Hyperraum, unterwegs nach Nar Shaddaa - Uriel, Fritz, Brianna
Brianna wusste nicht, was die Frau aus dem Holocron hatte. Sie hatte sich nur ganz allgemein dafür interessiert. Einige der größten Echani-Meisterinnen überhaupt hatten zu Yusanis' Zeit gelebt, deswegen hatte sie gefragt. Die Aussicht, sich mit jemandem von damals zu unterhalten fand sie verlockend. Dass die Frau die Frage nicht beantwortete fasste die junge Echani als ein "ja" auf.
Eine Padawan seit Ihr? Und dann befragt Ihr ein Holocron und interessiert Euch nicht für das Wissen der Jedi, sondern lediglich für meine Kampfkunst? Du bist eine sonderbare Padawan, Kindchen. Was sagt eigentlich dein Meister dazu, dass du dich von solchen Dingen ablenken lässt anstatt dich auf deine Ausbildung zu konzentrieren?
Die Angesprochene verzog ihr Gesicht. Sie wunderte sich über den plötzlichen Stilwechsel der Jedi, und ärgerte sich darüber, wie ein kleines Kind behandelt zu werden, doch sie schluckte ihren Ärger hinunter, immerhin war es sie, die was von dem Kristallding wollte.
Ich habe noch gar keinen Meister, daher würde ich es vorziehen, von einem Jedi aus Fleisch und Blut trainiert zu werden. Ich weiß nicht, was die Jedi dazu sagen würden, wenn eine Padawan versuchte, nur mit einem Holocron die Wege der Macht zu lernen, aber sicher nichts Gutes. Was die Kampfkunde der Echani angeht habe ich niemanden, der mich lehren könnte.
Das Holocron schien überrascht, als die junge Echani ihre Argumente gegen sie verwendete, und gab nach.
Na schön. Aber ich halte es für ausgeschlossen, jemandem per Holo den Echani-Stil beizubringen. Such dir lieber einen Meister aus Fleisch und Blut, Kleines.
Aha, das war also die Retourkutsche, dachte Brianna. Und sie schien auch ein Talent dafür zu haben, andere Leute zu ärgern. Es musste wohl eine Art Seelenverwandtschaft sein.
Ihr müsst mir keine Grundlagen beibringen. Ich bin selbst eine sehr gute Echani-Kämpferin, meine Eltern haben es mir beigebracht, als sie noch lebten. Mir fehlt nur ein wenig... Feinschliff, ich fürchte mein Stil ist nicht mehr das, was er sein sollte.
Die ältere Frau schien so etwas wie Mitgefühl zu empfinden, und wurde merklich freundlicher.
Aber warum suchst du dir keinen Echani-Meister? Das wäre sicher auch für dich einfacher, als wenn mein Holocron-Abbild versucht, es dir beizubringen. Du willst mir doch wohl nicht erzählen, du wärst die Letzte, die Echani kann?
Das behaupte ich gar nicht, Echani kann man überall lernen, aber nicht das wahre traditionelle Echani, nur primitive Varianten davon. Und selbst wenn, würde ich es niemals von einem Menschen oder Twi'lek oder sonstwem erlernen wollen. Aber ich kenne keine Echani, und ich weiß nicht, wo ich nach ihnen suchen muss, ich kenne nicht einmal den Planeten, auf dem ich geboren wurde.
Das Holocron schien die Nase zu rümpfen, als Brianna auf die Idee kam, jemand anders als ein Echani könnte ihren Kampfstil beherrschen, und sah sie mitleidig an, als sie sagte, dass sie ihren Heimatplaneten gar nicht kannte.
Du wirst sicherlich nie in die Verlegenheit kommen, Echani von einem Nicht-Echani zu lernen. Es ist mehr als nur eine Kombination von Schlägen, Tritten, Sprüngen und Drehungen. Es ist unsere Kultur, unser Lebenstil. Bei deiner Heimat kann ich dir auch nicht helfen, wir haben einige Welten. Aber du könntest auf Thyrsus anfangen zu suchen, dort, wo unsere Kultur einst entstand, dort findest du sicher Echani.
Den Namen Thyrsus hatte die junge Frau noch nie gehört, und beschloss, sich ihn zu merken. Sie fand, dass dieses Wort viel mehr Ablenkung für ihre Jedi-Ausbildung sein könnte, als etwas Kampfsporttraining es jemals vermochte. Sie bekämpfte das Gefühl, alles stehen und liegen zu lassen und den Planeten zu suchen. Immerhin hatte sie zwanzig Jahre lang keine Heimat gekannt, sie würde für den Moment auch noch ohne sie auskommen.
Eine solche Ablenkung kann ich mir jetzt am Anfang meiner Ausbildung nicht leisten, aber was ich mir durchaus erlauben kann, ist, mein Training fortzusetzen. Und wenn ich das tue, möchte ich, dass ich es auch richtig mache. Und ich möchte, dass Ihr mir zeigt, wie ich es richtig mache.
Die Holo-Abbildung der Frau schien zu überlegen.
Also schön, dann zeig, was du gelernt hast, dann kann ich abschätzen, ob es die Mühe wert ist.
Brianna kam sich ein wenig vor wie bei einem Vorstellungsgespräch. Sie atmete einmal tief durch, begab sich in Kampfhaltung, und präsentierte dem Holocron mehrere ihrer einstudierten, eleganten Angriffe. Die ältere Echani sah sich das an, ohne dass man sagen konnte, was sie davon hielt, und machte aus heiterem Himmel einen Echani-Schlag in Richtung der Padawan. Diese machte instinktiv eine Abwehr-Bewegung, war sich aber nicht sicher, ob ihr das in der Realität viel genutzt hätte. Die Jedi-Meisterin allerdings schien genug gesehen zu haben, sie seufzte.
Also schön, du hast Talent, du bist körperlich in Top-Form, enorm schnell und beweglich und hast ausgezeichnete Reflexe. Du hast die richtige Größe, die richtige Figur, und beherrschst die Grundbegriffe der Kampfkunst.
Aber dann rollte die holographische Frau mit den Augen und klang ziemlich geschmerzt.
Aber dieser Stil! Wir können mit deinem Training fast komplett von vorne anfangen, es ist ein Riesen-Aufwand, einen völlig falsch eingeübten Kampfstil nachträglich zu korrigieren. Du kannst froh sein, dass du nicht meine Meisterin hast. Sie hätte dir Sprüche um die Ohren geschlagen wie: "Ich wusste gar nicht, dass der Granitschnecken-Flederfalken-Stil wieder in Mode ist. Dann kann sich ja meine Großmutter mit ihrer Mynock-Klaue auch wieder öffentlich zeigen." Meiner Meinung nach bist du nicht in der Lage, das neben deinem Jedi-Training noch zu bewältigen.
Trotz dem Lob über ihre körperliche Verfassung fühlte Brianna sich ziemlich gekränkt und hatte zuerst gute Lust, das Holocron auszumachen. Beleidigen lassen konnte sie sich auch so. Sie machte ein verärgertes Gesicht und sprach in bitterem Ton.
Wenn Ihr so gut seit, dann zeigt doch, was ihr könnt.
Das machte der Kristallwürfel auch. Das Bild der Echani-Frau verschwand, und wich einer Holo-Aufzeichnung, wie die junge Padawan vermutete, dass es sich wohl um einen Trainingskampf zwischen ihr und fünf Soldaten handelte. Von den Uniformen her schien es sich um eine antike Spezialeinheit der Armee der Republik zu handeln, und man konnte meinen, die zierliche Echani befände sich in aussichtsloser Position. Doch es zeigte sich schnell, dass dem nicht so war. Sie ließ ihren Gegnern absichtlich den Vortritt, und obwohl sie offensichtlich im waffenlosen Kampf geschult waren, trafen sie sie kein einziges Mal, so schnell und beweglich war sie. Anscheinend benutzte sie die Macht dabei nicht, aus eigener Erfahrung traute Brianna es ihr durchaus zu, so flink und geschickt zu sein. Es war eine einzige fließende elegante Bewegung, die Echani stand niemals still, und die junge Frau vor dem Holocron bewunderte sie und ihre Ästetik. Irgendwann hatte die Frau in der Aufzeichnung genug und sie ging zum Angriff über, wieder alles fließend und elegant, gerade, dass das geschulte Auge der jungen Echani die Übergänge zwischen den Elementen erkennen konnte. Sie sah Sachen, die sie noch niemals gesehen hatte, Kombinationen, die so schwierig waren, dass sie sich nicht einmal erträumt hätte, und sie sah auch Sachen, die sie selbst auch konnte, aber nicht so gut, so schnell oder so präzise. Sie war varianten- und einfallsreicher als Brianna. Ihre Angriffe waren entweder so schnell, dass es keine Abwehrchance gab, oder sie schlug präzise an jeder Deckung vorbei, oder sie kamen so hart, dass jede Deckung umsonst war. In kürzester Zeit lagen alle fünf am Boden, und die junge Zuschauerin stand mit offenem Mund da und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Das ist... unglaublich... ihr habt das wirklich getan?
Die junge Echani beruhigte sich ein wenig, und fasste einen Entschluss.
Ich möchte so werden wie Ihr!
Die Frau, die das Holocron gemacht hatte, schien zuerst geschmeichelt, und seufzte dann, als ihr klar wurde, dass sie die Padawan jetzt erst recht nicht mehr davon abbringen würde, sich von ihr unterweisen zu lassen.
Also schön, aber ich tue das nur, weil du so ungewöhnlich talentiert bist. Aber mache dich auf einen langen, harten Weg gefasst. Ich werde mit dir zunächst die Grundlagen neu üben, um zumindest eine solide Basis zu haben. Alles darüber hinaus werde ich dir nur beibringen, wenn es dir dein Meister erlaubt, sobald du einen hast. Wenn du den Weg gehen willst, den ich einst ging, darfst du deine Macht-Ausbildung nicht vernachlässigen.
Brianna lachte. Sie war zufrieden, das war ein Anfang. Ihren Meister würde sie schon rumkriegen, daran zweifelte sie nicht.
Hyperraum, unterwegs nach Nar Shaddaa - Uriel, Fritz, Brianna