[Truuine System - Truuine - Nordmeer - Hafenbucht vor Ith'aqua - Ehemaliges Kreuzfahrtschiff Silbergischt -Trainingshalle - Darth Aster, Vorn und Big Q]
Aus einem diesigen Nebel heraus, der Vorn an seine letzte und bis dato einzige Nacht voller Schwarzgebrannten erinnerte, starrte er ziellos vor sich hin. Wie beim Alkohol hatte es sich erst fantastisch angefühlt, als wäre er in einen frei fliegenden Vogel verwandelt worden, nachdem er Jahre in einer Kiste verbracht hatte. Nicht direkt berauschend, dass man keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, aber eindeutig süchtig machend. Es hatte sich ZU GUT angefühlt. Dann hatte er die Macht entfesselt und das war nochmals eines dieser „unbeschreiblich guten Momente“ gewesen, nur das er diesmal mit voller Geschwindigkeit auf eine Wand zugelaufen war. Er hatte diese gesehen, hatte es in seinem Unterbewusstsein gespürt. Und der dumme kindliche Teil seines Hirns hatte an ein paar Sekunden Ekstase festgehalten, auch wenn danach der Absturz kommen würde. Er war zu willensschwach gewesen, um sich selbst zu zügeln.
In All dem Nebel tauchte irgendwann das Gesicht von Aster auf, etwas bewegte sich, vielleicht Vorn selber, vielleicht nur die Welt. Worte wurden gesprochen, die der Akolyth im Prinzip verstand, doch sein Gehirn konnte keine Bedeutung in ihnen finden, als würde er einen Text lesen, ohne ihn WIRKLICH zu lesen. Dafür konnte er aber immerhin die Färbung der Worte verstehen. Die Betonung der einzelnen Silben. Sein Meister war abgefuckt. Also so richtig.
Es wurden weitere Worte gesprochen, keine kam bei Vorn an. Dann drehte sich die Welt wieder, er spürte einen Stoß gegen seine Schulter und dann wirbelte der Raum erneut, sodass er schließlich auf dem Rücken liegen blieb. Aster war noch kurz an der Peripherie zu sehen, dann war er wohl weg und kurz darauf tauchte der stinkende Affe auf. Etwas tat sich auf seinem Gesicht und er gab auch Unverständliches von sich, doch schließlich verschwand er, ohne das Vorn irgendetwas verstanden hatte.
Eine unbestimmte Zeit später richtete sich Vorn wieder auf. Die Kopfschmerzen waren geblieben, aber schwächer geworden und Blut hatte er auch keines mehr an seinen Schnäuzer opfern müssen. Zusätzlich dazu fühlte er eine gewisse Schwere in den Gliedern, als hätte ihn der Machteinsatz sogar physisch ausgelaugt. Bevor der Mensch diese Tatsache weiter untersuchen konnte, fand er Big Q an der Wand gelehnt vor. Er wollte sich schon fragen, wieso der Wookiee nicht weiter übte, da fiel ihm ein, dass sie dafür ja aktuell Aster brauchten. Der kam ein paar Minuten später und bis dahin hatte es Vorn nur auf die Beine geschafft und seine Gliedmaßen testweise bewegt. Keine nennenswerten Verletzungen, hatte seine Diagnose gelautet.
Ihr Meister kam - nach dem üblichen einleitenden Geschwätz - zu dem Entschluss, dass sie die vorherige Technik wohl doch erst einmal verschieben und an der Kontrolle von Emotionen arbeiten sollten.
Es gibt eine verschissene Technik um Emotionen zu unterdrücken und du lehrst sie uns erst jetzt???, fragte sich Vorn nicht exakt in diesem Moment, doch er würde später kommen und dann würde er diese Technik sogleich benötigen. Jetzt nahm der Rothäutige einfach nur die Informationen auf. Die paar Minuten Pause hatten nur wenig geholfen, um ihn wieder kampfbereit zu machen und war er nicht bereit für den Kampf, konnte er auch nicht so wirklich denken.
Asters warnende Worte in seine Richtung nahm er daher auch einfach hin. Dem schwachen Säuselns in seinem Unterbewusstsein nach zu schließen, würde er es aber ohnehin nicht so schnell wieder tun. Vor allem nicht um nur einen Machtgriff loszuwerden. Es war nämlich schwer zu sagen, ob seine Aktion nur an Selbstmord grenzte oder schon einer wäre, wäre dies ein echter Kampf um Leben und Tod gewesen.
Der nun folgende, ewig andauernde, nicht enden wollende Monolog ihres Meisters erinnerte Vorn an jene Zeit, als man ihn Maggas Lehren nahegebracht, er sie aber noch abgelehnt hatte. Endlose Reihen von Worten ohne ein Ende in Sicht und heute wie damals ohne eine echte Chance etwas dagegen tun zu können. Beide Akolythen würden zuhören müssen und sie taten es. Der Mensch für seinen Teil hielt sich dadurch wach, dass er sich an den paar wirklich nützlichen Schnipseln Wissens festklammerte, die Aster hier und da einstreute.
Die Macht sollte als ein Feind betrachtet werden. Einen Feind, den man nicht vernichten konnte und den man deshalb wegen seines hohen Nutzungspotentials wenigstens ausbeuten sollte. Ein stets zugegen seiender Feind, den man nicht betrügen konnte und der zum Beispiel Emotionen nutzte, damit sich Sith selbst vernichteten. So verteidigte sich die Macht gegen ihre Ausbeutung. Vorn war von Natur aus emotional, wollte es sein, wollte den Rausch spüren und Kraft daraus ziehen. Und die Macht wollte das ebenso. Wollte ihn dadurch loswerden, damit er sie nicht mehr für ihre eigenen Zwecke missbrauchen konnte. Eine interessante Sichtweise, wie er fand. Er hatte noch nie - in solcher Weise - über Werkzeuge nachgedacht.
Asters ebenfalls hier und da fallengelassene Kritik an Vorn, die im Grunde nur auf sein Wesen abzielte, trafen eben jenen Menschen nicht wirklich. Sein Meister glaubte vielleicht, dass er blind und taub wäre, aber er wusste um seine eigenen Schwächen. Vorns Erfahrung nach wussten es die meisten, sofern sie dazu fähig waren relativ objektiv über sich selbst nachzudenken. Das eigentliche Problem war, wie man zur Lösung kam. Beziehungsweise wie man erst einmal herausfand, ob es überhaupt eine gab und wo man suchen sollte. Die Kritik seines Meisters legte also nur seine eigene Schwäche offen, Lehrlinge wie Vorn richtig zu unterrichten. Ja, Aster war wirklich ein beschissener Meister, wie man an dem ständigen Wechseln der gerade zu erlernenden Techniken merkte! Nur weil Vorn NOCH SCHLECHTER in all dem war, tat er es sich überhaupt noch an. Dennoch hätte er gerne wieder seinen alten Meister aus der Kolonie zurück.
Der Vortrag über Emotionen traf bei Vorn auf gewollt taube Ohren. Jene in der Kolonie, die sich schließlich der Apathie hingegeben hatten, waren alle kampflos umgekommen. Jene, die bis zuletzt verzweifelt gekämpft hatten, hatten dem Menschen einen guten … nun, Kampf geliefert. Ihre Angst, ihre Verzweiflung, natürlich auch die Wut und das Gefühl verraten worden zu sein, hatten sie trotz Hunger und Erschöpfung deutlich länger kämpfen lassen, als die paar Opfer, die aufgegeben hatten. Ihr schlussendliches Ende änderte nichts daran, dass ihre Emotionen hilfreich gewesen waren. Vorn war halt nur besser gewesen, wie es auch seine Emotionen waren. Klar, es stimmte schon, dass man nicht zu jedem Zeitpunkt willkürlich irgendetwas fühlen durfte und man Ängste auch überwinden musste, aber die generelle Aussage seines Meisters war Bullshit. Er würde sich das nicht nehmen lassen, nur weil die Macht diese Emotionen nutzte, um ihn zum Selbstmord zu treiben. Er würde halt... halt... BESSER werden müssen.
Emotionen waren keine Lüge, nur eines von diesen zweischneidigen Schwertern, mit denen sich jene selbst schnitten, die nicht stark genug waren. Gefühle gab es wie Gelassenheit, sie schlossen sich nicht aus, wie Vorn dank seines Atronachen wusste. Man benötigte nur die nötige Geisteshaltung und auch wenn der Mensch diese noch lange nicht erreicht hatte, sie existierte. Er hatte es gesehen. Und Leidenschaft ist die verschissene Grundlage für alles du dämlicher Schwanzlutscher, fauchte Vorn gedanklich. Besäße er keine, er würde sich jetzt nicht diese Scheiße anhören!
Alle philosophischen Ansichten mal bei Seite, hatte Aster aber natürlich trotzdem in dem Punkt Recht, dass gewisse Techniken ohne Emotionen einfach besser und vor allem mit einem gleichbleibenden Auskommen anzuwenden waren. Ironischerweise sollten sie nun die Macht nutzen, um Emotionen zu unterdrücken. Laut ihres Meisters schien das ja zu gehen und Vorn glaubte das jetzt einfach mal. Doch wie er das schaffen sollte, nachdem die Tiefschlaftrance schon nicht geklappt hatte, war ihm ein Rätsel. Seinem Gefühl nach war es aber ohnehin egal. Er würde es probieren, natürlich scheitern, Aster würde sie belehren und beleidigen, dann würden sie zur nächsten Technik übergehen und den Rest des Scherbenhaufens, all die nur bruchstückhaft gelernten Techniken, würden sie dann für sich alleine zu Ende bringen dürfen.
Dadurch würde Vorn weder die Tiefschlaftrance noch den Machtmut, vielleicht nicht mal das Abwehren von Machtangriffen lernen und deshalb gezwungen sein alles in den Angriff zu investieren, damit er Big Q so schnell wie möglich töten konnte. Oder er würde eine Gelegenheit nutzen und fliehen. Das war nicht unbedingt seine erste Wahl, im Grunde war es gefühlt die letzte, aber mit jeder weiteren nur im Ansatz verstandenen und dann abgebrochenen Technik bekam er das Gefühl, dass entweder er nicht für die Macht gemacht oder Aster einfach unfähig war. In der Kolonie hatte es viele Momente des Zweifels gegeben. Er war oft gescheitert. Aber es hatte sich... real angefühlt. Er hatte das zu erreichende Ergebnis und den Weg dorthin gesehen, sich vorstellen und daran glauben können. Das ganze Konzept der Macht hingegen war ein Flickenteppich aus Unverständnis. Vorn war... er war... überfordert. Wohl das erste mal in seinem Leben, dass er sich das eingestehen musste. Zuvor hatte es gereicht „nicht interessiert“ zu sein, wenn es um wirklich komplizierte Dinge gegangen war. Er muss ja nicht alles wissen, nicht alles war wichtig für sein Leben. Aber die Macht war so unfassbar nützlich, dass er sie UNBEDINGT meistern wollte... und es überforderte ihn und er hasste es, das er auf niemanden zeigen konnte, niemanden Eindeutiges die Schuld geben konnte, um damit das Problem schnell und einfach lösen zu können. Wobei es Indizien gab. Big Q schien es leichter zu fallen.
Vorn dachte mehr über alles mögliche nach, als daran den Machtmut zu üben. Nützlicher Nebeneffekt waren aber die aufkochenden Emotionen und als er sich ihrer bewusst wurde, nutzte er die Gelegenheit und versuchte die Macht auf sich selbst zu richten. Wieder hatte er kein direktes Ziel, keinen Ansatz, keine Technik um anzufangen. Im Grunde verhielt er sich wie ein in Panik geratener Blinder. Er warf alles mögliche in alle Richtungen und wartete auf eine Reaktion von etwas, von dem er nicht wusste ob es überhaupt existierte und wie es dann reagieren würde. Folglich scheiterte Vorn. Hätte er seit seiner Ankunft auf diesem Planeten schon immer durch reinen Zufall irgendetwas „übernatürliches“ verursachen können, es wäre wohl schon geschehen. Nein, das war sinnlos.
„Das ist sinnlos.“ sagte er schließlich laut und gab damit offiziell auf.
„Machtmut ist wie Tiefschlaftrance.“
Big Q sah zu ihm hinüber und er sah zufrieden aus, als hätte er gerade diesen inoffiziellen Zweikampf gewonnen.
„Mein Basic ist zu schlecht. Und Affensprache spreche ich auch nicht. Das bringt nichts, ich verstehe die Worte nicht.“
Natürlich eine Ausrede, schließlich hatte Aster ihm ja schon ein paar Dinge erfolgreich beigebracht. Aber Vorn war nicht versiert genug, um erklären zu können, wieso er zur scheiße Hölle verdammt nochmal einfach nicht weiter kam. Aus seiner Sicht mangelte es ihn zwar an Vorstellungskraft, ja, aber er war auch nicht geistig behindert oder ein Kind. Als Erwachsener seines Alters hätte er es verstehen müssen, wenn man es richtig erklärte. Also musste es doch an der Sprache liegen oder? Aster verstand Big Q und anders herum, also waren sie diesbezüglich auf einem Level. Das war ein Unterschied. Das musste der Grund sein...
[Truuine System - Truuine - Nordmeer - Hafenbucht vor Ith'aqua - Ehemaliges Kreuzfahrtschiff Silbergischt -Trainingshalle - Darth Aster, Vorn und Big Q]