Gut. Also, bist du doch eher gegen ein Eingreifen? So gesehen ist dein Vergleich für die vorliegende Situation sicherlich passender, als meine Shoa-Keule, das muss ich zugeben. Nur ist das sicherlich kein Grund, nicht einzugreifen, wenn sich herausstellen sollte, dass Bashir tatsächlich ein bisschen rumgegast hat. Politik ist eben keine
moralisch hochwertige Angelegenheit.
Ich hüte mich in jedem Fall vor plakativen Aussagen. In Syrien gibt es einen Haufen verschiedener Gruppen, deren Interessen nicht gleichzeitig abgedeckt werden können.
Da ist zum einen die sunnitische Bevölkerungsmehrheit, wo keiner wirklich eine Ahnung hat, wie sie zu der Sache steht. Natürlich will man die alawitische Bevormundung abschütteln, aber wie weit sollen die Reformen danach gehen? Könnte eine sunnitisch dominierte Regierung eine Gleichstellung aller Bürger bewirken? Zweifelhaft, denn in keinem sunnitisch dominierten Land haben Nichtsunniten die Gleichberechtigung inne (die als so fortschrittlich gepriesene Türkei gehört zu den schlimmsten Beispielen). Unter den Sunniten gibt es säkulare Baathisten, aber auch religiös-konservative bis hin zu offenen Jihadisten.
Die Sunniten spalten sich wiederum in Araber und Kurden. Westkurdistan strebt nach Autonomie und letztlich Unabhängigkeit, möglicherweise im Bund mit dem benachbarten Kurdistan. Keine rationale, nachvollziehbare Position kann ernsthaft den Anspruch auf einen unabhängigen kurdischen Staat in Frage stellen, denn dies wäre reinste Doppelmoral. Die Araber wiederum wollen die nationale Souveränität wahren.
Die Alawiten wie alle anderen religiösen Minderheiten sehen nach einem Umbruch ihre Position gefährdet; sieht man sich an, wofür die meisten einströmenden Fundigruppen stehen, ist dies völlig verständlich, denn sie fürchten nicht nur um ihre Macht, sondern kämpfen um ihre Existenz.
Wie sähe in diesem Kontext eine befriedigende Lösung aus? Föderalisierung Syriens oder Zentralisierung? Oder gar Aufteilung in mehrere Staaten (was meiner Meinung nach wegen der völlig fehlerhaften Zuteilung nach 1918 zumindest im Falle der Kurden dringend nötig wäre)? Wie geht man mit den Islamisten um, wenn die Assads weg sind?