne für das Senior Route Gala-Dinner und für den Empfang zur Vorstellung der neuen Mutaccio Markenbotschafter erhalten. Ich habe dir die Details auf deinen Account gelegt. Wenn du jeweils ein Gericht wählst, kann ich deine Antwort zurück melden."

Es war komisch. Cris musste sich fühlen, als hätten alle Planeten in dieser Galaxis aufgehört sich zu drehen. Aus seiner Perspektive musste es so sein, und trotzdem ging das Leben weiter. Akemi hatte Entscheidungen zu treffen und Dinge vorzubereiten, so trivial sie für ihn auch erscheinen mussten, und andernorts war es das selbe. Sie nickte Venecias letzte Bitte ab. Um die Auswahl ihrer Mahlzeiten würde sie dich heute Abend kümmern. Das war eines jener Dinge, die sie gut auf der Fahrt nach Kaadara erledigen konnte. Als Venecia sich schließlich verabschiedete und verschwand, wurde Akemi zum ersten Mal bewusst, dass sie jetzt ganz alleine mit Cris war. Sie hatte darüber zuvor nicht nachgedacht, doch auch wenn es letztlich nichts änderte, so brachte diese Tatsache doch Erinnerungen zurück.

"Magst du dich setzen?"

Akemi bot Cris die Wahl eines Platzes auf den Stühlen mit den hohen Rückenlehnen am Esstisch oder auf der modernen Polsterung im Wohnbereich.

"Es ist so schwierig, sich vorzustellen, was da passiert ist... wie dieser Mensch diese vielen Leute umgebracht hat. Und warum."

Verständnislos dachte Akemi über die Dinge nach, die Cris ihr anvertraut hatte. Es tat ihr sehr Leid für ihn, mehr als sie ihm sagen konnte.

"Für mich war das einfach nur ein Fall im den Nachrichten. Natürlich war es schlimm und ich habe mitbekommen, dass die Bevölkerung gewarnt wurde, aber... ich hatte so viel anderes zu tun und ich mache mir nicht so viele Gedanken über meine Sicherheit. Dafür habe ich mein Security Team."

Und genau das war der Unterschied. Akemi hatte Leute, die sie schützten. Sie hatte ein ganzes Teams aus Angestellten, die, wenn nötig, rund um die Uhr da waren. Andere hatten das nicht, Noa zum Beispiel. Akemi fragte sich, wie viel diese Frau Cris wirklich bedeutet hatte, auch wenn er von Problemen mit ihr gesprochen hatte. Für ihn war zweifellos eine Welt zusammen gebrochen.

- Naboo - Theed - Akemis Appartement - Mit Cris
 
[Naboo, Theed]- Akemi, Cris, Venecia, Bone, Darren

Cris fand tatsächlich die Zeit und die Kraft, dem Portier mit der verletzten Hand ein freundliches – oder zumindest neutrales – Lächeln zuzuwerfen, ehe er Akemi, ihrem Leibwächter und ihrer Mitarbeiterin in den Turboluft folgte, wo die junge Schauspielerin ihn beiläufig – vermutlich, um das drückende Schweigen zu überbrücken, das eine jede Aufzugfahrt auszeichnete – darüber aufklärte, dass der Mann namens Gibbson sich die Hand beim Spielen mit seinem Sohn verletzte hatte. Cris nickte lediglich stumm – Grav-Ball, das war für ihn in diesem Moment so weit weg wie Naboo von den Unbekannten Regionen der Galaxis.

Doch es wurde noch absurder. In Akemis Appartement angekommen, musste er feststellen, dass nichts mehr so war, wie er es aus seiner Erinnerung kannte. Nicht nur war das Mobiliar vollkommen anders – alles schien zudem vollgestellt mit Kleiderständern, einer mit exquisiteren Kleidern bepackt als der nächste. Zentrum des ganzen schienen drei Puppen zu sein, die Akemi von Statur und Größe her verdächtig ähnlich sahen, um die wiederum drei emsig arbeitende Frauen verteilt waren, deren Aufgabe es zu sein schien, der Kleidung, die die Puppen trugen, den letzten Schliff zu verpassen. Kurz war Cris so, als würde ihm schwindlig – und das nicht als Nachwirkung des Alkohols, den er im Park so hastig getrunken hatte. Er kannte sich nicht sonderlich gut aus mit Mode – doch er hatte das beklemmende Gefühl, dass jedes dieser Kleider teurer war als die Halskette, die er Noa geschenkt hatte. Ein unvorstellbarer Luxus. Er musste in irgendeine Art sehr wichtiger Vorbereitung hineingeplatzt sein. Akemi war eine Person öffentlichen Interesses – ein Superstar. Natürlich musste jedes Kleid, das sie vor den Kameras trug, perfekt sitzen. In gewisser Weise war das ebenso wichtig wie der perfekte Sitz einer Rüstung im Kampf. War er jetzt schuld daran, wenn sie sich bei ihrem nächsten Auftritt blamierte, weil eines der Kleider Defizite aufwies, die nur eine Horde Modekritiker ohne anderes Leben erkennen konnte…?

Als sie ihre Mitarbeiterin anwies, die Wohnung zu räumen, wäre Cris fast eingeschritten. Er wollte Akemi keinen Auftritt versauen und eigentlich wollte er ihren Mitarbeitern, die auch nur ihren Job machten, keine Unannehmlichkeiten bereiten. Doch als das große Rumräumen begann, schwieg er lediglich und zog sich mit hochrotem Gesicht in eine Ecke zurück, in der er möglichst wenig im Weg stand. Akemi hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihm helfen wollte. Jetzt noch einen Rückzieher zu machen würde sie vermutlich nur verletzen. Und nichts wollte er weniger. Darüber hinaus machte sie den Eindruck, durchaus selbst die Auswirkungen einer Verlagerung der Arbeiten an ihrem Kleid abschätzen zu können. Sie war… professionell. Vielleicht war das das Wort. Nicht mehr das kleine Mädchen, das beschützt werden musste, auch nicht mehr die junge Geheimdienstagentin, die das Grauen der Galaxis kennenlernte. Sie war vollkommen selbstbestimmt, Herrin der Lage… Souverän. An ihren Aufgaben gewachsen. Fast spürte Cris ein wenig Stolz – oder vielleicht Erleichterung. Akemi war nicht an ihm kaputt gegangen – im Gegenteil.

Nach dem dritten, leicht tadelnden Blick, den eine der Mitarbeiterinnen Akemis ihm im Vorbeigehen zugeworfen hatte, nestelte der ehemalige Sturmtruppler verlegen an der Plastiktüte, die die NRSF ihm ausgehändigt hatte. Hektisch tastete er nach dem Inhalt – sein Comlink, seine ID, das Ticket für den Flug nach Lianna, ein Creditstick… und sein Medaillon. Hastig verstaute er die einzelnen Gegenstände in unterschiedlichen Taschen seiner Hose, ehe er sich das Medaillon unter seinem Hemd umhängte und schließlich die zusammengeknüllte Tüte ebenfalls in einer Tasche verschwinden ließ. Womöglich sah er jetzt nicht mehr ganz so schäbig und deplatziert aus.

Dankbar hatte er auch nach dem Glas Wasser gegriffen, das Akemi ihm angeboten hatte, auch wenn ihm ihre aufmerksame Geste wieder die Schamesröte ins Gesicht trieb. Sie musste im Gleiter gerochen haben, dass er getrunken hatte – auch die Flasche Wasser, die er sich im Nachhinein aus Reue hineingezwängt hatte, hatte die typischen Anzeichen dafür nicht übertünchen können. Schnell verbarg er sein Gesicht halb hinter dem Glas, indem er es zum Munde führte, ehe Akemis letzte Mitarbeiterin noch einige letzte Punkte mit ihr zu erörtern hatte. Die übrigen waren im Rekordtempo – mit all den Kleidern und Puppen – aus dem Appartement verschwunden.

Die Worte, die Akemi mit ihrer Mitarbeiterin wechselte, klangen, als kämen sie aus einer vollkommen anderen Welt. Dinnerpläne, Festivals, Eröffnungstermine… und das in einer Galaxis, in der täglich Millionen in Lebensgefahr schwebten und der Terror des Krieges ganze Sternensysteme in Atem hielt. Nun… jetzt vielleicht nicht mehr. Jetzt gab es Frieden, auch wenn Cris nicht glauben konnte, dass der Imperator und seine Schergen es ernst meinten.

Als der Name Richard fiel, zuckte Cris leicht zusammen. Er erinnerte sich an Akemis Auserwählten, den gefeierten Schriftsteller, der noch einmal ein gutes Stück älter war als Cris selbst. Er erinnerte sich daran, wie dieser sich mit Selby über Wein und andere Dinge unterhalten hatte, von denen Cris nichts verstand, damals, auf dem Siegesball. Er musste Cris für einen geistlosen Barbaren gehalten haben. Für jemanden, der seiner Akemi nicht würdig war, nicht einmal im Ansatz. Und hatte er Unrecht damit?

Dann war auch die letzte Mitarbeiterin verschwunden und Cris war mit Akemi alleine. Plötzlich sehr nervös folgte er ihrem Angebot, sich zu setzen. Es war so lange her, dass er zum letzten Mal mit Akemi alleine in einem Raum gewesen war – damals hatte er versucht, sie zurückzugewinnen Ein aussichtsloses Unterfangen. Und heute? Heute hatte er wieder jemanden verloren und ertappte sich bei dem Gedanken, was wohl geworden wäre, wäre er einfach bei Akemi geblieben… wäre er dann jetzt ein Richard Cohn? Eloquent, beliebt in der High Society? Oder hatten ihre Wege geradezu zwangsläufig unterschiedliche Richtungen eingeschlagen? Akemis Welt… das war nicht die Welt von Cris Sheldon. Nicht die von dem Cris Sheldon, der sie verlassen hatte. Und nicht die von dem, der jetzt vor ihr saß. Doch welches war seine Welt? In welche Welt hätte Noa ihn geführt? Hätte er sich auf sie einlassen können – ohne Kompromisse?

Bevor die Gedanken an Noa ihn wieder tief in die Polster seines Stuhles gedrückt hätten, fing Akemi an, zu sprechen. Darüber, wie schwer es ihr als Außenstehender fiel, sich in die Realität der schrecklichen Mordserie hineinzuversetzen. Auch über ihre Sicherheit sprach sie – und darüber, dass immer jemand da war, der dafür sorgte.

Cris nickte langsam. Eine Zeit lang war er es gewesen, der Akemi beschützt hatte. Und eine Zeit lang hatte er wirklich daran geglaubt, sie für immer beschützen zu können. So, wie er Noa hätte beschützen sollen. Nicht mehr als ein spöttisches Lachen hätte er damals für professionelle Leibwächter oder private Sicherheitsteams übrig gehabt. Er war Cris Sheldon, Agent des republikanischen Geheimdienstes. Tagtäglich trotzte er dem Imperium. Wer sollte schon gegen ihn bestehen?

Oft war dieses Selbstbild ins Wanken geraten. Doch dann war Agathon gekommen und hatte es vollends zerstört.

„Sie hätte eigentlich keinen Schutz brauchen müssen…“, sagte er schließlich leise.

„Wir wussten zwar, dass der Täter gefährlich war… dass er furchtbare Dinge mit seinen Opfern angestellt hatte und sogar an einen ehemaligen Senator herangekommen war. Doch Noa… sie war einfach nur hier, um eine Geschichte über die Jedi zu schreiben. Sie ist Journalistin, weißt du?“

Bei diesen Worten schlich sich ein Lächeln auf Cris‘ Züge. Er und Akemi hatten in ihrer gemeinsamen Zeit auch mit Journalisten zu tun bekommen – doch meist mit der falschen Sorte.

„Eine von den Guten. Auch wenn sie eigentlich Widerstandskämpferin war. So habe ich sie auf Coruscant kennen gelernt. Ihre Widerstandsgruppe hat mich aus den Trümmern gezogen, nach einem Gefecht mit den Imperialen… und sie haben mich aufgepäppelt. Dann habe ich sie getroffen.“

Cris musste lachen.

„Ich war dumm genug, ihr fast sofort zu erzählen, dass ich einst ein Soldat des Imperiums gewesen bin… sie wollte mich umbringen. Hätte es vielleicht auch gemacht, wenn die Jedi nicht für mich gebürgt hätten. Sie hasst das Imperium. Hasst das, was es ihrer Heimat angetan hat.“

Seine Miene wurde wieder ernst und schnell rieb er sich seine Augen, ehe eine verräterische Träne seine Wange hätte hinunterlaufen können.

„Doch mit der Zeit… empfand sie etwas anderes für mich als Hass. Und ich für sie. Als wir schließlich zusammen auf dem Ball waren… ich war so glücklich. Ich… ich habe nie wieder so für jemanden empfunden, seit… seit wir…“

Er musste kurz die Augen schließen, bevor er fortfuhr.

„Ich habe sie geliebt, Akemi. So wie dich. Aber sie ist… anders als du. Schwieriger, vielleicht. Vermutlich ist ihr das alles zu schnell gegangen mit mir. Und dann… ist da noch etwas anderes passiert.“

Er stockte. War jetzt der Zeitpunkt, Akemi auch noch von Lorraine zu erzählen?

„Als wir uns jedenfalls das letzte Mal, hier auf Naboo gesprochen haben, zeichnete sich ab, dass sie es nicht noch einmal mit mir versuchen wollte. Ich war am Boden zerstört – doch ich hatte noch Hoffnung, verstehst du? Und dann… dann erfuhr ich, dass sie in der Gewalt des Gesuchten war. Er hatte sie mühelos entführen können, schließlich war er ein Mitglied des Ermittlungsteams… auch wenn ich mir sicher bin, dass sie sich gewehrt hat. Sie hätte sich niemals kampflos ergeben. Nicht Noa. Sie war eine Kämpferin.“

Cris schluckte schwer.

„Als ich ihn dann stellte, fehlte ihm ein Teil eines Ohres. Das muss sie gewesen sein. Hat es ihm abgebissen, als er das Gefühl hatte, die Situation vollkommen zu kontrollieren.“

Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter.

„Er muss furchtbar wütend auf sie gewesen sein…“

Langsam senkte Cris seinen Kopf und starrte ausdruckslos auf seine geöffneten Hände. Die Hände, die Agathon getötet hatten… ohne dass sie Noa hätten retten können.

„Ich war nicht bei ihr, Akemi… ich hab sie im Stich gelassen… und jetzt werde ich sie nie wieder sehen…“

[Naboo, Theed, Akemis Appartement]- Akemi, Cris
 
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„Das Eis ist super lecker oder?“


Noa entgegnete ihm nichts, natürlich nicht, das Eis zerging ihr ja noch auf der Zunge. Sie hatte ihn eben das erste mal überhaupt angelächelt, und Aldridge verbuchte das ganz heimlich als Erfolg für sich. Allein das sie zu ihm gekommen war, war am Ende nicht selbstverständlich gewesen. Oder war es das doch? Reagierte sie nach schlimmen Streits so, wenn man ihr entgegen kam? Aldridge hatte keine Ahnung, weil er sie nicht kannte. In jedem Fall, hatte sie die Fassade eben mit ihrem Geständnis ein Stück weit fallen lassen. Gute Güte, was war das alles passiert.. Im Endefekt kribbelten ja immer noch die wilden Küsse, die er mit ihr ausgetauscht hatte, auf seinen Lippen. Das nächste Extrem, die schallende Ohrfeige, die er kassiert hatte, wärmte seine Wange noch immer gut durch. Zum Glück, hatte sein Körper kapiert, das da nichts mehr lief. Aldridge bedeutete Noa mit einer Geste, sich an den Tresen zu setzen.

„Und deinem Hunger, dem treten wir gleich in den Arsch, aber mit Anlauf.“

Entgegnete er ihr auf ihre Worte. Kein „schön das du gekommen bist!“ kam über seine Lippen, noch sprach er die Entschuldigung, die er ihr bereits schriftlich übermittelt hatte aus. Es war alles gesagt, und es war gar nichts gesagt. Aldridge wollte einfach keine Probleme mehr wälzen. Er langte nach der kühlen Flasche „Roumboulz“, einem prickeligen Gungan Schaumwein, den er in den Tiefen des Kühlschranks gefunden hatte. Die Jagd nach guten Lebensmitteln, war also ein doppelter Erfolg gewesen.

„Okay Noa, was möchtest du denn essen? Was magst du so?“

Aldridge hatte für sich beschlossen, das es für ihn noch nicht genug gewesen war, mit dem Alkohol, weswegen er sich mit flinken Fingern daran machte, das Drahtgeflecht zu lösen...

„Ich hab eben nachgeschaut, was überhaupt im Haus ist. Wir beide haben Glück, wir können so richtig zuschlagen..“

Der Druck in der Flasche wurde spürbar größer, weswegen Aldridge den Flaschenhals fest umklammerte und seinen Daumen auf den Korken presste. Seine freie Hand, benutzte er um auf den vollgestellten Tresen zu deuten.

„Bist du eher süß veranlagt? Oder willst du ein Nervsteak?“

Das Gas in der Flasche wurde erbarmungsloser, und seine Hand war noch vom Tauwasser der Che-Che Beeren feucht, sein Daumen war rutschig... Aldridges freie Hand schnellte hervor, und erwischte den Korken nicht mehr. Mit einem Knall schoss der Korken los, verfehlte seine zertrümmerte Nase um Haaresbreite, und knallte gegen die Decke, um irgendwo hinter ihnen im Raum zu verschwinden.

„Ich schätze, das mit dem Alhohol lasse ich mal sein.“

Stammelte er erschrocken, und ignorierte die Eiseskälte, die ihm in Form des Schaumweins am T-Shirt herunter floss. Stille. Schon wieder. Und Aldridge musste einfach nur noch lachen. Sollte ihn ein Korken etwa aus dem Konzept bringen? Ganz sicher nicht.

„So war ich hier stehe! Ich bin nicht immer so ein Idiot!“

Er kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus, entsorgte die überschäumende Flasche im Spülbecken hinter sich, und nahm einen Lappen, um irgendwie noch irgendetwas zu retten. Er entschloss sich den Fußboden zu retten, bevor dieser zu kleben begann.

„So, wir tun jetzt mal so, als wäre das nicht passiert, okay? Also Noa! Was ich dich schon die ganze Zeit fragen wollte, neben dieser Essens Sache, wo kommst du her?“

Ihr akzept, war ganz sicher nicht Naboo, aber sie sprach auch nicht wie die Leute, die auf Lianna heimisch waren. Vielmehr erinnerte sie ihn an eine Verkäuferin, mit der er bei seinem Geburstagstrip damals gesprochen hatte....

„Ich hab keine Ahnung, aber aus dem Bauch heraus würde ich sagen...“

Triviale Themen! Das fühlte sich gut an! Er beschloss, das die Küche gerade der beste Ort in der Galaxis war, und alle Probleme draussen vor der Tür warten mussten.

„..Coruscant?“

Mit dem nackten Fuß benutzte er den Lappen als Bodenwischer, und beschloss, das sie ganz sicher eine Coruscanti war. Er hatte am Nachmittag die Nachrichten gehört, Coruscant war befreit worden...gute Zeiten für die Republik. Die Leute die in den Straßen interviewt worden waren, sie hatten diesen Akzent gehabt.


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Die Krankenschwester wirkte so konzentriert, während sie ihrer Arbeit nachging. Mit ruhigen Händen legte sie sich Deannas Handrücken auf ein steriles Tuch, und suchte mit der hauchdünnen Kanüle ein Blutgefäß, das sie anzapfen konnte. Graham beobachtete sie, schweigend, seit einer ganzen Weile. Dank ihr, lag Deanna in sicher in einer neuen Position, war frisch gemacht worden, und hatte die Zugange für Schmerzmittel, und Infusionen erneuert bekommen. Graham erinnerte sich an diesen Zwischenfall vor dreissig Jahren. Deanna hatte einen Anfängerfehler gemacht, war als eifriger Grünschnabel, der gerade in seine Uniform gewachsen war, einem Verdächtigen allein gefolgt. Und dieser kleine Dieb, ein noch viel jügerer dummer Bengel, hatte ihr ein Messer direkt durch die Schulter in die Lunge gerammt. Graham erinnerte sich ganz genau an den Schrecken, der ihm damals in die Knochen gefahren war, und wie er klein Aldridge, nach dem Baden seinem Bantha Boy Schlafanzug geworfen, ihn in eine Decke gewickelt hatte, und los gerast war. Und noch bevor er seine Frau erreicht hatte, war er dann das erste mal in seinem Leben Jules Agathon begegnet. Nur durch seine bloße Gegenwart, hatte er sich klein und unbedeutend gefühlt. Zu sehr hatte ihn das Erscheinungsbild dieses Hurensohns beeindruckt. Agathon hatte zur Speederbike Patrol gehört, und wie ein Werbeplakat fürs das TPD gewirkt. Von den polierten Stiefeln, über seine perfekt sitzende Uniform bis zu seiner bloßen, physischen Präsenz, hatte alles an ihm einfach nur perfekt gewirkt. Sogar mit Deannas Blut an seinen riesigen Pranken, hatte er irgendwie noch viel zu sauber ausgesehen.


„Kann ich nochwas für Sie tun, Mister Trineer?“

Graham sah auf, als die junge Frau, die gerade eben zur Nachtschicht erschienen war, ihn ansprach. Und für eine Sekunde, wollte er ihr antworten, das sie bitte gerne sofort Deanna wieder gesund machen sollte. Das war alles, das irgendwer für ihn tun musste, aber nicht einmal Meisterin Cheetah, hatte das für ihn tun können. Sie hatte einen schweren Aufzu aufgehalten, und alle Insassen gerettet, aber Deannas Verletzungen waren zu schwer gewesen. Ein kurioser Fakt. Graham sah der Pflegerin, die er ungefähr in Mirandas Alter ansiedelte, in die Augen, und gab ihr endlich eine Antwort.

„Nein, vielen Dank.“

Er schenkte dem Mädchen ein dankbares Lächeln, bevor sie dann endlich den Raum verließ. Sein Blick viel wieder auf Deanna. Wie viel schlimmer sie damals ausgesehen hatte... Graham erinnerte sich an diese junge Frau, die blutend, und vor Schmerz brüllend auf der Untersuchungsliege gelegen hatte. Und Graham hatte ihre Hand halten können, und ihr sagen können, das alles wieder gut werden würde. Und das war es auch. Hier und jetzt, lag sie einfach nur da, und er konnte ihr die Hand halten, wie er wollte, aber antworten würde sie ihm nicht... Ganze dreissig Jahre lang war ihr im Dienst nichts passiert, sah man von ein paar Schürfwunden, und einem gebrochenen Finger ab, der ihr zwischen eine Tür geraten war. Es war schon kurios, Jules Agathon, hatte ihr damals das Leben gerettet, und jetzt, da hatte er es wieder eingefordert. Graham verkrampfte es das Herz, weil er nicht gegen das Gefühl ankämpfen konnte, sie bereits verloren zu haben. Nicht das er Deanna aufgeben würde, das konnte und würde er niemals tun, aber es sprach so vieles gegen ihr überleben.. Graham seufzte, und schloss die Augen für einen Moment. „Wenn wir Ihre Frau jetzt von den Maschinen trennen, wird sie sterben Sir. Wenn wir sie in 15 Jahren von den Maschinen trennen, wird sie sterben. Es macht keinen Unterschied“ hatte Deannas Chirurg gesagt. Die Professoren Abbot und Waylon, die von ihm aus Kaadara bestellten Experten, teilten diese Meinung. Graham waren Gehirnscans gezeigt, und erklärt worden. In Deannas Kopf war Nacht eingekehrt, was nicht durch die massiven Kopfverletzungen zerstört worden war, war dem Solleu zum Opfer gefallen. Es war kein Glück, das sie noch gelebt hatte, als sie gefunden worden war, sondern ein Wunder. In seinem Herzen, machte sich eine Schwere bemerkbar, die er noch nie erlebt hatte. Was sollte er nur tun?

„Okay, ich hab mir eine Decke und ein Kissen organisiert, und dir einen Mietgleiter.“

Lusandra stand neben ihm, und sah nicht so aus, als würde sie irgend einen Wiederspruch dulden.

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Die unfreiwilligen Comedy-Einlagen waren oft die Besten. Aldridge hatte sicher nicht geplant, an einer Flasche Schaumwein zu scheitern (welcher Mann mimte schon absichtlich den Versager), doch als er das tat, war das Ergebnis göttlich. Noa hatte kein Mitleid mit ihm, als der Korken der Flasche nur knapp sein Gesicht verfehlte, der Wein durch zu viel Druck aus der Flasche schoss und Aldridge sich damit besudelte. Er sah einfach zu komisch aus, wie er da in seinem nassen Hemd stand und Noa musste lachen. Es war ein befreites, von innen kommendes Geräusch, das das Eis brechen ließ, auf dem sie und Aldridge sich in der vergangenen Stunde bewegt hatten. Sie hatte sich auf einen der Barstühle gesetzt, die am Küchentresen standen, hohe rundliche Hocker mit niedrigen Lehnen, sich über den Tresen nach vorne gebeugt und dort die Ellbogen aufgestützt.

"Deine Vorstellung in der Küche fängt nicht sooo brilliant an."

Ließ sie in wissen, ohne dass ein Zweifel daran hätte bestehen können, dass sie es spaßig meinte. Sie fragte sich schon, ob Aldridge wirklich wusste was er hier tat. Konnte er überhaupt kochen, oder bildete er es sich nur ein und am Ende würde Noa etwas ungenießbares hinunter würgen müssen? Sie hielt beides für möglich. Normalerweise hätte sie es einem Kerl wie ihm - groß, muskulös, Sportler - nicht zugetraut, sich in einer Küche auszukennen, aber Aldridge rasierte sich auch die Brust. Wo hatte er nur gehört, dass das sexy war?

"Ich habe Hunger auf was Richtes... und auf was Süßes."

Wenn sie schon die Wahl hatte, beschloss Noa, dann würde sie auch aus den Vollen schöpfen. Heute gab sie einen Dreck auf ihre Diät. Jules Agathon hatte sie nicht gerade gemästet und die künstliche Ernährung im Krankenhaus gab dem Körper nur was er benötigt. Noa konnte zuschlagen wie sie wollte. Sie schob die Packung Eis von sich, damit der Meisterkoch sie zurück in die Kühlung stellen konnte. Sie wollte sich ihren Hunger wirklich für das aufheben, das er zubereitete.

"Können wir die Chee-Chee Beeren zum Nachtisch essen? Mit heisser Vanillesauce?"

Schlug Noa vor.

"Ansonsten... überrasch mich. Ich bin nicht wählerisch."

Das stimmte. Sie konnte es gar nicht sein. Wer nicht selbst kochte - und Noa verabscheute Kochen - musste essen was man vorgesetzt bekam. Zutaten zusammen mixen, in Töpfen rühren, Gemüse schneiden... das war alles so langweilig. Und zuerst musste man das alles auch noch einkaufen! Sie sah Aldridge zu, wie er seine eigenen Zutaten sichtete und sich zusammenstellte was er benötigte. Ein Mann der kochte. Innerlich verdrehte Noa die Augen. Das war so... unmännlich. Nicht, dass das bedeuten sollte, dass Kochen Frauensache war, auf keinen Fall. Dafür gab es Droiden! Er hätte sich mit Cloé zusammen tun können. Dass ihre Schwester beruflich etwas anderes machte, wunderte Noa bis heute.

"Mein Akzent verrät mich überall."

Stellte sie fest, als Aldridge wissen wollte woher sie kam und dann auch noch richtig tippte. Seiner Mutter war das auch gelungen, doch das sagte Noa ihm nicht.

"Ja, ich komme von Coruscant."

Sie atmete tief ein. Sie vermisste es sehr. Viele Leute sagten, dass der Planet hässlich war: zugebaut, luftverpestet, schmutzig, viel zu laut und ausserdem gefährlich. Das alles stimmte. Coruscant war nicht das Paradies, doch es war Noas Heimat und das sagte eigentlich alles.

"Ich bin dort geboren, aufgewachsen... meine Familie lebt da."

Im Ferienhaus seiner Eltern hatte sie ihm erzählt, dass ihre Schwester auf Lianna lebte. Ob sie noch da war? Cloé würde nicht lange warten, nach Hause zu fliegen, jetzt wo Coruscant frei und wieder Teil der Republik war. Noa musste sich selbst daran erinnern, weil es noch so unwirklich erschien. Sie sah Aldridge an und lächelte.

"Aber ich komme allmählich herum und ich muss sagen, Naboo ist wunderschön. Ich bin schon das zweite Mal hier. Das erste Mal habe ich sogar den Palast gesehen! Nur von aussen, natürlich."

Die Naboo und ihre Königin, das war eine loyale, ewige Liebesbeziehung. Soweit Noa wusste, verehrte und respektierte das Volk die jeweils im Amt sitzende Königin grenzenlos. Sie selbst konnte sich so etwas für sich nicht vorstellen. Natürlich respektierte sie den Kanzler und setzte ihre Hoffnungen in ihn, doch das bedeutete nicht, dass sie ihn nicht hinterfragte oder hinter allem stand, das er tat. Es war den aktuellen Umständen geschuldet, dass Noa bisher kaum etwas über den Friedensvertrag mit dem Imperium wusste, der zu Coruscants Befreiung geführt hatte - sie würde sich später damit auseinander setzen - doch alleine die Begriffe "Frieden" und "Imperium" in einem Satz zu verwenden, ließ ihr alle Nackenhaare zu Berge stehen.

"Habt ihr eigentlich viel Tourismus hier? Ich glaube nicht, oder? Dafür liegt ihr einfach zu weit ab vom Schuss."

So blieb der Großteil des Planeten wenigstens so, wie er war.

"Was ist mit deiner Schwester? Sie ist nicht hier, oder?"

Von dem hübschen Mädchen, das von diversen Fotos im oberen Flur lachte und Deanna so ähnlich sah, hatte Noa bisher noch nichts gesehen.

- Naboo - Theed - Wohngebiet - Haus der Trineers - Küche - Mit Al -
 
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