Leichen und Blumen
DIE SONNE STAND heiß am Himmel, als ich am späten Nachmittag des 21. Augusts 750 in die Wasserrose geladen wurde. Mit mir waren der Don, Leo und Guntram geladen. Guntram sah ich seit der ganzen Sache mit seiner Freundin Keera zum ersten Mal seit langem. Irgendwie war ich erleichtert, dass er das ganze Schwarzschnabel-Debakel überstanden hatte, und wieder musste ich daran denken, dass mir ähnliches bevorstehen könnte, würde Leo etwas passieren. Und bei den Göttern, hatte ich Recht mit meiner Angst. Zumindest ansatzweise...
Maleko in Begleitung von Umm (wieder nur starrend, immer mehr wie eine jeden Fehler bestrafende Bedrohung wirkend) saßen in der kleinen Schreibstube und erklärten uns, was die Bundväter dieses Mal von uns wollten. Wir sollten eine Probe der gefährlichen Kadaverblumen holen und sie im Mantel dem bereits informierten Wirt übergeben. Dafür würden wir achtzehn Platinstücke erhalten.
Da die Kleriker und die Männer und Frauen des RSWE beim letzten Ausbruch des Pilzes ziemlich gute Arbeit geleistet hatten, war es vermutlich eher schwer, ein Exemplar des räuberischen Wesens zu finden und zu sichern. Nach dem Krieg hatte ich noch eines dieser Gewächse auf einem toten Pferd gesehen, in der Zwischenzeit war es aber beinahe unmöglich, an eine Kadaverblume zu gelangen, wenn man sie nicht in einem kleinen Glaskasten hielt wie gewisse Alchemisten dies getan hatten.
Im Südlichen Viertel bestand die beste Aussicht auf einen solchen Fund, entschieden wir und wir meinten, dass wir die Kadaverblume am besten in einer Flasche oder einem Schraubglas befördern sollten. Während uns Maleko ein altes Einmachglas aus einem anderen Zimmer holte, besprachen wir, dass wir noch Handschuhe und Ölfläschchen kaufen sollten, um vollends sicher zu sein.
Wir sicherten Maleko (und Umm) zu, unser Bestes zu tun, und eilten los, um uns auszurüsten. Während wir lange Handschuhe und Öl kauften, ging der Don zu seiner Vermieterin in die Schräbergasse und lieh sich von ihr einige Gartenwerkzeuge und einen ganzen Korb voller Einmachgläser. Als gemeinsamer Treffpunkt war der Nohtplatz im Südlichen Viertel ausgemacht und als wir drei dort ankamen, war schon eine ganze Traube an Bewohnern dort, um sich wild durcheinander sprechend um das Schwalbennest zu drängen. Wir sahen schon den Don auf uns zukommen, doch drängte sich nun bereits Leo durch die Masse und Guntram und ich folgten schnell, war die Ecke Barfußgässchen und Sichelscheiderstraße mit all den Schaulustigen komplett unübersichtlich und wollten wir sie nicht aus den Augen verlieren.
Leo fragte eine der Dirnen, was denn los sei und die meinte nur, dass es einen Mord gegeben hatte. Wir drängten uns weiter durch die Menge. Zuerst wollten uns die Schläger der Freudenhauses nicht durch lassen, doch sprach ich mit ihnen und machte ihnen verständlich, dass wir nur besorgte Bürger waren und während der Don mit seinem Korb auf dem Platz wartete, siegte mein Charm und wir wurden ins Schwalbennest gelassen.
Drinnen erwarteten uns noch mehr entsetzte Leute, die an der großen Treppe standen und schluchzend. In einem Raum im zweiten Stock standen uns noch mehr der breiten Sicherheitsmänner im Weg, wir konnten aber dennoch sehen, dass sogar Bett und Wände voller Blut waren. In der Mitte des Raumes lag in einer roten Pfütze ein kleiner Körper mit dem Gesicht nach unten und anscheinend begriff nicht nur ich, dass es sich hier um den Dirnenknaben Dai Di Dink handelte, bei dem Eztli für gewöhnlich wohnte. Eztli selber lag immer noch im Koma und in Astariels Villa, ihre Zimmergenossin aber war ermordet worden. Von wem, war nicht ersichtlich.
Eine der Huren hob die Tote in ihre Arme und trug sie weinend an uns vorbei. Einige sahen mich an, war ich doch genauso wie Dai Di Dink ein Halbling, aber ich war aus ganz anderen Gründen entsetzt. Dai Di Dink hatte sich für ein solches Leben entschieden und musste nun er/sie die Konsequenzen tragen... aber so etwas hatte niemand verdient!
Ich versuchte trotzdem wie ein Bundagent zu wirken und meinte, dass man manchmal das bekam, was man verdient hätte. Kam nicht wirklich gut an, wie ich an den Blicken meiner werten Kollegen erkennen konnte. Aber es wurde nicht großartig thematisiert, da Guntram schon meinte, dass der Mord eventuell gegen den Bund gerichtet war. Ein Zeichen der Gilde, war doch Dai Di Dink etwas wie ein Anhängsel von Eztli. Leo nickte nur, war sie anscheinend bereits auf die selbe Idee gekommen.
Als wir zurück auf den Platz kamen war er beinahe leer, standen doch noch alle beim Schwalbennest herum, wo die Huren trauerten. Unter den wenigen Verbliebenen war der Don, der seinen Korb mit den Einmachgläsern neben sich abgestellt hatte und eine Zimtschnecke knabberte, die er sich bei einem Bauchladenhändler gekauft hatte. Mir war vom Anblick des vielen Blutes immer noch etwas schlecht und Guntram schien wütend zu sein, während Leo halbwegs gefasst vorschlug, dass wir die Pfeilerstraße in Richtung Süden bis zum Stadtrand wandern sollten.
Sie riet davon ab, dass wir uns im Südlichen Viertel bei der Durchsuchung alter Häuserruinen aufteilen sollten. Wie in einem Kupferheftchen, in dem das nächste Opfer mit der Laterne alleine in den Keller geschickt würde, meinte sie. Und sie hat vollends Recht.
Wir wollten Hinterhöfe und längst zum Abbruch bereite Gebäude abklappern, bis wir einen dieser Raubpilze fanden. Aber in der drückenden Hitze des Sommerabends fanden wir auf der leeren Pfeilerstraße nur Abfall und Ratten, die sich nicht einmal durch unser Kommen verscheuchen ließen.
Als wir Stimmen aus einer der Häuserruinen hörten, stapfte der Don sofort in diese Richtung und wir folgten ihm vorsichtig in das verfallene Gebäude, das nicht einmal mehr ein Dach hatte. Dort saßen im Schutt drei Straßenkinder (eher Jugendliche), die an einem kleinen Lagerfeuer gerade etwas halbwegs essbares warm gemacht hatten. Eine Halborkin, eine Elfin und ein Menschenjunge.
Der Don grüßte sie und der Junge fragte skeptisch, ob wir etwas suchen würden. Kurz erklärte der Don, dass wir hinter einer Probe der Kadaverblume her wären und die Elfin nickte schon wild und meinte, dass sie eine Stelle kennen würde, an der solche Pilze wuchsen.
Doch bevor sie etwas ausführlicher werden konnte, fragte die Halborkin, was sie dafür bekommen würden. Kurz überlegte der Don, dann versprach er jedem ein Goldstück. Guntram war äußerst überrascht und raunte eine kurze, ungläubige Frage, doch der Entschluss des flauschigen Barden stand fest: er wollte die obdachlosen Jugendlichen entlohnen.
Schnell besprachen sich die drei mit zusammen gesteckten Köpfen und wir hörten nur Fetzen wie "so viel Geld!" und "so viel Tchalc!". Ganz toll: wir hatten Tchalcer aufgegabelt und finanzierten gerade ihren Konsum. Einfach genial...
Der Don wirkte hoch zufrieden mit sich und als die drei Straßenkinder uns aufforderten, ihnen zu folgen, und wir erkannten, dass sie weiter in Richtung Stadtrand gingen, sahen wir schon bald die Verurteiltengasse und das ehemals protzige Gebäude des Schachtes. Das alte Gefängnis, das Jahrzehnte lang die Verbrecher und Taugenichtse der Landes verwahrt und das vor fünfzehn Jahren endgültig seine Tore geschlossen hatte. Die Insassen hatten dem Gefängnis den Namen gegeben. Der Schacht. Weil man meist nicht mehr herauskam.
Aber nun wurden die Verurteilten in andere Einrichtungen im Umland gebracht, einige in den wenigen Zellen unter der Hauptwache versorgt. Der Schacht war dicht. Und zerfiel am Rande des Südlichen Viertels. Eine große, hohe Mauer war um das Hauptgebäude und die beiden Seitenflügel gezogen, um den großen Platz, wo damals Zwangsarbeit geleistet wurde.
Giss (so hieß die Elfin, hatten wir gerade herausgefunden) meinte, dass der Pilz auf dem alten Schachtgelände wachsen würde. Sofort kletterten sie, Kir (die Halborkin) und Rodon (der Mensch) über die vier Meter hohe Mauer, war das verrostete Tor immer noch in seinen Angeln, und wir kletterten hinterher. Als ich es auf Anhieb nicht schaffte und vorschlug, zurückzubleiben und Schmiere zu stehen, wurde ich böse angeschaut und Guntram hob mich hoch, damit ich mit ihnen kam. Anscheinend muss ich am Vertrauen arbeiten, da ist einiges in letzter Zeit schief gelaufen.
Auf der anderen Seite entzündete Leo eine Fackel und der Don beschwor einige schwirrende Lichtlein, die seinen Kopf wie Glühwürmchen umtanzten. Ich meinte zwar, dass die Lichter zu viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen würden, meine Begleiter wollten davon aber nichts wissen. Sie fühlten sich hier sicher, wussten sie doch, dass im Südlichen Viertel nur selten Beamte des RSWE unterwegs waren.
Giss führte uns um das Haupthaus und des Westflügel herum, um hinter den Schacht zu kommen, wo einige Senken in den Boden gebaut worden waren... für was, wusste ich nicht genau. Die Dächer, die darüber errichtet worden waren, waren schon lange verrostet und eingestürzt und in den Senken lag der alte Schutt und Schrott, den niemand hier wegräumen wollte. Zwischen dem alten Zeug sahen wir einige tote Hunde, die hier verendet waren und während die Straßenkinder am Rand der Senke blieben, wagten wir uns hinunter und blickten uns zwischen den alten, morschen, aufgebrochenen Knochen um.
Während die anderen an ihren Enden der Senke suchten, drehte ich vorsichtig einige Bretter und Platten am Senkenrand um und erschrak ziemlich stark, als mir auf einmal ein Pilzkörper entgegen pulsierte. Er wuchs aus einem Spalt in der aufgerissenen Senkenwand und hatte sich bis zu einer Ratte am Boden vorgearbeitet, die nun quiekend vor mir zuckte. Ihre Hinterfüße und ihr Schwanz war in der saugenden Masse verschwunden, mit den zitternden Vorderbeinen versuchte sie noch der lebenden Falle zu entkommen.
Die anderen kamen schnell zu mir, hatten sie meinen entsetzten Aufschrei deutlich hören können, und Leo erschlug das arme Tier, bevor es weiter leiden musste. Dann versuchte der Don mit der Gartenschaufel von Frau Federhut, das Pilzstück mit der Ratte zu lösen, doch wehrte sich die Kadaverblume insofern, dass die Schaufel in der Masse stecken blieb. Als Guntram versuchte, das Gerät zu lösen, brach der Stiel ab und fluchend packte der Halbork die Ratte mit seinem Handschuh und schob sie in das von Maleko vorbereitete Glas.
Ich fischte die Schaufelreste aus der Masse und gab sie einem unglücklich dreinschauenden Don, während Leo Öl über den Rest der Kadaverblume goss. Kurz wurde noch das Äußere des Einmachglases mit dem Feuer gesäubert, dann die Fackel zur Kadaverblume geworfen. Sofort begann es zu brennen, zu zischen und zu knistern. Dann poppten einzelne Pilzkörper auf und wir gingen schnell zurück zu den Tchalcern, die gierig auf ihre Bezahlung warteten.
Der Don gab jedem wie versprochen ein Goldstück und die Elfin Giss schluckte die Münze schnell hinunter, meinte dann zu ihren Kameraden, dass es so am sichersten wäre. Nun konnte ihr niemand mehr so schnell das Geld nehmen. Kir meinte, dass sie uns nun auch aus dem Schacht führen würden, das wäre im Preis inbegriffen gewesen.
Der Weg zurück zur Mauer, die an die Verurteiltengasse führte, wurde stumm zurückgelegt und nur noch die schwirrenden Lichter des Dons erhellten unseren Weg durch die Nacht. Das Feuer des brennenden Pilzes war hinter dem verlassenen Haupthaus des alten Schachtes verschwunden. Wir kletterten wieder, ich dieses Mal sogar recht gut, doch fiel nun Giss zurück. Ihr ging es nicht gut, meinte sie schwach und die beiden Halborks halfen ihr freundlicherweise. Das Glas in Guntrams Griff war sicher, die Ratte nun vollends unter einer Schicht Kadaverblume begraben. Die Gläser im Korb vom Don waren alle unberührt. Wir verabschiedeten uns von den Straßenkindern und ließen sie an der Mauer zurück, doch als wir nur wenige dutzend Schritte die Pfeilerstraße hoch gelaufen waren, hörten wir das Geräusch eines umfallenden Körpers und einen Schrei. Wir blickten uns um und sahen, wie Giss zu Boden gegangen war. Die Halborkin versuchte ihre Freundin auf die Beine zu stellen und schrie sie an, während der Mensch nur verwirrt da stand und sie anstarrte.
Ich lief los, um zu helfen, die anderen mir fluchend und grummelnd dicht auf den Fersen. Als wir bei den dreien ankamen, war Giss bleich und schwitzte kalt. Guntram riet, sie zum Übergeben zu bringen und Rodon steckte ihr zwei Finger in den Hals, woraufhin die Elfin wirklich erbrach.
Leo, die einige kleinere Zauber wirken konnte, heilte das Mädchen vorsichtshalber, die meinte nur verwirrt und schwach, was passiert wäre. Leo wollte sie nicht aufstehen lassen, wusste sie doch, dass ihre Magie nicht wirklich gegen Krankheiten wirkte... Rodon wischte sich das Erbrochene vom Finger, sah sich um und taumelte einen Schritt zur Seite, sah uns dann schwerfällig blinzelnd an. Wir erkannten die Warnsignale und Guntram raunte, dass wir uns zum nächsten Tempel aufmachen sollten.
Doch Kir und Rodon schüttelten nur den Kopf und versuchten, Giss hochzuheben. Es sei nur eine Verschmutzung an der verschluckten Münze gewesen, die der Elfin nun zu Schaffen machte. Guntram fuhr sie an, dass sie in Gefahr waren, die Münze hätte Sporen der Kadaverblume an sich getragen und nun war nicht nur Giss krank, sondern auch Rodon direkt in Kontakt mit infizierter Körperflüssigkeit gekommen. Schnell machte Kir einen großen Schritt zurück.
Genauer sah Leo die zitternde Elfin an und als sie uns mit geröteten Augen anstarrte, sahen auch wir kalten Schweiß auf ihrer Stirn. Leo hatte sich angesteckt! Sie spürte es und ich bekam Panik.
"Zum Tempel!" schrie Guntram und nun halfen auch die Proteste von Kir und Rodon nichts. Ich rief, dass der nächste Tempel der St. Piad Schrein in der Landbüttelstraße im Kutschenwerkviertel sei und schon wollten die beiden Tchalcer ihre elfische Kameradin in Richtung des Emerufers ziehen, als sie erneut zusammenbrach und auch Rodon wankte und stürzte.
Guntram hob die Elfin in seine Arme und sah, dass sie aus dem Mund blutete. Es war schlimmer als gedacht. Wir liefen los, Kir Rodon stützend. Neben mir lief Leo, die immer mehr schwitzte und als sie sich den Schweiß aus dem Gesicht wischte, erkannte sie mit Entsetzen in ihren Augen, dass sie Blut an der Hand hatte! Aus ihrer Nase rann dicker, schwärzlicher Körpersaft und sie fing an zu würgen.
Guntram brüllte Kir zu, dass sie zum Tempel vor laufen und den Priestern Bescheid geben sollte und die Halborkin setzte sich sofort schnell in Bewegung. Rodon sackte, an einer rauen Hauswand lehnend, auf den Boden und der Don zerrte ihn wieder auf die Füße. Ich wollte ihm helfen, merkte aber auch schon, dass mich die Infektion erwischt hatte: die Welt drehte sich langsam, mir wurde heiß und kalt und ich spürte, wie sich mein Magen umstülpte.
Rodon war dem Griff des Dons entglitten und lag sich den Bauch haltend und krampfend im Schmutz der Straße, als Guntram Kir ein paar unsichere Schritte hinterher machte. Dann ließ er seinen Kopf hängen. Giss in seinen Armen war tot, ihr Mund schwarz vom Blut und die Lippen und Wangen von aufgebrochenen Blasen überzogen, aus denen fusselige Sporen in die Luft schwebten.
Sofort hielt Guntram den Atem an, um nicht noch mehr von der Saat der Kadaverblumen einzuatmen. Er legte den toten Körper von Giss ab und untersuchte uns andere. Auch er hatte kalten Schweiß im Gesicht, während er jeden anschaute. Nur der Don schien halbwegs gesund zu sein und sah sich etwas verloren um. Guntram bat ihn, auf uns aufzupassen und stolperte dann die Pfeilerstraße hoch hoch, weiter auf das Flussufer zu. Das Einmachglas mit der vom Bund bestellten Probe hatte er fest im Griff.
Die Leute, an denen er vorbei kam, schauten ihn nur skeptisch an und gingen ihm aus den Weg und als er schließlich in die Landbüttelstraße einbog, sah er Kir am Boden liegen, ein Wachmann des RSWEs auf ihr kniend und ihre Hände gerade hinter ihrem Rücken fesselnd. Zwei weitere Beamte der Stadtwache standen daneben. Kir schrie. Sie schrie, dass ihre Freunde sterben würden und sie Hilfe brauchten, doch die Wachen wollten nicht hören.
Wütend rief Guntram den Beamten zu, dass sie dumm wären und blickte dann zum St. Piad Schrein, der nur einige Hausnummern weiter stand. Zwei Priester standen im Schein der Feuerschalen und sahen dem Gerangel der Halborkin und der Stadtwachen zu. Als sie Guntram hörten, machte sich einer auf, um zu ihm zu kommen, der andere verschwand im Schrein.
Doch nicht nur der Priester näherte sich nun Guntram. Auch die beiden Wachen liefen auf ihn zu. Und Kir, die immer noch unter dem dritten Mann lag, krampfte bereits hustend und spuckte Blut. Ob sie immer so mit Leuten in Not umgehen würden, wollte Guntram knurrend wissen, einer der Wachen bellte aber nur "dreckiger Halbork!"
...und zum Glück haben meine treuen Feen die Gesichter dieser RSWE Beamten aufgezeichnet. So etwas kann und darf nicht sein. Nicht in meiner Stadt. Nicht in dieser Zeit. Ich verstehe Meinungen über Goblins, aber Halborks sind doch keine Unholde. Ich hatte damals sogar einen in meiner Klasse!
Das wird den Hauptmann doch interessieren, denke ich...
Guntram spuckte die Wachen an, traf sogar einen direkt im Gesicht und wich dann einem Schlag aus, der ihm bestimmt gewesen war. Wütend setzten ihm die beiden Männer nach.
In der Zwischenzeit hatte der Don einige Heilzauber auf uns gesprochen. Rodon blutete stark aus dem Mund und einige Blasen, die sich nun auch bei ihm gebildet hatten, platzten bereits auf. Der Don rief den Passanten auf der Straße zu, dass sie ihm helfen sollten, doch die eilten nur schnell weiter und schenkten ihm lediglich angsterfüllte Blicke.
Dann zuckte der Don. Er würgte und ein Schwall Blut quoll ihm aus der langen Schnauze. Er sah verwundert die dunkle Flüssigkeit auf seiner pelzigen Hand an, die er vor den Mund gehalten hatte und krampfte dann plötzlich, als sich sein Körper teilweise in die Bashu Kampfform wellte. Dann war er wieder er selbst, rund und flauschig, und atmete tief ein. Es ging ihm gut. Die Kampfform hatte die Infektion in seinem Körper anscheinend vollends abgewehrt.
Dann beugte er sich über Leo und streichelte ihr über den nassen Kopf. Auch sie blutete aus Mund und Nase. Auch sie hatte Blasen an Lippen, Mundwinkeln und Wange.
Guntram hatte derweil den unbewaffneten Kampf mit den Stadtwachen aufgenommen. Er war zwar geschwächt durch die Infektion, aber immer noch stärker als ein Mensch und erst als er einen der Wachen zu Boden riss, wurde er mit nach unten gezogen. Als er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, bemerkte er, dass er nicht die Kraft dazu hatte. Gerade hatte er noch das Einmachglas mit der Ratte und der Kadaverblume in der Hand gehalten, nun sah er schwerfällig um sich, entdeckte den zum Glück unbeschädigten Behälter eine Armlänge von sich liegen.
Hinter dem Glas konnte er einen Priester des St. Piad erkennen, der über Kir gebeugt war und ihr eine leuchtende Handfläche auf die Brust hielt. Hilfe war endlich gekommen!
Erneut versuchte er hochzukommen, fiel schwer zur Seite, als sich die Welt unter ihm drehte und dann war ein anderer Priester bei ihm und begann, ihn zu versorgen. Mit letzter Kraft hauchte er ein "die anderen" hervor, dann füllte sich sein Mund mit Blut und er wurde ohnmächtig.
Der Don saß immer noch bei uns und versuchte verzweifelt, unsere Leben zu retten. Als er sah, dass einige Priester und sogar ein schwer bewaffneter Kleriker in unsere Richtung eilten, rief er ihnen laut zu und drückte sich dann in die nächste Gasse. Er lief los, nun sicher, dass sich um uns gekümmert wurde, und nahm einen langen Umweg zum Mantel, wo er sich zu entspannen versuchte.
Wir wachten im Haupttempel des St. Piad auf. Man hatte uns geheilt und erklärte uns nun, dass es mutierte Sporen der Kadaverblumen waren, die uns so zu schaffen gemacht hatten. Warum sie mutiert waren, wusste niemand, die Verbreitung war aber schnell eingedämmt worden. Außer uns hatten sich noch andere angesteckt, die uns zu nahe gekommen waren, aber auch die hatten die Priester mit ihrer Magie schnell ausfindig gemacht und die Infektion aufgehalten. Außer Giss war noch Rodon gestorben, alle anderen hatten es geschafft.
Heiser beschwerte sich Guntram über die RSWE Wachen, die Priester versprachen ihm, ein Auge auf solche Dinge zu werfen.
Zwei Tage mussten wir in den Hallen bleiben, bis man uns gehen ließ. Guntrams Mutter kam vorbei und sie brachte uns leckere Sachen, die wir dankbar annahmen. Immer wieder sah ich zu Kir, die verstört und alleine in ihrem Bett lag und an die Decke starrte. Ihre beiden Freunde hatten die mutierten Kadaverblumen nicht überlebt.
Als wir den Tempel verließen, wurden wir von einem Boten kontaktiert, der uns in die Wasserrose bat. Dort warteten Throat und Umm auf uns... eine Kombination, die nichts Gutes versprach. Doch Throat war eher nett zu uns und gab uns sogar unseren Teil der Bezahlung. Der Don hatte seinen Anteil bereits erhalten. Sie erkundigte sich nach unserem Wohlbefinden und man meinte fast, dass es ihr leid tat, was wir durchmachen hatten müssen. Dann fragte sie, ob wir alle einverstanden waren, eine Blutprobe zur Untersuchung abzugeben. Somit konnte der Bund sicher gehen, dass wirklich keine Sporen überlebt hatten. Die anderen Agenten hatten bereits ihren Teil zu diesem Test beigetragen.
Wir sahen uns müde an und ich fragte mich, welche neuen Wege sie als nächstes entdecken würden, um uns zu foltern. Blutproben für eine Diagnose? Hatte der Bund neuerdings Alchemisten in seinen Reihen?
Dennoch willigten wir ein, Guntram wenn auch eher unter Druck. Ihm wurde gesagt, dass er und seine Familie ansonsten ein Riskio für Bund und Stadt darstellen würde. Also gab auch er sein Blut ab.
Später erfuhren wir, dass an dem Tag, an dem Dai Di Dink ermordet worden war, Eztli aus ihrem Koma erwachte. Warum genau an diesem Tag? Ich weiß es nicht und will es vermutlich auch gar nicht wissen.
Gerade bin ich nur froh, dass es Leo und mir gut geht. Und meine Stadt nicht unter einer dicken Wolke Pilzsporen liegt...