[Weltraum (Republik) | Hyperraum nach Coruscant | Consular-Klasse „TTX-17“ | Quartier | Arkadi Duval
Seltsam war es, nach Hause zurückzukehren, wenn man so etwas wie ein Zuhause im Grunde gar nicht besaß. Der Gedanke drängte sich wie ein böser Geist in Arkadis Kopf, als der Agent mit hinter den Rücken verschränkten Armen auf das endlose Häusermeer Coruscants blickte. Er war auf Mon Calamari groß geworden, einer Welt der Meere, Insel und Strände, und auch wenn es dort natürlich große urbane Zentren gab, war Coruscant noch einmal eine ganz andere Sache. Nicht wenige Besucher waren regelrecht erschlagen, wenn sie zum ersten Mal diese Welt betraten, sich in den Massen von Lebewesen bewegten und sich umgeben von unzähligen Hochhäusern vorkamen, als wären sie bloß ein winziges Rädchen in einer gewaltigen Maschine. Eine Maschine, die aufgrund der imperialen Besatzung, der Übergabe an die Neue Republik und den C-Virus zwar ins Stottern geraten war, aber immer noch weiter arbeitete. Es grenzte an ein kleines Wunder, dass der Stadtplanet noch nicht unter dieser Last zusammengebrochen war, und auch wenn sich die Lage mittlerweile langsam entspannte, war Coruscant immer noch eine blutende Wunde, die massive Ressourcen band und jederzeit wieder mehr in Richtung Chaos kippen konnte. Schlussendlich hatte die Neue Republik keine große Wahl, sie musste den Planeten entweder retten und damit der ganzen Galaxis demonstrieren, dass sie handlungsfähig war, oder ihn aufgeben und eingestehen, dass sie nicht stark genug war, dort wieder Ordnung und Sicherheit zu schaffen, wo sich das Imperium zurückgezogen hatte. Angesichts dieser Situation nahm Coruscant auch für den NRGD eine Schlüsselstellung ein, erst recht, nachdem gemeinsame Operationen mit den Jedi enthüllt hatten, dass sich bei dem C-Virus mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit um eine vom Imperium entwickelte und eingesetzte biologische Waffe handelte. Die schiere Monstrosität dieses Verbrechens war selbst für einen erfahrenen, abgestumpften Geheimdienstoffizier wie Arkadi niederschmetternd, der Erzfeind der Neuen Republik war offenbar zu allem bereit und entschlossen, jede moralische oder rechtliche Grenze zu überschreiten, um den endgültigen Sieg zu erringen. Währenddessen erstickten die Verteidiger der Neuen Republik in einem Meer von Vorschriften, Bürokratie, Trägheit, politischer Spielchen und dem eitlen, weltfremden Geschwätz derer, die im sicheren Elfenbeinturm auf eine brennende Galaxis blickten und sich erdreisteten, den Feuerwehrmann zu kritisieren, wenn er versuchte, diese Brände zu löschen.
Es war frustrierend, es war ernüchternd, und es war genug, um die Kopfschmerzen wieder aufflammen zu lassen, die die in dem Becher Caf schwimmenden Tabletten des Agenten zumindest ein wenig gemildert hatten. Der ehemalige Soldat gab sich einen mentalen Ruck und schüttelte die Gedanken, die weit jenseits seiner Gehaltsstufe lagen, ab. So verfahren die Lage auch war, das war weder eine Ausrede für Untätigkeit noch für Selbstmitleid. Er hatte Arbeit zu erledigen, seinen Beitrag zu leisten, und das würde er. Geduldig wartete der blonde Mensch ab, während sein Transportschiff die üblichen Kontrollen – nur teilweise durch das Militär, dem der Geheimdienst so sensible Informationen nur ungern überließ – durchlief und anschließend die Landefreigabe für Coruscant erhielt. Die Besatzung und auch Arkadi wurden medizinisch untersucht und erneut über die Sicherheitslage und Schutzmaßnahmen gegen den C-Virus informiert, anschließend brachte ein unauffälliger ziviler Speeder Arkadi zu einer nahe gelegenen NRGD-Operationsbasis. Der Agent trug Dienstkleidung, als er persönlich bei seinen Vorgesetzten vorstellig wurde und seinen – gekürzten – Bericht über die Ereignisse auf Kafrene abgab. Man zeigte sich von Seiten der Höherrangigen zufrieden mit der Abwicklung, der Satz „Eine große Krise ist bereits mehr als genug“ fiel und es wurde angeordnet, alle Informationen zu der freien KI als Verschlusssache zu behandeln. Sektion 03 würde sich um die Details kümmern und ihr Repräsentant, ein drahtiger Muun, war der einzige, der genuines Bedauern äußerte. Zu gerne hätte er die Technologie genauer untersucht. Die Gesichter der anderen Geheimdienstler sprachen in dieser Hinsicht Bände und so wurde das Thema rasch abgehakt. Arkadi erhielt eine Belobigung, die er mit einem erzwungenen Lächeln aufnahm, und ihm wurde nahe gelegt, sich doch mindestens eine Woche von den Strapazen zu erholen. Eine Empfehlung, die er höflich ablehnte und sich nachdem dieser Teil erledigt war machte er sich unverzüglich auf, um seinen wahren Vorgesetzten Bericht zu erstatten. Die Sektion Null unterhielt für solche Zwecke einen speziellen Bereich in der Operationsbasis, getarnt als banale administrative Unterabteilung. In einem grauen, schmucklosen Büro saß Arkadi also schließlich „Lieutenant Showalt“ gegenüber, einem Duros, der so grau und schmucklos wirkte wie seine Umgebung. Aber das war er nicht. Nichts hier war, wie es schien.
„Nun, Duval, Sie wissen, was unsere Abteilung von liegengebliebenen Problemen hält. Diese KI, diese Trallok...ich denke nicht, dass die Sache schon gänzlich erledigt ist. Unsere Leute in der Sektion 03 werden sich das nochmal genauer ansehen. Da steckt zu viel Potential drin, um es einfach abzuhaken. Die andere Angelegenheit, diese Slicerin – Nani, richtig? Sie sind sicher, dass sie tot ist?“
Arkadi nickte ruhig, seine Miene glatt und neutral. Er sah keinen Anlass, das Ende der Sephi aus emotionaler Sicht und mit einer gewissen Distanz zu den Ereignissen zu bedauern, auch wenn der Verlust an intellektuellen Ressourcen unerfreulich war. Lieutenant Showalt legte bedächtig die Fingerspitzen aneinander und lehnte sich ein wenig zurück, bevor er dem blonden Menschen kurz zulächelte.
„Gut. Ein Problem weniger. Solche Leute können nützlich sein, sind aber oft zu unabhängig und zu schwer zu kontrollieren. Ich würde sagen, Sie haben Ihren Auftrag zufriedenstellend erfüllt. Was mit ein Grund ist, warum wir bereits in Kürze wieder auf Sie zurückgreifen werden. Ich weiß, dass die Zusammenarbeit mit den Jedi schwierig ist – besonders für Leute wie uns. Aber wir brauchen sie, und sie brauchen uns, auch wenn sie das nicht gerne zugeben. Was ich Ihnen jetzt sage, fällt unter Geheimhaltungsstufe 4. Sie wissen, was das heißt. Also. Die Jedi haben eine von ihren Leuten verloren. Genauer gesagt, eine von ihnen ist zum Feind übergelaufen.“
Mit versteinerte Miene hörte Arkadi zu, während Lieutenant Showalt ihn über die Ereignisse auf Alderaan in Kenntnis setzte. Die Überläuferin war nicht irgendeine unbedeutende Padawan, sondern Brianna Kae, eine Jedi-Heilerin, die es im Holonet zu einiger Prominenz gebracht hatte. Ebenso spektakulär wie öffentlich hatte sie sich während ihrer Mission auf Alderaan gegen den Jedi-Orden und die Neue Republik gestellt und war zusammen mit dem Sith Janus Sturn offenbar in das Imperium gereist, um sich dem dunklen Orden anzuschließen. Als die Zusammenfassung endete, herrschte für einen langen Moment Stille in dem Büro, Lieutenant Showalts Augen funkelten und in seiner Stimme lag eine grimmige Gewissheit.
„Sprechen wir es ruhig aus: Das ist eine mittlere Katastrophe. Sektion 02 arbeitet bereits fieberhaft daran, den Schaden in den Medien zu begrenzen, aber ebenso gut könnten sie versuchen, Mon Calamari trocken zu legen. Kae ist nicht irgendjemand, sondern eine Art Star, insbesondere ihre Arbeit auf Coruscant hat sie berühmt gemacht. Wir gehen fest davon aus, dass sie schon bald eine ähnlich prominente Rolle in imperialen Propagandasendungen spielen wird. KOMENOR wird Ansprüche anmelden, und dieser Sturn ist ausgesprochen medienaffin.“
Der Duros machte eine Pause und tippte nachdenklich auf den Tisch, bevor er den Kopf hob und Arkadi ansah. Einen Moment lang überlegte der ehemalige Soldat und fragte dann ebenso ruhig wie frei heraus.
„Was wird man dagegen tun? Wenn sie sich auf Bastion aufhält, ist es ausgesprochen schwierig, an sie heranzukommen.“
Lieutenant Showalt nickte langsam und präsentierte seine spitzen Zähne in einem Lächeln, das bar jeder Freundlichkeit war.
„Korrekt. Es gibt...Protokolle für solche Fälle. Nicht das erste Mal, dass wir hinter den Jedi aufräumen müssen. Aber das tangiert weder Sie noch mich, Agent Duval. Es unterstreicht allerdings die Notwendigkeit, den Orden im Auge zu behalten. Ganz genau im Auge zu behalten. Sie werden in Kürze entsprechende Anweisungen erhalten. Machen Sie Ihren Job, lassen Sie nichts persönlich werden, und wenn es hart auf hart kommt, zögern Sie nicht. Für die Bewahrung unserer großen und freien Republik.“
Der Duros erhob sich und reichte Arkadi kurz die Hand.
„Für die Bewahrung unserer großen und freien Republik.“
Wiederholte der blonde Mann ruhig, seine kühlen blauen Augen starrten für einen Moment abwesend in die Ferne, bevor sie ins Hier und Jetzt zurückkehrten. Sich fokussierten, sich konzentrierten. Seine Arbeit war nicht getan – sie fing gerade erst an.
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