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Jax Anavrin
Gast
◊ Coruscant ♦ Level 1312 ♦ Jax’ Büro♦ Jax Anavrin, allein ◊
Funken stoben aus den an kybernetischen Händen platzierten Hydrospannern, als die emsigen Arbeitsdroiden die neue Scheibe und zwei neue Schlösser in die Tür des Büros installierten. Die Rechnung dazu lag auf seinem Tisch. Verdammter Vhalen, der Gran hatte versucht ihn übers Ohr zu hauen und er ist sich nicht sicher, ob er es nicht sogar tatsächlich getan hat und Jax nur die exorbitant hohe Summe auf eine astronomisch hohe Summe hatte herunterhandeln können. Sei’s drum, das Büro eines Privatdetektiven ohne eine blickdichte Scheibe war so nützlich wie Socken ab kybernetischen Füßen. Mürrisch betrachtete der Mirialaner das wuselnde Treiben der Droiden, die Beine übereinander geschlagen mit den Füßen auf seinem Tisch, lehnte sich Jax Anavrin zurück, ließ die bräunlich zischende Flüssigkeit aus den Handgranaten nicht unähnlichen Gefäßen in einem kegelförmigen Glas herumkreisen, bevor er einen Schluck nahm und das süße Gut prickelnd seine Kehle hinablief.
Sein Blick wanderte nach draußen. Mittlerweile hatte man den elektronischen Transformator, den er mit seinem Blaster bei seiner Flucht beschossen hatte, ebenfalls ausgetauscht. In der Ferne türmten sich die Arkologien, Megablocks und Türme wie Stalagmiten und Stalagtiten oder wie graue, morsche Zähne eines riesigen Zillo Biests und bildeten ein Panorama der Tristesse. Selbst die Advertiscreens, die ihn wie ein nerviges Insekt in seiner Wahrnehmung überall verfolgten, priesen ihre Waren in einer zuvorkommenden aggressiven Art und Weise an, belästigten das Auge nicht nur mit grellen Farben sondern auch Hologrammen, die das multimediale Werbeerlebnis erst richtig immersiv – und vor allem unfassbar anstrengend – machten.
Ein tiefer Seufzer entstieg seiner Kehle. Der Fall dieser verschollenen Klonfrau war genauso aussichtslos wie der noch immer ungeklärte Mord an Mia. Die Situation daheim wurde dadurch zunehmend angespannter, verband doch Leena tatsächlich das Fehlen von Indizien und einer heißen Spur mit seinem Interesse den Fall zu verfolgen. Dabei fühlte Jax eine tiefe Schuld ob des Todes der Frau. Nicht weil er in irgendeiner Weise direkt damit zu tun hatte, sondern dass ihr Ableben der Grund war, dass er und Leena überhaupt erst zueinander gefunden hatten. Wo das Leben des einen beendet wurde, entstand an anderer Stelle etwas Neues. Doch seine Felinx schnurrte nicht mehr. Sie kratzte. Auch abseits der eigenen vier Wände fand er kein Seelenheil. Die Klonfrau schien wie vom Erdboden verschluckt. Bei der Größe Coruscants war es eigentlich auch kein Wunder, waren doch trotz stellaren Lockdowns mehr als eine Trillion Lebewesen auf dieser Ecumenopolis auf Gedeih und Verderb aneinander gefesselt. Jeder Megablock beherbergte mehr Kreaturen in abertausenden Wohneinheiten, als in manchen Hauptstädten mancher Welten im Inner und Outer Rim. Hier unterzutauchen müsste auf dem so selten gewordenen Papier eigentlich kein Kunststück sein. Doch da gab es den CSF, es gab Denunzianten, Informationshändler und sowieso immer jemanden, der seiner Existenz fünf Minuten Rampenlicht gönnen wollte, indem er den richtigen Tipp gab. Doch wenn es um die Klonfrau ging, da schwiegen sie. Sie schwiegen, entweder aus Unwissen oder aus bewusst gestreutem Misstrauen. Keine seiner sonstigen Methoden schien zu wirken, keiner seiner sonst gewählten Pfade schien ihm zum Ziel zu führen. Wer war sein Klient, dass sie alle so… dicht hielten? Und was waren die Motive? Rache? Wollten sie ihm eins auswischen? Hatte er mächtige Feinde, von denen er Jax nichts erzählt hatte? Irgendwas war faul an diesem Mann und seinem Leibwächter. Es gab hier und da einige Spuren, doch waren sie selbst für seine Anforderungen miserabel. Klar, er hatte dem feisten Klienten gesagt, er würde ihm geben was er fand, egal wieviel oder wenig es war, bezahlt wurde er sowieso. Doch hatte er, insgeheim, bei aller Resilienz gegenüber den Versuchen des Klienten sein Mitleid zu erspielen, doch ein wenig ebengenannter für ihn übrig.
Mit einem gar nicht mal so grazilen Schwung nahm der Mirialaner die Beine vom Tisch, setzte sich aufrecht in seinen Sessel. Mit einem großen Schluck trank er die restliche Flüssigkeit der Soda auf, legte das Glas ohne Untersetzer auf den Tisch und nahm eine seiner geliebten chandrilanischen Zigarren und zündete sich eine an. Dicke, graue Wolken des aromatischen Dunstes stiegen auf, wirbelten sich, wie eine Hydra zu einer Vielzahl an verschiedenen Armen und verteilten sich langsam, aber sicher im Büro. Die Droiden zirpten und piepten, um zu verdeutlichen, dass ihre Arbeit getan war, doch ernteten sie von Jax nur eine beiläufige Handbewegung die ehre signalisieren sollte, dass er sie los werden wollte. Mit einer angedeuteten Verbeugung machte sich die androide Lebensform auf und verließ das Büro, schloss die Tür sorgfältig, sodass Jax allein blieb. Das von außen eindringende Licht der grellen Advertiscreens und Hologramme brach sich im Rauch, erleuchtete zum Teil diesen und sorgte so für eine diffuse Stimmung, die so gar nicht zu den Gedanken des Grünhäutigen passten. Die Stirn in tiefe Furchen geworfen, dachte der Privatdetektiv angestrengt nach, suchte nach Verbindungen, wo er zuvor keine gesehen hatte, wiederholte die Ansicht seiner Notizen. Das Datapad wog schwer ob der Leichtigkeit an Indizien, die er bisher hatte sammeln können.
Weder Vhargo noch Lah Tay hatten ihm etwas Substanzielles sagen können, andererseits war die Abwesenheit von Informationen auch eine Information. Die sonst so redselige Unterwelt schwieg. Wo sonst ein paar Credits und ein etwas festerer Händedruck um den Hals Wunder wirken konnten, war diesmal nichts rumgekommen. Ihnen blieb allen die Luft weg, wenn er die Klonfrau ansprach. Wovor fürchteten sie sich und vor allem WER hatte sich ihrer habhaft gemacht, wenn bereits das Raunen ihrer Bezeichnung, wenn bereits das bloße Nachfragen zu einem kurzen Schreckmoment in den Augen der Beteiligten führte? Irgendwas stimmte nicht. Mister Apaak hatte ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt, anders konnte es einfach bei der Beweislage nicht sein. Fragen über Fragen für Jax, doch eine Epiphanie wollte ihn nicht so recht ereilen. In welches Wespennest hatte er da gestochen? Würden Repressalien folgen? Er würde nur ungern jede Woche die Scheibe seines Büros erneuern müssten, das würde er bei der aktuellen Auftragslage und vor allem bei seinen aktuellen gelösten Fällen nicht gut für ihn ausgehen und auf einen Besuch der Muskeln der Bank von Coruscant hatte er auch kein wirkliches Interesse.
Fakt war also, die Klonfrau schien wie verschwunden und auch die sonstigen Kontaktpersonen erwiesen sich als schweigsam. Bisher hatte er das Anwesen des Klienten noch nicht besucht. Wahrscheinlich durfte er es auch nicht, die meisten dieser reichen Schnösel hatten so viele Geheimnisse und Leichen im Keller, wer weiß auf welche Abscheulichkeiten er treffen würde. Sein Kopf lehnte sich nach hinten, blickte zur Decke bevor er die Augen schloss. Es gab Tage, an denen war er nicht gerne Privatdetektiv. Heute war so ein Tag.
Der Uscru Distrikt und natürlich die Wohneinheit der Klonfrau im Anwesen des Klienten waren viable Optionen um tendenziell Informationen zu finden. Zwar hatte der Datakubus, den ihm der Gossam gegeben hatte, der seinen Klienten begleitet hatte, alle Informationen, die er vermeintlich brauchte, doch bezweifelte er das. Selektierte Informationen waren nur halbgare Teile eines großen Ganzen. Um ein solches Mosaik zusammenzusetzen, brauchte es schon mehr, als nur die vorgekauten Happen, die ihm der Klient gegeben hatte. Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn er ihm doch einen Besuch abstatten würde. Vielleicht einen Besuch… der inoffiziellen Natur. Wer weiß, ob dieser Mann vertrauenserregend genug war ihm alles zu glauben, was er sagte. So würde er auch herausfinden, ob es ihm leid tun würde sein Geld zu nehmen, wenn bei seiner Suche keine weiteren nennenswerten Indizien herauskommen würden. Der Plan nahm in seinem grünem Haupte immer weiter Züge an, sie hatten etwas schelmisches, beinahe halunkenhaftes, doch war ihm die ganze Sache nicht wirklich geheuer. Es war selten so, dass wirklich nichts Substanzielles gefunden werden konnte. Nicht mal eine Leiche, ein Gerücht, ein Freier oder jemand, der sich wunderte, wieso eine Blauhaarige mit gewissen Spezifikationen sich in diese Ebenen verirrte. Er betrachtete noch einmal das Foto, ihre feinen Gesichtszüge. Sie war zu filigran für die rabiate Welt der unteren Regionen von Triple Zero. Sie war keine Twillighterin, sondern Material für die Paläste in den Himmeln über Coruscant.
Sein Gewissen war ein grauenhaftes Konstrukt. Es arbeitete gegen ihn. Wenn er schon nicht für Mister Apaak den Fall lösen konnte, so wollte er zumindest wissen, dass es der blauhaarigen Klonfrau gut ging. Klon oder nicht, Besitztum oder nicht, sie blutete genauso wie er, wenn er sich verletzte und konnte genauso Leid spüren wie er. Sie war kein Droide, sondern ein, zugegeben künstlich gezüchtetes, Lebewesen aus Fleisch und Blut. Ein enerviertes Seufzen verließ seinen Mund, Asche wanderte in den Aschenbecher und die Entscheidung war getroffen, in Stein gemeißelt und wartete darauf in die Tat umgesetzt zu werden. Mit einer lässigen Handbewegung nahm der Privatdetektiv seinen S-195 Blaster, steckte ihn in das Holster und streifte die Synthlederjacke über, bevor er das Büro verließ.
◊ Coruscant ♦ Level 1313 ♦ Außerhalb von Jax' Büro ♦ Jax Anavrin, allein ◊