Coruscant

[Coruscant, Obere Ebenen, vor Matteo Cortinas Wohnung]- Noa, Cris

Eigentlich hätte Cris dankbar sein müssen, als sich auf das Klingeln hin die Tür öffnete und er und Noa damit aufhören konnten, sich betont nicht anzusehen und anzuschweigen (offenbar empfand sie die kleine Szene im Taxi ähnlich wie er), doch als schließlich eine Gestalt im Türrahmen auftauchte, war es wieder an Cris, überrascht zu blinzeln. Der Mann, der dort geschniegelt vor ihnen stand, war nicht Leandro. Und Noas Vater musste bestimmt einige Jahre älter sein. Wer war das also, ihr Freund, von dem sie ihm nichts erzählt hatte? Nicht, dass sie das gemusst hätte, aber… trotzdem.

Das Rätsel wurde relativ schnell gelöst. Noa schien ähnlich überrascht wie Cris ob der Anwesenheit dieses Mannes und der Begrüßungskuss, den beide austauschten, machte mehr einen freundschaftlichen, als einen sonderlich intimen Eindruck (wenngleich Cris trotzdem für eine Sekunde darüber sinnierte, was er anstellen musste, damit Noa ihn so begrüßte). Ein wenig skeptisch war Cris dennoch, als er den Mann musterte, der ihm nun als Jesper vorgestellt wurde und von dem er erst zwischen den Zeilen lesen konnte und dann explizit gesagt bekam, dass es sich um den Freund Cloés handelte, jener Schwester Noas also, die als einzige Cortina wenig mit dem Widerstand zu schaffen hatte. Und die ebenfalls in der Wohnung hinter Jesper sein musste, wo Cris – und allem Anschein nach auch Noa – nur Leandro und ihren Vater erwartet hatten. Das alles entwickelte sich langsam in Richtung einer ausgewachsenen Familienzusammenkunft… und damit zu einem Anlass, an dem Cris Sheldon vollkommen fehl am Platz war.


„Ja… freut mich, Sie kennen zu lernen“, sagte Cris lahm auf das Händeschütteln des anderen Mannes – dieser wirkte freundlich genug und trug nun wirklich nicht die Schuld daran, dass Cris nicht damit gerechnet hatte, in ein Familienessen reinzuplatzen. Es bedurfte auch erst eines Winks von Noa, ehe der ehemalige Sturmtruppler ihr in die Wohnung folgte, fast so, als begab er sich an einen Ort, an dem er jederzeit einen Hinterhalt erwartete. Immerhin – es roch köstlich nach ausgezeichnetem Essen. Auf der Ernährungsseite war das eine gute Nachricht, doch auf der anderen Seite musste das bedeuten, dass sie sich alle um einen großen Tisch versammeln würden. Keine Gelegenheit, mit Noa alleine zu sein… oder zumindest mit Noa und Leandro, die er beide bereits kannte, und ihrem Vater, den er dann ganz in Ruhe kennen lernen würde. Wie viele Menschen mochten noch in dieser Wohnung darauf warten, Cris Sheldons Selbstvertrauen implodieren zu lassen? Er hatte schon im Umgang mit Akemis Familie festgestellt, dass er es leichter fand, mit Kompanien feindlich gesinnter imperialer Soldaten fertig zu werden, als mit einer freundlichen Großfamilie…

Noa schien die Sache ähnlich skeptisch – wenn auch vermutlich aus anderen Gründen – zu bewerten. Also hatte Leandro festgestellt, dass seine große Einladung wohl doch nicht so einfach einzuhalten war, und er hatte sich der Hilfe seiner zweiten Schwester bedient… ob die vorher gewusst hatte, dass Noa einen Mann mitbringen würde, der nicht nur bis zum Hals in die Kämpfe auf Coruscant verwickelt war, sondern an dessen Händen auch noch das Blut Hunderter klebte?


„Noa, ich… ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist…“

Seine Worte verklangen. Es war zu spät, jetzt noch einen Rückzieher zu machen – so würde er Noa nur vor ihrer Familie bloßstellen und sich selbst in den Augen der Widerstandskämpferin endgültig disqualifizieren. Es blieb ihm im Grunde nur eine Wahl – weitermachen und sich dem kommenden stellen. Und nicht daran denken, dass Noa, erst recht nun, da sie ihre Jacke an der Garderobe deponiert hatte, mit einem Blick, einem Lächeln, ja, einer Bewegung in einen stotternden Idioten verwandeln konnte.


„Ich… ich werde versuchen, Sie nicht zu sehr zu blamieren.“


Na das klang ja sehr vertrauensvoll. Vermutlich konnte auch sein schwaches Lächeln nicht wirklich herüberbringen, dass diese Äußerung eigentlich als Scherz gemeint war, und nicht als ernstgemeintes, weil absolut notwendiges Versprechen. Für einen kurzen Moment wünschte der ehemalige Sturmtruppler sich eine imperiale Razzia – aber diesen kindischen Gedanken verdrängte er dann doch relativ schnell wieder.

„Wollen Sie mich den anderen vorstellen?“

Es spielte keine Rolle mehr, ob er noch ein paar Minuten bekam, sich vorzubereiten, oder sofort ins familiäre Feuer geworfen wurde. Äußerlich war er schon jetzt wieder gelassen – und sein Herzschlag würde sich auch nicht in hundert Jahren beruhigen, jedenfalls nicht in Noas Nähe und mit dem Bewusstsein, dass insbesondere sie genau darauf schauen würde, wie er sich hier im Kreise ihrer Familie verhielt.

[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Flur]- Noa, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina - Flur – Mit Cris -

Er meinte ernsthaft, er konnte sie, wenn es schlecht lief, blamieren? Eigentlich sorgte Noa für solche Dinge schon selbst. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal. Andererseits war das hier ihre Familie, was Blamagen von vorn herein ausschloss. Alle, die heute Abend hier waren (mit Ausnahme von Sheldon selbst) kannten und liebten Noa. Sie wussten wie sie war, sie wussten dass sie ihre Macken hatte und keiner nahm es ihr übel. So lief das in Familien. Sie warf im Vorbeigehen einen Blick in den großen Spiegel neben der Garderobe.

“Na los, gehen wir's an. Auf in den Kampf.“

Es hätte gepasst, hätte sie demonstrativ mit den Fingern geknackt, aber sie konnte das Geräusch nicht leiden. Leandro machte das manchmal und es war echt widerlich. Noa Chanelle Cortina strebte den Gang entlang auf die Tür zu, die geradeaus vor ihnen lag. Die Wohnung ihres Vaters war noch die selbe, in der die Familie immer gewohnt hatte. Noa und ihre Geschwister waren alle hier aufgewachsen. Im Grunde war sie inzwischen etwas zu groß für einen alleinstehenden Mann, doch Matteo Cortina konnte sich nur schwer von den Erinnerungen, die diese Wände beheimateten, los eisen und Noa ging es da ähnlich, sodass sie froh war, dass er einen Umzug bisher immer abgelehnt hatte. Das Wohnzimmer, das sie nun betraten, war groß und der Tisch war bereits gedeckt. Das war das Erste, das Noa auffiel. Das Zweite war Leandro, der gemütlich – mit den Beinen über den Armlehnen – in einem der Sessel gammelte, eine Flasche Bier in der Hand, und der mit seinem Komlink spielte. Na, das sah ihm ähnlich!

“Ach, wen haben wir denn da?“

Mit einem anklagenden Blick stemmte Noa die Hände in die Hüften. Hastig, weil er sich ertappt fühlte, sprang Leandro auf und ließ sein Komlink in seiner Hosentasche verschwinden.

“Heeey, ihr seid's! Cool, wie geht’s?“

Möglichst unschuldig reichte er Sheldon die Hand. Noa ließ ihn nicht aus den Augen.

“Das ist sooo typisch. Erst beschwerst du dich über meinen Ekelfraß, behauptest, dass du es so viel besser könntest und dann lässt du Cloé für dich kochen.“

Fasste Noa zusammen. Leandro hob eine Hand.

“Öhhh, nee! Ich hab' die ganze Zeit geholfen, bis grad eben.“

Behauptete er, was glatt gelogen war. Er grinste Sheldon zu und kam sich dabei wohl sehr gewitzt vor. Noa winkte ab.

“Schon klar, du hast dich vor einer Minute erst hin gesetzt. Warum fragen wir nicht Clo, was die dazu sagt?“

Ihr Lächeln war zuckersüß. Aus der Küche klang das Klappern von Deckeln, die von Töpfen gehoben und wieder drauf gesetzt wurden. Brüderlich legte Leandro einen Arm um seine Schwester. In seinem Griff drohte Noa fast unter zu gehen.

“Daaas würdest du nicht wagen, nicht wahr?“

War er sich sicher, wähend er sie in die Seite piekste. Warum musste er mit solchen Neckereien immer dann anfangen, wenn es gerade der unpassendste Zeitpunkt war? Cris Sheldon hatte sicherlich keine Lust zuzusehen, wie Noa von ihrem Bruder gekitzelt wurde und Noa war auch nicht gerade erpicht darauf, sich in Leandros Griff zu winden, damit ihr ohnehin nicht gerade geizig ausgefallener Ausschnitt noch weiter auseinander klaffte und sie unfreiwillig mehr entblößte als sie vor gehabt hatte.

“Leandroooo...“

Warnte sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen, als sich eine der angrenzenden Türen öffnete und Rettung nahte in Form von Matteo Cortina.

“Hallo, Dad! - Leandro, lass looos!“

Ihr großer Bruder entließ sie aus ihrem Griff. Hektisch, aber möglichst unauffällig, rückte Noa ihre Oberteil zurecht, während sie auf ihren Vater zuging, ihn zur Begrüßung umarmte und auf die Wange küsste.

“Wie geht’s dir, Daddy?“

Matteo Cortina war ein Mann, dem man sein Alter ansah. Er war so groß wie Noa, sein Bauch war füllig und seine Haare ein würdevolles Grau. Er ließ sich von Noa begrüßen, drückte ihr ebenfalls einen Kuss auf und tätschelte ihre Wange.

“Hübsch siehst du aus, mein Schatz, und mir geht es gut.“

Ein Paar wachsamer, kluger Augen musterten den Agenten, der bisher nicht viele Möglichkeiten gehabt hatte als schweigend daneben zu stehen. Noa räusperte sich leicht.

“Dad, das ist...“

“Freut mich, Sie kennen zu lernen, Captain Sheldon.“

Matteo Cortina bot dem Agenten die Hand an.

“Lassen Sie mich Ihnen für Ihren Einsatz danken, den Sie im Namen der Republik zeigen. Es ist leider kaum sicher, es außerhalb der eigenen vier Wände zu sagen, aber das ist eine Sache, die unsere volle Unterstützung hat. Die Cortinas sind immer Freunde der Republik gewesen und sie werden es immer sein.“

Oh je, Loyalitätsbekundungen. Noa kratzte sich hinter ihrem rechten Ohr. Sie hoffte nur, dass Cloé noch in der Küche zu tun hatte und sich nicht dazu entschied, ausgerechnet in diesem Moment herein zu platzen.

- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina - Wohnraum – Mit Cris, Leandro, Matteo -
 
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[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Flur]- Noa, Cris

Sich insgeheim noch der Hoffnung hingebend, dass dieser Abend nicht auf einen „Kampf“ herauslaufen würde – nun, ehrlicherweise hatte er damit angefangen, pessimistische Bemerkungen fallen zu lassen – folgte Cris Noa tiefer in die beachtliche Wohnung, die ihr Vater bewohnte. Er vermutete dabei, dass diese Zimmer einst alle Cortinas beherbergt haben mussten – Noa, ihre älteren Brüder Leandro, Pablo und Ramón sowie ihre Schwester Cloé, dessen genaues Alter er zwar nicht kannte, anhand ihres Freundes Jesper jedoch schätzte, dass sie ebenfalls längst ihrem Elternhaus entwachsen war. Blieb nur noch Noas Mutter, über dessen Schicksal Cris immer noch nichts wusste. Nun, vielleicht würde der Abend zumindest in dieser Hinsicht Erkenntnisse bringen.

Das erste bekannte Gesicht begegnete ihnen im Wohnzimmer, das durch einen bereits fürstlich gedeckten Esstisch dominiert wurde. Leandro Cortina saß – oder eher lümmelte – in einem der Sessel, konzentriert auf sein Comlink und eine Flasche irgendeines leicht alkoholischen Gebräus. Cris’ Augenbrauen wölbten sich kaum erkennbar. Er sah nicht so aus, als hätte er die letzte Stunde damit verbracht, das Essen zuzubereiten – anscheinend hatte er diese Pflicht tatsächlich auf seine Schwester übergehen lassen, ungeachtet seiner großspurigen Ankündigungen bei seinem Besuch in Noas Wohnung. Jede Sekunde rechnete er mit einer entsprechenden Reaktion der temperamentvollen Widerstandskämpferin.

Er wurde nicht enttäuscht. Das unverschämt gut aussehende Energiebündel vor ihm stemmte wieder einmal auf diese unnachahmbare die Hände in die Hüften und ließ ihren Bruder mit deutlichen Worten wissen, was sie von Leandros kleinem Schauspiel hielt. Dieser hatte sich sofort aus dem Sessel erhoben und obwohl er Cris mit einem nonchalanten Grinsen die Hand reichte, stellte dieser fest, dass Noa ihren Bruder ganz gut im Griff hatte. Wer konnte es ihm verübeln – es war vermutlich schon schwer genug, gegen dieses Feuer zu bestehen, wenn man nicht im Unrecht war. Leandro hatte es allerdings ein wenig… zu sehr übertrieben.

Cris hielt sich vornehm zurück, auch dann, als Leandro dazu überging, seine Schwester in eine Art brüderlichen Schwitzkasten zu nehmen und damit begann, sie an offenbar sehr empfindlichen Stellen zu kitzeln, ein Schauspiel, bei dem es Cris einiges abverlangte, ein amüsiertes Grinsen zu verbergen. Er bezweifelte, dass Noa es ihm verzeihen würde, machte er sich in dieser Situation über sie lustig – ebenso glaubte er nicht, dass es in ihrem Interesse lag, wenn er hier körperlich intervenierte und Leandros kleine Revanche für ihre Tirade unterband. Außerdem konnte er nicht abstreiten, dass diese Lage zwar ihre Gelassenheit beeinträchtigte, aber mitnichten ihre Schönheit. Alleine wie sie ihren hübschen Mund frustriert zusammenpresste, weil es ihr trotz all ihrer Energie nicht gelang, gegen die beachtliche Kraft ihres Bruders zu triumphieren…

Die kleine Szene und somit auch jedwede zwielichtige Gedanken des Agenten wurden durch das Auftauchen einer weiteren Person unterbunden. Cris erkannte sofort, dass es sich bei dem ergrauten, sehr gemütlich gebauten Mann um Noas und Leandros Vater handeln musste, auch ohne Noas Reaktion. Für einen Moment sah der ehemalige Sturmtruppler betreten zu Boden, da er durchaus das Gefühl hatte, in einen sehr privaten Moment einzudringen, als Matteo Cortina seine Tochter in die Arme schloss. Dann richteten sich die wach wirkenden Augen des Familienoberhaupts der Cortinas auf ihn und Cris spürte, wie er sich in seiner Haltung unwillkürlich straffte, fast wie ein frischer Rekrut kurz vor der Inspektion durch seinen Ausbilder. Als Noa damit beginnen wollte, Cris vorzustellen, machte ihr Vater mit ruhigen Worten klar, dass er wusste, wen er da vor sich hatte – und mehr noch. Für einen Moment hinterließen Matteo Cortinas Worte Cris sprachlos, bevor er sich zusammenreißen und den kräftigen Händedruck des älteren Mannes erwidern konnte. Ein so offenes Lob für die Republik – und noch dazu die Arbeit ihrer Agenten auf Coruscant – hätte er nicht erwartet und ohne, dass er es hätte verhindern können, wanderte sein Blick erst zu Noa, und dann in Richtung der Küche, wo sich immer noch ihre Schwester befinden musste. Hatte Noa nicht gesagt, dass Cloé nicht sonderlich viel vom Widerstand hielt? Wie mochte es dann damit aussehen, dass ihr Vater offen einen Agenten des republikanischen Geheimdienstes – einen der schlimmsten Staatsfeinde und Terroristen in der Terminologie des Imperiums – offen zu seiner Arbeit beglückwünschte? Nun… auch wenn Noa sich offenbar unangenehm berührt hinter ihrem Ohr kratzte und ihre Schwester ganz in der Nähe war – unbeantwortet konnte Cris diese freundlichen Worte nicht lassen.


„Ich danke Ihnen, Sir. Ihre Familie hat bereits viel für diesen Kampf aufs Spiel gesetzt… mehr, als man erwarten kann. Ich hoffe, die Republik wird sich Ihres Vertrauens als würdig erweisen.“


Er schaffte es nicht, einen gewissen Ernst aus seiner Stimme zu verbannen. Zu gut erinnerte er sich an das kurze Gespräch mit Major Tacema, die Andeutungen auf die galaktische Lage… die Entscheidungsträger der Republik favorisierten andere Planeten, strategisch sinnvollere Ziele. Wenn Coruscant es nicht wie ein Wunder schaffte, sich selbst zu befreien, würde noch lange Zeit ein imperialer Gouverneur im höchsten Wolkenkratzer der Stadt residieren, würden noch lange Zeit die weißgepanzerten Terrortruppen des Imperators die Straßen beherrschen.

„Ich für meinen Teil gedenke, mein Bestes dazu beigetragen.“

Das, zumindest, war die Wahrheit.


[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Cris
 
.:: Coruscant | Untere Ebenen | Gebäudeblock | Wohnung Nr. 2S11M | Badezimmer ::.


Es dauerte nicht lange, da raffte Mara sich ohne ein Wort an Markus zu richten auf und verließ das Badezimmer. Ob sein Rat, sich jetzt schlafen zu legen, fruchtete? Er bezweifelte es, denn aus eigener Erfahrung wusste er, dass man unter bestimmten Umständen nicht einfach abschalten konnte. Jeder musste selbst da durch und für sich einen persönlichen Weg aus dem seelischen Kummer finden. Der Corellianer hatte sich für einige Zeit ins Exil nach Tatooine begeben, nachdem er auf Corellia gekämpft hatte. Die Abgeschiedenheit auf der Farm seiner Schwester hatte ihm Zeit und Ruhe gegeben, um über alles Geschehene nachzudenken. Er hatte gelernt, damit umzugehen, mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen. Sicher war es nicht leicht gewesen, aber er wusste jetzt, dass er daran gewachsen war. Die Tragödien der Galaxis gingen ihm genauso nahe, wie den anderen auch, aber er konnte jetzt besser damit umgehen. Er sah den Fehler nicht bei sich oder bei anderen, sondern er nahm die Dinge, wie sie kamen und versuchte sie nicht zu nahe an sich heran zu lassen. Wenn man seinen Gefühlen zu viel Raum bot, sie nicht im Zaum zu halten wusste, so war dies nur der Weg zur dunklen Seite, das war ihm bewusst und er hoffte, dass er dies zukünftig auch seinen Schülern beibringen konnte!

Markus verschloss die Tür. Die frischen Kleider lagen ja jetzt bereit und er konnte sich endlich der schmutzigen Klamotten entledigen, die sofort den Weg in den ebenfalls verdreckten Rucksack fanden und später weggeworfen werden würden.
Unter der Dusche wurde er mit ganz viel Seife und Shampoo auch den Rest des Gestanks und Schmutzes los. So bald würde er diese Aktion nicht mehr bringen. Schrecklich, was da unter Coruscant in den Abfallgruben schwamm... Der junge Mann stützte sich schließlich mit den Händen an der Wand ab und senkte den Kopf. Er spürte das warme Wasser, das auf seinem Hinterkopf auftraf und über seinen ganzen Körper hinunterlief. Mit geschlossenen Augen verhinderte er, dass ihm das klare Nass hineinlief und er atmete mit offenem Mund. Es tat gut, sich so rein zu waschen, die Wärme zu spüren, sich fallen zu lassen und in gewisser Weise auch erholen zu können.
Um die Wasserkosten nicht in Unsummen zu verwandeln, drehte er schließlich die Leitung ab und schnappte sich ein sauberes Handtuch von dem bereitgelegten Stapel. Er trocknete seinen Körper gründlich, um im Anschluss daran die frischen Sachen anzuziehen. Diese bestanden aus Shorts, einer olivfarbenen Cargohose - er liebte diese Art von Hosen für ihre zahlreichen, aufgesetzten Taschen, in denen man so vieles unterbringen konnte - und einem schwarzen Hemd, ähnlich jenem, welches Shana vorhin von ihm bekommen hatte. Er knöpfte es nur bis zur Hälfte, da ihm von der Dusche noch recht warm war. Sein dunkles Haar wurde nur schnell und lieblos mit gespreizten Fingern durchkämmt und schließlich wieder durcheinander gewuschelt. Der Haarschnitt war sehr dankbar und leicht zu handhaben. Der Bart der mittlerweile wieder zu sprießen begann, musste diesmal umsonst auf eine Rasur warten, hatte Markus doch weder Zeit noch Lust, sich zu rasieren. Abgesehen davon hätte er wohl auch gar kein Rasiermesser gefunden.

Endlich schloss er die Tür wieder auf, packte sein restliches Hab und Gut, während er den "Müll"-Sack einfach liegen ließ und verließ das Badezimmer. Im Gemeinschaftsraum traf er sofort auf bekannte Gesichter. Vorin war wieder da. Er sprach mit Mara - oder versuchte es zumindest. Der jüngere Jedi-Meister hatte sich gesetzt. Ein grüßendes Nicken war alles, was Markus in diesem Moment für richtig hielt, um die beiden nicht zu stören und doch blieb er aufmerksam, während er seine Sachen irgendwo ablegte und sich ebenfalls einen Platz suchte. Einige der Padawane hatten sich scheinbar in die anderen beiden Zimmer verzogen, denn der Raum hatte sich etwas geleert. Arkon hatte sich vermutlich auch schlafen gelegt. Shana lag auf der Couch - ob sie schlief oder nur ausruhte, konnte der junge Mann nicht beurteilen. Er selbst saß nun mit halb angezogenen Beinen gegen einen Schrank gelehnt auf dem Boden, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Er hatte gelernt, dass ihm Meditation genau soviel Erholung bringen konnte, wie Schlaf, wenn nicht sogar mehr in bestimmten Situationen...



.:: Coruscant | Untere Ebenen | Gebäudeblock | Wohnung Nr. 2S11M | mit Vorin, Mara, Shana und Sinoué, außerdem Arkon, Miley, Draugir und Atoras irgendwo in der Nähe ::.
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo -

Das Erste, das Noas Vater eingefallen war zu sagen, war Cris Sheldon zu loben oder besser gesagt ihm für seinen Einsatz zu danken. Noa wohnte dem kurzen Wortwechsel mit gemischten Gefühlen bei. Für Sheldon waren die Bemerkungen ihres Vaters sicher Balsam für seine nervöse Seele. Dass er lieber gegangen wäre statt den Abend wie geplant durchzuziehen, hatte er ihr deutlich gesagt, und das konnte sie ihm nicht einmal verübeln, schließlich wäre sie aufgrund von Leandros Planänderung auch am liebsten wieder verschwunden. Ihr Vater verstand es jedoch, die Situation aufzulockern, indem er Sheldon ein Thema gab, auf das er sich verstand und das ihm direkt signalisierte, dass er hier willkommen war. Noa sah hinüber zur Küchentür. Cloé wusste, dass Sheldon kommen würde und sie wusste auch, wer er war. Es war aber eine Sache, es lediglich zu wissen und eine ganz andere, einem Gespräch darüber aktiv ausgesetzt zu sein. Sie würde nicht dulden, dass sie den ganzen Abend über Politik oder den Widerstand sprachen, da brauchte sich niemand von ihnen Illusionen zu machen.

“Die Situation für die Republik ist prekär.“

Zeigte sich Matteo Cortina verständnisvoll.

“Wir wissen das. Alleine die umliegende Umgebung macht es ihr nicht leicht, Coruscant wieder einzunehmen. Das Imperium ist im ganzen Sektor noch immer stark – leider. Aber wir tun hier, was wir können und es ist gut zu wissen, dass wir Unterstützung von offizieller Seite haben.“

Er nickte Sheldon zu und Noa hoffte, dass er damit bereits wieder das Ende dieses Themas signalisierte. Sie spähte hinüber zu dem großen Esstisch, der aufbereitet war wie eine festliche Tafel. Das weiße Porcellan wirkte edel zwischen den dezent gemusterten Servietten, die kunstvoll gefaltet ware. Cloé hatte Weingläser aufgestellt, oder vielleicht war es auch Jesper gewesen, der den Tisch gedeckt hatte. Leandro hatte sich garantiert nicht beteiligt. Er verstand es sehr gut, so zu tun, als täte man etwas gemeinsam, sich aber dann doch unauffällig aus der Affäre zu ziehen und die anderen arbeiten zu lassen, während er selbst herum saß. Während sie die aufgelegten Gedecke zählte, tat Noa einen Schritt näher an den Tisch heran.

“Dad, ihr habt euch nicht zufällig mit den Tellern vertan?“

Fragte sie und warf sowohl ihm, als auch Leandro, einen misstrauischen Blick zu. Ihr Bruder bemerkte diesen nicht. Er war schon wieder komplett in sein Komlink vertieft.

“Das sind neun Teller, aber wir sind nur sechs Leute.“

Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass sie sich beim Tischdecken derart vertan hatten, aber wie es so schon hieß: die Hoffnung starb zuletzt. Umso schneller folgte die Enttäuschung.

“Ach ja, Thalia und die Kinder kommen auch noch. Hat Leandro dir das nicht gesagt?“

Antwortete ihr Vater und ging hinüber zur Bar.

“Captain, möchten Sie einen Drink?“

Fragte er und hielt eine Flasche Whiskey, sowie seinen geliebten Sherry hoch. Noa wölbte eine Augenbraue und wandte ihren Blick auf Leandro.

“Nein, das hat er nicht gesagt.“

Bemerkte sie vorwurfsvoll. Keine Reaktion. Noa sah Leandro durchdringend an. Noch immer nichts.

“Leandro?“

“Was tippst du da eigentlich die ganze Zeit??

Jetzt sah er auf.

“Och, nur so... mit ner Bekannten.“

Das versteckte Grinsen war nicht versteckt genug, jedenfalls nicht gut genug, damit Noa es nicht bemerkte. Er schrieb sich also Nachrichten mit einer Beannten, soso. Wer sollte das denn sein? Und war es nicht erst gestern gewesen, dass er sich mit einer zwielichtigen Zeltron in den Laken gewälzt hatte?

“Dann bist du über deine Bekanntschaft von gestern hinweg, nehme ich an?“

Fragte sie, um sicher zu gehen, dass dem auch so war. Leandro nickte lachend.

“Ohh jaaa, definitiv!“

Besonders viel auszumachen schien ihm das nichts. Überhaupt hatte er die ganze Geschichte erstaunlich locker genommen. Na ja, er war ja auch nicht derjenige gewesen, der mit einem Messer in seiner Schulter aus der Wohnung der Zeltron hinaus gekommen war.

“Und du hast auch nicht mehr von ihr gehört?“

Bohrte Noa nach. Jetzt steckte Leandro sein Komlink endlich weg. Er kratzte sich am Bart.

“Doch, habe ich. Sie hat sich entschuldigt, dass sie so ausgerastet ist. Euer Auftauchen hat sie verunsichert.“

“Verunsichert??“

Echote Noa. Matteo Cortina schenkte sich einen Sherry ein.

“Ohh, ganz gefährliches Thema.“

Stellte er fest und Noa klappte ihren Mund, den sie bereits geöffnet hatte, wieder zu. Gefährlich? Allerdings! Sie hatten ja gesehen, wo solche Bekanntschaften endeten. Leandro hob abwehrend die Hände.

“Belassen wir's einfach dabei, okay? Du bist in ihre Wohnung gestürmt, er war bewaffnet und sie ist durchgedreht.“

Das war noch etwas zu nett ausgedrückt, aber Noa nickte. Leandro war mit der Zeltron im Bett gewesen. Was sollte er schon großartig anderes tun als sie in Schutz zu nehmen? Und letztlich spielte es ohnehin keine Rolle mehr. In den mittleren Ebenen zu leben war nicht leicht. Nur wenn man übervorsichtig war, hatte man das Glück zu überleben. Die Tür der Küche öffnete sich und Jesper kam mit einem Korb Brot heraus.

“Es geht so laaangsam los.“

Verkündete er. Noa lächelte mitfühlend.

“Oh nein, bist du wieder zum Kellner verdammt? Soll ich was helfen?“

Bot sie sich an, doch Jesper lehnte ab.

“Nein, nein, danke. Das geht schon. Habt ihr alle was zu trinken. Noa, ein Bier? Und Cris?“

Noa hatte genickt. Ein Bier war eine gute Idee und sie fuhr ja ohnehin nicht. Cris hatte eine ganz schöne Auswahl: Bier, Whiskey, Sherry, Wein... noch bevor er sich entscheiden konnte, klingelte es an der Tür. Matteo Cortina stellte die Flasche Sherry ab.

“Ich gehe schon.“

Sprach er, öffnete die Tür zum Flur und schon kurz darauf war lautes Kindergebrüll zu hören. Ach ja, dieses Thema hatten sie ja noch gar nicht zu Ende besprochen. Noa schenkte Leandro einen deutlichen Blick.

“Grandiose Idee übrigens, die ganze Familie an einen Tisch zu bringen.“

Sagte sie sarkastisch. Überrascht sah Leandro sie an.

“Meinst du mich? Wieso, wir sind doch gar nicht vollständig. Ramón und Pablo...“

Weiter kam er nicht, denn Noa hatte ihm bereits in die Seite geboxt. Jaulend hielt sich Leandro die entsprechende Stelle und mit einem mindestens ebenso lautem Jaulen kam in diesem Moment Ricardo ins Zimmer geflitzt.

“Alaaaaaarm! Sinter Josh ist los!“

Rief er und rannte zielstrebig auf Leandro zu. Wer zur Hölle war Sinter Josh? Wahrscheinlich irgend so ein dämlicher Actionheld, oder eher dessen Gegenspieler. Ohne jede Anstrengung finger dieser seinen Neffen ab, hob ihn hoch und wirbelte ihn durch die Luft.

“Zzzzzsssschhh!“

“Zzzzschhhaaaaaaazasssssch!!!

Um ihre Sicherheit fürchtend trat Noa einen Schritt zurück. Der ruhige Abend, den sie sich vorgestellt hatte, war damit jedenfalls endgültig dahin.

“Das ist mein Neffe, Ricardo.“

Flüsterte sie – warum auch immer sie glaubte flüstern zu müssen – Cris Sheldon zu.

“Er ist fünf. Und da kommen seine Mutter, Thalia, und Camilla. Camilla ist zwei. Thalia ist die Frau von Ramón, meinem ältesten Bruder. Von ihr sind die Bilder, die in meiner Wohnung hängen.“

Die letzte Information fügte sie beiläufig hinzu, noch ehe ihr einfiel, dass Sheldon diese Bilder tatsächlich schon aufgefallen waren. Er hatte sie kommentiert, kurz nachdem er Noa erklärt hatte, wie hübsch er sie fand. Und was für ein guter Mensch sie war. Hach, das ging noch immer runter wie Öl.

- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo, Thalia, Riccardo, Camilla -
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Cris

Matteo Cortina schien für die Sachzwänge, denen sich die Strategen im Kommandostab der Neuen Republik ausgesetzt sahen, mehr Verständnis aufbringen zu können als Cris selbst. Ohne den Einsatz der Jedi konnte man eigentlich nicht sagen, dass irgendeine Institution der Republik sich sonderlich um Coruscants Schicksal scherte – die Rumpfcrew, die Major Tacema zur Verfügung stand, war auf fast jedem imperialen Planeten zu finden, abgesehen vielleicht von jenen, die zu sehr abgeschirmt, von ihrer Struktur seit Anbeginn dieses Krieges erzimperial oder schlicht und ergreifend rein militärische Außenposten waren. Trotzdem war Matteos Auffassung trotz des Schleiers, den die imperiale Propaganda über die Informationen auf Coruscant legte, nicht falsch: die Streitkräfte der Republik waren an anderen Schauplätzen in entscheidende Schlachten verwickelt, wenngleich sich die Situation im Vergleich zum Chaos nach dem Fall Corellias bedeutend verbessert hatte.

Der ehemalige Sturmtruppler beschloss, nach dem abschließenden Nicken des älteren Mannes nicht detaillierter auf das Thema einzugehen. Vermutlich hatte Matteo Cortina mit einem Thema beginnen wollen, das seinem unerwarteten Gast geläufig war, was aber nicht bedeutete, dass der ganze Abend im Zeichen des Kampfes zwischen Imperium und Republik stehen würden. Die meisten Cortinas erlebten diesen ohnehin schon genug – und nach allem, was Noa ihm erzählt hatte, würde ihre Schwester weitere Gespräche darüber nicht dulden, was Cris noch mehr dazu anspornte, das Thema fallen zu lassen, Seiner Situation hier war nicht geholfen, wenn er in den Augen eines Familienmitglieds sofort zur persona non grata wurde, unabhängig davon, wie herzlich er vom Rest der Familie bisher empfangen worden war. Er fragte sich, welche Geschichten die Defender wohl über ihn verbreitet hatten – und wie viel davon stimmte. Den Teil seiner Geschichte, den er Noa erzählt hatte, kannte aller Wahrscheinlichkeit nur sie. Und das blieb auch hoffentlich so.

Mit mildem Interesse verfolgte Cris dann, wie Noa den Tisch musterte und auf die Anzahl der Gedecke zu sprechen kam, die augenscheinlich von der Anzahl bereits abwesender Personen abwich, woraufhin sich nach weiterer Nachfrage ergab, dass noch drei weitere Mitglieder der Familie in Kürze auftauchen würden. Den Namen Thalia hatte Cris allerdings in Bezug auf Noas Familie noch nicht von der Widerstandskämpferin gehört – aller Wahrscheinlichkeit nach war sie mit einem ihrer älteren Brüder liiert. Allerdings nicht mit Leandro, so viel stand fest – bei all seiner Lässigkeit machte dieser nicht den Eindruck, sich einer verführerischen Zeltron hinzugeben, wenn zu Hause zwei Kinder und eine Frau auf ihn warteten. Außerdem erschien er Cris für die Pflichten eines Vaters noch reichlich jung – wenn nicht vom biologischen, dann doch zumindest vom geistigen Alter.

Diese Auffassung wurde erneut bestätigt, als er und Noa erneut aneinander gerieten, was Cris indes vom Angebot ihres Vaters ablenkte, der ihm eine Auswahl an alkoholischen Getränken präsentiert hatte. Tatsächlich entwickelte sich das kleine Streitgespräch zwischen den Geschwistern in Richtung des Vorfalls, dem Cris seine heutige Einladung – und somit seinen näheren Kontakt zu Noa, wenn man so wollte – überhaupt erst verursacht hatte. Leandro hatte also noch mit der Zeltron Kontakt – und sie hatte sich entschuldigt? Plötzlich spürte Cris einen Kloß im Hals. Diese zusätzliche Information passte nicht unbedingt zu dem Bild, das er sich über das Fremdwesen und die Situation in ihrer schäbigen Wohnung gemacht hatte, sondern lief tatsächlich eher in die Richtung, dass er sich den Ausgang tatsächlich zum Teil selbst zuzuschreiben hatte. Das Noas Vater seiner trockenen Bemerkung nach zu urteilen ebenso im Bilde war machte die Sache nicht unbedingt besser. Vielleicht war es am besten, das Thema ruhen zu lassen, so wie Leandro es schließlich vorschlug und Noa mit einem knappen Nicken akzeptierte. Cris’ Rolle in diesem Schauspiel konnte sich beim genaueren Hinsehen nur zum Schlechteren wandeln, und wer wusste schon, ob er dann noch so willkommen war in diesen vier Wänden wie jetzt…

Der Lebensgefährte von Noas Schwester – von der Cris bis jetzt immer noch nichts gesehen hatte – war währenddessen dabei, wie Noa treffend bemerkte, den Kellner zu mimen. Sollte Cloé in ihrer Art nach ihrer Schwester schlagen, war das auch kaum verwunderlich – Cris vermutete, dass er kaum Widerstand leisten würde, sollte Noa ihm nahelegen, den Tisch zu decken oder ähnliche Tätigkeiten zu verrichten. Wobei die Beziehung zwischen Jesper und Cloé natürlich nicht im Geringsten mit der losen, professionellen Bekanntschaft zwischen Noa und Cris zu vergleichen war. Eigentlich also ein blöder Vergleich. Vielleicht war Jesper auch einfach von Natur aus recht hilfsbereit, was allerdings nichts daran änderte, dass Cris sich ein wenig unwohl dabei fühlte, sich von ihm bedienen zu lassen.


„Ähm… nur ein Bier, bitte…“, schaffte er es dieses Mal, auf eine ihm gestellte Frage zu antworten, während das Klingeln an der Tür Noas Vater vom Schauplatz abzog, der ihm zuvor noch stärkere Getränke angeboten hatte. Cris jedoch hatte sich dazu entschlossen, seinen Alkoholkonsum auf ein höfliches Mindestmaß zu beschränken – zwar war er mittlerweile trinkfester als noch in seiner Anfangszeit beim Geheimdienst (die Monate mit Selby hatten so einiges bewirkt), aber hier, im Kreise von Noas Familie, wollte er doch lieber auf Nummer sicher gehen. Außerdem bevorzugte er es allgemein, einen klaren Kopf zu bewahren. Wer wusste schon, was die nächsten Stunden bringen mochten? Möglich war vieles…

Cris zuckte ein wenig zusammen, als plötzlich aus Richtung des Flurs recht laute Stimmen ertönten, die indes kaum zu Erwachsenen gehören konnten. Also waren Thalia und die zwei Kinder, von denen Matteo Cortina gesprochen hatte, angekommen, was prompt zu einer giftigen Bemerkung Noas in Richtung ihres davon erstaunlicherweise unbeeindruckten Bruders führte. Den relativ kräftigen Knuff, den er dafür aus Noas Richtung erntete, hatte er sich damit auch redlich verriet, wie Cris insgeheim mit einem Schmunzeln feststellte.

Jetzt gewann die Situation endgültig an Hektik, als die Szene des sich die Seite haltenden Leandro durch einen mit atemberaubender Geschwindigkeit in den Raum rasenden kleinen Jungen ergänzt wurde, der Worte brüllte, die aus Cris’ Sicht nicht wirklich Sinn ergeben wollten, und dann kurz darauf von Noas Bruder zu seinem äußersten Vergnügen durch die Luft gewirbelt wurde. Während Noa zurückwich, musste Cris indes lächeln – erstaunlicherweise sorgten Kinder immer dafür, dass er sich in solchen Situationen entspannte. Kurz blitzte die Erinnerung an Akemis kleinen Bruder Daiki auf, mit dem er im Garten des Hauses der Akanatos gespielt hatte. Vielleicht war es die Unschuld der Kinder, das Fehlen verborgener Pläne oder aber ihr unverfälschtes Vertrauen, die ihn entspannen ließen, Erinnerungen an Dinge, die er selbst lange eingebüßt hatte.

Dank Noa wusste er auch schnell den Namen des Knirpses und den des noch kleineren Mädchens, das jetzt mit seiner Mutter das Wohnzimmer betrat und die Szenerie aus großen Augen bestaunte. Ihre Ringellöcken und das pausbäckige Gesicht schienen dabei fast geeignet, das Herz des finstersten Sith zu erwärmen.


„Entschuldigt unsere Verspätung. Der Verkehr ist um diese Uhrzeit die Hölle…“

Thalia Cortina – wie Cris dank der Information von Noa nun wusste die Frau ihres wohl ältesten Bruders Ramón – trug sympathisch unspektakuläre Kleidung (was indes mitnichten bedeutete, dass ihm Noas schickeres Outfit unsympathisch war, in diesem speziellen Fall war eher das Gegenteil der Fall) und hatte dunkelblondes, bis auf die Schulter fallendes Haar. Sie wirkte ein wenig erschöpft, was man bei der Mutter zweier kleiner, energiegeladener Kinder und Frau eines Mannes, der sich neben seinem Beruf auch noch im Widerstand engagierte, mehr als verstehen konnte. Noas Vater stellte sie und Cris mit knappen Worten einander vor, wobei ihr allerdings nicht anzumerken war, ob sein Name auch ihm etwas sagte oder nicht. Cris selbst deutete indes eine leichte Verbeugung an.


„Eine Freude, Sie kennenzulernen, Ma’am.“


Er schaffte es, nicht unmittelbar im Anschluss mit den Zähnen zu knirschen. Diese militärisch steifen Umgangsformen war er gewohnt, doch konnte er sich kaum vorstellen, dass Noa oder ihre Familie sie unter diesen Umständen für angemessen.

„Zwei bezaubernde Kinder haben Sie da“, fügte er deswegen rasch hinzu und schenkte der kleinen Camilla sein aufrichtigstes und freundlichstes Lächeln, von dem er hoffte, dass es den möglicherweise einschüchternden soldatischen Ernst aus seinen Zügen vertrieb.

[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo, Thalia, Ricardo, Camilla -

Noa wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, Thalia mit „Ma'am“ zu begrüßen und sie war auch nicht die Einzige, die diese Art von Höflichkeit leicht befremdlich fand. Thalia sah Sheldon an, als hätte er in einer anderen Sprache gesprochen, von der sie kein Wort verstand. Erst nach einem winzigen Moment der Verunsicherung in ihren Augen begann sie zu lachen. Offenbar hatte sie entschieden, seine Formulierung als Witz zu verstehen.

“Oh, Thalia genügt vollkommen. Mit zwei frechen Kindern, die sich wie Monster benehmen, habe ich es noch nicht geschafft, mir einen Titel zu verdienen.“

Sagte sie, als Leandro Ricardo wieder auf dem Boden abstellte und der nun einen deutlichen Drehwurm hatte, was ihn allerdings nicht daran hinderte, gleich weiter zu machen und sich auf seinen Großvater zu stürzen. Camilla stand indessen starr neben ihrer Mutter, hielten deren Hand und zeigte Cris Sheldon eine unbewegte und auch ziemlich unbeeindruckte Miene. Sein Lächeln zu erwidern, dazu hatte sie offenbar nicht die geringste Lust. Thalia sah auf ihre Tochter hinunter.

“Machen Sie sich nichts draus, Cris – ich darf doch Cris sagen? Camilla geht es heute den ganzen Tag schon nicht so gut.“

Erklärte Thalia.

“Sie hat sich heute Mittag und heute Nachmittag schon dreimal übergeben. Im Kindergarten ist mal wieder ein Virus unterwegs, da reagiert sie immer schnell drauf. Ricardo ist da zum Glück resistenter. Zwei kranke Kinder sind die Hölle.“

Sie strich dem kleinen Mädchen über den lockigen Schopf und jetzt, wo sie es gesagt hatte, kam Camilla Noa tatsächlich ein bisschen blass vor. Sie hatte sich ohnehin schon gefragt, warum die Kleine nicht sofort brüllend hinter Ricardo her gelaufen war, als dieser den Wohnraum gestürmt hatte. Er war ihr Idol und normalerweise machte sie ihm alls nach. Damit erinnerte sie Noa irgendwie ein bisschen an sich selbst.

“Oh nein, hast du Magen-Darm-Grippe?“

Fragte Noa Camilla und ihr Gesichts verzog sich in einem mitleidigen Ausdruck. Es gab nur wenige Dinge, die wirklich schlimmer waren als das. Ohrenschmerzen zum Beispiel, oder Zahnschmerzen. Schnupfen war auch schlimm, wenn man nicht durch die Nase atmen und nachts nicht schlafen konnte. Furchtbar. Oder Juckreiz! Aber am allerschlimmsten waren Kopfschmerzen, am besten noch gepaart mit einem miesen Schwindelgefühl. Das hatte Noa öfter mal. Meistens, wenn sie die Nacht zuvor durch gemacht hatte. Sie ging in die Hocke und öffnete ihre Arme für Camilla.

“Komm zur Tante, Schatz.“

Träge schleppte sich das Kind nach vorne und ließ sich in Noas Arm fallen. Noa hob sie hoch.

“Oje, ich glaub ihr geht’s wirklich schlecht. So ein armes Kotze-Kind.“

Neben ihr grinste Leandro, Thalia seufzte lediglich. Sie hatte es aufgegeben, ihre Schwager und Schwägerinnen daran zu hindern, Ausdrücke zu benutzen, die sie Kindern gegenüber für unangemessen hielt. „Kotze“ gehörte dazu. Während Noas Vater mit Ricardo beschäftigt war, Leandro (schon wieder!) sein Komlink hervor geholt hatte und Noa Camilla auf dem Arm hielt, wandte sich Thalia an Sheldon.

“Manchmal ist es ganz praktisch, wenn genug Babysitter zur Hand sind.“

Sagte sie, in Anspielung darauf, dass ihre Kinder gerade beide gut versorgt waren und sie selbst endlich Zeit zum Durchatmen hatte.

“Zumindest, wenn sie ihnen nicht gerade schlimme Wörter beibringen. Was ist mit Ihnen? Haben Sie Kinder?“

Wollte sie wissen. Jetzt wurde es interessant. Ganz plötzlich erkannte Noa einen enormen Vorteil dieses Abends, den sie zuvor noch gar nicht gesehen hatte: die anderen würden Cris Sheldon Fragen stellen. Sie würden sich mit ihm unterhalten und dieses und jenes wissen wollen, wie das eben so war. Und während sie selbst fein raus war, weil sie ihn auf gewisse Dinge nicht direkt ansprechen musste, würde sie trotzdem alles über ihn erfahren. Hahaha!

- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo, Thalia, Camillia, Ricardo -
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cris

Das definierte man dann wohl als vollkommenen Misserfolg – seine Anrede hatte Thalia anscheinend befremdet, obwohl sie dies mit einem Lachen überspielte, und die kleine Camilla sah ihn an, als hätte er ihr soeben einen Korb voll Süßigkeiten geklaut. Großartig. Auch die Erklärung der Mutter, dass dieses Verhalten auf den angeschlagenen Gesundheitszustand des Mädchens zurückzuführen war, machte die Sache nicht unbedingt besser. Während ihr größerer Bruder von Onkel zu Großvater wechselte, ließ Camilla sich dann auch wie ein Sack in Noas Arme fallen, die mit ihren tröstenden Worten vermutlich eher den Ton getroffen hatte als Cris mit dem Versuch eines Lächelns. Nun… Noa kannte sie und Noa war eine Frau, Cris war ein relativ großer und damit aus Sicht eines kleinen Kindes sicher unheimlicher und noch dazu vollkommen unbekannter Mann.

Mit einem hoffentlich unhörbaren Seufzer warf der ehemalige Sturmtruppler einen kurzen Blick auf Noa und das Kind in ihrem Arm, dessen Augen ihn kurz ohne jeden Ausdruck zu mustern schien, bevor er kurz Leandro ansah, der bereits wieder wegen irgendetwas in sein Comlink vertieft war. Zu spät dämmerte Cris, dass es damit nur noch einen möglichen Gesprächspartner für Thalia gab – nämlich ihn.


„Ja… das kann ich mir vorstellen“, erwiderte er diplomatisch auf die Feststellung Thalias, dass Babysitter für zwei Kinder manchmal ganz gut zupass kamen, wenngleich ihm aufgefallen war, dass Noas Wortwahl nicht unbedingt die war, die er selbst – obwohl er in dieser Hinsicht keine Ahnung hatte – vor einem Kind benutzen würde. Oder in irgendeiner Situation, was das betraf.

Indes konnte er nicht umhin, sich zunehmend unwohl in seiner Rolle zu fühlen. Es war offensichtlich, dass er auch im weiteren Laufe des Abends weiterhin in Smalltalk verwickelt werden würde, wobei die Höflichkeit diktierte, dass er sich nicht vollkommen sperrte. Unglücklicherweise würde ihn das vermutlich in Situationen bringen, die zu unangenehmeren Resultaten führten als das kurze betretene Schweigen, das auf seine unpassende Adressierung Thalias gefolgt war. Der Beweis für diese Vorahnung folgte auf dem Fuße, als die Mutter der beiden Kinder ihn tatsächlich nach eigenen Kindern fragte und ihn somit bar jeder Vorbereitung traf. Mit vielen Fragen hätte er rechnen können – aber nicht mit dieser. Und Noa stand zu allem Überfluss direkt neben ihm. Spontan flammte der Wunsch nach einer willkommenen Explosion wieder in ihm auf.


„Kinder, ich…?“


Hektisch irrte sein Blick von Thalia zu Noa, von der er irgendwie das Gefühl hatte, als würde sie, obwohl oberflächlich in das Kind auf ihrem Arm vertieft, ganz genau zuhören. Auch wenn sie sich die Antwort vermutlich denken konnte – weder ein Soldat der imperialen Sturmtruppen, noch ein Agent des republikanischen Geheimdienstes schien sonderlich prädestiniert dafür, Kinder zu bekommen. Zumindest nicht, wenn ihm etwas daran lag, diese Kinder nicht als Halbwaisen aufwachsen zu lassen. Natürlich konnte er das in dieser Deutlichkeit nicht sagen, schließlich setzte auch der Vater von Ricardo und Camilla aller Wahrscheinlichkeit nach regelmäßig sein Leben aufs Spiel und hatte sich trotzdem für Nachwuchs entschieden.

„Ich… nun… ich fürchte, die Gelegenheit hat sich ganz einfach noch nicht ergeben…“


Verlegen räusperte er sich, ein wenig darauf hoffend, dass Noa intervenierte um das Gesprächsthema in weniger unangenehmes Terrain überzuleiten. Doch die Widerstandskämpferin schwieg.

„Und… um ehrlich zu sein, habe ich noch nicht wirklich darüber nachgedacht. Ich bin einfach nie lange genug an einem Ort, um wirklich darüber nachzudenken, Wurzeln zu schlagen und eine Familie zu gründen… verstehen Sie?“

Hoffentlich war das eine einigermaßen angemessene Antwort auf ihre Frage, ohne dass er es dabei schaffte, irgendjemanden im Raum unwissentlich zu beleidigen. Zur Vorsicht schob er noch hinterher:


„Aber ich habe ja auch noch etwas Zeit.“

Zeit, die ohne Frage verstreichen würde, ohne dass sich irgendetwas in diese Richtung ergab. Schließlich bedurfte es zur Fortpflanzung nicht nur eines erklärten Willens… sondern auch eines Partners mit ähnlichen Vorstellungen. Für einen Moment fragte er sich, ob Akemi sich wohl irgendwann Kinder gewünscht hätte, wäre ihre Beziehung nicht an ihm gescheitert… und wie er dann reagiert hätte. Doch er konnte es spontan nicht sagen.

[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cris
 
.:: Coruscant | Untere Ebenen | Gebäudeblock | Wohnung Nr. 2S11M | mit Markus, Shana und Sinoué, außerdem Arkon, Miley, Draugir und Atoras irgendwo in der Nähe ::.

Sie hatte geahnt, dass sie trotz allem nicht würde schlafen können. Es war wie verhext. Unendliche Müdigkeit lag auf ihr und trotz allem wollte der Schlaf sie nicht übermannen. Im Grunde genommen sollte sie dies nicht weiter wundern, denn wann immer sie im Schlaf von Visionen übermannt wurde, hatte dieser stets ein Ende gefunden. Zu allem Überfluss schienen sich jetzt auch noch Kopfschmerzen anzukündigen. Dieser ganzer Tag war wirklich einfach nur verhext. Jammern würde allerdings auch nichts bringen, also konnte sie genauso gut hier sitzen bleiben, die Augen geschlossen halten und noch immer versuchen zu schlafen, auch wenn diese Übung sinnlos war. Naja, jedenfalls würde ihr Körper so ein wenig Ruhe erhalten, wenn auch ihre Gedanken nicht zur Ruhe kamen.

Zum Glück tauchte nur wenige Minuten später Vorin auf. Sein Anblick ließ Mara kurz lächeln. Er setzte sich neben sie und erklärte, dass er genug von Coruscant hätte und diese Worte hätte Mara am liebsten wiederholt. Sie hatte ebenfalls genug von diesem Ort, welcher wie ein Fluch in ihrem Nacken lag und sie nicht loslassen wollte. Es fühlt sich an, als ob alles in ihr Zereisen wollte. Ein merkwürdiger Druck, der mit Sicherheit etwas mit ihren Visionen zu tun haben musste. Wenn sie nur endlich alles sehen würde, anstatt ständig im Nebel herum zu irren. Wie auch immer, sie konnte darüber später noch nachdenken. Ihr Freund sah hundemüde aus, ebenso wie sie und dennoch bemühte er sich, mit ihr zu sprechen. Vorin wollte wissen wie es ihr ging. Mara lächelte kurz, als er meinte, da er heute nichts besseres zu tun gehabt hatte, sich eine Verfolgungsjagt geleistet hatte und dies nur weil…, tja er sprach es nicht ganz aus, da er nun wohl sie reden lassen wollte.

Die junge Ritterin wartete einen Moment, blickte dann kurz zu Markus, welcher gerade aus dem Bad kam und sich dann an einer Stelle niederließ. Sowohl Markus als auch Vorin waren beide Jedi Meister, damit im Rang höher als sie. Dies spielte zwar in diesem Augenblick, wo sie hier saßen keine Rolle, dennoch gab es etwas, über das Mara zu reden hatte. Ihr Freund kannte ihre Fähigkeiten, was die Visionen anging, doch Markus wusste davon nichts und sie konnte ja schlecht hergehen und alles für sich behalten. Besser wäre es ihre Erkenntnisse zu Teilen, zu erklären was geschehen war, damit auch Markus es verstand und sie nicht vielleicht für verrückt oder sonst etwas hielt. Der Blondschopf lehnte sich einen Moment an ihren Freund, holte dann tief Luft und hob den Kopf, um Vorin anzusehen.


„Ich muss mit dir und Markus reden. Nicht zuletzt, weil er meine Fähigkeiten nicht kennt und ich ihn aufklären sollte, damit es zu keinen Fehlinterpretationen kommt.“


Mara seufzte.

„Ich weiß, dass sowohl du, als auch er hundemüde sind, mir geht es nicht anders, und dennoch weiß ich, dass ich jetzt darüber reden muss, ehe ich noch verrückt werde. Dies heißt sollte Markus nicht bereits eingeschlafen sein.“

Mara warf dem dunkelhaarigen, gutaussehenden Jedi einen abschätzenden Blick zu. Sie konnte nicht genau sagen, ob dieser schlief oder nicht, da sie ihre eigenen Machtfühler zurückgezogen hatte. Sollte er schlafen, würde sie ihn schlafen lassen und zuerst mit Vorin sprechen. Markus konnte man notfalls auch noch später informieren, wenn er etwas ausgeruht hatte. Allerdings wäre es sehr in Maras Sinn, wenn die Padawane vorerst nichts erfuhren von dem, was Mara in ihren Visionen gesehen hatte. Sie wollte keine Panik aufkommen lassen, nicht jetzt, wo alle erschöpft, zerschunden und ebenso auch seelisch in Mitleidenschaft gezogen worden waren.

.:: Coruscant | Untere Ebenen | Gebäudeblock | Wohnung Nr. 2S11M | mit Markus, Vorin, Shana und Sinoué, außerdem Arkon, Miley, Draugir und Atoras irgendwo in der Nähe ::.
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo, Thalia, Camillia, Ricardo -

Es ließ sich nicht wirklich sagen, ob Thalia wusste, wer Sheldon war. Noa war sich darüber noch nicht sicher, aber ihre Vermutung ging eher in die Richtung, dass Ramón ihr nicht von dem Geheimdienstagent erzählt hatte. Die Antwort, die er Thalia auf ihre Frage gab, lag auf der Hand. Natürlich hatte er keine Kinder. Das überraschte Noa nicht im Mindesten. Nicht nur, dass er solche ganz sicher schon früher erwähnt hätte, sein Beruf ließ auch ganz einfach keine Familiengründung zu, oder zumindest nur schwer. Das aber schien Thalia nicht zu wissen, denn wenn sie es wusste, hätte sie ihn sicherlich nicht danach befragt, oder? Es sei denn, sie hatte einfach nicht daran gedacht.

“Ich verstehe.“

Antwortete sie jetzt, wobei Noa sich noch immer fragte, ob sie wirklich verstand.

“Aber wenn Sie irgendwann bereit sein sollten, dann werden Sie das schon merken. Ich wusste zum Beispiel immer, dass ich eine große Familie wollte. Kinder können zwar enorm anstrengend sein, aber sie sind auch das Schönste, was es in dieser Galaxis gibt.“

“Ja, wenn sie sich nicht gerade übergeben oder man ihre Windeln wechseln muss.“

Bemerkte Noa scherzhaft. Camilla hatte ihren Kopf auf ihrer Schulter abgelegt und starrte ins Leere. Allmählich wurde sie schwer. Das Kind wog mindestens eine Tonne.

“Glaub mir, Noa, wenn es dein eigenes Kind ist, macht dir das alles gar nichts aus.“

Versicherte ihr Thalia, die es schließlich wissen musste.

“Hm, vielleicht.“

Trotzdem war es Noa ganz recht, dass sie selbst keine Kinder hatte und sich um solche Dinge nicht kümmern musste. Sie hielt es da wie Sheldon: im Augenblick war sie einfach noch nicht bereit für solche Dinge und ob sie es je werden würde, das stand noch weit, weit entfernt in den Sternen.

“Wie sieht es eigentlich mit Essen aus? So langsam bekomme ich wirklich Hunger.“

Fiel Noa ein und sie wandte sich, noch immer mit Camilla auf dem Arm, in Richtung Küchentür um, hinter der Cloé anscheinend noch immer fleißig war. Sie hatte bisher noch nicht einmal einen flüchtigen Blick auf ihre Schwester erhaschen können, aber das war typisch. Wenn es etwas zu kochen gab war Cloé in ihrem Element, besonders wenn es sich um ein reichliches Mahl für die Familie handelte. Bei solchen Gelegenheiten gab sie immer 100%. Neben Noa steckte Leandro zum gefühlt hundertsten Mal sein Komlink weg und erklärte, er würde Camillas Hochstuhl an den Tisch rücken. Noa folgte seinem Blick. Es stimmte, bisher waren nur die normalen Stühle aufgestellt worden. Ricardo war längst groß genug auf einem solchen zu sitzen, Camilla allerdings noch nicht. Oje, die Kleine hing in ihren Armen wie ein schlaffer Sack.

“Kann sie überhaupt etwas essen?“

Fragte Noa. Thalia nickte.

“Ein bisschen Brot, nichts was den Magen aufregen könnte. Wenn es wieder raus kommt, kommt es eben raus, aber essen muss sie auf jeden Fall.“

Das klang pragmatisch. Wenn es raus kam...na, guten Appetit. Die Tür der Küche öffnete sich und heraus kam Jesper. Er hatte sich zwei Flaschen Bier unter den Arm geklemmt, die er an Noa und Sheldon weiter reichte. Da Noa beide Hände belegt hatte, gestikulierte sie wage in Richtung Tisch.

“Stell's einfach da ab, ja? Ich nehm's mir später.“

Sagte sie. Jesper nickte.

“Alles klar, ihr könnt euch auch jetzt setzen. Die Chefin sagt, alles ist fertig.“

Oh, gute Nachrichten. Noa und Camilla bewegten sich zum Tisch und Noa hob ihre Nichte in ihren Hochstuhl. Thalia folgte ihr auf dem Fuße.

“Ricardo! Komm und setz dich, ja?“

Rief sie ihren Ältesten. Während Camillas Hochstuhl am Kopfendes des Tisches stand, nahmen Thalia links und Matteo Cortina rechts von ihr Platz. Ricardo kommandierte Thalia an ihre andere Seite. Leandro schlurfte ebenfalls herbei.

“Boah, endlich. Ich dachte schon ich müsste doch noch zu Bantha-King...“

Murmelte er. Noa wusste nicht, ob sie lachen oder ihm eins über den Schädel ziehen sollte.

“Wäre alles viel schneller gegangen, wenn du bei deinem Abendessen ein bisschen mitgeholfen hättest.“

Belehrte sie ihn. Leandro zuckte mit den Schultern und zog sich den Schuld neben seinem Vater unter dem Tisch hervor.

“Hey, Sheldon, kommen Sie neben mich.“

Lud er den Agenten an seine Seite an. Noa verdrehte die Augen. Leandro wusste genau, wie er sich aus der Affäre ziehen konnte. Aber darin war er schon immer meisterhaft gewesen, fast so meisterhaft wie Cloé im Kochen. Es roch so gut, dass Noa am liebsten die Augen geschlossen hätte. Sie wollte nie wieder etwas anderes riechen. Parfum? Wer brauchte Parfum! Der Duft leckerer Bratensauce tat es auch. Das konnte sogar ein neuer Trend werden! Bereits im Begriff sich zu setzen, wandte sie sich an Jesper.

“Soll ich nicht doch noch irgendwas tragen helfen?“

Fragte sie und bewegte sich zur Küche, deren Tür sich just in diesem Moment öffnete und den Anblick einer großen Gemüseplatte offenbarte, die bunter und vielfältiger nicht hätte sein können. Grüner, noch dampfend heißer Kohl reihte sich neben leuchtend rote Pflücktomaten und blassweiße Tunisröschen. Noa lief das Wasser im Mund zusammen und ihr Blick glitt weiter hinunter, entlang an dem bodenlangen, lachsfarbenem Kleid, das Cloé trug. Auf ihre Schwester konnte man immer zählen. Wenn man bereits fürchtete, man habe es mit der Kleiderwahl übertrieben, sorgte Cloé Raquelle Cortina dafür, dass sie selbst das strahlende Zentrum der Aufmerksamkeit war. Silber glitzernde Fäden durchzogen ihren enganliegenden Rock und die kleinen, aufgestickten kunstvollen Blüten, die sich bis über ihre Schultern hinauf rankten. Sie trug ihre Haare offen, ganz ähnlich wie Noa und an ihrem Handgelenk schimmerte ein einzelnes Armband. Noa erkannte das Schmuckstück. Jesper hatte es ihrer Schwester vergangenes Jahr zum Geburtstag geschenkt. Noas Mund hatte sich erstaunt geöffnet, ohne sich wieder zu schließen, zum einen vor Staunen über das leckere Essen, zum anderen vor Überraschung darüber, dass Cloé es immer wieder schaffte, wie eine Vollzeitköchin in der Küche zu schuften und dabei noch so glamourös auszusehen. Ihr Blick begegnete Cloés Lächeln, als ihre Schwester sie über den Rand des Tabletts hinweg anstrahlte.

“Na, sprachlos?“

Fragte sie amüsiert und Noa erwiderte ihr Lächeln.

“Absolut. Komm, gib mir die Platte.“

Cloé grinste wissend.

“Du willst sie bloß genau vor deinen Platz stellen.“

Sagte sie.

“Stimmt. Du weißt, ich liebe Tunisröschen.“

“Ich weiß.“ Antwortete Cloé. “Deswegen habe ich sie gemacht.“

Sie wandte sich um, um den Rest des Essens aus der Küche zu holen, gefolgt von Jesper. Als sich Cloé umdrehte, gewährte sie Anblick auf einen fantastischen Rückenausschnitt. Unterdessen trug Noa die Gemüseplatte zum Tisch und stellte sie, wie vermutet, genau zwischen sich und Sheldon, der ihr gegenüber sitzen würde, da sie selbst neben Ricardo Platz nahm.

“Los, nehmen Sie sich.

Forderte sie ihn auf.

“So lange noch was da ist.“

Neben Sheldon schnaubte Leandro.

“Du kannst nicht von ihm erwarten, dass er sich selbst was nimmt. Das ist unhöflich. - Hier, man.“

Zuvorkommnd griff Leandro nach dem Löffel und schaufelte Cris Sheldon mindestens so viel auf dessen Teller, wie er selbst zu essen im Stande gewesen wäre. Warnend hob Noa eine Hand.

“Hey, lass ihm noch Platz für's Fleisch!“

Rief sie und nickte hinüber auf den Braten, den Jesper herein trug. Sie dachte an ihren Besuch in dem teuren Edelrestaurant, in das Agent Selby sie und Sheldon am Tag zuvor eingeladen hatte. Die Zutaten konnten dort noch so frisch und selten und der Koch noch so begabt sein, zu Hause schmeckte es noch immer am besten. Die letzten Schüsseln wurden aufgetragen und schließlich kamen auch Cloé und Jesper dazu, sich endlich zu setzen. Jesper goss ihnen beiden Wein ein und Cloé breitete ihre Serviette in ihrem Schoß aus. Ihr offener Blick wandte sich auf den fremden Mann neben ihr.

“Cloé Raquelle Cortina.“

Sagte sie herzlich und hielt Cris Sheldon ihre Hand hin.

“Lassen Sie's sich schmecken. Ich hoffe, Sie mögen ein paar von den Dingen, die wir vorbereitet haben.“

Noa grinste.

“Er wäre der Erste, dem es nicht schmecken würde.“

Sagte sie und hob ihr Bierflasche.

“Dad?“

Matteo Cortina sah auf, hob sein Glas Sherry und der Rest der Anwesenden tat es ihm gleich.

“Auf ein gutes Essen, einen Abend ohne Zwischenfälle und Eure Gesundheit.“

Sagte er, prostete seiner Familie zu und Noa fühlte sich darin bestätigt, dass Zuhause auf ewig der schönste Ort in der ganzen Galaxis bleiben würde.

- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo, Thalia, Camillia, Ricardo, Jesper und Cloé -
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cris

Zumindest diese Konversationsuntiefe war also umschifft und auch Noa schien sich jetzt dazu durchgerungen zu haben, Cris verbal ein wenig beizustehen… oder zumindest ihrerseits Zweifel an den Segnungen des Elterndaseins anzumelden. Allerdings konnte Cris nicht umhin, festzustellen, dass Noa mit der recht erschöpft wirkenden Camilla auf dem Arm ein schönes Bild abgab. Wenigstens solange, bis einem klar wurde, dass das Festhalten eines vollkommen antriebslosen zweijährigen Mädchens auch irgendwann in die Arme gehen musste…

Auf Noas Anspielung auf das Essen hin bemerkte Cris, dass er tatsächlich – trotz der doppelten Portion Auflauf, die Noa ihm noch am Mittag kredenzt hatte – bereits wieder hungrig war, so hungrig, dass nicht einmal die kurze Diskussion zwischen Noa und Thalia bezüglich der Aufnahmefähigkeit der kranken Camilla seinen Appetit hätten dämpfen können. Tatsächlich war er mit Aussicht auf ein köstliches Essen im Kreise dieser Familie, die ihn ausnahmslos herzlich in ihrer Mitte aufgenommen hatte obwohl man ihn bestenfalls als lose Bekanntschaft bezeichnen konnte, so guter Laune, dass er der ins Leere starrenden Camilla freundlich zuzwinkerte, auch wenn abzusehen war, dass sie auch darauf nicht reagieren würde. Als nächstes wurde das Mädchen auf einen speziell für Kinder dieser Größe ausgerichteten Stuhl verfrachtet – an einem Ende der Tafel, im Zentrum der Aufmerksamkeit – und Cris hatte urplötzlich eine Falsche in der Hand, die der mittlerweile wieder aufgetauchte Jesper ihm übergeben hatte. Jetzt schienen alle – bis auf Jesper, Noa und ihre immer noch in der Küche befindliche Schwester – in Richtung ihrer Plätze zu streben, da auch Cris durch Leandro auf den Stuhl neben ihm dirigiert wurde und ihm im Grunde trotz der für einen kurzen Augenblick gefährlich verdrehten Augen Noas Folge leisten musste. Ein wenig benebelt vom ausnehmend leckeren Geruch, der mittlerweile aus Richtung der Küche in das gesamte Wohnzimmer gewandert war, setzte Cris sich daher auf den ihm zugedachten Stuhl. Schräg ihm gegenüber zappelte der kleine Ricardo auf seinem Platz – momentan anscheinend die quirlige Antithese zu seiner kränklichen Schwester, die nicht einmal das Herumtollen mit seinem Onkel und seinem Großvater hatte erschöpfen können – während die Plätze rechts und direkt gegenüber von ihm leer blieben.

Für einen Moment beschlich ihn ein schlechtes Gewissen, als Noa sich in Richtung der Küche begab, augenscheinlich, um beim Auftragen zu helfen. Er musste ehrlicherweise eingestehen, dass er keine Ahnung hatte, was in diesem Haus von einem Gast erwartet wurde – einige Gastgeber ermunterten ihre Gäste, mit anzupacken, während andere es fast als Affront ansahen, bemühte man sich, zu helfen. Cris für seinen Teil war durchaus bereit auch aktiv zum Erfolg des Abends beizutragen – musste allerdings zugeben, dass es jetzt zu spät war. Nun ja. Vielleicht beim Abräumen.

Die Zeremonie des gemeinsamen Mahls lief nun auch zwangsläufig auf ihren Höhepunkt hinaus – gerade, als Noa sich der Küche genähert hatte, wurde eine Platte mit diversen Gemüseköstlichkeiten aus der Tür heraus getragen. Von Noa. Verwirrt blinzelte Cris, doch auch dadurch wollte das sich ihm bietende Bild nicht verschwenden. Noa – also die Noa, mit der er die Wohnung betreten hatte – sprach mit einer bis auf ihre noch spektakulärere Kleidung scheinbar absolut identischen Noa, nahm ihr die Platte ab und brachte diesen zum Tisch, die Glamour-Noa wieder in der Küche verschwand und dabei erstaunlich viel Haut zeigte. Glücklicherweise hatte Cris sich weit genug unter Kontrolle, nicht seine Kinnlade herunterklappen zu lassen oder verwirrt mit dem Kopf zu schütteln – sein rationaler Verstand hatte das soeben gesehene dann auch verarbeitet. Es war nur eine Person in der Küche gewesen, wie den Worten der übrigen Familienmitglieder zu entnehmen war, und zwar Noas Schwester Cloé. Das machte Sinn. Sie war nicht nur Noas Schwester – sie war Noas Zwillingsschwester. Einen Klon würde Cris dann doch ausschließen. Er machte seine Erfahrungen beim Geheimdienst dafür verantwortlich, dass er überhaupt kurz daran gedacht hatte.

Deutlicher wurde der Sachverhalt, als die zweite Noa sich schließlich neben ihn setzte und sich tatsächlich als Cloé Raquelle – eine interessante Parallele zu Noas Doppelnamen – vorstellte, während Noa Cris gegenüber Platz genommen hatte. Soweit er das, ohne beide Frauen einer zu auffälligen Musterung zu unterziehen, jetzt aus nächster Nähe einschätzen konnte, gab es abseits der Kleidung auch tatsächlich leichte Unterschiede zwischen den beiden Cortina-Schwestern. Vielleicht würde Noa ihn ja irgendwann darüber aufklären, ob sie eineiige oder zweieiige Zwillinge waren, oder vielleicht doch nur Schwestern unterschiedlichen Alters die sich durch Zufall so ähnlich sahen. Für den Moment hatte Cloé ihm die Hand gereicht und es war an ihm, sie zu schütteln. Sie dabei freundlich anzulächeln fiel ihm ob der Ähnlichkeit zu Noa auch recht leicht.


„Cris Sheldon. Freut mich.“ Kein M'am dieses Mal. Immerhin.

Cloé wirkte recht freundlich, doch anders als an Noa schien ihr das extravagante Outfit quasi auf den Leib geschneidert und sie trug es mit einer gewissen Gewohnheit. Das passte zu der Information, dass sie selbst mit dem Widerstand nichts zu tun haben wollte, also kaum in praktischer Kleidung durch den Abfall der Unteren Ebenen zu kroch oder mit schwerer Bewaffnung imperialen Sturmtrupplern auflauerte. Dieses Wissen – und irgendetwas in Cloés Ausstrahlung, das er nicht genau festmachen konnte – sorgten jedoch dafür, dass ihm „seine“ Noa trotz der optischen Übereinstimmungen lieber war. Außerdem hatte er noch nicht gesehen, wie Cloé ihre Bruder Leandro mit funkelnden Augen herunterputzte.

Als Matteo Cortina schließlich einen kleinen Trinkspruch aussprach hob Cris rasch seine Flasche und schalt sich innerlich dafür, dass er tatsächlich für einen Moment abgewogen hatte, welche der beiden Schwestern ihm lieber sein mochte. Welches Recht hatte er denn dazu? Und wohin sollten solche Gedanken führen, wenn nicht direkt in eine Sackgasse? Nachdem er einen kleinen Schluck genommen hatte, traf sein Blick Noas und er schaffte ein verhaltenes Lächeln, bevor er bemerkte, dass irgendjemand seinen Teller mit einem riesigen Haufen Gemüse angefüllt hatte, vermutlich, während er noch zu sehr darin vertieft gewesen war, über Cloés Identität zu rätseln. Apropos: ein Kompliment an die Köchin gehörte sicher zum guten Ton.


„Es sieht auf jeden Fall wundervoll aus und duftet köstlich.“

[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cloé, Jesper, Cris
 
- Coruscant – Obere Ebenen – Wohnung der Familie Cortina – Wohnraum - Mit Cris, Leandro, Matteo, Thalia, Camillia, Ricardo, Jesper und Cloé -

“Danke schön.“

Erwiderte Cloé auf Sheldons Kompliment hin und nahm den Brotkorb von Noa an, die diese ihr reichte. Natürlich würde es gut schmecken, bei Cloé schmeckte es immer. Manchmal fragte Noa sich ja, warum ihre Schwester nicht Köchin geworden war. Sie hätte ihr Hobby zu ihrem Beruf machen wollen. Das hatte Cloé aber nicht gewollt, wie sie ihr einmal erklärt hatte. Ein Hobby war etwas, das man gerne tat und womit man sich freiwillig beschäftigte, weil es Spaß machte, hatte Cloé gesagt. Sobald es zum Beruf wurde, würde man sich nur noch darüber ärgern. Noa zweifelte daran noch. Sie selbst hatte Journalistik studiert, weil es ihr Spaß machte, und auch weil ihr das Schreiben lag. Bisher hatte sie noch nicht den Eindruck gehabt, dass das ein Fehler gewesen war, aber vielleicht lag das auch daran, dass sie nicht jeden Tag acht Stunden lang arbeitete. Ihr Job war weitaus flexibler und abwechslungsreicher, nicht so wie bei Cloé, die sieben oder acht Stunden am Tag im Büro saß. Wäre sie Köchin geworden, sähe das ganz ähnlich aus.

“Leandro, reichst du mir bitte die Sauce?“

Jesper, der ganz außen neben Noa saß, hatte so seine Probeme, an alle Speisen dran zu kommen, ohne selbst aufzustehen. Überhaupt herrschte noch ein reges Rumreichen der einzelnen Platten, Teller und Schüssel. Noa zog den Kopf ein, als die Sauciere über sie hinweg gereicht wurde. Wenn die alles über ihr auskippten, würde sie Leandro umbringen. Glücklicherweise aber kam sie heil davon.

“Cris, Sie müssen unbedingt von der Sauce probieren.

Schwärmte Jesper und Noa nickte eifrig.

“Stimmt! Cloé macht die besten Saucen. Aber gibt erst mir, Jesper! - Danke.“

Sie reichte Sheldon das Tafelgerät aus Porcellan, nachdem sie fertig war.

“Ich will auch!!“

Brüllte Ricardo neben Noa. Thalia begann, das Fleisch ihres Sohnes in mundgerechte Stücke zu schneiden.

“Das heißt >ich möchte< und du bekommst, wenn du an der Reihe bist.“

Sagte sie. Klein-Camilla war bereits mit einem Stück Brot und ein paar zu Brei zermatschten Hirsebällchen versorgt worden, die sie auch artig mit einem Löffel aß. Besonders gut konnte das allerdings nicht schmecken, vermutete Noa. Sie konnte sich selbst lebhaft daran erinnern, als sie einmal als Kind krank gewesen war und zusehen musste, wie alle von dem leckeren Abendessen aßen und sie nur Brotkrusten lutschen durfte, weil sie alles andere nicht vertragen hätte. Das war die reinste Tortur gewesen. Allerdings war sie auch etwas älter gewesen als Camilla jetzt. Der Kleinen war das vermutlich noch total egal, ob sie das gleiche hatte wie alle anderen oder nicht. Noa hatte das damals eine ganze Menge ausgemacht.

“Cloé, es schmeckt köstlich, wie immer.“

Lobte Noa, nachdem sie endlich ihre ersten Bissen probiert hatte. Sogleich fielen auch die anderen in das Kompliment ein.

“Ich musste gerade daran denken, als ich damals an Ramóns Geburtstag krank war, weißt du noch? Wie alt war er geworden, 17?“

Cloé grinste. Sie wusste gleich, von welcher Geschichte Noa sprach.

“Es war sein 18. Geburtstag.“

Korrigierte sie.

“Ja, stimmt!“

Schräg gegenüber von Noa sah sie, dass Leandro sich bereit machte, in die Geschichte mit einzusteigen.

“Noa hatte Magengrippe.“

Erklärte er Sheldon, dem einzigen Anwesenden, der die Story noch nicht kannte.

“Sie war sieben und sie durfte nur trockenes Brot essen und Tee trinken, weil sie absolut nichts bei sich behalten konnte.“

„Und trockene Körnerkekse!“


Rief Cloé dazwischen. Noa verdrehte die Augen. Die Körnerkekse hatte sie schon fast verdrängt. Die hatte es früher immer gegeben, wenn einer von ihnen krank gewesen war. Es war das Schlimmste gewesen, was sie sich als Kind hatte vorstellen können.

“Jedenfalls hat Noa, völlig untypisch für sie, die ganze Zeit über genörgelt.“

Fuhr Leandro fort und nahm gerne das allgemeine Gelächter in Empfang, das auf diese Bemerkung hin als Reaktion kam.

“Sie wollte fette Sahnesuppe und was es sonst noch gab, wie alle anderen auch.“

Am anderen Ende des Tischs machte Matteo Cortina ein nachdenkliches Gesicht.

“Hat sie nicht sogar heimlich von Cloés Teller gegessen?“

Glaubte er sich zu erinnern. Cloé brach in Lachen aus.

“Ja, hat sie! Und Mama hat total mit ihr geschimpft, als sie sie dabei erwischt hat. Sie hat gesagt, Noa könnte ihren Dreck selbst aufwischen, wenn sie sich noch mal übergeben müsste!“

“Stimmt. Das war voll gemein.“

Erinnerte sich Noa.

“Auch wenn sie die Drohung am Ende nicht in die Tat umgesetzt hat. Nachdem Cloé nämlich auch noch ihren Nachtisch mit mir geteilt hatte – Schokotrüffel mit Milchfüllung – wurde mir umgehend wieder total schlecht.“

Cloé und Leandro grinsten beide von einem Ohr zum anderen.

“Es war eine Wahnsinns-Sauerei.“ Sagte Cloé. “Einmal quer über den gesammten Esstisch.“

“Wunderbar, genau das passende Tischthema.“

Matteo Cortina schüttelte den Kopf. Ricardo sah seine Tante, die direkt neben ihm saß, stattdessen mit großen Augen an.

“Das hast du gemacht an PAPAS Geburtstag?“

Wollte er wissen. Noa nickte.

“Uh-huh. Und dein Papa war stocksauer, das kannst du mir glauben. Er hat gesagt, er würde mich nie wieder zu seinem Geburtstag einladen.“

“Aber du warst doch auf seinem Geburtstag!“

Wusste Ricardo noch ganz genau und meinte damit natürlich Ramóns Feier im vergangenen Jahr.

“Das stimmt. Er hat zum Glück vergessen, dass er mich nicht mehr dabei haben wollte. Aber pssst, erzähl ihm das nicht, sonst fällt es ihm wieder ein!“

Verschwörerisch schüttelte Ricardo den Kopf. Er würde ganz bestimmt nichts erzählen, behauptete er. Dabei kannte Noa ihn zu gut. Bei der nächsten Gelegenheit, vermutlich schon morgen, würde er seinem Vater auf die Nase binden, was er über Tante Noa erfahren hatte!

“Wie ist es bei Ihnen, Cris, haben Sie Geschwister?“

Brachte Thalia das Gespräch am Tisch in eine etwas andere Richtung. Ah, da waren sie wieder bei den privaten Fragen. Zu dumm nur, dachte Noa, dass sie die Antwort darauf bereits kannte. Sie hatte Sheldon die selbe Frage gestellt, kurz nachdem sie sich kennen gelernt hatten.

“Ich bin immer Einzelkind gewesen, leider, und ich bin immer wieder auf's Neue geplättet von den wilden Geschichten, die man in dieser Familie hier zu hören bekommt.“

Sagte sie. Noa sah Cris an. Er hatte keine Geschwister und wenn doch, dann wusste er nicht von ihnen. Das hatte er ihr bereits erzählt. Angeregt spießte sie Fleisch auf ihre Gabel. Aber vielleicht kamen ja noch ein paar weitere Fragen, deren Antworten sie noch nicht kannte.

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[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cloé, Jesper, Cris

Die diversen Köstlichkeiten wurden herumgereicht und mit der Zeit füllte auch Cris’ Teller immer weiter mit einem Sortiment aus Leckerbissen, die ihm schon das Wasser im Munde zusammenlaufen ließen. Das Gemüse, das Fleisch… und schließlich die Sauce, die ihm Jesper ganz besonders ans Herz legte und die Noa ihm schließlich anreichte. Kurz wölbte Cris beide Augenbrauen, als er der Widerstandskämpferin das Behältnis abnahm – zu Saucen hatten sie beide ein ganz besonderes Verhältnis.

Schließlich hatte er sich, schmunzelnd über die Ungeduld des kleinen Ricardo, ein wenig der zugegebenermaßen wie der Rest des Essens köstlich duftenden Sauce über seine Mahlzeit verteilt und war im Begriff, mit dem Essen anzufangen – Matteo Cortinas Trinkspruch hatte er als offiziellen Startschuss des Gelages verstanden – als Noa plötzlich anfing, von einem Tag zu berichten, an dem sie ähnlich krank gewesen war wie Camilla jetzt. Das kleine Mädchen hatte sich tatsächlich mit ein wenig Brot und einer weiteren, recht geschmacksarm wirkenden Speise zu begnügen, allerdings machte die Zweijährige nicht den Eindruck, als würde sie das sonderlich stören. Jedenfalls weniger als Noa in einer ähnlichen Situation, wie Cris der Geschichte, die sich nun entspann und die Leandro für ihn erläuterte, heraushören konnte. Als sich schließlich herausstellte, dass sie nicht durch ihre Krankheit davon abgehalten worden war, entgegen aller Empfehlungen und elterlichen Anweisungen von den fettigen Speisen zu nehmen und das ganze den zu erwartenden Ausgang genommen hatte, musste Cris für einen Moment wehleidig auf seinen unangetasteten Teller blicken. Wie Noas Vater treffend bemerkte: wirklich das passende Gesprächsthema, wenn man gemeinsam zu Tisch saß. Als Zusatzerkenntnis verbuchte Cris, dass von Noas Mutter ohne irgendwelche Verbitterung gesprochen worden war, die auf einen Streit oder eine Trennung hätte zurückführen können. Also war sie wahrscheinlich wirklich verstorben.

Ricardo war von dieser Glanzleistung seiner Tante auf dem Geburtstag seines Vaters – denn anscheinend war es die Feier des nicht anwesenden Ramón gewesen – indes sehr angetan und entlockte mit seinem kindlichen Erstaunen Cris, der zuvor krampfhaft versucht hatte, sich Noa in der beschriebenen Situation nicht bildlich vorzustellen, ein leichtes Schmunzeln, ebenso wie die Entgegnung Noas, die die Bemerkung des Kleinen nicht einfach überging, sondern spielerisch darauf reagierte.


Diese gute Laune wehrte nicht lange, denn wieder war es Thalia, die Cris eine Frage stellte, die zwar aus ihrer Sicht vermutlich vollkommen harmlos und zweifelsohne nett gemeint war, den ehemaligen Sturmtruppler aber dennoch wieder völlig aus der Bahn war, dien wie auf eine Frage nach etwaigen Kindern konnte er auf die Frage nach seiner Familie – hier nach seinen Geschwistern – kaum so beantworten, wie es den lockeren Gesprächen auf einem fröhlichen Familienessen vermutlich angemessen war. Eins schien ihm offensichtlich: jetzt seine gesamte Hintergrundgeschichte vor den Cortinas auszubreiten würde vermutlich allen den Appetit verderben und die Stimmung empfindlich trüben.

„Nein…“


Cris stockte. Mit einer Lüge, oder einer Aussage, von der er nicht wissen konnte, ob sie der Wahrheit entsprach, kam er auch nicht weiter. Außerdem kannte Noa diesen Teil seiner Geschichte schon, was ihn indes nicht daran hinderte, kurz nach dem Saucenbehälter Ausschau zu halten.

„Das heißt… ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich Geschwister. Wenn, dann kann ich mich nicht an sie erinnern… ebenso wenig wie an meine Eltern.“


Er fühlte sich mehr als unwohl in seiner Haut – so gut wie jedes Augenpaar war vermutlich jetzt auf ihn gerichtet, während er selbst stur auf seinen prächtig angefüllten Teller starrte. Diese Andeutungen schrien geradezu nach Nachfragen – und er hoffte inständig darauf, dass Noa einspringen wurde, sobald er sich Themen näherte, die sie ihre Familie besser nicht – oder noch nicht – wissen lassen wollte. Tatsächlich hatte er keine Ahnung, inwieweit seine Vergangenheit vor dem Geheimdienst unter den Defendern allgemein bekannt war. Pablo jedenfalls hatte anscheinend davon gewusst – doch der saß nicht an diesem Tisch. Und was Noas Kenntnisstand anbelangte, nun, den hatten sie gründlich ausdiskutiert.

„Oder an meine ganze Kindheit, was das betrifft…“, schob er schließlich kleinlaut nach.

„Und was in den Jahren danach passiert ist, ist möglicherweise besser geeignet für… andere Anlässe. Tut mir Leid.“


[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cloé, Jesper, Cris
 
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Schweigen. Keiner am Tisch sagte ein Wort. Sogar Ricardo hatte aufgehört mit den Füßen zu zappeln. Sie hatte gewusst was Cris Sheldon vermutlich auf Thalias Frage antworten würde. Dass er allerdings auch noch nach schob, dass der Rest seiner Geschichte sich nicht zum Erzählen eignete, oder zumindest nicht in der gegenwärtigen Situation, implizierte, dass er Schlimmeres oder gar Grauenvolles erlebt hatte und genau das war es, was alle anderen Anwesenden betreten schweigen ließ. Für ein paar Sekunden lang wusste niemand so recht, wie er reagieren sollte.

“Mama, ich will Saft.“

Die kindliche Unschuld Ricardos gewann als erste wieder die Oberhand und er brach die Stille, die am Tisch herrschte. Noas Blick scannte den Tisch. Es war kein Saft hier, doch sie war zu langsam um die Initiative zu ergreifen. Bevor sie sich anbieten konnte, hatte Leandro bereits seinen Stuhl zurück geschoben.

“Ich geh' schon!“

Bot er sich an, so hilfsbereit wie er sich bisher den ganzen Abend noch nicht gezeigt hatte, jedenfalls was seine Mithilfe in der Küche betraf. Noas Mund blieb geschlossen. Sie hätte auch gerne die Flucht ergriffen, aber es sähe vermutlich komisch aus, Leandro ihre Hilfe anzubieten. So schwer war es nun auch wieder nicht, einem Kind etwas zu Trinken zu holen. Warum hatte Sheldon es nicht bei seiner ersten Aussage belassen können? Es war nichts ungewöhnliches daran, sich nicht an seine Eltern erinnern zu können. Die Galaxis war voll von Waisen! Alles was er erreicht hatte war, dass sich nun jeder insgeheim vorzustellen begann, was er Furchtbares erlebt haben könnte, das er nicht erzählen wollte.

“Tja, ähm...“

Angstrengt suchte Thalia nach einer Erwiderung. Währenddessen trafen sich Noas und Cloés Blicke.

“Uhhh, ähm, tolles Kleid, übrigens, Cloé! Wooooow!“

Schwärmte Noa plötzlich und obwohl ihr Kompliment durchaus mehr als nur ehrlich gemeint war, wirkte ihr Versuch, das Thema zu wechseln, dennoch hölzern. Zustimmung heischend nickte Thalia heftig mit dem Kopf.

“Ja, wirklich! Du siehst umwerfend aus!“

Cloé warf einen triumphierenden Blick in Jespers Richtung.

“Danke!“

Rief sie laut.

“Wisst ihr, gewisse Herrschaften am Tisch meinten, das Kleid wäre lediglich eine schlechte Kopie der Gala-Robe, die ich letztens zur Jahresfeier von Jespers Hotel getragen hatte. Wisst ihr, welche ich meine?“

“Waaas?“

Beinahe schockiert sah Thalia Jesper an. Es war keine Frage, dass Cloé von ihm als demjenigen gesprochen hatte, der ihr Kleid nicht zu würdigen gewusst hatte. Jesper mochte eines ihrer Kleider nicht? Das war natürlich ein Skandal! Noa kramte in ihrem Gedächtnis. Um eine faire Beurteilung auszusprechen wäre es gut gewesen, hätte sie sich daran erinnern könnte, was für ein Kleid ihre Schwester getragen hatte, bei der Jahresfeier von „Jespers Hotel“, was natürlich nicht wirklich sein Hotel war. Er war dort ein ganz normaler Angestellter. Das Dumme war nur: Noa konnte sich nicht daran erinnern. Cloé trug ständig hübsche Kleider! Bei ihr hatte man das Gefühl, dass sie alle zwei Tage sämtliche Läden zwischen ihrer Wohnung und dem Reisebüro leer kaufte. Sei es auf dem Hinweg oder auf dem Rückweg, Cloé hatte garantiert eine schicke Einkaufstüte in der Hand. Wer konnte da noch mithalten und sich jedes ihrer Outfits merken? Nun, Thalia konnte es offensichtlich.

“Du meinst das Kleid mit den Fransen am Saum und den Pailetten auf den durchsichtigen Trägern? Das kann man doch überhaupt nicht mit diesem hier vergleichen.“

Stand sie ihrer Schwägerin bei. Cloé nickte huldvoll.

“Ganz genau, meine Rede.“

Bestätigte sie, wieder einen gewissen Blick in Jespers Richtung abgebend. Der arme Kerl hatte sich zurück gelehnt, grinste und schüttelte nur den Kopf. In Cloés Augen konnte Noa jedoch ebenfalls einen belustigten Ausdruck erkennen. Dies war keinesfalls eine ernsthafte Debatte. Wenn die beiden heute Abend nach Hause kamen, würde sich Cloé aller Wahrscheinlichkeit nachausgiebig bei Jesper dafür bedanken, dass er zum Wohle eines Themenwechsels als Punching Bag her gehalten hatte. Unwillkürlich stahl sich auf Noas Gesicht ein Grinsen. Kein Grund, Jesper beizustehen. Er würde zehnfach belohnt werden, ganz sicher. Trotzdem war es ganz gut, dass Leandro aus der Küche zurück kam und Ricardo den versprochenen Saft brachte, denn das sorgte abermals für Ablenkung.

“Noa, rat mal was ich im Kühlschrank gefunden hab.“

Forderte er seine jüngste Schwester auf, während er die Saftflasche an Thalia weiter reichte, die ihrem Sohn daraufhin ein Glas eingoss. Cloé fuhr auf als hätte sie ein giftiges Insekt gestochen.

“Leandro!“

Mahnte sie laut, ihrem hühenhaften Bruder einen eindringlichend Blick zuwerfend. Noa schaltete sofort. Leandro hatte was Tolles entdeckt, Cloé wollte nicht, dass er es verriet und Gegenstand der Diskussion war die Kühleinheit in der Küche. Niemand musste Mathematik studiert haben, um hier eins und eins zusammen zu zählen: Cloé hatte einen wahnsinns Nachtisch vorbereitet und wenn Leandro schon so fragte, dann war es vermutlich etwas besonders Leckeres, das Noa gerne aß. Die Augen der Journalistin begannen zu leuchten.

“Marzipankringel in Vanillesauce?“

Fragte sie und konnte bereits an Leandros Grinsen erkennen, dass sie voll ins Schwarze getroffen hatte. Cloé verdrehte die Augen.

“Dafür kannst du gleich ganz alleine aufräumen.“

Drohte sie in Richtung ihres Bruders, der ihre Überraschung verraten hatte. Noa hingegen begann unruhig auf ihrem Stuhl hin und her zu wippeln – ein schlechtes Vorbild für Ricardo, der es ihr natürlich sofort gleich tat.

“Jetzt hast du's geschafft.“

Kommentierte Jesper gutmütig seine plötzlich voller Vorfreude steckende Tischnachbarin an Leandro gewandt.

“Die hält doch so lange nicht mehr ruhig, bis wir sie mit ihrem Marzipan ruhig stellen. Noa, hast du eigentlich schon mal sowas wie eine Marzipan-Überdosis gehabt? Matteo, gibt es so was?“

“Marzipan-Überdosis? Sowas gibt’s in meinem Wortschatz nicht.“

Antwortete Noa, die sich auf einmal sehr viel Mühe gab, ihren Teller so schnell wie möglich leer zu bekommen. Das hier war zwar kein Wettlauf, aber je schneller der Hauptgang beendet war, desto schneller kam auch der Nachtisch an die Reihe. Ihr Vater legte Messer und Gabel zur Seite.

“Sagen wir so, zumindest die Inhaltsstoffe von Marzipan sind nicht alle ganz unbedenklich.“

Erklärte er und tupfte sich, da er tatsächlich bereits fertig mit dem Essen war, den Mund mit seiner Serviette ab.

“Unbehandelte Bittermandeln beinhalten Blausäure und die ist in der Tag giftig, jedenfalls für den menschlichen Körper.“

“Oh. Das heißt?“

Noas Gesicht war auf einmal gar nicht mehr so froh, doch ihr Vater lachte.

“Für dich gar nichts. Stell einfach kein Marzipan selbst her, dann bist du sicher.“

“Achsoo, na auf die Idee wäre ich sowieso nicht gekommen.“

Antwortete sie und wagte endlich einmal wieder einen Blick auf ihr Gegenüber. Cris Sheldon war immernoch da, auch wenn sie ihn ein paar Minuten lang versucht hatte nicht zu beachten, um die allgemeine Stimmung wieder anzutreiben. Das war zum Glück ganz gut gelungen.

“Hey, Sheldon, spielen Sie eigentlich Sabacc?“

Wollte Noa wissen. Man dachte ja zukunftsorientiert, auch wenn sie ihren Nachtisch ausgiebig genießen würde.

“Wir könnten nach dem Essen ein paar Partien spielen. Leandro, bist du dabei?“

Ihr Bruder, noch immer fleißig dabei sich Fleisch und Gemüse gleichzeitig rein zu schieben, nickte mit vollen Backen.

“Gegen dich immer.“

Bestätigte er seine Teilnahme. Noa streckte ihm die Zunge raus. Sie verlor meistens, wenn sie zusammen spielten. Pech war sozusagen ihr zweiter Vorname.

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[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cloé, Jesper, Cris

Im nun ob seines konversationstaktisch doch recht unklugen Richtungswechsel im Gespräch unweigerlich einsetzenden, peinlichen Stille bemühte sich Cris darum, ausschließlich auf seinen Teller fixiert zu bleiben und für die nächsten Minuten praktisch unsichtbar zu werden. Den letzten, nachgeschobenen Satz hätte er sich wirklich sparen können, schloss er doch jedwede höfliche Nachfrage von vornherein aus und machte im Grunde jede Erwiderung unmöglich. Manchmal schien es wirklich einfacher, ein Straßengefecht unbeschadet zu überleben, als die Fettnäpfchen zu umschiffen, die derartige soziale Ereignisse wie dieses Familienessen in überwältigender Anzahl anboten.

Daher war er auch recht dankbar dafür, dass erst der kleine Ricardo mit kindlichem Eifer die Stille durchbrach und sich schließlich Noa dazu durchringen konnte, ihre Schwester in eine Unterhaltung bezüglich ihres Kleides – ein Thema, das harmlos genug war – zu verwickeln, während Leandro sich neben Cris erhob, um den Wünschen seines Neffen zu entsprechen. Der eigentliche Inhalt des sich nun entwickelnden Gespräches interessierte Cris dann auch nicht wirklich – was spielte es schon für eine Rolle, ob jemand – zum Beispiel Cloé – zu irgendeinem Anlass die selbe Kleidung trug wie zu einem anderen Anlass? Sich stets neu einzukleiden, bevor die bereits vorhandenen Kleidungsstücke einen gewissen Abnutzungsgrad erreicht hatten, machten – zumindest aus einer ökonomischen und militärische Effizienz betreffenden Perspektive – keinen Sinn. Nun – zugegebenermaßen bestand zwischen den gesellschaftlichen Zwängen der Mittel- und Oberschicht der meisten „zivilisierten“ Planeten und dem Alltagsleben eines Soldaten, egal in welcher Armee, auch ein himmelweiter Unterschied. Cris war dennoch der Meinung, dass es nicht schlimm war, wenn ein gelungenes Outfit öfters getragen wurde. Noa konnte ihres beispielsweise gerne jeden Tag tragen. Das war auch nicht so kompliziert wie das Kleid ihrer Schwester, dessen Unterschiede zu jenem anderen Kleid diese nun mit Thalia ausdiskutierte, ohne dass einer der benutzten Begriffe sonderlichen Sinn für Cris machen wollte. Fransen, Saum, Pailetten… Cris Sheldons Welt bestand aus Abzügen, Läufen, Griffen, Energiezellen und Blastergaskartuschen.

Das Thema änderte sich wieder durch Leandros Rückkehr aus der Küche mit dem von Ricardo so vehement gefordertem Saft, als dieser augenscheinlich auf eine kleine Überraschung anspielte, deren Enthüllung Cloé allem Anschein nach verhindern wollte – vergebens. Noas Auffassungsgabe hatte schnell entschlüsselt, dass ihre Schwester einen offenbar beliebten Nachtisch vorbereitet hatte, wodurch sich Cris die Information offenbarte, dass Noa für Marzipan – eine Zubereitungsform bestimmter in ausgewählten Regionen der Galaxis verfügbarer Steinfrüchte – schwärmte. Daran konnte wohl auch der Vortrag ihres in naturwissenschaftlichen Fragen anscheinend sehr bewanderten Vaters nichts ändern, der auf die leicht erkennbare Gier seiner Tochter nach dieser Süßigkeit den Entstehungsprozess selbiger sezierte und dabei die potentielle Giftigkeit eines der Inhaltsstoffe nicht verschwieg. Diesen Wendepunkt des Gesprächs schien die Widerstandskämpferin indes zum Anlass zu nehmen, Cris mit einem erneuten Versuch wieder aktiv einzubinden – und dieses Mal konnte er erleichtert feststellen, dass ihm eine Antwort leichter fallen würde. Er hatte zwar nie gerne Sabacc gespielt – doch war er nicht um die ein oder andere Runde herumgekommen, weswegen er sich einigermaßen mit dem Kartenspiel auskannte.


„Durchaus“, beschönigte er daher die tatsächliche Lage in seiner Antwort etwas.

„Es gibt doch nichts Besseres, um eine langweilige Hyperraumreise zu überbrücken, als ein paar gepflegte Runden Sabacc… besonders, wenn der Pilot einen Hang zu jeder Form von Glücksspiel hat.“

Oh ja, Selby war es gewesen, der Cris wieder und wieder an den Sabacctisch gezerrt hatte – allerdings nie um größere Geldbeträge – und der den ehemaligen Sturmtruppler regelmäßig hatte alt aussehen lassen. Zwar meinte Cris, dass man ihm schwer ansehen konnte, wie gut sein Blatt wirklich war, doch reichte das nicht, um die erstaunliche Fähigkeit des Piloten auszustechen, jederzeit zu errechnen, wie wahrscheinlich welche Kombination war. Hinzu kam, dass Selby selbst ebenfalls ein höchst undurchdringliches Gesicht aufsetzen konnte, sobald er mit den Karten in Berührung kam.

„Ich muss Sie allerdings warnen…“, fügte Cris schließlich hinzu, in der Hoffnung, die Stimmung durch ein wenig harmlose Angeberei noch ein wenig aufzuheitern.

„Ich habe bei jemandem gelernt, der durchaus in der Lage wäre, seinen Lebensunterhalt nur durch Sabacc-Runden zu bestreiten. Er hat mich regelmäßig geschlagen… aber den ein oder anderen Kniff dürfte ich mittlerweile draufhaben.“

Mit neu gewonnenem Appetit spießte er die letzte Scheibe Fleisch auf seinem Teller auf und verspeiste sie genüsslich. Ein weiterer Fauxpas wie die Erwähnung der Umstände seiner fehlenden Erinnerung an seine Eltern würde ihm jedenfalls nicht unterlaufen.

[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cloé, Jesper, Cris
 
** Com Nachricht an Mara Selaren **

Hallo Mara!

Es tut mir sehr leid wegen der verloren Nachricht. Ich bin gerade eben erst von einer Mission zurück gekehrt und kann nur vermuten, dass die Nachricht verloren gegangen ist, weil ich eine Weile lang nicht erreichbar war. Bitte sei versichert, dass ich jeden Tag an dich und auch Vorin gedacht habe. Ich danke der Macht, dass ihr Beiden euch wieder gefunden habt und ich freue mich auf den Tag, wenn sich unsere Wege wieder kreuzen.
Die Last, die deine Gabe auf deine Schultern läd, ist sehr groß und ich erinnere mich noch sehr genau daran dass du mich gewarnt hast. Ich habe diese Warnung auch weiter gegeben aber ohne konkrete Informationen können wir wenig tun außer vorsichtig zu sein. Doch das weißt du selbst.
Ach Mara, könnte ich doch einiges der Last von deinen Schultern nehmen und für dich tragen, ich würde es tun.
Den Tod eines Freundes mit zu erleben, ist, egal auf welche Art es geschieht, so unendlich schlimm. Ich fühle mit dir und ich trauere um Tom.
Aber Mara, verzweifele nicht. Ich bin mir sicher, auch wenn du es im Moment nicht siehst, du kommst voran! Manches mal sind es nur sehr kleine Schritte, die wir machen und doch bewegen wir uns vorwärts. Ich kenne dich und deine kritische Art, dir selbst gegenüber. In Anderen siehst du die Stärken und das Positive. Doch gegen dich selbst bist du ungleich strenger. Aber las mich dir sagen, „Du schaffst alles“! Und du bist nicht allein! Du hast Vorin. Und selbst wenn ich nicht bei euch sein kann, auch mich. Meine Gedanken sind immer bei dir!

Du kannst mir immer schreiben. Ich freue mich über jede Nachricht von dir und sollte wieder einmal keine Reaktion erfolgen, sei versichert dies geschieht nicht weil ich nicht antworten will!

Möge die Macht mit dir sein und uns ein baldiges Wiedersehen gewähren.

Jo

** Com Nachricht Ende **
 
:: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Schwarzmarkt :: Umschlagplatz :: Chad Whyte, Porro & Apus Soleda - dubiose Kerle ::


Chad fluchte lautstark, als Absplitterungen des Tresens und der Einbauregale auf ihn niederprasselten. Nicht nur, dass Junior ihn quasi von den Beinen geholt hatte, nein, er hatte nicht einmal ein freies Schussfeld, geschweige denn die Möglichkeit, einen Schuss abzufeuern. Sein Blick aus stahlblauen Augen wanderte von Apus zu Yuma, die sich auf dem Boden zusammen gekauert hatte, die Arme schützend über ihren Kopf.

“Verdammt. Gibt es da vielleicht die eine oder andere Kleinigkeit, die Du vergessen hast zu erwähnen, Kleiner?”

Grollte der Kopfgeldjäger und sein Blick bohrte sich in den von dem jungen Mann. Dann greift er unter seinen Mantel und holt den KYD-21 Blaster aus dem Achselholster, überprüft die Waffe schnell und drückt sie Junior in die Hand.

“Ich hoffe Du kannst damit umgehen. Auf mein Zeichen bringst Du Yuma hier raus.”

Deutet auf die Hintertür und ohne eine Bestätigung Apus abwartend, veränderte Chad seine Position minimal, so das immer mal wieder kurz über die Kante des Tresens spähen konnte. Doch nie lange genug, um den möchtegern Kopfgeldjäger ein Ziel zu geben, oder selbst einen Schuss abgeben zu können. Er lehnte sich kauernd mit der linken Schulter von innen an die Wand des Tresens und seine Gedanken rasten. Fieberhaft überlegte er, wie er sie alle hier rausbringen konnte. Seine Augen huschten von einem zum anderen, schätzte die Entfernung zur Hintertür ab. Auf einmal runzelte er leicht die Stirn und richtet sich an Apus und Yuma mit der Frage: “Wo ist Porro?”

Doch bevor einer der Beiden eine Antwort geben konnten, erklang hinter dem Kopfgeldjäger die bekannte Stimme des Bettlers:
"He, ihr Hutt'nschänd'r ... habt ihr niemals 'n anständig'n Beruf erlernt, dass ihr ehrbare Händl'r beschiess'n müsst? Euch sollt' ich mal Beine mach'n!"

Chad drehte sich in diese Richtung, aus der Porros Stimme kam, und musste breit grinsen. Die verlotterte Gestalt steckte hinter dem Stand des Droiden-Verkäufers und er reckte gerade seinen Kopf zwischen der Ware hervor. Es sah so aus, als ob er seinen Worten mit wilder Gestik noch unterstreichen wollte. Weiterhin mit dem Grinsen auf den Lippen spähte Whyte über den Rand des Tresens zu den beiden Angreifern, die ihre Aufmerksamkeit nun auf Porro richtete. Das war genau das kleine Zeitfenster, das der ehemalige CSF-Beamte brauchte, um zu reagieren. Noch währen der aus der Deckung emporschnellte, hatte er bereits den modifizierter DL-44 Blaster im Anschlag, zielte und drückte den Abzug durch. Die Waffe gab ein zischendes Geräusch von sich und Sekunden später traf der Blasterbolzen die Schulter des Nautolaner. Der zweite Schuss folgte binnen Wimpernschläge und traf das Alien in die Brust. Dieser taumelte zurück und landete, rücklings in den Faltregalen und bliebt dort mit ausgebreiteten Armen bewegungslos liegen.

“LAUFT.”

Schrie er zu Apus und Yuma und trieb die beiden förmlich hinter dem Tresen hervor und auf den Hintereingang zu. Dabei bildete der Kopfgeldjäger das Schlusslicht und gab mehrere Salven ab in Richtung des Menschen. Dieser warf sich hinter einer der Kisten in Deckung. Kurz bevor Chad die Tür erreichen konnte, durch die Junior und Yuma verschwunden waren, hagelte es mehrere Blastersalven auf den braunhaarigen Mann nieder, die aus der Richtung dieser Kisten kam. Chad brachte sich mit einem Hechtsprung durch die offene Tür, die zum Treppenhaus führt, in Sicherheit, zeitgleich gab er selbst einige Salven an Blasterbolzen in diese Richtung ab. Ein Schmerzensschrei deutete darauf hin, dass einer dieser Bolzen sein Ziel getroffen hatte.

Chad rollte sich ab, landete auf einem Knie und hielt die Mündung der Waffe in das Innere des Restaurants. Alles geschah in einer fließenden Bewegung. Langsam erhob sich der Mann, nicht ohne den Innenraum und die in Mitleidenschaft gezogenen Transportkisten aus den Augen zu lassen, wo man dahinter leises Gewimmer vernehmen konnte. Dann drehte er sich um und rannte den beiden jungen Menschen nach, deren Schritte durch das ganze Treppenhaus hallten.


:: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Schwarzmarkt :: Treppenhaus Hintertür:: Chad Whyte, Apus Soleda, Yuma (NPC) - dubiose Kerle ::
 
Eine Waffe in der Hand

:: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Schwarzmarkt :: Umschlagplatz || Porro - Chad Whyte - Apus Soleda - Yuma ::

Apus hatte bei Weitem nicht die abgebrühte Ruhe eines versehrten Kopfgeldjägers oder eines ehemaligen Sergeant der CSF. Als der Schusswechsel über die Theke hinweg losbrach, lag er derangiert und kopfüber vor Chad und starrte den auch hilfesuchend an. Irgendwas hatte Chad gerufen, gefragt, durch die Zähne gebissen. Soviel konnte Apus ausmachen. Es klang wie:

„...die eine oder andere Kleinigkeit, die Du vergessen hast zu erwähnen, Kleiner?”

Das hatte Chad gerufen. Apus blinzelte und rappelte sich ängstlich auf. Was schwierig war, wenn man halb bäuchlings auf dem eigenen Mantel lag. Und grade als er einen klaren Gedanken fassen wollte, drückte Chad Whyte ihm eine Waffe in die Hand. Nicht irgendeine, sondern die Waffe.

Chad
Chad reicht
Chad reicht die Waffe
Chad reicht die Waffe zur Flucht
Chad reicht die Waffe zur Flucht gerichtet
Gerichtet reicht die Flucht Chad zur Waffe
Die Flucht reicht Chad gerichtet zur Waffe
Die Waffe gerichtet zur Flucht reicht Chad
Waffe die gerichtet reicht Chad zur Flucht
Waffe zur-richtet ge-reicht Chad die Flucht
Waffe die zurichtet reicht Chad geflucht
Waffe zurichtet Chad reicht die Flucht
Waffe die richtet reicht flucht Chad
Waffe richtet Chad flucht
Waffe richtet Chad
Waffe richtet Chad
Waffe richtet
Chad​
In einer Sekunde, die sehr lange für Apus dauerte, war alles ruhig. Die Welt blieb stehen. Dann sah Apus wieder ganz klar, was ihm vorhin zu rasch entglitten war. Dieser erste Blick auf die Waffe des Kopfgeldjägers, als er auf Porro und Apus zukam. Er hatte eine Vision gehabt! Wie er die Waffe in den Händen hielt und auf... Chad Whyte richtete. Um zu feuern.

„LAUFT.“, schrieh Chad Whyte.

Apus' Mund war trocken. Er erwachte aus dem Augenblick der Abwesenheit und schüttelte den Kopf. Er musste gradezu lächerlich wirken. Als habe er noch nie eine Waffe in der Hand gehabt. Nun, er hatte es bisher nur sehr selten. Meistens ein Messer, Elektroschlagstock oder eine Eisenstange. Eine Blasterwaffe hatte er noch nie auf eine Person abgefeuert. Umso ergreifender war es, dieses Gefühl tief in sich gespürt zu haben, und wie es nun weiter nachallte: Chad Whyte am Boden. Blutend. Erschossen. Das Grinsen seines Gesichts im Schmerz eingefroren. Ein letztes Einatmen. - Was war heute nur los?!

„Das bin doch nicht ich?!“,

schrieh es in Apus, und er rief es auch unbewusst wirklich laut aus. Er musste sich abmühen die letzten Sekunden klar zu ordnen. Was war geschehen? - Die Tänzerin? Er hatte sie an der Hand. Nein, er erdrückte ihre Hand förmlich, dass sie mit schmerzverzerrtem Gesicht hinter Apus herstolperte. Beide mussten eben grade aus der Deckung hinter der Theke losgerannt sein. Rauchende Löcher in den Wänden neben Yuma und Apus verrieten, dass man allgemein irgendwie das Feuer eröffnet hatte. Irgendwer. Nein, Moment. Der Nautolaner war am Boden. Der Mensch mit dem braunen Mantel in Deckung gesprungen. Langsam fügte sich wieder alles. Chad Whyte hatte souverän die Kontrolle übernommen, Unbeteiligte waren geflohen. Chad hatte Deckung gefeuert. Und von hinten trieb er – Chad Whyte der Hochmütige – Apus und Yuma nun zur größten Eile an. Zur größten Eile. Apus stolperte über seinen eigenen Mantel im geduckten Rennen und musste im vollen Lauf schmerzhaft auf ein Knieh runtersinken. Yuma, die aufreizende Tänzerin, die er an der Hand mit sich führte, stolperte ebenfalls in ihn rein. Doch der allgemeinen Vorwärstbewegung machte das unter dem Strich keinen Abbruch. Die Sache war heikel, es ging um das Leben. Apus war wieder in der Realität angekommen und hatte den kurzen Ausflug seines Bewusstseins scheinbar überlebt. Das war ein Wunder gewesen. Ein Wunder der Göttin? Zynisch.

„Ja doch! Ja doch! Wo ist Porro!? Lassen wir den hier?“,

rief Apus mit heller, aufgeregter Stimme zu Chad zurück, während er durch den kleineren Hinterausgang stolperte, den Chad als Fluchtweg auserkoren hatte. Es war nicht der Treppenaufgang, den Apus ursprünglich mit Porro gekommen war. Er befand sich also auf unbekanntem Terrain.

Apus glaubte eine Antwort von Chad zu hören, was Porro anging, doch er war sich nicht sicher. Es wurde geschossen und Wiederhall entstellte die Worte. Er lief einfach weiter. Der Fluchtweg war ein enger Treppenwendel, der ungefähr acht Windungen nach oben führte. Yuma keuchte hinterher und von unten war es bald ruhiger geworden. Füße folgten, doch Apus glaubte, dass es Chad sein musste. Jedenfalls klang es folgend, aber nicht verfolgend. Den Weg nach oben rasten die Gedanken wohl ebenso schnell wie die Füße.

'Das war nicht die Zukunft', jauchzte Apus innerlich. 'Es war nicht die Zukunft. Ich hab nicht auf diesen Chad geschossen, sondern auf die anderen!' Eine innere Wärme ergriff ihn, wie jemanden der grade begreift, dass ein großer, selbstverschuldeter Fehler doch keinen Schaden über die gebracht hat, die einem nahe stehen. Nicht, dass Chad und Apus sich nahe gestanden hätten. Aber das Gefühl war ebenso herzlich. Diese dunkle Vorahnung war nur eine falsche Fährte gewesen. Ein Trugbild. Die Wirklichkeit hatte beiden das Leben gerettet und nicht etwa Chad das seinige gekostet. Apus atmete erleichtert aus. Aus tiefstem Herzen. Denn was immer grad in diesen seltsamen Sekunden der Abwesenheit geschehen war, war zwar zutiefst beunruhigend aber nicht so schrecklich wie befürchtet. Was war heute nur los?

'Das bin doch nicht ich gewesen?', dachte Apus zum zweiten Mal. Diesmal im Stillen.

Wahrscheinlich rannte der leichtfüßige Vahla in seinem verwirrten Schrecken schneller als Chad. Und Chad dafür wesentlich kontrollierter. Auf halbem Weg nach oben, musste Apus trocken lachen. Er hatte grade eine Tänzerin aus einer zerschossenen Bar gerettet, wenn man es nüchtern resümierte. Das war absurd. Er hasste es Menschen anzufassen, meistens. Und jetzt krallte er sich an sie, wie der flüchtende Dieb an seine Beute. Als sei sie das Raubgut des Tages. Da bemerkte er auch, dass Yuma vielmehr an ihm zerrte.

„Langsamer, du Spinner! Hey!“,

Die Frau setzte sich durch. Apus wurde langsamer.

„Was?“,

antwortete er fahrig und wendete sich der hübschen, aber abgehetzten Frau zu. In der rechten Hand immer noch der Blaster. Hatte er eigentlich überhaupt einen einzigen Schuss abgegeben bisher?

„Warte auf Chad und auf Porro!“, keuchte sie knapp. „Und lass meine Hand los! Du reisst sie mir ab!“

Peinlich berührt schoss dem jungen Mann Blut in das Gesicht und er nickte als er sie los ließ. Sein Herz raste immer noch. Und seine Gedanken ebenfalls.

„Ja. Lass sie aufschließen. Ich sichere den Aufgang.“

Apus hob Chads Blaster an und machte sich auf, die letzten paar Schritt zum Ausgang der Wendeltreppe zu überbrücken. Energisch durchschritt er den engen Türrahmen der ins Freie der unteren Ebenen führte. Es war eine geräumige Seitengasse. Heftiger Wind ergriff seinen anthrazitfarbenen Mantel und zerrüttete sein schwarzes Haar, denn direkt zur Linken, kaum einen Meter entfernt, waren die Öffnungen haushoher Lüfungsanlagen, die hunderte, tausende Kubikmeter Luft in der Minute durch die engen Schutzgitter brüllten. Diese Seitenstraße musste der Zirkulation dienen.

War der Treppenaufgang eben noch hell und weiss gewesen, war es in der Straße nun plötzlich dunkel. Voraus, unter dem fahlen Licht viel zu hoch montierter Neonlichter, konnte man die Umrisse eines parkenden Gleiters neben einer mobilen Müllpresse ausmachen. Irgendetwas blinkte bläulich aus dem Gleiter heraus. Apus stoppte jedoch in der Erkundung jäh, als von der rechten Seite her eine unbemerkte, kräftige Faust den hageren Mann hart am Wangenknochen traf. Apus stöhnte und schmetterte gegen die Gitterwand, hinter der die Lüftungsturbinen laut rotierten. Der Kopf schlug hart an. Ein Schuss löste sich aus Chads Blaster in Apus' Hand. Doch wohin ging er? Dann wurde es dunkel für einen Moment. Es war diesmal keine Dunkelheit des Herzens oder des Bewusstseins. Es war diesmal unkomplizierter. Er sackte an dem Gitter zu Boden und hörte noch den gellenden, alarmierenden Ruf einer hübschen Tänzerin, die er grade gerettet hatte.

:: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: Seitenstraße mit Umwälzanlage || Porro - Chad Whyte - Apus Soleda - Yuma - unbekannte(r) Angreifer ::
 
[Coruscant - hoher Orbit – ISD II Indomitable – Haupthangar] Begrüßungskomitee, Lieutenant Commander Vanessa Jinx und Vice Admiral Elysa Nerethin

Selbstsichere Schritte führten Elysa die Landerampe der Lambda-Fähre hinunter, zu dem Empfangskomitee, welches Commander Rhailen Vask – einem der Stabsoffiziere Sharpers – beinhaltete. Der Admiral hatte den Traditionen der imperialen Flotte folgend auch ein Ehrenspalier antreten lassen. Auch wenn die Corellianerin nicht beleidigt gewesen wäre, wenn er darauf verzichtet hätte, schmeichelte es ihr dennoch ein wenig. Von Sharper, war es ein Zeichen, dass er ihren Rang, ihre Person und ihre Bedeutung durchaus ernst nahm und sie respektierte. Dem Protokoll folgend salutierten die versammelten Offiziere und verharrten in dieser Haltung, bis die stellvertretende Flottenkommandantin die gegenseitige Ehrenbezeichnung erwiderte.

„Bitte um Erlaubnis an Bord kommen zu dürfen.“

Die Aussage war rein fürs Protokoll, aber somit wurde es natürlich erwartet. Die imperiale Flotte liebte es ihre Traditionen ausleben zu können.

„Erlaubnis erteilt, Admiral.“

Mit diesen Worten, war der den Traditionen genügend folge getan man geleitete Elysa und die sie begleitende Lieutenant Commander zügig zum Flottenkommandanten der ersten Gefechtsflotte. Mit einem Seitenblick bedachte die Corellianerin die sie begleitende Offizierin. Vanessa Jinx hatte ursprünglich der Brückenbesatzung der Avenger angehört, sich jedoch im Laufe des letzten Jahres immer wieder für ein größeres Maß an Verantwortung empfohlen, so dass Line Captain Benedict Shepard sie ihr im Vertrauen empfohlen hatte. Vor der Entscheidung sie in ihren Stab aufzunehmen, hatten die beiden Frauen ein langes Gespräch geführt. Als Lieutenant Commander mit den entsprechenden Empfehlungen standen einem in der Flotte viele Tore offen, darunter auch die als Kommandant einer Korvette oder gegebenenfalls auch einer Fregatte. Selbst der Befehl über eine Eskorte war ein großes Privileg und eine Errungenschaft auf die ein jeder Offizier stolz sein konnte. Vanessa Jinx Beurteilungen durch zuvor Line Captain Soran und nun durch Line Captain Shepard waren gut genug, den Sprung zur Schiffskommandantin, oder zumindest zur ersten Offizierin zu schaffen, aber sie wollte auf der Avenger bleiben.

Die entsprechenden Aufgaben und Positionen waren auf dem Sternenzerstörer natürlich vergeben, im Admiralsstab war jedoch zuvor durch eine Beförderung und Versetzung ein Posten freigeworden. Vanessa Jinx hatte keine Angst davor – respektvoll - Kritik anzu – oder Vorschläge einzubringen. Ein Umstand, der einem als Frau in der imperialen Flotte dennoch leicht Probleme bereiten kann und der Offizierin in der Vergangenheit – auf anderen Schiffen – auch tat. Dennoch war dies, kombiniert mit ihren ausgezeichneten Bewertungen im taktischen Bereich eine Empfehlung für den Posten des Taktikoffiziers in Elysas Stab. Ein Posten, den die Lieutenant Commander bereits auf der Fregatte Intrepid innehatte. Seit einigen Wochen arbeitete sie sich in ihre neuen Aufgaben, diesmal jedoch auf Geschwaderebene ein und was Elysa bisher von Vanessa Jinx gesehen hatte, war das Vertrauen was Shepard in die Offizierin setzte durchaus gerechtfertigt.

Dennoch blieb im Unklaren, weshalb Shepards zweite Nachricht darin bestanden hatte, dass die stellvertretende Kommandantin der ersten Gefechtflotte ihre Offizierin für taktische Operationen mitbringen sollte. Bis zu jener Nachricht hatte Elysa angenommen, dass sie ihrem Vorgesetzten offiziell die Verantwortung für die Verteidigung Coruscants übergeben würde und ihn über die aktuelle Situation und Besonderheiten in seiner Abwesenheit zu informieren. Nun, sie würde es gleich herausfinden.

Der Besprechungssaal war ernüchternd schlicht eingerichtet, ein kreisrunder, geräumiger Tisch für zwölf Personen, jeder dieser Plätze verfügte über ein entsprechendes Terminal, Anschlüsse für Datapads und Kontrollen um den Holoprojektor in der Mitte des Tisches zu verwenden. Im Saal befand sich soweit nur Admiral Sharper, und es hatte auch den Anschein, als würde Commander Vask bleiben. Für gewöhnlich waren große Teile von Sharpers Stab bei Besprechungen auf Kommandoebene anwesend, was für Elysa ein weiteres Signal war, dass dieses Treffen mehr beinhalten sollte, als eine bloße Meldung und Übergabe des Kommandos.


[Coruscant - hoher Orbit – ISD II Indomitable – Besprechungssaal Bastion] Admiral Jonathan Sharper, Commander Rhailen Vask, Lieutenant Commander Vanessa Jinx und Vice Admiral Elysa Nerethin
 
:: Coruscant-System :: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Schwarzmarkt :: Porro & Apus Soleda & Chad Whyte - dazu Pöbel & Gesocks ::


Chad Whyte reagierte so, wie Porro gehofft hatte. Kaum waren die Angreifer durch die stinkende, schäbige Gestalt des einarmigen Bettlers abgelenkt worden, kam der Mensch hinter der Deckung hoch und bestrich die Ehrlosen mit tödlichem Blasterfeuer. Vor allem der Nautolaner wurde zu nicht mehr als einem Haufen biologischer Masse zerschossen. Der dreiäugige Gran empfand keinerlei Mitleid für diesen Schurken. Wie auch, nutzte er doch die gewonnene Zeit, um seinen eigenen Körper in Sicherheit zu schaffen. Mit wehenden, muffigen Lumpen warf sich der ehemalige Schrecken des Outer Rim über die Reste eines Standes. Des Standes, an dem zuvor noch Droiden und deren Zubehör verkauft worden. Krachend und scheppernd schlug Porro in ein Sammelsurium aus Blechteilen, eisernen Droidenköpfen und diverse Anbausegmenten. Sofort realisierte der Gran, dass sein alter Leib an mindestens drei Dutzend Stellen schmerzte. Keuchend wagte der Stieläugige einen raschen Blick der ihm verriet, dass der verbliebene Angreifer den anderen beiden nachsetzte. Mit einem trockenen Husten ließ sich der versehrte Bettler und Kontaktgeber erschöpft in den Schrott sinken. Hier und da stach ein besonders hartnäckiges Teil durch seine vielschichtige Kleidung und bohrte sich empfindlich schmerzhaft in die Haut. Dann vernahm der Gran weiteres Blasterfeuer. Sofort schnellte er - im Rahmen seiner Möglichkeiten - hoch. Seine verbliebene Linke stützte sich dabei auf die verbogenen Reste eines metallischen Adapters: Ein gut zwanzig Zentimeter langer, am Ende spitz zulaufender Gegenstand. Eine praktische improvisierte Waffe.

Mit einem metallischen Knirschen erhob sich der einstige Pirat gänzlich und blickte sich um. Porro war in diesen Gefilden mehr als bewandert. Er kannte die unteren Ebenen wie seine unendlich tief erscheinenden Manteltaschen. Trotz seiner drei Augen konnte er sich gerade hier fast blind bewegen. Den schrottreifen Adapter in der Linken haltend, schlich der Bettler zwischen zwei weiteren Ständen des Schwarzmarktes hindurch. Fast geisterhaft glitt er nur Augenblicke später durch einen zerfressenen, staubigen und vielfach geflickten Wandvorhang, dessen ursprüngliche Farbe schlichtweg nicht mehr zu ermitteln war.

Hinter dem Vorhang befand sich - den meisten unbekannt - eine weitere Tür. Porro betätigte in Windeseile den elektronischen Öffner. Mit einem Zischen glitt die stählerne Absperrung zur Seite und der Gran schlüpfte mit ungekannter Eleganz hindurch. Seine nackten Füße klatschten auf vielfach fleckigen und verdreckten Beton, als er durch einen dunklen Gang hastete, der steil hinauf führte. Immerhin zählte er Apus zu seinem Schutzbefohlenen, auch wenn der junge Bursche in guten Händen war. Der Ruf von Chad Whyte sprach für sich. Und dennoch galten in den unteren Ebenen bisweilen eigene Gesetze. Hier war niemand vor Schrecken und Gefahren gefeit. Niemand. Auch deshalb kam das Imperium selten einmal hier herunter. Hier unten konnte man mehr verlieren, als gewinnen. Coruscant mochte aus dem Weltraum glitzern und schillern wie der Corusca-Edelstein, je tiefer man kam, desto mehr glich die zentralste Welt der Galaxie einer stinkenden Müllhalde.

Das Hall seiner regelmäßig auftreffenden Füße beschrieb detailliert, welche Eile den Gran antrieb. Seiner Erinnerung getreu, machte sich der Bettler bereit, aus dem Gebäude zu stoßen. Nur drei Herzschläge später war es auch soweit: Er durchlief eine Lichtschranke und sofort öffnete sich das Mauersegment kurz vor ihm. Porro landete hechelnd und aus dem sprichwörtlich letzten Loch pfeiffend auf einer an den Markt grenzenden Straße. Hier roch es nach genau der Müllhalde, als die der Gran Coruscant noch kurz zuvor beschimpft hatte. Lärm raubte dem Einarmigen einen Teil seiner Orientierung. Schnell konnte er eine Müllpresse ausmachen, dazu gewaltige Luft-Umwälzanlagen. Und .. ja .. tatsächlich .. auch mehrere grob humanoide Silhouetten. Mit nach Sauerstoff schreienen Lungen setzte sich Porro wieder in Bewegung. Seine nackten Füße fanden Halt auf klebrig-nassem Straßenbelag. Immer näher kam er und erkannte - seiner Einschätzung nach - die Gestalt von Apus. Ein heller Moment wärmender Emotionen überschüttete den ehemaligen Piraten. Dann jedoch wurde der junge Mensch von einer Faust getroffen und brach zusammen. Sämtliche Glücksgefühle wichen einer alten Routine, als jahrzehntelang geschulte Kampfreflexe einsetzten. Der Gran schlitterte an einem abstellten Speeder vorbei, machte die vermeintliche Gefahrenquelle aus und stieß mit dem spitzen Adapter zu. Ein sich ihm bietender Widerstand dokumentierte zumindest einen Treffer, wenngleich Porro nicht in der Lage war, ein Ausmaß an Verletzung festzustellen.


"Schaff' ihn weg!", brüllte der alternde Gran-Bettler der Frau zu, die er für eine Tänzerin hielt. Oder zumindest jemanden, den Apus mitgenommen hatte. Und wo bei allen Teufeln der Galaxie noch einmal war Chad? Man konnte jede Hilfe brauchen. Vor allem, da sich der Besitzer der Faust, die den Jungen niedergestreckt hatte, langsam aus dem Dunkel schälte. Und was er sah, wollte Porro nicht. War er selbst schon nicht von zierlicher Gestalt, so war er verglichen mit dem Angreifer fast als kleinwüchsig zu bezeichnen. Der einstige Schreckend es Outer Rim schluckte schwer. Er musste für Ablenkung sorgen. Abermals.

"Komm' schon, lass uns tanz'n!", knurrte der ehemalige Pirat und warf sich nach vorn. Was mit zwei gesunden Armen ein durchaus erfolgreiches Manöver hätte sein können, glich nun, da Porro ein einarmiger Krüppel war, eher dem Spiel eines Kindes. Er krachte mit der linken Schulter voran in den Angreifer, umklammerte mit der Linken dem tonnenförmigen Körper und presste sich mit aller Körperkraft gegen den gesichtslosen Unbekannten. Dann spürte er längst vergessenen Schmerz, als der titanische Hieb des Feindes ihm auf den Rücken krachte. Der Gran brach mit zitternden Beinen auf die Knie. Er brauchte Hilfe ...


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by Drex
 
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